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Die Bayerische Presse. Nr. 243. Würzburg, 10. Oktober 1850.

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Die Bayerische Presse.

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Ganzjährig 6 fl.
Halbjährig 3 fl.
Vierteljährig 1 fl. 30 kr.
Monatlich für die Stadt 30 kr.

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Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

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Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr
Nr. 533.

Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe-
titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe
und Gelder frei.

[Ende Spaltensatz]

Nr. 243.
Würzburg, Donnerstag den 10. Oktober. 1850.


[Beginn Spaltensatz]
Die neue Taktik der Demokraten.

Schluß. Statt sich auf's Neue mit Gut und
Blut für eine Sache zu verschreiben, bei welcher
man nur Gut und Wohlleben suchte, statt den
Rechtsboden mit muthwilligem Spiel fort und
fort zu durchlöchern und gegen das bestehende
Recht mit Wort und That loszuziehen, fängt man
an, das Recht, diese Schutzmauer aller Bedräng-
ten, anzurufen; statt einem illegalen Vernichtungs-
krieg hat man die Stellung eines s. g. legalen
Widerstandes, einer passiven Widersetzlichkeit ein-
genommen. Hätte die alte von dieser Partei aus-
gesäete Begriffsverwirrung über das, was Recht
ist, nicht ihre bitteren Früchte getragen, so könnte
man über diese Resignation der Partei sich nur
freuen, und die Regierungen würden gewiß das
Jhrige thun, den Verirrten einen so wenig als
möglich beschämenden und demüthigenden Rückzug
anzubahnen. So lange aber diese Parteiführer es
so offen zur Schau tragen, daß sie nicht Frieden
sondern nur Waffenstillstand begehren, daß sie auf
ihre Forderungen, wenn sie sich gleich als unmög-
lich bewiesen, nicht verzichtet, sondern dieselben
blos auf gelegenere Zeit vertagt haben, so lange
man für den Radikalismus zwar die Gegenwart,
aber nicht die Zukunft verloren gibt, und die
Jdealrepublikaner nicht das Soll, aber das Muß
vor der Hand aufgegeben haben, können die Re-
gierungen im Jnteresse des Volkes, das am leich-
testen mit Hilfe seiner fünf Sinne zur Besinnung
und Einsicht kommt, die schmähliche und heillose
Niederlage, welche jenes Treiben der Volkspartei
erlitten hat, nicht mit dem Schleier mitleidiger
Liebe zudecken, sondern müssen wünschen, daß die
Geschichte der beiden letzten Jahre eine warnende
Lehrmeisterin für die künftigen Zeiten abgebe, in-
dem die schädlichen Früchte jenes souveränen
Schwindelhafers offen zu Tag gelegt und ihre
unzeitigen Geburten vor dem vernünftigen Volks-
willen an den Pranger gestellt werden. Die
letzte Waare, mit welcher die Demokratie Ge-
schäfte machen will, ist das angebliche Recht der
Steuerverweigerung. Die Rollen der Advokaten,
welche dieses Recht zu vertreten haben, sollen in
den süddeutschen Ländern bereits ausgetheilt
sein. Jn der That, die Demokraten beuten den
Satz, daß das Geld die Welt regiere, nach allen
Richtungen hin möglichst gut aus: da es ihnen
bis jetzt an der geistigen Macht zur Regierung
fehlt, suchen sie sich wenigstens die materielle
Macht in die Hände zu spielen! Sie deklamiren
gegen die stehenden Heere, als Blutegel am Beu-
tel der Steuerpflichtigen, und maßen sich in un-
beschränkter Weise das Recht der Steuerverwei-
gerung an. Wir können es uns erklären, wie
man diese neue Lehre, welche Sein und Nichtsein
des Staates in die Hände der Volksvertreter ein-
seitig niederlegt, als eine nothwendige Consequenz
aus den Grundsätzen der Volkssouveränetät ab-
