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Die Bayerische Presse. Nr. 268. Würzburg, 8. November 1850.

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[Spaltenumbruch] gen Fulda in Bewegung gesetzt haben und den
Befehl hatten, den Eintritt in die Stadt nöthi-
genfalls mit Gewalt zu erzwingen. Den Tag
vorher schien es bei den Vorposten fast zum
Kampfe kommen zu wollen; auf preußischer Seite
fiel ein Schuß, ob absichtlich oder aus Versehen,
worauf die bayerschen Reiter, welche diesseits die
Vorhut bildeten, auf die preußische Linie ein-
sprengten; es kam indeß zu keinem Zusammen-
stoß, da die Preußen sogleich rückwärts gingen.
Bei Fulda hatten die Letztern Verschanzungen
aufgeworfen und sich in dem Kapuzinerkloster,
dem Spitale, auf dem Petersberge, an den Brü-
cken über die Fulda und in der Gretzmühle fest-
gesetzt.

   

Fulda, 6. Nov. Nach einer regnerisch stür-
mischen Nacht, welche die Einwohner jedoch ruhig
und unbeirrt vom Kriegstrubel hingebracht haben,
wird soeben, halb 12 Uhr Vormittags, allarmirt.
Dem Vernehmen nach sollen die Bayern einen
Salzwagen, der den auswärtigen Cantonnementen
zugeführt worden wäre ( wo, weiß man nicht ) ,
weggenommen haben. Wir bemerken, daß die k.
preuß. Truppen ihre volle Verpflegung aus den
hier errichteten Magazinen empfangen. Nach ei-
nem andern Gerüchte hätte der diesseitige Vorpo-
stenkommandeur in den Cantonnementen der Bay-
ern Generalmarsch schlagen hören und hätte darü-
ber hierher Meldung gemacht. -- Allem Anscheine
nach wird man den hiesigen Ort mit allen zu
Gebote stehenden Kräften vertheidigen, indem die
ernstesten Vorkehrungen zu diesem Zwecke getroffen
werden. -- Außer den früher genannten Genera-
len sind jetzt noch v. Bonin, v. Wenzel und v.
Katte bei den Truppen. Heute Nachmittag sollen
die sich gegenüberstehenden Commandeure v. Thurn
u. Taxis und von der Gröben eine Unterredung
pflegen; man ist gespannt, welches Resultat diese
Besprechung herbeiführen wird. Der Prinz von
Preußen ist schon gestern Abend angemeldet und
man sieht stündlich der Ankunft desselben entgegen.
-- 4 Uhr Nachmittags. Die ausgerückten Trup-
pen kehren von ihren Aufstellungen eben wieder
zurück und beziehen ihre bisherigen Quartiere oder
Bivonaks. -- Der Prinz von Preußen ist zur
Zeit noch nicht eingetroffen. Alle Gerüchte über
einen blutigen Conflict, der zwischen den sich
gegenüberstehenden Heeresmassen erfolgt sein soll,
sind erdichtet und scheinen nur ersonnen zu sein,
um ängstliche Gemüther zu beunruhigen. --
Nachmittags 4 Uhr. Die Preußen stehen
bei Löschenrodt,4 1 / 2 Stunde von hier an der
Frankfurter Straße, bayerischen und österreichi-
schen Truppen gegenuber; die Bayern sind jedoch
schon über die Löschenrodter Brücke herzu: --5 1 / 2
Uhr. Die Sachen stehen auf der Spitze; unsere
Stadt gleicht einem Lager. Soeben sind wieder
große Truppenmassen als im Anmarsch angesagt.

Von der Rhein=Weser=Wasserscheite, zwischen
Schlüchtern und Neuhof, 6. Nov. Der gestrige
Rasttag war den Bundestruppen auf ihre an-
strengenden Märsche bei dem nassen Wetter, das
alle Wege grundlos gemacht hatte, nöthig. Lei-
der ist das Wetter heute noch übeler. Es regnet
nun auch am Tage, während bisher nur Nachts.
Und gerade der heutige Tag ist zum weitern Vor-
rücken der Truppen auf der Straße nach Fulda
bestimmt. Der commandirende General und der
Bundescommissär werden um 9 Uhr Vormittags
aus dem Hauptquartier Flieden aufbrechen. Jhr
Vormarsch ist unterstützt und gedeckt in der rech-
ten Flanke von der über Brückenau vorrückenden
Divission Mar. ist äußerst gespannnt, was von
Seiten der Preußen geschehen wird. Ohne ihr
Eindringen würde die Sache ohne Zweifel sich
rasch und zur Zufriedenheit aller wahren Freunde
Deutschlands und der gesetzmäßigen Freiheit er-
ledigt haben.

Deutschland.

