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Die Bayerische Presse. Nr. 234. Würzburg, 30. September 1850.

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[Spaltenumbruch] maligen Budgets ausführlich den Landständen ent-
wickelt wurde, es könne dasselbe für die Folge
nicht maßgebend sein. Das Verhalten der Land-
stände hat nicht darauf hingezielt, der Regierung
die Mittel zur Bestreitung der erforderlichen Aus-
gaben zu entziehen, vielmehr hat, wenn es wirk-
lich an diesen Mitteln fehlt, die Regierung selbst
sich ihrer beraubt. Denn sie hat im Monat Juni
d. J. die vorletzte Ständeversammlung aufgelöst,
ohne ihr nur die geschäftsordnungsmäßige Zeit
zur Berathung der Steuervorlage zu gönnen. Sie
hat die letzte Ständeversammlung, die erst am
26. vorigen Monats berufen wurde, gedrängt,
bis spätestens zum 31. über die Steueranfor-
derung zu beschließen, und sie somit hinsichtlich der
Zeit der Erwägung eben so sehr beschränkt, wie
sie dieselbe hinsichtlich des materiellen Bedürfnisses
der erhobenen Anforderung jeden verfassungsmä-
ßigen Anhalts baar gelassen hat. Wenn dennoch
in einem Falle der landständische Ausschuß, im
andern die Ständeversammlung es über sich ge-
nommen haben, die Forterhebung der indirekten
Steuern vor deren näherer Begründung zu ge-
nehmigen, so haben sie damit fast mehr gethan,
als zulässig sein mochte. Die letzte Ständever-
sammlung blieb, als sie der Verwendung der in-
direkten und der Erhebung der direkten Steuern
Anstand gab, der näheren Nachweisung des Be-
darfs derselben gewärtig. Es war dieses eine
gerechte Erwartung, der innerhalb weniger Tage
zu genügen gewesen wäre. An Ew. Königlichen
Hoheit Ministern war es, die deshalb nöthigen
Vorlagen noch zu machen, es hatten dieselben da-
zu Zeit, denn es standen ihnen, wie die Erfahrung
bewiesen hat, nicht nur noch Mittel zu Gebot,
um für den Monat September die nothwendigen
laufenden Ausgaben zu bestreiten, sondern sogar
um eine außerordentliche Truppenaufstellung zu er-
möglichen. Die Minister haben es vorgezogen,
in Ew. Königlichen Hoheit den Glauben zu er-
wecken, es habe eine Steuerverweigerung statt ge-
funden. Dieselben haben auf diese grundlose Be-
hauptung hin jene Auflösung der Ständeversamm-
lung beantragt, deren Folgen schwer auf dem Lande
lasten. Mögen Ew. k. Hoheit das Vorgestellte
genau würdigen und die Ueberzeugung wird nicht
ausbleiben, daß in den unzeitigen zweimaligen Auf-
lösungen der Ständeversammlung die Ursachen der
Verlegenheiten zu finden sind, die Ew. k. Hoheit
mit dem ganzen Lande zu beklagen haben. Und
doch sind diese Verlegenheiten noch immer nicht
der Art, um nicht bei redlichem Willen leicht über-
wunden werden zu können. Dem kurhessischen
Staate stehen reichliche Quellen der Einnahme
neben den Steuern zu Gebote, sie fließen in jetzi-
ger Jahreszeit am ergiebigsten. Sie werden hin-
reichen, um die nothwendigen Ausgaben der Re-
gierung so lange zu bestreiten, bis eine neue
Ständeversammlung zusammentreten kann. Sollten
Ew. k. Hoheit dieses bezweifeln, so geruhen Sie,
die pflichtmäßigen Berichte der betreffenden Be-
hörden darüber einzuziehen, die es wenigstens für
den Fall werden bestätigen können, daß die Mini-
sterien sich der bereits anempfohlenen Sparsamkeit
befleißigen. Ew. k. Hoheit haben schon die Wahl
einer neuen Ständeversammlung verordnet, in we-
nigen Wochen kann dieselbe zusammentreten. Un-
ter deren Mitwirkung kann der ordnungsmäßige
Gang des Staats erhalten bleiben ohne jede Aus-
nahmsmaßregel. Wir haben nicht unterlassen wol-
len, dieses Ew. k. Hoh. noch vorzustellen, um zu
zeigen, daß es nur verfassungstreuer Rathgeber
bedarf, um die Regierung ohne Schwierigkeiten
auf den Boden der Verfassung und der Gesetze
zurückzuführen. K. Hoh. beherzigen Sie Dieses!
noch ist es Zeit zu erwägen, ob in Kurhessen
fremde Gewalt treten soll an die Stelle von Recht
und Gesetz! Ehrerbietigst verharret Ew. k. Hoheit
der bleibende landständische Ausschuß. Namens
desselben dessen Vorstand: Schwarzenberg. Kassel,
am 26. September 1850.

Kassel, 27. Sept. Staatsrath Scheffer soll
sich geweigert haben, bei der Bildung eines neuen
Ministeriums sich zu betheiligen. Derselbe hat
Wilhelmsbad wieder verlassen. Obersinanzraht
[Spaltenumbruch] Zuschlag hat der Aufforderung, nach Wilhelms-
bad zu kommen, bis jetzt noch keine Folge gege-
ben; man sagt, er werde seine Entlassung ein-
reichen. Heute Morgen hatte das Oberappella-
tionsgericht eine erst gestern Abend spät ange-
sagte Sitzung, zu welchem Zwecke ist unbekannt.
Auch der landständische Ausschuß hielt heute eine
Berathung.