leitet. Anfangs wurde das Steuerverweigerungs-
recht nur auf einzelne Steueransätze angewendet,
um die Minister fügsam zu machen: sei den ruhm-
würdigen Märztagen hat man die letzten Conse-
quenzen aus dieser heillosen Lehre gezogen, und
eine Steuerverweigerung en bloc -- für direkte
und indirekte Steuern -- ist das moderne Miß-
trauensvotum, welches die Kammern einem ihnen
[Spaltenumbruch] mißliebigen Ministerium in jedem Augenblick und
aus den unbedeutendsten und grundlosesten Ver-
anlassungen und Voraussetzungen hinzuschleudern
nicht nur bereit sind, sondern sich für berechtigt
oder gar verpflichtet halten. Die Steuerverwei-
gerung möchte sich in unseren Tagen gerne als
das souveräne Mittel herausstellen, die Regierung
zur Einhaltung der Verfassung im Sinne der
Demokraten zu nöthigen und eine "legale" Re-
volution zu bewirken! Wir begreifen recht wohl,
daß dieses Mittel eines gesetzlichen Widerstandes
mit vieler Klugheit und Schlauheit gewählt ist,
und in den Augen mancher Steuerpflichtigen als
eine sehr populäre Maßregel erscheinen mag, denn
Wessen geistiger Horizont nicht über die Grenzen
seines unmittelbaren augenblicklichen Vortheils hin-
ausgeht, wird diese Steuerverweigerung sehr be-
quem und vortrefflich finden, und in dieser Hin-
sicht möchte der üble Eindruck, welchen die Diä-
tenabstimmung bei Manchen zurückließ, durch die-
sen Akt, welcher die Steuern nicht blos herabsetzt,
sondern ganz annullirt, verwischt werden. Freilich
wäre auch diese Freude, wie die Popularität de-
rer, die sie bereitet haben, eine schnell vorüberge-
hende, denn an eine solche Maßnahme der Stände
müßten sich Maßregeln der Regierung anreihen,
welche die Steuern nur vermehren und das Jn-
stitut der Landstände als ein immer kostspieligeres
und fruchtloseres herausstellen würden: aber die
Demokratie lebt vom Augenblick, von der Hand
in den Mund, sie ergreift die Gelegenheit am
Schopf, und vertraut auf die Zukunft immer aufs
Neue, da sie weiß, daß alle Eventualitäten ihre
zwei Seiten haben, und es ihren Advokaten nicht
schwer werden wird, immer diejenige hervorzukeh-
ren, welche in ihren Kram paßt! Sie schreckt
vor den Gefahren, welche dem Konstitutionalis-
mus überhaupt durch ihre Handlungen drohen,
nicht zurück; im Gegentheil heißt sie dieselben
willkommen, denn der Konstitutionalismus selbst
ist ein Dorn in den Augen dieser Jdealrepubli-
kaner, weil er nach ihrer Ansicht den Hemmschuh
bildet, um den Wagen des Staats in das breite
Fahrgeleise der goldenen Republik überzulenken!
Die konstitutionelle Monarchie hat keine gefährli-
cheren geheimen Feinde als die Radikalen und
Demokraten! Darüber, daß jede Verweigerung
unentbehrlicher Abgaben von Seiten der Landstände
ebenso unvernünftig als gewissenlos ist, und sich
nur mit dem Zweck radikalen Umsturzes alles
Bestehenden vertraget, wollen wir kein Wort ver-
lieren. Gäbe man den Ständen das unbedingte
Recht, durch Verweigerung der Steuern die Krone
zu zwingen, so wäre das so viel als die Erklä-
rung, daß die Regierung in Allem den Ständen
gehorchen müsse, d. h. man würde die Monarchie
vernichten. "Einem s. g. konstitutionellen Systeme,
welches eine jede Regierung ohne Weiteres un-
möglich macht, die nicht geradezu den Ständen
gehorcht, wird mit Recht vorgeworfen, daß es eine
Lüge sei. Wie denn freilich so Viele das mo-
narchisch=konstitutionelle System auch nur als eine
Abschlagszahlung a conto der im Stillen erstreb-
ten Republik betrachten, und sich in diesem Sinne
als Konstituionelle brüsten." Die neueste
Taktik unserer Demokraten ist der
Scheinkonstitutionalismus!

[Spaltenumbruch]
Deutschland.