Frankfurt, 3. Nov. Es ist allerdings wahr,
daß Lord Cowley nicht accreditirter Gesandter
Englands bei der deutschen Bundesversammlung
[Spaltenumbruch] ist, und daß er daher auch als solcher das Pro-
tokoll bei Auswechselung der Friedensratifikationen
zwischen Dänemark und dem deutschen Bund nicht
unterzeichnet hat. Die Bundesversammlung hat
nemlich die Reaktivirung den Großmächten noch
nicht offiziell angezeigt, und darin liegt die Ur-
sache, daß diese bis jetzt auch noch keine Gesand-
ten bei ihr accreditiren konnten. Der Grund,
weshalb die Bundesversammlung diesen Schritt
noch nicht gethan, ist einzig und allein in der
Schonung zu suchen, die man gegen Preußen be-
obachten zu müssen glaubte. Sobald die Bundes-
versammlung bei den Großmächten offizielle An-
zeige von ihrer Reaktivirung gemacht, und diese
durch Accreditirung von Gesandten ihre erneuerte
Anerkennung ausgesprochen hatten, blieb für Preu-
ßen keine andere Wahl, die Bundesversammlung
unbedingt anzuerkennen, oder einen Krieg mit ganz
Europa zu beginnen. Um Preußen nicht in diese
schlimme Alternative zu versetzen, hat man die
provisorische Centralcommission als Vertreterin des
deutschen Bundes, dem Auslande gegenüber noch
fortbestehen lassen. So gewiß man auch seiner
Sache war, daß die Großmächte nach einmal er-
folgter offizieller Anzeige von der Reaktivirung der
Bundesversammlung nicht anstehen würden und
nicht anstehen könnten, ihre Gesandten von der
alsdann erloschenen Bundescentralgewalt abzuru-
fen und sie statt dessen bei der Bundesversamm-
lung zu accreditiren, so hat man es doch bis
jetzt, in der Hoffnung einer Verständigung mit
Preußen, unterlassen, des Verhältniß auf diese
letzte, entscheidende Spitze zu treiben. Jetzt wird
man genöthigt sein, auch diese letzte Schonung ge-
gen Preußen fallen zu lassen. Der beste Beweis,
daß England die Bundesversammlung anerkennen
wird, sobald es nur in die Lage versetzt ist, einen
solchen offiziellen Schritt thun zu können, liegt
eben in der "offiziösen" Betheiligung Lord Cow-
ley 's bei dem Ratifikationsprotokolle, in welchem
Graf Thun nicht im Namen Oesterreichs und
nicht im Namen einzelner deutscher Staaten, son-
dern ausdrücklich im Namen des deutschen Bun-
des auftritt. Dieses eben auseinandergesetzte Ver-
hältniß ist auch die einzige Ursache, weshalb der
hier verweilende russische Gesandte, Fürst Gort-
schakoff, seine Accreditirung bei der Bundesver-
sammlung noch nicht hat überreichen können. Eben-
so ist es keinem Zweifel unterworfen, daß die
französische Regierung keinen Augenblick anstehen
wird, ihren Gesandten bei der Bundesversamm-
lung zu accreditiren, sobald sie offiziell die Ver-
tretung Deutschlands wieder übernommen hat.
Den preußischen Blättern kann dieser Stand der
Sache nicht unbekannt sein; dennoch fahren sie
fort, dem Publikum vorzuspiegeln, daß die Nicht-
accreditirung der fremden Gesandten in einer Ab-
neigung der Kabinette gegen die Bundesversamm-
lung läge, während die Ursache doch einzig und
allein in dem Wunsche der Bundesversammlung
zu suchen war, Preußen so wenig wie möglich zu
compromittiren, und ihm die Lage so lange wie
möglich offen zu erhalten, mit allen Dehors des
freien Entschlusses sich der Bundesverfassung zu
unterwerfen. Die falsche Maxime der preußischen
Blätter, die Unkunde des Publikums auszubeuten,
um es in falschen Erwartungen und Spannungen
ein paar Tage länger zu erhalten, ist noch jedes-
mal zum Nachtheile Preußens ausgefallen. Nicht
nur wird die Enttäuschung später um desto grö-
ßer, sondern die Bundesversammlung wird auf
diese Weise gewissermaßen moralisch gezwungen,
den Schleier früher zu lüften, den sie aus milden
Anstandsrücksichten gegen eine in diesem Augen-
blicke diplomatisch sehr ungünstig gestellte Macht
zu deren Gunsten noch gern einige Zeit über diese
Verhältnisse gebreitet hätte. Es kann der Bun-
desversammlung nichts daran liegen, Preußen vor
der öffentlichen Meinung Demüthigung zu berei-
ten. Die hiesigen Staatsmänner sind zu weise,
um der preußischen Regierung ihre ohnehin so
schwierige Lage auch für die Zukunft noch mehr
zu erschweren. So weit es unbeschadet des Rech-
tes möglich ist, das Ansehen der preußischen Re-
gierung zu stärken, wird man von keiner Seite
[Spaltenumbruch] aus freudiger die Hand bieten, wie von hier aus.
Aber die preußischen Blätter scheinen es so recht
con amore darauf anzulegen, alle Rücksichten
unmöglich zu machen, welche die Bundesversamm-
lung zu gewähren gedachte. Nie war eine Regie-
rung mehr in der Lage, auszurufen: Gott be-
wahre mich vor meinen Freunden!, als eben die
preußische. Ohne die geschäftige Dazwischenkunft
der preußischen Zeitungen, wovon man leider die
ministerielle "Deutsche Reform" selbst nicht aus-
nehmen darf, würde Preußen gewiß noch immer
in einer relativ günstigeren Lage sich befinden,
wie jetzt. Es ist nichts gefährlicher, als sich durch
nur halbunterrichtete und nur halbgebildete Fe-
dern vor der Oeffentlichkeit vertreten zu lassen.
( Möchte dieser Uebelstand doch bald eine gründ-
liche Abhilfe finden! )