Kassel, 27. Sept. Polizeikommissär Müller
ist seiner Haft entlassen, das Jnstruktionsverfah-
ren gegen ihn wird indeß fortgesetzt. Die Ent-
lassung ist die Folge einer durch das Justizmini-
sterium veranlaßten Beschwerde der Staatspro-
curatur.

Kassel, 28. Sept. Soeben erfahre ich aus
zuverlässiger Quelle, daß der Finanzminister
Hassenpflug an die Hauptstaatskasse den Befehl
hat ergehen lassen, 44,000 Thlr. an das Kriegs-
ministerium abzuliefern. Zugleich ist der Direk-
tion der Main=Weserbahn die Weisung zugegan-
gen, bis Sonntag einen Extrazug nach Gießen
zur Aufnahme und Beförderung eines Bataillons
abgehen zu lassen. -- Jn Folge eines am 26.
d. M. gefaßten Stadtrathsbeschlusses ist heute
auf Einladung des Hrn. Oberbürgermeister Hart-
wig ein Comite hierselbst zusammengetreten, um
über die geeigneten Mittel und Wege zu bera-
then, die Staatsdienergehalte, deren Auszahlung
unter den obwaltenden Umständen beanstandet
werden möchte, gegen Cession der betreffenden
Ansprüche vorzuschießen. Das Comite besteht
aus den Herren Oberbürgermeister Hartwig,
Bürgermeister Henkel, Geheimrath Koch, Ban-
quier Pfeiffer, Obergerichtsanwalt Alsberg, Ober-
gerichtsanwalt Dr. Harnier, Obergerichtsanwalt
v. Schlemmer, Kaufmann Knappe, Fabrikant Eg-
gena, Oberpostmeister Nebelthau, Obergerichts-
anwalt Fr. Oetker, und wird alsbald einen Auf-
ruf erlassen.

Wilhelmsbad, 28. Sept. Die "Kasseler Zei-
tung " enthält die nachfolgende Erklärung: "Die
gestrige "Frankfurter Oberpostamtszeitung" ( wie
das "Frankfurter Journal" und die "Deutsche
Zeitung" ) bringt eine telegraphische Depesche, wo-
nach eine an den kgl. Geschäftsträger am kurfürst-
lichen Hofe, Hrn. v. Thiele, gerichtete preußische
Note, vom 23. Sept. 1850, den Widerstand des
kurhessischen Volks als einen legalen und das Un-
ternehmen des kurfürstlichen Ministeriums als Ver-
fassungsbruch bezeichne; dies sei als Ansicht des
preußischen Gouvernements mitzutheilen und schließe
sich daran die Mahnung zur Rückkehr auf den
verfassungsmäßigen Weg. -- Die Unwahrschein-
lichkeit dieser Angaben leuchtet bei nur einigem
Nachdenken von selbst ein, und nur für die mehr
befangenen Gemüther können wir die bestimmte
Versicherung für nöthig halten und hiermit abge-
ben, daß die kurfürstliche Regierung eine preu-
ßische Note obigen oder dem ähnlichen Jnhalts
nicht erhalten hat."

Wilhelmsbad, 28. Sept. Heute geht siche-
rem Vernehmen nach die Denkschrift der Staats-
regierung über die kurhessischen Wirren an die
sämmtlichen resp. Höfe ab; die Denkschrift wurde
sehr beeilt, da man auswärts den Verlauf der
Wirren nur nach den Berichten der hessischen Op-
positionspresse zu beurtheilen scheint. Die Denk-
schrift macht mit Beilagen etwa 17 Druckbogen
aus.

   

Fulda, 27. Sept. Gestern Abend durchzo-
gen starke Patrouillen die Stadt; die Weisung
des kommandirenden Unteroffiziers lautete: "in
allen Gast= und Wirthshäusern sich nach fremden
Soldaten zu erkundigen." Was dieses Manöver
bedeuten soll, weiß hier niemand.

   
Schleswig=holsteinische Ange-
legenheiten
.