München, 8. Okt. Se. Maj. der König hat
dem Generallieutenant im Generalquartiermeister-
Stab und Referenten im Kriegsministerium, Karl
Frhr. v. Heideck genannt Heidegger, für die zu-
rückgelegte treugeleistete 50jährige Dienstzeit das
Ehrenkreuz des Ludwigsordens verliehen und dem
Generallieutenant Prinzen Eduard von Sachsen-
Altenburg mit dem Vollzug der feierlichen Deko-
ration beauftrag, wozu eine vollständige Brigade
auszurücken hat. -- Das Observationskorps bei
Aschaffenburg wird sobald noch nicht aufgelöst
werden und erhält die Mannschuft 3 kr. Zulage
per Tag, welche unter der Rubrik: " Kantonirungs-
Zulage " verrechnet wird. Uebrigens ist auch von
einer Vermehrung des genannten Korps vorläufig
noch nichts bekannt.    ( A. Abz. )

Die Ereignisse in Kurhessen

Kassel, 8. Okt. Heute früh wurden durch
den Generalstaabslieutenant Caub, gegenwärtig
Adjutant des Generals v. Haynau, sämmtliche
hier befindliche Pressen versiegelt und mit starken
Wachen besetzt. -- Nachschrift. Soeben, 11 Uhr
Vormittags, erfährt man, daß das Generalaudi-
toriat suspendirt ist.

Kassel, 8. Okt. Die trotz des Belagerungs-
zustandes in irgend einem verborgenen Winkel
fort erscheinende Neuhessische Zeitung klatscht in
ihrer gestrigen Nummer aus, daß zwei Appella-
tionsräthe einflußreichen Personen verfassungswi-
drigen Rath ertheilten, und droht, solche dem
öffentlichen Hasse zu denunziren. Es ist dies ein
deutliches Symptom des, von dem neuhessischen
Lese=Museum und der von da aus inspirirten
Büreaukratie geübten, wahrhaft scheußlichen Des-
potismus. Während die Beschlüsse der Behörde
mit schnöder Hintansetzung des Dienstgeheimnisses
sofort in den Theegesellschaften, in den Sudel-
blättern und auf den Gassen nacherzählt werden,
soll die Minorität nichts Geringeres, als selbst
dem gewohnten freundschaftlichen Umgange ent-
sagen. -- Denn von etwas Weiterem ist hier
und kann nichts die Rede sein. -- Der ver-
haftete Oetker hat von den Civilkammern des
Obergerichts ein unbedingtes Entlassungs=Mandat
ausgewirkt, wogegen aber dem Staatsanwalt, wel-
cher um Jnstruktion nach Wilhelmsbad berichtet,
die Appellation offen stehet. -- Oetker hat die
Erlaubniß erhalten, täglich eine Stunde im Ka-
stel spazieren zu gehen, jedoch darf er die Wälle
nicht betreten.

   

Hanau, 8. Okt. Meinem gestrigen Berichte
über den Empfang der Deputation des Oberap-
pellationsgerichts und über die von Se. Königl.
Hoheit dem Kurfürsten dabei gesprochenen Worte
kann ich noch nachtragen, daß Se. Königl. Hoh.
bemerkte, "die Competenz der Gerichte solle durch-
aus nicht weiter beschränkt werden, als es der
Kriegszustand mit sich bringe, diese Beschränkung
leite sich aber aus den auf Grund des §. 95 ge-
gebenen Gesetzen von selbst her. Die Staatsge-
walt könne keine doppelte sein und die Gerichte
könnten nicht die Befugniß in Anspruch nehmen,
über die Erlasse der landesherrlichen Gewalt Ent-

Die Bayerische Presse.

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Würzburg, Donnerstag den 10. Oktober. 1850.


[Beginn Spaltensatz]
Die neue Taktik der Demokraten.