   

Karlsruhe, 6. Nov. Jn der gestrigen Sitzung
der ersten Kammer erschien der neue Minister des
Auswärtigen, Freiherr v. Rüdt, zum erstenmal
in seiner jetzigen Eigenschaft. Er richtete folgende
Worte an die Kammer: D. H. H.! Durch die
Gnade und das besondere Vertrauen Se. königl.
Hoh. des Großherzogs berufen, habe ich heute
zum erstenmale die Ehre, an dieser Stelle in
diesem Saale zu erscheinen, in welchem ich vor
Jahren schon, aus Jhrer Mitte, gemeinschaftlich
mit Jhnen nach demselben Ziele gestrebt, welches
die Regierung des Großherzogs unverrückt mit
Festigkeit verfolgen wird: das Heil unseres Für-
sten, unseres Landes. Sie werden, D. H. H.,
nicht erwarten, daß ich im gegenwärtigen Augen-
blick irgend eine spezielle Frage der Politik auch
nur entfernt berühre. Nur das Eine lassen Sie
mich hervorheben, daß unser Volk, ein integriren-
der Theil eines großen Ganzen, durch die man-
nigfachsten festbegründeten Jnteressen, tiefwurzelnde
Sympathien verschiedener Art mit unserm Ge-
sammtvaterlande nach den verschiedensten Seiten
hin enge verknüpft ist; auch darum fordert das
wohlverstandene Jnteresse Badens zunächst eine
Einigung aller deutschen Staaten. Jn einer ern-
sten, bedeutungsvollen Zeit, wie die gegenwärtige,
ist mehr als je ein offenes, vertrauensvolles Zu-
sammenwirken derer nöthig, die berufen sind, durch
Rath und That die wahren Jnteressen des Lan-
des zu fördern. Auf Jhre Unterstützung, D. H.
H., dürfen wir zählen; Sie haben sie, selbst
mit Opfern, nie versagt, wo es sich um das
Wohl des Landes handelte.

Stuttgart, 6. Nov. Nachdem in der heutigen
Sitzung der Landesversammlung, in Betreff der
von der Regierung zum Zweck der Rüstungen
geforderten 300,000 fl., der dieselbe verweigernde
Commissionsantrag in allen Punkten angenommen
war, wurde die Versammlung durch den Minister
des Jnnern im Namen des Königs für aufgelöst
erklärt. Das Auflösungsdekret setzte hinzu, daß
nicht mehr nach dem Wahlgesetz vom 1. Juli ge-
wählt werden könne, und deshalb für die Funk-
tionen des Ausschusses der Ausschuß der am 10.
August v. Jrs. aufgelösten Kammer zurückgerufen
werde. Ueber die Arbeiten der Verfassungsrevi-
sion behalte sich Se. Maj. der König weitere
Beschlüsse vor. -- Präsident Schoder schloß nach
Verlesung der Auflösungsverordnung die Sitzung
nicht, sondern sagte: "Jch, als Präfident dieser
Versammlung, weise das Verfassungswidrige des
Verbots, einen Ausschuß zu wählen, zurück und
fordere die Mitglieder zur Wahl eines Ausschus-
ses in Gemäßheit des §. 192 auf." Frhr. von
Linden warnte vor einer Uebertretung der k. Ver-
ordnung und forderte die Versammlung auf, sich
zu fügen, worauf sich die Mitglieder der äußer-
sten Rechten, unmittelbar nach dem Abtreten des
Ministeriums entfernten. 48 Mitglieder blieben
und wählten den Ausschuß in Eile, nämlich: a )
engeren: Stockmayer, Rödinger, Schnitzer, Mohl,
Seeger; b ) den weiteren: Reyscher, Mack, Tafel,
Fetzer, Schweickhardt, Phäler. Beim Namens-
aufruf fehlten nur: Geigle, Kuhn, v. Linden,
Roth, Scheffold, v. Steffelin, Walther und Wul-
len ( letzterer von der Linken ) . Schließlich ver-
sicherte Schoder, der Auschuß werde die verletzte
Verfassung nach Kräften vertheidigen und stellte

[Spaltenumbruch] gen Fulda in Bewegung gesetzt haben und den
Befehl hatten, den Eintritt in die Stadt nöthi-
genfalls mit Gewalt zu erzwingen. Den Tag
vorher schien es bei den Vorposten fast zum
Kampfe kommen zu wollen; auf preußischer Seite
fiel ein Schuß, ob absichtlich oder aus Versehen,
worauf die bayerschen Reiter, welche diesseits die
Vorhut bildeten, auf die preußische Linie ein-
sprengten; es kam indeß zu keinem Zusammen-
stoß, da die Preußen sogleich rückwärts gingen.
Bei Fulda hatten die Letztern Verschanzungen
aufgeworfen und sich in dem Kapuzinerkloster,
dem Spitale, auf dem Petersberge, an den Brü-
cken über die Fulda und in der Gretzmühle fest-
gesetzt.