Schleswig=Holstein, 25. Sept. Der Aufruf
zum freiwilligen Eintritt in unsere Armee hat den
gehegten Erwartungen noch lange nicht entsprochen
und hat unser Heer nicht auf die Stärke gebracht,
die es in Stand setzt, die Offensive mit Erfolg
ergreifen zu können. Statt 15--16,000 Mann,
[Spaltenumbruch] wie man gehofft hatte, die hinzukommen werden,
sind seit der Jdstedter Schlacht nur etwas über
4000 hinzugekommen. Freilich trägt die Statt-
halterschaft auch zum großen Theil die Schuld
hiervon, indem bei der Annahme zu sehr auf die
politische Färbung Rücksicht genommen wurde. Es
ist doch aber denn einmal so, und das Heer ist
in seiner jetzigen Stärke zu schwach, die festen
Positionen des Feindes mit Erfolg anzugreifen.
Es soll auch eine solche Erklärung von dem kom-
mandirenden General gegeben worden sein, mit
dem Zusatze, daß das Heer noch mindestens um
10,000 Mann stärker sein muß, wenn die Offen-
sive ergriffen werden soll. Diese Erklärung des
Generals von Willisen soll zusammenhängen mit
einem Antrag, der in einer der geheimen Sitzun-
gen unserer Landesversammlung zur Sprache ge-
bracht worden sein soll und der dahin geht, die
Verheiratheten bis zu 30 Jahren und die Unver-
heiratheten bis zu 40 Jahren auszuheben. Der
Antrag ist noch nicht definitiv gestellt worden;
man hat erst die Stimmung der Landesversamm-
lung erkunden und ihn erst dann einbringen wol-
len, wenn man sich vorgewissert hat, daß man
auf die Majorität rechnen kann. Jnzwischen setzen
die schleswig'schen Flüchtlinge Himmel und Erde
in Bewegung, um zu entscheidendem Angriff zu
drängen, in der Hoffnung, daß unsere Waffen
glücklich sein und die Dänen bis an der Königsau
zurückdrängen werden. Es wünschen diese Leute,
die Hab und Gut, Frau und Kind im Stiche ge-
lassen haben, wieder in ihre Heimaih zurück, und
viele von ihnen sind auch entschlossen, im Falle
das Glück der Waffen uns nicht bald günstig ist,
dennoch zu den Jhrigen zurückkehren, von denen
sie seit ihrer Entfernung von ihnen fast keine
Sylbe gehört haben.

   
Deutschland.

Aus Frankfurt, 25. Sept., wird der "N. M.
Z." geschrieben: Es scheint, daß die in den Ber-
liner Blättern schon laut gewordenen preußischen
Prätensionen in der kurhessischen Angelegenheit
wirklich sich geltend machen wollen. Wie mir
aus gut unterrichteter Quelle versichert wird, ist
vorgestern dem kurfürstlichen Ministerium zu Wil-
helmsbad eine Note des preußischen Kabinets,
Berlin, vom 21. datirt, zugekommen, in welcher
es im Wesentlichen heißt: Man habe zu Berlin
in Erfahrung gebracht, daß die kurfürstliche Re-
gierung sich nach Frankfurt an die Bundesversamm-
lung um Hilfe und Jntervention in ihrem Con-
flicte mit den Ständen und Behörden des Lan-
des gewendet habe. Es wird nun wiederholt die
Nichtanerkennung der Bundesversammlung als sol-
cher, so wie aller und jeder Beschlüsse u. Schritte
derselben, namentlich auch in der kurhessischen An-
gelegenheit ausgesprochen, und erklärt, das Berli-
ner Kabinet müsse sich, in Rücksicht auf die poli-
tische Stellung sowohl, als die geographische Lage
Kurhessens Preußen gegenüber, seine Entschlüsse
im eigenen Jnteresse, wie im Jnteresse Deutsch-
lands vorbehalten. So wird der Jnhalt der preu-
ßischen Note angegeben, die aber ihren erläutern-
den Kommentar erst durch eine mündliche Erklä-
rung des preußischen Geschäftsträgers am kurhes-
sischen Hofe erhielt, dahin lautend, daß Preußen
ein etwaiges Einrücken von Bundestruppen in
Kurhessen, um dort nöthigenfalls den Beschlüssen
der Bundesversammlung Kraft zu geben und Voll-
zug zu verschaffen, nicht dulden werde. Es ließ
sich erwarten, daß die kurfürstliche Regierung eine
solche Prätension nicht stillschweigend hinnehmen
würde. Es waren von Preußen zwei gleich unzu-
lässige Eventualitäten in Aussicht gestellt. Ein-
mal will es die bnndesgetreuen Regierungen an
der Geltendmachung eines unbestreitbaren Rechts
und an der Erfüllung einer unabweislichen Pflicht,
nemlich der gegenseitigen Hilfeleistung, wenn die-
selbe noth thut und verlangt wird, und des Voll-
zugs der Befehle der obersten Bundesautorität
hindern; auf der andern Seite stellt Preußen eine
unverlangte, daher unberufene und unbefugte Ein-
mischung seinerseits durch Einrücken preußischer