Schluß. Statt sich auf's Neue mit Gut und
Blut für eine Sache zu verschreiben, bei welcher
man nur Gut und Wohlleben suchte, statt den
Rechtsboden mit muthwilligem Spiel fort und
fort zu durchlöchern und gegen das bestehende
Recht mit Wort und That loszuziehen, fängt man
an, das Recht, diese Schutzmauer aller Bedräng-
ten, anzurufen; statt einem illegalen Vernichtungs-
krieg hat man die Stellung eines s. g. legalen
Widerstandes, einer passiven Widersetzlichkeit ein-
genommen. Hätte die alte von dieser Partei aus-
gesäete Begriffsverwirrung über das, was Recht
ist, nicht ihre bitteren Früchte getragen, so könnte
man über diese Resignation der Partei sich nur
freuen, und die Regierungen würden gewiß das
Jhrige thun, den Verirrten einen so wenig als
möglich beschämenden und demüthigenden Rückzug
anzubahnen. So lange aber diese Parteiführer es
so offen zur Schau tragen, daß sie nicht Frieden
sondern nur Waffenstillstand begehren, daß sie auf
ihre Forderungen, wenn sie sich gleich als unmög-
lich bewiesen, nicht verzichtet, sondern dieselben
blos auf gelegenere Zeit vertagt haben, so lange
man für den Radikalismus zwar die Gegenwart,
aber nicht die Zukunft verloren gibt, und die
Jdealrepublikaner nicht das Soll, aber das Muß
vor der Hand aufgegeben haben, können die Re-
gierungen im Jnteresse des Volkes, das am leich-
testen mit Hilfe seiner fünf Sinne zur Besinnung
und Einsicht kommt, die schmähliche und heillose
Niederlage, welche jenes Treiben der Volkspartei
erlitten hat, nicht mit dem Schleier mitleidiger
Liebe zudecken, sondern müssen wünschen, daß die
Geschichte der beiden letzten Jahre eine warnende
Lehrmeisterin für die künftigen Zeiten abgebe, in-
dem die schädlichen Früchte jenes souveränen
Schwindelhafers offen zu Tag gelegt und ihre
unzeitigen Geburten vor dem vernünftigen Volks-
willen an den Pranger gestellt werden. Die
letzte Waare, mit welcher die Demokratie Ge-
schäfte machen will, ist das angebliche Recht der
Steuerverweigerung. Die Rollen der Advokaten,
welche dieses Recht zu vertreten haben, sollen in
den süddeutschen Ländern bereits ausgetheilt
sein. Jn der That, die Demokraten beuten den
Satz, daß das Geld die Welt regiere, nach allen
Richtungen hin möglichst gut aus: da es ihnen
bis jetzt an der geistigen Macht zur Regierung
fehlt, suchen sie sich wenigstens die materielle
Macht in die Hände zu spielen! Sie deklamiren
gegen die stehenden Heere, als Blutegel am Beu-
tel der Steuerpflichtigen, und maßen sich in un-
beschränkter Weise das Recht der Steuerverwei-
gerung an. Wir können es uns erklären, wie
man diese neue Lehre, welche Sein und Nichtsein
des Staates in die Hände der Volksvertreter ein-
seitig niederlegt, als eine nothwendige Consequenz
aus den Grundsätzen der Volkssouveränetät ab-
leitet. Anfangs wurde das Steuerverweigerungs-
recht nur auf einzelne Steueransätze angewendet,
um die Minister fügsam zu machen: sei den ruhm-
würdigen Märztagen hat man die letzten Conse-
quenzen aus dieser heillosen Lehre gezogen, und
eine Steuerverweigerung en bloc -- für direkte
und indirekte Steuern -- ist das moderne Miß-
trauensvotum, welches die Kammern einem ihnen
[Spaltenumbruch] mißliebigen Ministerium in jedem Augenblick und
aus den unbedeutendsten und grundlosesten Ver-
anlassungen und Voraussetzungen hinzuschleudern
nicht nur bereit sind, sondern sich für berechtigt
oder gar verpflichtet halten. Die Steuerverwei-
gerung möchte sich in unseren Tagen gerne als
das souveräne Mittel herausstellen, die Regierung
zur Einhaltung der Verfassung im Sinne der
Demokraten zu nöthigen und eine „legale“ Re-
volution zu bewirken! Wir begreifen recht wohl,
daß dieses Mittel eines gesetzlichen Widerstandes
mit vieler Klugheit und Schlauheit gewählt ist,
und in den Augen mancher Steuerpflichtigen als
eine sehr populäre Maßregel erscheinen mag, denn
Wessen geistiger Horizont nicht über die Grenzen
seines unmittelbaren augenblicklichen Vortheils hin-
ausgeht, wird diese Steuerverweigerung sehr be-
quem und vortrefflich finden, und in dieser Hin-
sicht möchte der üble Eindruck, welchen die Diä-
tenabstimmung bei Manchen zurückließ, durch die-
sen Akt, welcher die Steuern nicht blos herabsetzt,
sondern ganz annullirt, verwischt werden. Freilich
wäre auch diese Freude, wie die Popularität de-
rer, die sie bereitet haben, eine schnell vorüberge-
hende, denn an eine solche Maßnahme der Stände
müßten sich Maßregeln der Regierung anreihen,
welche die Steuern nur vermehren und das Jn-
stitut der Landstände als ein immer kostspieligeres
und fruchtloseres herausstellen würden: aber die
Demokratie lebt vom Augenblick, von der Hand
in den Mund, sie ergreift die Gelegenheit am
Schopf, und vertraut auf die Zukunft immer aufs
Neue, da sie weiß, daß alle Eventualitäten ihre
zwei Seiten haben, und es ihren Advokaten nicht
schwer werden wird, immer diejenige hervorzukeh-
ren, welche in ihren Kram paßt! Sie schreckt
vor den Gefahren, welche dem Konstitutionalis-
mus überhaupt durch ihre Handlungen drohen,
nicht zurück; im Gegentheil heißt sie dieselben
willkommen, denn der Konstitutionalismus selbst
ist ein Dorn in den Augen dieser Jdealrepubli-
kaner, weil er nach ihrer Ansicht den Hemmschuh
bildet, um den Wagen des Staats in das breite
Fahrgeleise der goldenen Republik überzulenken!
Die konstitutionelle Monarchie hat keine gefährli-
cheren geheimen Feinde als die Radikalen und
Demokraten! Darüber, daß jede Verweigerung
unentbehrlicher Abgaben von Seiten der Landstände
ebenso unvernünftig als gewissenlos ist, und sich
nur mit dem Zweck radikalen Umsturzes alles
Bestehenden vertraget, wollen wir kein Wort ver-
lieren. Gäbe man den Ständen das unbedingte
Recht, durch Verweigerung der Steuern die Krone
zu zwingen, so wäre das so viel als die Erklä-
rung, daß die Regierung in Allem den Ständen
gehorchen müsse, d. h. man würde die Monarchie
vernichten. „Einem s. g. konstitutionellen Systeme,
welches eine jede Regierung ohne Weiteres un-
möglich macht, die nicht geradezu den Ständen
gehorcht, wird mit Recht vorgeworfen, daß es eine
Lüge sei. Wie denn freilich so Viele das mo-
narchisch=konstitutionelle System auch nur als eine
Abschlagszahlung á conto der im Stillen erstreb-
ten Republik betrachten, und sich in diesem Sinne
als Konstituionelle brüsten.“ Die neueste
Taktik unserer Demokraten ist der
Scheinkonstitutionalismus!