   

Fulda, 6. Nov. Nach einer regnerisch stür-
mischen Nacht, welche die Einwohner jedoch ruhig
und unbeirrt vom Kriegstrubel hingebracht haben,
wird soeben, halb 12 Uhr Vormittags, allarmirt.
Dem Vernehmen nach sollen die Bayern einen
Salzwagen, der den auswärtigen Cantonnementen
zugeführt worden wäre ( wo, weiß man nicht ) ,
weggenommen haben. Wir bemerken, daß die k.
preuß. Truppen ihre volle Verpflegung aus den
hier errichteten Magazinen empfangen. Nach ei-
nem andern Gerüchte hätte der diesseitige Vorpo-
stenkommandeur in den Cantonnementen der Bay-
ern Generalmarsch schlagen hören und hätte darü-
ber hierher Meldung gemacht. -- Allem Anscheine
nach wird man den hiesigen Ort mit allen zu
Gebote stehenden Kräften vertheidigen, indem die
ernstesten Vorkehrungen zu diesem Zwecke getroffen
werden. -- Außer den früher genannten Genera-
len sind jetzt noch v. Bonin, v. Wenzel und v.
Katte bei den Truppen. Heute Nachmittag sollen
die sich gegenüberstehenden Commandeure v. Thurn
u. Taxis und von der Gröben eine Unterredung
pflegen; man ist gespannt, welches Resultat diese
Besprechung herbeiführen wird. Der Prinz von
Preußen ist schon gestern Abend angemeldet und
man sieht stündlich der Ankunft desselben entgegen.
-- 4 Uhr Nachmittags. Die ausgerückten Trup-
pen kehren von ihren Aufstellungen eben wieder
zurück und beziehen ihre bisherigen Quartiere oder
Bivonaks. -- Der Prinz von Preußen ist zur
Zeit noch nicht eingetroffen. Alle Gerüchte über
einen blutigen Conflict, der zwischen den sich
gegenüberstehenden Heeresmassen erfolgt sein soll,
sind erdichtet und scheinen nur ersonnen zu sein,
um ängstliche Gemüther zu beunruhigen. --
Nachmittags 4 Uhr. Die Preußen stehen
bei Löschenrodt,4 1 / 2 Stunde von hier an der
Frankfurter Straße, bayerischen und österreichi-
schen Truppen gegenuber; die Bayern sind jedoch
schon über die Löschenrodter Brücke herzu: --5 1 / 2
Uhr. Die Sachen stehen auf der Spitze; unsere
Stadt gleicht einem Lager. Soeben sind wieder
große Truppenmassen als im Anmarsch angesagt.

Von der Rhein=Weser=Wasserscheite, zwischen
Schlüchtern und Neuhof, 6. Nov. Der gestrige
Rasttag war den Bundestruppen auf ihre an-
strengenden Märsche bei dem nassen Wetter, das
alle Wege grundlos gemacht hatte, nöthig. Lei-
der ist das Wetter heute noch übeler. Es regnet
nun auch am Tage, während bisher nur Nachts.
Und gerade der heutige Tag ist zum weitern Vor-
rücken der Truppen auf der Straße nach Fulda
bestimmt. Der commandirende General und der
Bundescommissär werden um 9 Uhr Vormittags
aus dem Hauptquartier Flieden aufbrechen. Jhr
Vormarsch ist unterstützt und gedeckt in der rech-
ten Flanke von der über Brückenau vorrückenden
Divission Mar. ist äußerst gespannnt, was von
Seiten der Preußen geschehen wird. Ohne ihr
Eindringen würde die Sache ohne Zweifel sich
rasch und zur Zufriedenheit aller wahren Freunde
Deutschlands und der gesetzmäßigen Freiheit er-
ledigt haben.

Deutschland.