[Spaltenumbruch] maligen Budgets ausführlich den Landständen ent-
wickelt wurde, es könne dasselbe für die Folge
nicht maßgebend sein. Das Verhalten der Land-
stände hat nicht darauf hingezielt, der Regierung
die Mittel zur Bestreitung der erforderlichen Aus-
gaben zu entziehen, vielmehr hat, wenn es wirk-
lich an diesen Mitteln fehlt, die Regierung selbst
sich ihrer beraubt. Denn sie hat im Monat Juni
d. J. die vorletzte Ständeversammlung aufgelöst,
ohne ihr nur die geschäftsordnungsmäßige Zeit
zur Berathung der Steuervorlage zu gönnen. Sie
hat die letzte Ständeversammlung, die erst am
26. vorigen Monats berufen wurde, gedrängt,
bis spätestens zum 31. über die Steueranfor-
derung zu beschließen, und sie somit hinsichtlich der
Zeit der Erwägung eben so sehr beschränkt, wie
sie dieselbe hinsichtlich des materiellen Bedürfnisses
der erhobenen Anforderung jeden verfassungsmä-
ßigen Anhalts baar gelassen hat. Wenn dennoch
in einem Falle der landständische Ausschuß, im
andern die Ständeversammlung es über sich ge-
nommen haben, die Forterhebung der indirekten
Steuern vor deren näherer Begründung zu ge-
nehmigen, so haben sie damit fast mehr gethan,
als zulässig sein mochte. Die letzte Ständever-
sammlung blieb, als sie der Verwendung der in-
direkten und der Erhebung der direkten Steuern
Anstand gab, der näheren Nachweisung des Be-
darfs derselben gewärtig. Es war dieses eine
gerechte Erwartung, der innerhalb weniger Tage
zu genügen gewesen wäre. An Ew. Königlichen
Hoheit Ministern war es, die deshalb nöthigen
Vorlagen noch zu machen, es hatten dieselben da-
zu Zeit, denn es standen ihnen, wie die Erfahrung
bewiesen hat, nicht nur noch Mittel zu Gebot,
um für den Monat September die nothwendigen
laufenden Ausgaben zu bestreiten, sondern sogar
um eine außerordentliche Truppenaufstellung zu er-
möglichen. Die Minister haben es vorgezogen,
in Ew. Königlichen Hoheit den Glauben zu er-
wecken, es habe eine Steuerverweigerung statt ge-
funden. Dieselben haben auf diese grundlose Be-
hauptung hin jene Auflösung der Ständeversamm-
lung beantragt, deren Folgen schwer auf dem Lande
lasten. Mögen Ew. k. Hoheit das Vorgestellte
genau würdigen und die Ueberzeugung wird nicht
ausbleiben, daß in den unzeitigen zweimaligen Auf-
lösungen der Ständeversammlung die Ursachen der
Verlegenheiten zu finden sind, die Ew. k. Hoheit
mit dem ganzen Lande zu beklagen haben. Und
doch sind diese Verlegenheiten noch immer nicht
der Art, um nicht bei redlichem Willen leicht über-
wunden werden zu können. Dem kurhessischen
Staate stehen reichliche Quellen der Einnahme
neben den Steuern zu Gebote, sie fließen in jetzi-
ger Jahreszeit am ergiebigsten. Sie werden hin-
reichen, um die nothwendigen Ausgaben der Re-
gierung so lange zu bestreiten, bis eine neue
Ständeversammlung zusammentreten kann. Sollten
Ew. k. Hoheit dieses bezweifeln, so geruhen Sie,
die pflichtmäßigen Berichte der betreffenden Be-
hörden darüber einzuziehen, die es wenigstens für
den Fall werden bestätigen können, daß die Mini-
sterien sich der bereits anempfohlenen Sparsamkeit
befleißigen. Ew. k. Hoheit haben schon die Wahl
einer neuen Ständeversammlung verordnet, in we-
nigen Wochen kann dieselbe zusammentreten. Un-
ter deren Mitwirkung kann der ordnungsmäßige
Gang des Staats erhalten bleiben ohne jede Aus-
nahmsmaßregel. Wir haben nicht unterlassen wol-
len, dieses Ew. k. Hoh. noch vorzustellen, um zu
zeigen, daß es nur verfassungstreuer Rathgeber
bedarf, um die Regierung ohne Schwierigkeiten
auf den Boden der Verfassung und der Gesetze
zurückzuführen. K. Hoh. beherzigen Sie Dieses!
noch ist es Zeit zu erwägen, ob in Kurhessen
fremde Gewalt treten soll an die Stelle von Recht
und Gesetz! Ehrerbietigst verharret Ew. k. Hoheit
der bleibende landständische Ausschuß. Namens
desselben dessen Vorstand: Schwarzenberg. Kassel,
am 26. September 1850.

Kassel, 27. Sept. Staatsrath Scheffer soll
sich geweigert haben, bei der Bildung eines neuen
Ministeriums sich zu betheiligen. Derselbe hat
Wilhelmsbad wieder verlassen. Obersinanzraht
[Spaltenumbruch] Zuschlag hat der Aufforderung, nach Wilhelms-
bad zu kommen, bis jetzt noch keine Folge gege-
ben; man sagt, er werde seine Entlassung ein-
reichen. Heute Morgen hatte das Oberappella-
tionsgericht eine erst gestern Abend spät ange-
sagte Sitzung, zu welchem Zwecke ist unbekannt.
Auch der landständische Ausschuß hielt heute eine
Berathung.

Kassel, 27. Sept. Polizeikommissär Müller
ist seiner Haft entlassen, das Jnstruktionsverfah-
ren gegen ihn wird indeß fortgesetzt. Die Ent-
lassung ist die Folge einer durch das Justizmini-
sterium veranlaßten Beschwerde der Staatspro-
curatur.

Kassel, 28. Sept. Soeben erfahre ich aus
zuverlässiger Quelle, daß der Finanzminister
Hassenpflug an die Hauptstaatskasse den Befehl
hat ergehen lassen, 44,000 Thlr. an das Kriegs-
ministerium abzuliefern. Zugleich ist der Direk-
tion der Main=Weserbahn die Weisung zugegan-
gen, bis Sonntag einen Extrazug nach Gießen
zur Aufnahme und Beförderung eines Bataillons
abgehen zu lassen. -- Jn Folge eines am 26.
d. M. gefaßten Stadtrathsbeschlusses ist heute
auf Einladung des Hrn. Oberbürgermeister Hart-
wig ein Comite hierselbst zusammengetreten, um
über die geeigneten Mittel und Wege zu bera-
then, die Staatsdienergehalte, deren Auszahlung
unter den obwaltenden Umständen beanstandet
werden möchte, gegen Cession der betreffenden
Ansprüche vorzuschießen. Das Comite besteht
aus den Herren Oberbürgermeister Hartwig,
Bürgermeister Henkel, Geheimrath Koch, Ban-
quier Pfeiffer, Obergerichtsanwalt Alsberg, Ober-
gerichtsanwalt Dr. Harnier, Obergerichtsanwalt
v. Schlemmer, Kaufmann Knappe, Fabrikant Eg-
gena, Oberpostmeister Nebelthau, Obergerichts-
anwalt Fr. Oetker, und wird alsbald einen Auf-
ruf erlassen.