[Spaltenumbruch]
Deutschland.

München, 8. Okt. Se. Maj. der König hat
dem Generallieutenant im Generalquartiermeister-
Stab und Referenten im Kriegsministerium, Karl
Frhr. v. Heideck genannt Heidegger, für die zu-
rückgelegte treugeleistete 50jährige Dienstzeit das
Ehrenkreuz des Ludwigsordens verliehen und dem
Generallieutenant Prinzen Eduard von Sachsen-
Altenburg mit dem Vollzug der feierlichen Deko-
ration beauftrag, wozu eine vollständige Brigade
auszurücken hat. -- Das Observationskorps bei
Aschaffenburg wird sobald noch nicht aufgelöst
werden und erhält die Mannschuft 3 kr. Zulage
per Tag, welche unter der Rubrik: „ Kantonirungs-
Zulage “ verrechnet wird. Uebrigens ist auch von
einer Vermehrung des genannten Korps vorläufig
noch nichts bekannt.    ( A. Abz. )

Die Ereignisse in Kurhessen

Kassel, 8. Okt. Heute früh wurden durch
den Generalstaabslieutenant Caub, gegenwärtig
Adjutant des Generals v. Haynau, sämmtliche
hier befindliche Pressen versiegelt und mit starken
Wachen besetzt. -- Nachschrift. Soeben, 11 Uhr
Vormittags, erfährt man, daß das Generalaudi-
toriat suspendirt ist.