Frankfurt, 3. Nov. Es ist allerdings wahr,
daß Lord Cowley nicht accreditirter Gesandter
Englands bei der deutschen Bundesversammlung
[Spaltenumbruch] ist, und daß er daher auch als solcher das Pro-
tokoll bei Auswechselung der Friedensratifikationen
zwischen Dänemark und dem deutschen Bund nicht
unterzeichnet hat. Die Bundesversammlung hat
nemlich die Reaktivirung den Großmächten noch
nicht offiziell angezeigt, und darin liegt die Ur-
sache, daß diese bis jetzt auch noch keine Gesand-
ten bei ihr accreditiren konnten. Der Grund,
weshalb die Bundesversammlung diesen Schritt
noch nicht gethan, ist einzig und allein in der
Schonung zu suchen, die man gegen Preußen be-
obachten zu müssen glaubte. Sobald die Bundes-
versammlung bei den Großmächten offizielle An-
zeige von ihrer Reaktivirung gemacht, und diese
durch Accreditirung von Gesandten ihre erneuerte
Anerkennung ausgesprochen hatten, blieb für Preu-
ßen keine andere Wahl, die Bundesversammlung
unbedingt anzuerkennen, oder einen Krieg mit ganz
Europa zu beginnen. Um Preußen nicht in diese
schlimme Alternative zu versetzen, hat man die
provisorische Centralcommission als Vertreterin des
deutschen Bundes, dem Auslande gegenüber noch
fortbestehen lassen. So gewiß man auch seiner
Sache war, daß die Großmächte nach einmal er-
folgter offizieller Anzeige von der Reaktivirung der
Bundesversammlung nicht anstehen würden und
nicht anstehen könnten, ihre Gesandten von der
alsdann erloschenen Bundescentralgewalt abzuru-
fen und sie statt dessen bei der Bundesversamm-
lung zu accreditiren, so hat man es doch bis
jetzt, in der Hoffnung einer Verständigung mit
Preußen, unterlassen, des Verhältniß auf diese
letzte, entscheidende Spitze zu treiben. Jetzt wird
man genöthigt sein, auch diese letzte Schonung ge-
gen Preußen fallen zu lassen. Der beste Beweis,
daß England die Bundesversammlung anerkennen
wird, sobald es nur in die Lage versetzt ist, einen
solchen offiziellen Schritt thun zu können, liegt
eben in der „offiziösen“ Betheiligung Lord Cow-
ley 's bei dem Ratifikationsprotokolle, in welchem
Graf Thun nicht im Namen Oesterreichs und
nicht im Namen einzelner deutscher Staaten, son-
dern ausdrücklich im Namen des deutschen Bun-
des auftritt. Dieses eben auseinandergesetzte Ver-
hältniß ist auch die einzige Ursache, weshalb der
hier verweilende russische Gesandte, Fürst Gort-
schakoff, seine Accreditirung bei der Bundesver-
sammlung noch nicht hat überreichen können. Eben-
so ist es keinem Zweifel unterworfen, daß die
französische Regierung keinen Augenblick anstehen
wird, ihren Gesandten bei der Bundesversamm-
lung zu accreditiren, sobald sie offiziell die Ver-
tretung Deutschlands wieder übernommen hat.
Den preußischen Blättern kann dieser Stand der
Sache nicht unbekannt sein; dennoch fahren sie
fort, dem Publikum vorzuspiegeln, daß die Nicht-
accreditirung der fremden Gesandten in einer Ab-
neigung der Kabinette gegen die Bundesversamm-
lung läge, während die Ursache doch einzig und
allein in dem Wunsche der Bundesversammlung
zu suchen war, Preußen so wenig wie möglich zu
compromittiren, und ihm die Lage so lange wie
möglich offen zu erhalten, mit allen Dehors des
freien Entschlusses sich der Bundesverfassung zu
unterwerfen. Die falsche Maxime der preußischen
Blätter, die Unkunde des Publikums auszubeuten,
um es in falschen Erwartungen und Spannungen
ein paar Tage länger zu erhalten, ist noch jedes-
mal zum Nachtheile Preußens ausgefallen. Nicht
nur wird die Enttäuschung später um desto grö-
ßer, sondern die Bundesversammlung wird auf
diese Weise gewissermaßen moralisch gezwungen,
den Schleier früher zu lüften, den sie aus milden
Anstandsrücksichten gegen eine in diesem Augen-
blicke diplomatisch sehr ungünstig gestellte Macht
zu deren Gunsten noch gern einige Zeit über diese
Verhältnisse gebreitet hätte. Es kann der Bun-
desversammlung nichts daran liegen, Preußen vor
der öffentlichen Meinung Demüthigung zu berei-
ten. Die hiesigen Staatsmänner sind zu weise,
um der preußischen Regierung ihre ohnehin so
schwierige Lage auch für die Zukunft noch mehr
zu erschweren. So weit es unbeschadet des Rech-
tes möglich ist, das Ansehen der preußischen Re-
gierung zu stärken, wird man von keiner Seite
[Spaltenumbruch] aus freudiger die Hand bieten, wie von hier aus.
Aber die preußischen Blätter scheinen es so recht
con amore darauf anzulegen, alle Rücksichten
unmöglich zu machen, welche die Bundesversamm-
lung zu gewähren gedachte. Nie war eine Regie-
rung mehr in der Lage, auszurufen: Gott be-
wahre mich vor meinen Freunden!, als eben die
preußische. Ohne die geschäftige Dazwischenkunft
der preußischen Zeitungen, wovon man leider die
ministerielle „Deutsche Reform“ selbst nicht aus-
nehmen darf, würde Preußen gewiß noch immer
in einer relativ günstigeren Lage sich befinden,
wie jetzt. Es ist nichts gefährlicher, als sich durch
nur halbunterrichtete und nur halbgebildete Fe-
dern vor der Oeffentlichkeit vertreten zu lassen.
( Möchte dieser Uebelstand doch bald eine gründ-
liche Abhilfe finden! )

   

Karlsruhe, 6. Nov. Jn der gestrigen Sitzung
der ersten Kammer erschien der neue Minister des
Auswärtigen, Freiherr v. Rüdt, zum erstenmal
in seiner jetzigen Eigenschaft. Er richtete folgende
Worte an die Kammer: D. H. H.! Durch die
Gnade und das besondere Vertrauen Se. königl.
Hoh. des Großherzogs berufen, habe ich heute
zum erstenmale die Ehre, an dieser Stelle in
diesem Saale zu erscheinen, in welchem ich vor
Jahren schon, aus Jhrer Mitte, gemeinschaftlich
mit Jhnen nach demselben Ziele gestrebt, welches
die Regierung des Großherzogs unverrückt mit
Festigkeit verfolgen wird: das Heil unseres Für-
sten, unseres Landes. Sie werden, D. H. H.,
nicht erwarten, daß ich im gegenwärtigen Augen-
blick irgend eine spezielle Frage der Politik auch
nur entfernt berühre. Nur das Eine lassen Sie
mich hervorheben, daß unser Volk, ein integriren-
der Theil eines großen Ganzen, durch die man-
nigfachsten festbegründeten Jnteressen, tiefwurzelnde
Sympathien verschiedener Art mit unserm Ge-
sammtvaterlande nach den verschiedensten Seiten
hin enge verknüpft ist; auch darum fordert das
wohlverstandene Jnteresse Badens zunächst eine
Einigung aller deutschen Staaten. Jn einer ern-
sten, bedeutungsvollen Zeit, wie die gegenwärtige,
ist mehr als je ein offenes, vertrauensvolles Zu-
sammenwirken derer nöthig, die berufen sind, durch
Rath und That die wahren Jnteressen des Lan-
des zu fördern. Auf Jhre Unterstützung, D. H.
H., dürfen wir zählen; Sie haben sie, selbst
mit Opfern, nie versagt, wo es sich um das
Wohl des Landes handelte.