Wilhelmsbad, 28. Sept. Die „Kasseler Zei-
tung “ enthält die nachfolgende Erklärung: „Die
gestrige „Frankfurter Oberpostamtszeitung“ ( wie
das „Frankfurter Journal“ und die „Deutsche
Zeitung“ ) bringt eine telegraphische Depesche, wo-
nach eine an den kgl. Geschäftsträger am kurfürst-
lichen Hofe, Hrn. v. Thiele, gerichtete preußische
Note, vom 23. Sept. 1850, den Widerstand des
kurhessischen Volks als einen legalen und das Un-
ternehmen des kurfürstlichen Ministeriums als Ver-
fassungsbruch bezeichne; dies sei als Ansicht des
preußischen Gouvernements mitzutheilen und schließe
sich daran die Mahnung zur Rückkehr auf den
verfassungsmäßigen Weg. -- Die Unwahrschein-
lichkeit dieser Angaben leuchtet bei nur einigem
Nachdenken von selbst ein, und nur für die mehr
befangenen Gemüther können wir die bestimmte
Versicherung für nöthig halten und hiermit abge-
ben, daß die kurfürstliche Regierung eine preu-
ßische Note obigen oder dem ähnlichen Jnhalts
nicht erhalten hat.“

Wilhelmsbad, 28. Sept. Heute geht siche-
rem Vernehmen nach die Denkschrift der Staats-
regierung über die kurhessischen Wirren an die
sämmtlichen resp. Höfe ab; die Denkschrift wurde
sehr beeilt, da man auswärts den Verlauf der
Wirren nur nach den Berichten der hessischen Op-
positionspresse zu beurtheilen scheint. Die Denk-
schrift macht mit Beilagen etwa 17 Druckbogen
aus.

   

Fulda, 27. Sept. Gestern Abend durchzo-
gen starke Patrouillen die Stadt; die Weisung
des kommandirenden Unteroffiziers lautete: „in
allen Gast= und Wirthshäusern sich nach fremden
Soldaten zu erkundigen.“ Was dieses Manöver
bedeuten soll, weiß hier niemand.

   
Schleswig=holsteinische Ange-
legenheiten
.

Schleswig=Holstein, 25. Sept. Der Aufruf
zum freiwilligen Eintritt in unsere Armee hat den
gehegten Erwartungen noch lange nicht entsprochen
und hat unser Heer nicht auf die Stärke gebracht,
die es in Stand setzt, die Offensive mit Erfolg
ergreifen zu können. Statt 15--16,000 Mann,
[Spaltenumbruch] wie man gehofft hatte, die hinzukommen werden,
sind seit der Jdstedter Schlacht nur etwas über
4000 hinzugekommen. Freilich trägt die Statt-
halterschaft auch zum großen Theil die Schuld
hiervon, indem bei der Annahme zu sehr auf die
politische Färbung Rücksicht genommen wurde. Es
ist doch aber denn einmal so, und das Heer ist
in seiner jetzigen Stärke zu schwach, die festen
Positionen des Feindes mit Erfolg anzugreifen.
Es soll auch eine solche Erklärung von dem kom-
mandirenden General gegeben worden sein, mit
dem Zusatze, daß das Heer noch mindestens um
10,000 Mann stärker sein muß, wenn die Offen-
sive ergriffen werden soll. Diese Erklärung des
Generals von Willisen soll zusammenhängen mit
einem Antrag, der in einer der geheimen Sitzun-
gen unserer Landesversammlung zur Sprache ge-
bracht worden sein soll und der dahin geht, die
Verheiratheten bis zu 30 Jahren und die Unver-
heiratheten bis zu 40 Jahren auszuheben. Der
Antrag ist noch nicht definitiv gestellt worden;
man hat erst die Stimmung der Landesversamm-
lung erkunden und ihn erst dann einbringen wol-
len, wenn man sich vorgewissert hat, daß man
auf die Majorität rechnen kann. Jnzwischen setzen
die schleswig'schen Flüchtlinge Himmel und Erde
in Bewegung, um zu entscheidendem Angriff zu
drängen, in der Hoffnung, daß unsere Waffen
glücklich sein und die Dänen bis an der Königsau
zurückdrängen werden. Es wünschen diese Leute,
die Hab und Gut, Frau und Kind im Stiche ge-
lassen haben, wieder in ihre Heimaih zurück, und
viele von ihnen sind auch entschlossen, im Falle
das Glück der Waffen uns nicht bald günstig ist,
dennoch zu den Jhrigen zurückkehren, von denen
sie seit ihrer Entfernung von ihnen fast keine
Sylbe gehört haben.

   
Deutschland.