Kassel, 8. Okt. Die trotz des Belagerungs-
zustandes in irgend einem verborgenen Winkel
fort erscheinende Neuhessische Zeitung klatscht in
ihrer gestrigen Nummer aus, daß zwei Appella-
tionsräthe einflußreichen Personen verfassungswi-
drigen Rath ertheilten, und droht, solche dem
öffentlichen Hasse zu denunziren. Es ist dies ein
deutliches Symptom des, von dem neuhessischen
Lese=Museum und der von da aus inspirirten
Büreaukratie geübten, wahrhaft scheußlichen Des-
potismus. Während die Beschlüsse der Behörde
mit schnöder Hintansetzung des Dienstgeheimnisses
sofort in den Theegesellschaften, in den Sudel-
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soll die Minorität nichts Geringeres, als selbst
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Hoheit dem Kurfürsten dabei gesprochenen Worte
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bemerkte, „die Competenz der Gerichte solle durch-
aus nicht weiter beschränkt werden, als es der
Kriegszustand mit sich bringe, diese Beschränkung
leite sich aber aus den auf Grund des §. 95 ge-
gebenen Gesetzen von selbst her. Die Staatsge-
walt könne keine doppelte sein und die Gerichte
könnten nicht die Befugniß in Anspruch nehmen,
über die Erlasse der landesherrlichen Gewalt Ent-