Stuttgart, 6. Nov. Nachdem in der heutigen
Sitzung der Landesversammlung, in Betreff der
von der Regierung zum Zweck der Rüstungen
geforderten 300,000 fl., der dieselbe verweigernde
Commissionsantrag in allen Punkten angenommen
war, wurde die Versammlung durch den Minister
des Jnnern im Namen des Königs für aufgelöst
erklärt. Das Auflösungsdekret setzte hinzu, daß
nicht mehr nach dem Wahlgesetz vom 1. Juli ge-
wählt werden könne, und deshalb für die Funk-
tionen des Ausschusses der Ausschuß der am 10.
August v. Jrs. aufgelösten Kammer zurückgerufen
werde. Ueber die Arbeiten der Verfassungsrevi-
sion behalte sich Se. Maj. der König weitere
Beschlüsse vor. -- Präsident Schoder schloß nach
Verlesung der Auflösungsverordnung die Sitzung
nicht, sondern sagte: „Jch, als Präfident dieser
Versammlung, weise das Verfassungswidrige des
Verbots, einen Ausschuß zu wählen, zurück und
fordere die Mitglieder zur Wahl eines Ausschus-
ses in Gemäßheit des §. 192 auf.“ Frhr. von
Linden warnte vor einer Uebertretung der k. Ver-
ordnung und forderte die Versammlung auf, sich
zu fügen, worauf sich die Mitglieder der äußer-
sten Rechten, unmittelbar nach dem Abtreten des
Ministeriums entfernten. 48 Mitglieder blieben
und wählten den Ausschuß in Eile, nämlich: a )
engeren: Stockmayer, Rödinger, Schnitzer, Mohl,
Seeger; b ) den weiteren: Reyscher, Mack, Tafel,
Fetzer, Schweickhardt, Phäler. Beim Namens-
aufruf fehlten nur: Geigle, Kuhn, v. Linden,
Roth, Scheffold, v. Steffelin, Walther und Wul-
len ( letzterer von der Linken ) . Schließlich ver-
sicherte Schoder, der Auschuß werde die verletzte
Verfassung nach Kräften vertheidigen und stellte