Aus Frankfurt, 25. Sept., wird der „N. M.
Z.“ geschrieben: Es scheint, daß die in den Ber-
liner Blättern schon laut gewordenen preußischen
Prätensionen in der kurhessischen Angelegenheit
wirklich sich geltend machen wollen. Wie mir
aus gut unterrichteter Quelle versichert wird, ist
vorgestern dem kurfürstlichen Ministerium zu Wil-
helmsbad eine Note des preußischen Kabinets,
Berlin, vom 21. datirt, zugekommen, in welcher
es im Wesentlichen heißt: Man habe zu Berlin
in Erfahrung gebracht, daß die kurfürstliche Re-
gierung sich nach Frankfurt an die Bundesversamm-
lung um Hilfe und Jntervention in ihrem Con-
flicte mit den Ständen und Behörden des Lan-
des gewendet habe. Es wird nun wiederholt die
Nichtanerkennung der Bundesversammlung als sol-
cher, so wie aller und jeder Beschlüsse u. Schritte
derselben, namentlich auch in der kurhessischen An-
gelegenheit ausgesprochen, und erklärt, das Berli-
ner Kabinet müsse sich, in Rücksicht auf die poli-
tische Stellung sowohl, als die geographische Lage
Kurhessens Preußen gegenüber, seine Entschlüsse
im eigenen Jnteresse, wie im Jnteresse Deutsch-
lands vorbehalten. So wird der Jnhalt der preu-
ßischen Note angegeben, die aber ihren erläutern-
den Kommentar erst durch eine mündliche Erklä-
rung des preußischen Geschäftsträgers am kurhes-
sischen Hofe erhielt, dahin lautend, daß Preußen
ein etwaiges Einrücken von Bundestruppen in
Kurhessen, um dort nöthigenfalls den Beschlüssen
der Bundesversammlung Kraft zu geben und Voll-
zug zu verschaffen, nicht dulden werde. Es ließ
sich erwarten, daß die kurfürstliche Regierung eine
solche Prätension nicht stillschweigend hinnehmen
würde. Es waren von Preußen zwei gleich unzu-
lässige Eventualitäten in Aussicht gestellt. Ein-
mal will es die bnndesgetreuen Regierungen an
der Geltendmachung eines unbestreitbaren Rechts
und an der Erfüllung einer unabweislichen Pflicht,
nemlich der gegenseitigen Hilfeleistung, wenn die-
selbe noth thut und verlangt wird, und des Voll-
zugs der Befehle der obersten Bundesautorität
hindern; auf der andern Seite stellt Preußen eine
unverlangte, daher unberufene und unbefugte Ein-
mischung seinerseits durch Einrücken preußischer