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[0001] Die Bayerische Presse. Abonnement: Ganzjährig 6 fl. Halbjährig 3 fl. Vierteljährig 1 fl. 30 kr. Monatlich für die Stadt 30 kr. Eine constitutionell-monarchische Zeitung. Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr Nr. 533. Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe- titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe und Gelder frei. Nr. 243. Würzburg, Donnerstag den 10. Oktober. 1850. Die neue Taktik der Demokraten. Schluß. Statt sich auf's Neue mit Gut und Blut für eine Sache zu verschreiben, bei welcher man nur Gut und Wohlleben suchte, statt den Rechtsboden mit muthwilligem Spiel fort und fort zu durchlöchern und gegen das bestehende Recht mit Wort und That loszuziehen, fängt man an, das Recht, diese Schutzmauer aller Bedräng- ten, anzurufen; statt einem illegalen Vernichtungs- krieg hat man die Stellung eines s. g. legalen Widerstandes, einer passiven Widersetzlichkeit ein- genommen. Hätte die alte von dieser Partei aus- gesäete Begriffsverwirrung über das, was Recht ist, nicht ihre bitteren Früchte getragen, so könnte man über diese Resignation der Partei sich nur freuen, und die Regierungen würden gewiß das Jhrige thun, den Verirrten einen so wenig als möglich beschämenden und demüthigenden Rückzug anzubahnen. So lange aber diese Parteiführer es so offen zur Schau tragen, daß sie nicht Frieden sondern nur Waffenstillstand begehren, daß sie auf ihre Forderungen, wenn sie sich gleich als unmög- lich bewiesen, nicht verzichtet, sondern dieselben blos auf gelegenere Zeit vertagt haben, so lange man für den Radikalismus zwar die Gegenwart, aber nicht die Zukunft verloren gibt, und die Jdealrepublikaner nicht das Soll, aber das Muß vor der Hand aufgegeben haben, können die Re- gierungen im Jnteresse des Volkes, das am leich- testen mit Hilfe seiner fünf Sinne zur Besinnung und Einsicht kommt, die schmähliche und heillose Niederlage, welche jenes Treiben der Volkspartei erlitten hat, nicht mit dem Schleier mitleidiger Liebe zudecken, sondern müssen wünschen, daß die Geschichte der beiden letzten Jahre eine warnende Lehrmeisterin für die künftigen Zeiten abgebe, in- dem die schädlichen Früchte jenes souveränen Schwindelhafers offen zu Tag gelegt und ihre unzeitigen Geburten vor dem vernünftigen Volks- willen an den Pranger gestellt werden. Die letzte Waare, mit welcher die Demokratie Ge- schäfte machen will, ist das angebliche Recht der Steuerverweigerung. Die Rollen der Advokaten, welche dieses Recht zu vertreten haben, sollen in den süddeutschen Ländern bereits ausgetheilt sein. Jn der That, die Demokraten beuten den Satz, daß das Geld die Welt regiere, nach allen Richtungen hin möglichst gut aus: da es ihnen bis jetzt an der geistigen Macht zur Regierung fehlt, suchen sie sich wenigstens die materielle Macht in die Hände zu spielen! Sie deklamiren gegen die stehenden Heere, als Blutegel am Beu- tel der Steuerpflichtigen, und maßen sich in un- beschränkter Weise das Recht der Steuerverwei- gerung an. Wir können es uns erklären, wie man diese neue Lehre, welche Sein und Nichtsein des Staates in die Hände der Volksvertreter ein- seitig niederlegt, als eine nothwendige Consequenz aus den Grundsätzen der Volkssouveränetät ab- leitet. Anfangs wurde das Steuerverweigerungs- recht nur auf einzelne Steueransätze angewendet, um die Minister fügsam zu machen: sei den ruhm- würdigen Märztagen hat man die letzten Conse- quenzen aus dieser heillosen Lehre gezogen, und eine Steuerverweigerung en bloc -- für direkte und indirekte Steuern -- ist das moderne Miß- trauensvotum, welches die Kammern einem ihnen mißliebigen Ministerium in jedem Augenblick und aus den unbedeutendsten und grundlosesten Ver- anlassungen und Voraussetzungen hinzuschleudern nicht nur bereit sind, sondern sich für berechtigt oder gar verpflichtet halten. Die Steuerverwei- gerung möchte sich in unseren Tagen gerne als das souveräne Mittel herausstellen, die Regierung zur Einhaltung der Verfassung im Sinne der Demokraten zu nöthigen und eine „legale“ Re- volution zu bewirken! Wir begreifen recht wohl, daß dieses Mittel eines gesetzlichen Widerstandes mit vieler Klugheit und Schlauheit gewählt ist, und in den Augen mancher Steuerpflichtigen als eine sehr populäre Maßregel erscheinen mag, denn Wessen geistiger Horizont nicht über die Grenzen seines unmittelbaren augenblicklichen Vortheils hin- ausgeht, wird diese Steuerverweigerung sehr be- quem und vortrefflich finden, und in dieser Hin- sicht möchte der üble Eindruck, welchen die Diä- tenabstimmung bei Manchen zurückließ, durch die- sen Akt, welcher die Steuern nicht blos herabsetzt, sondern ganz annullirt, verwischt werden. Freilich wäre auch diese Freude, wie die Popularität de- rer, die sie bereitet haben, eine schnell vorüberge- hende, denn an eine solche Maßnahme der Stände müßten sich Maßregeln der Regierung anreihen, welche die Steuern nur vermehren und