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[0002] gen Fulda in Bewegung gesetzt haben und den Befehl hatten, den Eintritt in die Stadt nöthi- genfalls mit Gewalt zu erzwingen. Den Tag vorher schien es bei den Vorposten fast zum Kampfe kommen zu wollen; auf preußischer Seite fiel ein Schuß, ob absichtlich oder aus Versehen, worauf die bayerschen Reiter, welche diesseits die Vorhut bildeten, auf die preußische Linie ein- sprengten; es kam indeß zu keinem Zusammen- stoß, da die Preußen sogleich rückwärts gingen. Bei Fulda hatten die Letztern Verschanzungen aufgeworfen und sich in dem Kapuzinerkloster, dem Spitale, auf dem Petersberge, an den Brü- cken über die Fulda und in der Gretzmühle fest- gesetzt. ( K. Z. ) Fulda, 6. Nov. Nach einer regnerisch stür- mischen Nacht, welche die Einwohner jedoch ruhig und unbeirrt vom Kriegstrubel hingebracht haben, wird soeben, halb 12 Uhr Vormittags, allarmirt. Dem Vernehmen nach sollen die Bayern einen Salzwagen, der den auswärtigen Cantonnementen zugeführt worden wäre ( wo, weiß man nicht ) , weggenommen haben. Wir bemerken, daß die k. preuß. Truppen ihre volle Verpflegung aus den hier errichteten Magazinen empfangen. Nach ei- nem andern Gerüchte hätte der diesseitige Vorpo- stenkommandeur in den Cantonnementen der Bay- ern Generalmarsch schlagen hören und hätte darü- ber hierher Meldung gemacht. -- Allem Anscheine nach wird man den hiesigen Ort mit allen zu Gebote stehenden Kräften vertheidigen, indem die ernstesten Vorkehrungen zu diesem Zwecke getroffen werden. -- Außer den früher genannten Genera- len sind jetzt noch v. Bonin, v. Wenzel und v. Katte bei den Truppen. Heute Nachmittag sollen die sich gegenüberstehenden Commandeure v. Thurn u. Taxis und von der Gröben eine Unterredung pflegen; man ist gespannt, welches Resultat diese Besprechung herbeiführen wird. Der Prinz von Preußen ist schon gestern Abend angemeldet und man sieht stündlich der Ankunft desselben entgegen. -- 4 Uhr Nachmittags. Die ausgerückten Trup- pen kehren von ihren Aufstellungen eben wieder zurück und beziehen ihre bisherigen Quartiere oder Bivonaks. -- Der Prinz von Preußen ist zur Zeit noch nicht eingetroffen. Alle Gerüchte über einen blutigen Conflict, der zwischen den sich gegenüberstehenden Heeresmassen erfolgt sein soll, sind erdichtet und scheinen nur ersonnen zu sein, um ängstliche Gemüther zu beunruhigen. -- Nachmittags 4 Uhr. Die Preußen stehen bei Löschenrodt,4 1 / 2 Stunde von hier an der Frankfurter Straße, bayerischen und österreichi- schen Truppen gegenuber; die Bayern sind jedoch schon über die Löschenrodter Brücke herzu: --5 1 / 2 Uhr. Die Sachen stehen auf der Spitze; unsere Stadt gleicht einem Lager. Soeben sind wieder große Truppenmassen als im Anmarsch angesagt. Von der Rhein=Weser=Wasserscheite, zwischen Schlüchtern und Neuhof, 6. Nov. Der gestrige Rasttag war den Bundestruppen auf ihre an- strengenden Märsche bei dem nassen Wetter, das alle Wege grundlos gemacht hatte, nöthig. Lei- der ist das Wetter heute noch übeler. Es regnet nun auch am Tage, während bisher nur Nachts. Und gerade der heutige Tag ist zum weitern Vor- rücken der Truppen auf der Straße nach Fulda bestimmt. Der commandirende General und der Bundescommissär werden um 9 Uhr Vormittags aus dem Hauptquartier Flieden aufbrechen. Jhr Vormarsch ist unterstützt und gedeckt in der rech- ten Flanke von der über Brückenau vorrückenden Divission Mar. ist äußerst gespannnt, was von Seiten der Preußen geschehen wird. Ohne ihr Eindringen würde die Sache ohne Zweifel sich rasch und zur Zufriedenheit aller wahren Freunde Deutschlands und der gesetzmäßigen Freiheit er- ledigt haben. Deutschland. Frankfurt, 3. Nov. Es ist allerdings wahr, daß Lord Cowley nicht accreditirter Gesandter Englands bei der deutschen Bundesversammlung ist, und daß er daher auch als solcher das Pro- tokoll bei Auswechselung der Friedensratifikationen zwischen Dänemark und dem deutschen Bund nicht unterzeichnet hat. Die Bundesversammlung hat nemlich die Reaktivirung den Großmächten noch nicht offiziell angezeigt, und darin liegt die Ur- sache, daß diese bis jetzt auch noch keine Gesand- ten bei ihr accreditiren konnten. Der Grund, weshalb die Bundesversammlung diesen Schritt noch nicht gethan, ist einzig und allein in der Schonung zu suchen, die man gegen Preußen be- obachten zu müssen glaubte. Sobald die Bundes- versammlung bei den Großmächten offizielle An- zeige von ihrer Reaktivirung gemacht, und diese durch Accreditirung von Gesandten ihre erneuerte Anerkennung ausgesprochen hatten, blieb für Preu- ßen keine andere Wahl, die Bundesversammlung unbedingt anzuerkennen, oder einen Krieg mit ganz Europa zu beginnen. Um Preußen nicht in diese schlimme Alternative zu versetzen, hat man die provisorische Centralcommission als Vertreterin des deutschen Bundes, dem Auslande gegenüber noch fortbestehen lassen. So gewiß man auch seiner Sache war, daß die Großmächte nach einmal er- folgter offizieller Anzeige von der Reaktivirung der Bundesversammlung nicht anstehen würden und nicht anstehen könnten, ihre Gesandten von der alsdann erloschenen Bundescentralgewalt abzuru- fen und sie statt dessen bei der Bundesversamm- lung zu accreditiren, so hat man es doch bis jetzt, in der Hoffnung einer Verständigung mit Preußen, unterlassen, des Verhältniß auf diese letzte, entscheidende Spitze zu treiben. Jetzt wird man genöthigt sein, auch diese letzte Schonung ge- gen Preußen fallen zu lassen. Der beste Beweis, daß England die Bundesversammlung anerkennen wird, sobald es nur in die Lage versetzt ist, einen solchen offiziellen