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[0002] maligen Budgets ausführlich den Landständen ent- wickelt wurde, es könne dasselbe für die Folge nicht maßgebend sein. Das Verhalten der Land- stände hat nicht darauf hingezielt, der Regierung die Mittel zur Bestreitung der erforderlichen Aus- gaben zu entziehen, vielmehr hat, wenn es wirk- lich an diesen Mitteln fehlt, die Regierung selbst sich ihrer beraubt. Denn sie hat im Monat Juni d. J. die vorletzte Ständeversammlung aufgelöst, ohne ihr nur die geschäftsordnungsmäßige Zeit zur Berathung der Steuervorlage zu gönnen. Sie hat die letzte Ständeversammlung, die erst am 26. vorigen Monats berufen wurde, gedrängt, bis spätestens zum 31. über die Steueranfor- derung zu beschließen, und sie somit hinsichtlich der Zeit der Erwägung eben so sehr beschränkt, wie sie dieselbe hinsichtlich des materiellen Bedürfnisses der erhobenen Anforderung jeden verfassungsmä- ßigen Anhalts baar gelassen hat. Wenn dennoch in einem Falle der landständische Ausschuß, im andern die Ständeversammlung es über sich ge- nommen haben, die Forterhebung der indirekten Steuern vor deren näherer Begründung zu ge- nehmigen, so haben sie damit fast mehr gethan, als zulässig sein mochte. Die letzte Ständever- sammlung blieb, als sie der Verwendung der in- direkten und der Erhebung der direkten Steuern Anstand gab, der näheren Nachweisung des Be- darfs derselben gewärtig. Es war dieses eine gerechte Erwartung, der innerhalb weniger Tage zu genügen gewesen wäre. An Ew. Königlichen Hoheit Ministern war es, die deshalb nöthigen Vorlagen noch zu machen, es hatten dieselben da- zu Zeit, denn es standen ihnen, wie die Erfahrung bewiesen hat, nicht nur noch Mittel zu Gebot, um für den Monat September die nothwendigen laufenden Ausgaben zu bestreiten, sondern sogar um eine außerordentliche Truppenaufstellung zu er- möglichen. Die Minister haben es vorgezogen, in Ew. Königlichen Hoheit den Glauben zu er- wecken, es habe eine Steuerverweigerung statt ge- funden. Dieselben haben auf diese grundlose Be- hauptung hin jene Auflösung der Ständeversamm- lung beantragt, deren Folgen schwer auf dem Lande lasten. Mögen Ew. k. Hoheit das Vorgestellte genau würdigen und die Ueberzeugung wird nicht ausbleiben, daß in den unzeitigen zweimaligen Auf- lösungen der Ständeversammlung die Ursachen der Verlegenheiten zu finden sind, die Ew. k. Hoheit mit dem ganzen Lande zu beklagen haben. Und doch sind diese Verlegenheiten noch immer nicht der Art, um nicht bei redlichem Willen leicht über- wunden werden zu können. Dem kurhessischen Staate stehen reichliche Quellen der Einnahme neben den Steuern zu Gebote, sie fließen in jetzi- ger Jahreszeit am ergiebigsten. Sie werden hin- reichen, um die nothwendigen Ausgaben der Re- gierung so lange zu bestreiten, bis eine neue Ständeversammlung zusammentreten kann. Sollten Ew. k. Hoheit dieses bezweifeln, so geruhen Sie, die pflichtmäßigen Berichte der betreffenden Be- hörden darüber einzuziehen, die es wenigstens für den Fall werden bestätigen können, daß die Mini- sterien sich der bereits anempfohlenen Sparsamkeit befleißigen. Ew. k. Hoheit haben schon die Wahl einer neuen Ständeversammlung verordnet, in we- nigen Wochen kann dieselbe zusammentreten. Un- ter deren Mitwirkung kann der ordnungsmäßige Gang des Staats erhalten bleiben ohne jede Aus- nahmsmaßregel. Wir haben nicht unterlassen wol- len, dieses Ew. k. Hoh. noch vorzustellen, um zu zeigen, daß es nur verfassungstreuer Rathgeber bedarf, um die Regierung ohne Schwierigkeiten auf den Boden der Verfassung und der Gesetze zurückzuführen. K. Hoh. beherzigen Sie Dieses! noch ist es Zeit zu erwägen, ob in Kurhessen fremde Gewalt treten soll an die Stelle von Recht und Gesetz! Ehrerbietigst verharret Ew. k. Hoheit der bleibende landständische Ausschuß. Namens desselben dessen Vorstand: Schwarzenberg. Kassel, am 26. September 1850. Kassel, 27. Sept. Staatsrath Scheffer soll sich geweigert haben, bei der Bildung eines neuen Ministeriums sich zu betheiligen. Derselbe hat Wilhelmsbad wieder verlassen. Obersinanzraht Zuschlag hat der Aufforderung, nach Wilhelms- bad zu kommen, bis jetzt noch keine Folge gege- ben; man sagt, er werde seine Entlassung ein- reichen. Heute Morgen hatte das Oberappella- tionsgericht eine erst gestern Abend spät ange- sagte Sitzung, zu welchem Zwecke ist unbekannt. Auch der landständische Ausschuß hielt heute eine Berathung. Kassel, 27. Sept. Polizeikommissär Müller ist seiner Haft entlassen, das Jnstruktionsverfah- ren gegen ihn wird indeß fortgesetzt. Die Ent- lassung ist die Folge einer durch das Justizmini- sterium veranlaßten Beschwerde der Staatspro- curatur. Kassel, 28. Sept. Soeben erfahre ich aus zuverlässiger Quelle, daß der Finanzminister Hassenpflug an die Hauptstaatskasse den Befehl hat ergehen lassen, 44,000 Thlr. an das Kriegs- ministerium abzuliefern. Zugleich ist der Direk- tion der Main=Weserbahn die Weisung zugegan- gen, bis Sonntag einen Extrazug nach Gießen zur Aufnahme und Beförderung eines Bataillons abgehen zu lassen. -- Jn Folge eines am 26. d. M. gefaßten Stadtrathsbeschlusses ist heute auf Einladung des Hrn. Oberbürgermeister Hart- wig ein Comite hierselbst zusammengetreten, um über die geeigneten Mittel und Wege zu bera- then, die Staatsdienergehalte, deren Auszahlung unter den obwaltenden Umständen beanstandet werden möchte, gegen Cession der betreffenden Ansprüche vorzuschießen. Das Comite besteht aus den Herren Oberbürgermeister Hartwig, Bürgermeister Henkel, Geheimrath Koch, Ban- quier Pfeiffer, Obergerichtsanwalt Alsberg, Ober- gerichtsanwalt Dr. Harnier, Obergerichtsanwalt v. Schlemmer, Kaufmann Knappe, Fabrikant Eg- gena, Oberpostmeister Nebelthau, Obergerichts- anwalt