das Jn- stitut der Landstände als ein immer kostspieligeres und fruchtloseres herausstellen würden: aber die Demokratie lebt vom Augenblick, von der Hand in den Mund, sie ergreift die Gelegenheit am Schopf, und vertraut auf die Zukunft immer aufs Neue, da sie weiß, daß alle Eventualitäten ihre zwei Seiten haben, und es ihren Advokaten nicht schwer werden wird, immer diejenige hervorzukeh- ren, welche in ihren Kram paßt! Sie schreckt vor den Gefahren, welche dem Konstitutionalis- mus überhaupt durch ihre Handlungen drohen, nicht zurück; im Gegentheil heißt sie dieselben willkommen, denn der Konstitutionalismus selbst ist ein Dorn in den Augen dieser Jdealrepubli- kaner, weil er nach ihrer Ansicht den Hemmschuh bildet, um den Wagen des Staats in das breite Fahrgeleise der goldenen Republik überzulenken! Die konstitutionelle Monarchie hat keine gefährli- cheren geheimen Feinde als die Radikalen und Demokraten! Darüber, daß jede Verweigerung unentbehrlicher Abgaben von Seiten der Landstände ebenso unvernünftig als gewissenlos ist, und sich nur mit dem Zweck radikalen Umsturzes alles Bestehenden vertraget, wollen wir kein Wort ver- lieren. Gäbe man den Ständen das unbedingte Recht, durch Verweigerung der Steuern die Krone zu zwingen, so wäre das so viel als die Erklä- rung, daß die Regierung in Allem den Ständen gehorchen müsse, d. h. man würde die Monarchie vernichten. „Einem s. g. konstitutionellen Systeme, welches eine jede Regierung ohne Weiteres un- möglich macht, die nicht geradezu den Ständen gehorcht, wird mit Recht vorgeworfen, daß es eine Lüge sei. Wie denn freilich so Viele das mo- narchisch=konstitutionelle System auch nur als eine Abschlagszahlung á conto der im Stillen erstreb- ten Republik betrachten, und sich in diesem Sinne als Konstituionelle brüsten.“ Die neueste Taktik unserer Demokraten ist der Scheinkonstitutionalismus! Deutschland. München, 8. Okt. Se. Maj. der König hat dem Generallieutenant im Generalquartiermeister- Stab und Referenten im Kriegsministerium, Karl Frhr. v. Heideck genannt Heidegger, für die zu- rückgelegte treugeleistete 50jährige Dienstzeit das Ehrenkreuz des Ludwigsordens verliehen und dem Generallieutenant Prinzen Eduard von Sachsen- Altenburg mit dem Vollzug der feierlichen Deko- ration beauftrag, wozu eine vollständige Brigade auszurücken hat. -- Das Observationskorps bei Aschaffenburg wird sobald noch nicht aufgelöst werden und erhält die Mannschuft 3 kr. Zulage per Tag, welche unter der Rubrik: „ Kantonirungs- Zulage “ verrechnet wird. Uebrigens ist auch von einer Vermehrung des genannten Korps vorläufig noch nichts bekannt. ( A. Abz. ) Die Ereignisse in Kurhessen Kassel, 8. Okt. Heute früh wurden durch den Generalstaabslieutenant Caub, gegenwärtig Adjutant des Generals v. Haynau, sämmtliche hier befindliche Pressen versiegelt und mit starken Wachen besetzt. -- Nachschrift. Soeben, 11 Uhr Vormittags, erfährt man, daß das Generalaudi- toriat suspendirt ist. Kassel, 8. Okt. Die trotz des Belagerungs- zustandes in irgend einem verborgenen Winkel fort erscheinende Neuhessische Zeitung klatscht in ihrer gestrigen Nummer aus, daß zwei Appella- tionsräthe einflußreichen Personen verfassungswi- drigen Rath ertheilten, und droht, solche dem öffentlichen Hasse zu denunziren. Es ist dies ein deutliches Symptom des, von dem neuhessischen Lese=Museum und der von da aus inspirirten Büreaukratie geübten, wahrhaft scheußlichen Des- potismus. Während die Beschlüsse der Behörde mit schnöder Hintansetzung des Dienstgeheimnisses sofort in den Theegesellschaften, in den Sudel- blättern und auf den Gassen nacherzählt werden, soll die Minorität nichts Geringeres, als selbst dem gewohnten freundschaftlichen Umgange ent- sagen. -- Denn von etwas Weiterem ist hier und kann nichts die Rede sein. -- Der ver- haftete Oetker hat von den Civilkammern des Obergerichts ein unbedingtes Entlassungs=Mandat ausgewirkt, wogegen aber dem Staatsanwalt, wel- cher um Jnstruktion nach Wilhelmsbad berichtet, die Appellation offen stehet. -- Oetker hat die Erlaubniß erhalten, täglich eine Stunde im Ka- stel spazieren zu gehen, jedoch darf er die Wälle nicht betreten. ( K. Z. ) Hanau, 8. Okt. Meinem gestrigen Berichte über den Empfang der Deputation des Oberap- pellationsgerichts und über die von Se. Königl. Hoheit dem Kurfürsten dabei gesprochenen Worte kann ich noch nachtragen, daß Se. Königl. Hoh. bemerkte, „die Competenz der Gerichte solle durch- aus nicht weiter beschränkt werden, als es der Kriegszustand mit sich bringe, diese Beschränkung leite sich aber aus den auf Grund des §. 95 ge- gebenen Gesetzen von selbst her. Die Staatsge- walt könne keine doppelte sein und die Gerichte könnten nicht die Befugniß in Anspruch nehmen, über die Erlasse der landesherrlichen Gewalt Ent-

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 243. Würzburg, 10. Oktober 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische243_1850/1>, abgerufen am 18.04.2024.