Schritt thun zu können, liegt eben in der „offiziösen“ Betheiligung Lord Cow- ley 's bei dem Ratifikationsprotokolle, in welchem Graf Thun nicht im Namen Oesterreichs und nicht im Namen einzelner deutscher Staaten, son- dern ausdrücklich im Namen des deutschen Bun- des auftritt. Dieses eben auseinandergesetzte Ver- hältniß ist auch die einzige Ursache, weshalb der hier verweilende russische Gesandte, Fürst Gort- schakoff, seine Accreditirung bei der Bundesver- sammlung noch nicht hat überreichen können. Eben- so ist es keinem Zweifel unterworfen, daß die französische Regierung keinen Augenblick anstehen wird, ihren Gesandten bei der Bundesversamm- lung zu accreditiren, sobald sie offiziell die Ver- tretung Deutschlands wieder übernommen hat. Den preußischen Blättern kann dieser Stand der Sache nicht unbekannt sein; dennoch fahren sie fort, dem Publikum vorzuspiegeln, daß die Nicht- accreditirung der fremden Gesandten in einer Ab- neigung der Kabinette gegen die Bundesversamm- lung läge, während die Ursache doch einzig und allein in dem Wunsche der Bundesversammlung zu suchen war, Preußen so wenig wie möglich zu compromittiren, und ihm die Lage so lange wie möglich offen zu erhalten, mit allen Dehors des freien Entschlusses sich der Bundesverfassung zu unterwerfen. Die falsche Maxime der preußischen Blätter, die Unkunde des Publikums auszubeuten, um es in falschen Erwartungen und Spannungen ein paar Tage länger zu erhalten, ist noch jedes- mal zum Nachtheile Preußens ausgefallen. Nicht nur wird die Enttäuschung später um desto grö- ßer, sondern die Bundesversammlung wird auf diese Weise gewissermaßen moralisch gezwungen, den Schleier früher zu lüften, den sie aus milden Anstandsrücksichten gegen eine in diesem Augen- blicke diplomatisch sehr ungünstig gestellte Macht zu deren Gunsten noch gern einige Zeit über diese Verhältnisse gebreitet hätte. Es kann der Bun- desversammlung nichts daran liegen, Preußen vor der öffentlichen Meinung Demüthigung zu berei- ten. Die hiesigen Staatsmänner sind zu weise, um der preußischen Regierung ihre ohnehin so schwierige Lage auch für die Zukunft noch mehr zu erschweren. So weit es unbeschadet des Rech- tes möglich ist, das Ansehen der preußischen Re- gierung zu stärken, wird man von keiner Seite aus freudiger die Hand bieten, wie von hier aus. Aber die preußischen Blätter scheinen es so recht con amore darauf anzulegen, alle Rücksichten unmöglich zu machen, welche die Bundesversamm- lung zu gewähren gedachte. Nie war eine Regie- rung mehr in der Lage, auszurufen: Gott be- wahre mich vor meinen Freunden!, als eben die preußische. Ohne die geschäftige Dazwischenkunft der preußischen Zeitungen, wovon man leider die ministerielle „Deutsche Reform“ selbst nicht aus- nehmen darf, würde Preußen gewiß noch immer in einer relativ günstigeren Lage sich befinden, wie jetzt. Es ist nichts gefährlicher, als sich durch nur halbunterrichtete und nur halbgebildete Fe- dern vor der Oeffentlichkeit vertreten zu lassen. ( Möchte dieser Uebelstand doch bald eine gründ- liche Abhilfe finden! ) ( D. Vksh. ) Karlsruhe, 6. Nov. Jn der gestrigen Sitzung der ersten Kammer erschien der neue Minister des Auswärtigen, Freiherr v. Rüdt, zum erstenmal in seiner jetzigen Eigenschaft. Er richtete folgende Worte an die Kammer: D. H. H.! Durch die Gnade und das besondere Vertrauen Se. königl. Hoh. des Großherzogs berufen, habe ich heute zum erstenmale die Ehre, an dieser Stelle in diesem Saale zu erscheinen, in welchem ich vor Jahren schon, aus Jhrer Mitte, gemeinschaftlich mit Jhnen nach demselben Ziele gestrebt, welches die Regierung des Großherzogs unverrückt mit Festigkeit verfolgen wird: das Heil unseres Für- sten, unseres Landes. Sie werden, D. H. H., nicht erwarten, daß ich im gegenwärtigen Augen- blick irgend eine spezielle Frage der Politik auch nur entfernt berühre. Nur das Eine lassen Sie mich hervorheben, daß unser Volk, ein integriren- der Theil eines großen Ganzen, durch die man- nigfachsten festbegründeten Jnteressen, tiefwurzelnde Sympathien verschiedener Art mit unserm Ge- sammtvaterlande nach den verschiedensten Seiten hin enge verknüpft ist; auch darum fordert das wohlverstandene Jnteresse Badens zunächst eine Einigung aller deutschen Staaten. Jn einer ern- sten, bedeutungsvollen Zeit, wie die gegenwärtige, ist mehr als je ein offenes, vertrauensvolles Zu- sammenwirken derer nöthig, die berufen sind, durch Rath und That die wahren Jnteressen des Lan- des zu fördern. Auf Jhre Unterstützung, D. H. H., dürfen wir zählen; Sie haben sie, selbst mit Opfern, nie versagt, wo es sich um das Wohl des Landes handelte. Stuttgart, 6. Nov. Nachdem in der heutigen Sitzung der Landesversammlung, in Betreff der von der Regierung zum Zweck der Rüstungen geforderten 300,000 fl., der dieselbe verweigernde Commissionsantrag in allen Punkten angenommen war, wurde die Versammlung durch den Minister des Jnnern im Namen des Königs für aufgelöst erklärt. Das Auflösungsdekret setzte hinzu, daß nicht mehr nach dem Wahlgesetz vom 1. Juli ge- wählt werden könne, und deshalb für die Funk- tionen des Ausschusses der Ausschuß der am 10. August v. Jrs. aufgelösten Kammer zurückgerufen werde. Ueber die Arbeiten der Verfassungsrevi- sion behalte sich Se. 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Schließlich ver- sicherte Schoder, der Auschuß werde die verletzte Verfassung nach Kräften vertheidigen und stellte

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 268. Würzburg, 8. November 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische268_1850/2>, abgerufen am 24.04.2024.