Fr. Oetker, und wird alsbald einen Auf- ruf erlassen. ( N. H. Z. ) Wilhelmsbad, 28. Sept. Die „Kasseler Zei- tung “ enthält die nachfolgende Erklärung: „Die gestrige „Frankfurter Oberpostamtszeitung“ ( wie das „Frankfurter Journal“ und die „Deutsche Zeitung“ ) bringt eine telegraphische Depesche, wo- nach eine an den kgl. Geschäftsträger am kurfürst- lichen Hofe, Hrn. v. Thiele, gerichtete preußische Note, vom 23. Sept. 1850, den Widerstand des kurhessischen Volks als einen legalen und das Un- ternehmen des kurfürstlichen Ministeriums als Ver- fassungsbruch bezeichne; dies sei als Ansicht des preußischen Gouvernements mitzutheilen und schließe sich daran die Mahnung zur Rückkehr auf den verfassungsmäßigen Weg. -- Die Unwahrschein- lichkeit dieser Angaben leuchtet bei nur einigem Nachdenken von selbst ein, und nur für die mehr befangenen Gemüther können wir die bestimmte Versicherung für nöthig halten und hiermit abge- ben, daß die kurfürstliche Regierung eine preu- ßische Note obigen oder dem ähnlichen Jnhalts nicht erhalten hat.“ Wilhelmsbad, 28. Sept. Heute geht siche- rem Vernehmen nach die Denkschrift der Staats- regierung über die kurhessischen Wirren an die sämmtlichen resp. Höfe ab; die Denkschrift wurde sehr beeilt, da man auswärts den Verlauf der Wirren nur nach den Berichten der hessischen Op- positionspresse zu beurtheilen scheint. Die Denk- schrift macht mit Beilagen etwa 17 Druckbogen aus. ( Kass. Z. ) Fulda, 27. Sept. Gestern Abend durchzo- gen starke Patrouillen die Stadt; die Weisung des kommandirenden Unteroffiziers lautete: „in allen Gast= und Wirthshäusern sich nach fremden Soldaten zu erkundigen.“ Was dieses Manöver bedeuten soll, weiß hier niemand. ( Han. Z. ) Schleswig=holsteinische Ange- legenheiten . Schleswig=Holstein, 25. Sept. Der Aufruf zum freiwilligen Eintritt in unsere Armee hat den gehegten Erwartungen noch lange nicht entsprochen und hat unser Heer nicht auf die Stärke gebracht, die es in Stand setzt, die Offensive mit Erfolg ergreifen zu können. Statt 15--16,000 Mann, wie man gehofft hatte, die hinzukommen werden, sind seit der Jdstedter Schlacht nur etwas über 4000 hinzugekommen. Freilich trägt die Statt- halterschaft auch zum großen Theil die Schuld hiervon, indem bei der Annahme zu sehr auf die politische Färbung Rücksicht genommen wurde. Es ist doch aber denn einmal so, und das Heer ist in seiner jetzigen Stärke zu schwach, die festen Positionen des Feindes mit Erfolg anzugreifen. Es soll auch eine solche Erklärung von dem kom- mandirenden General gegeben worden sein, mit dem Zusatze, daß das Heer noch mindestens um 10,000 Mann stärker sein muß, wenn die Offen- sive ergriffen werden soll. Diese Erklärung des Generals von Willisen soll zusammenhängen mit einem Antrag, der in einer der geheimen Sitzun- gen unserer Landesversammlung zur Sprache ge- bracht worden sein soll und der dahin geht, die Verheiratheten bis zu 30 Jahren und die Unver- heiratheten bis zu 40 Jahren auszuheben. Der Antrag ist noch nicht definitiv gestellt worden; man hat erst die Stimmung der Landesversamm- lung erkunden und ihn erst dann einbringen wol- len, wenn man sich vorgewissert hat, daß man auf die Majorität rechnen kann. Jnzwischen setzen die schleswig'schen Flüchtlinge Himmel und Erde in Bewegung, um zu entscheidendem Angriff zu drängen, in der Hoffnung, daß unsere Waffen glücklich sein und die Dänen bis an der Königsau zurückdrängen werden. Es wünschen diese Leute, die Hab und Gut, Frau und Kind im Stiche ge- lassen haben, wieder in ihre Heimaih zurück, und viele von ihnen sind auch entschlossen, im Falle das Glück der Waffen uns nicht bald günstig ist, dennoch zu den Jhrigen zurückkehren, von denen sie seit ihrer Entfernung von ihnen fast keine Sylbe gehört haben. ( F. J. ) Deutschland. Aus Frankfurt, 25. Sept., wird der „N. M. Z.“ geschrieben: Es scheint, daß die in den Ber- liner Blättern schon laut gewordenen preußischen Prätensionen in der kurhessischen Angelegenheit wirklich sich geltend machen wollen. Wie mir aus gut unterrichteter Quelle versichert wird, ist vorgestern dem kurfürstlichen Ministerium zu Wil- helmsbad eine Note des preußischen Kabinets, Berlin, vom 21. datirt, zugekommen, in welcher es im Wesentlichen heißt: Man habe zu Berlin in Erfahrung gebracht, daß die kurfürstliche Re- gierung sich nach Frankfurt an die Bundesversamm- lung um Hilfe und Jntervention in ihrem Con- flicte mit den Ständen und Behörden des Lan- des gewendet habe. Es wird nun wiederholt die Nichtanerkennung der Bundesversammlung als sol- cher, so wie aller und jeder Beschlüsse u. Schritte derselben, namentlich auch in der kurhessischen An- gelegenheit ausgesprochen, und erklärt, das Berli- ner Kabinet müsse sich, in Rücksicht auf die poli- tische Stellung sowohl, als die geographische Lage Kurhessens Preußen gegenüber, seine Entschlüsse im eigenen Jnteresse, wie im Jnteresse Deutsch- lands vorbehalten. So wird der Jnhalt der preu- ßischen Note angegeben, die aber ihren erläutern- den Kommentar erst durch eine mündliche Erklä- rung des preußischen Geschäftsträgers am kurhes- sischen Hofe erhielt, dahin lautend, daß Preußen ein etwaiges Einrücken von Bundestruppen in Kurhessen, um dort nöthigenfalls den Beschlüssen der Bundesversammlung Kraft zu geben und Voll- zug zu verschaffen, nicht dulden werde. Es ließ sich erwarten, daß die kurfürstliche Regierung eine solche Prätension nicht stillschweigend hinnehmen würde. Es waren von Preußen zwei gleich unzu- lässige Eventualitäten in Aussicht gestellt. 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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 234. Würzburg, 30. September 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische234_1850/2>, abgerufen am 29.03.2024.