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Die Bayerische Presse. Nr. 141. Würzburg, 13. Juni 1850.

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[Spaltenumbruch] oder Preußen? Wo wird die deutsche Einheit u.
Freiheit gefördert, durch den Sonderbund Preu-
ßens oder durch die ganz Deutschland umfas-
senden Vorschläge des Münchener - Uebereinkom-
mens.



Landtagsverhandlungen.

München, 10. Juni. ( CXXVI. Sitzungder
Kammer der Abgeordneten.
) Am Minister-
tische: Staatsminister v. d. Pfordten, v. Zwehl,
v. Lüder, v. Ringelmann und mehrere Ministerial-
räthe. Die Gallerien sind stark besetzt. Der I.
Präsident eröffnet um halb 10 Uhr die Sitzung.
Nach Bekanntgabe des letzten Sitzungsprotokolls
verliest derselbe einen allerhöchsten Erlaß, durch
den der Landtag bis 10 Juli verlängert wurde,
mit dem Bemerken jedoch, daß die Kammern bis
zu diesem Zeitraum die auf k. Befehl vorgelegten
Gegenstände erledigt haben. Staatsminister von
Zwehl wünscht hierauf eine Juterpellation des
Abgeordneten Morgenstern zu beantworten. Der
Jnterpellant erzählt folgenden Vorfall. Als die
Beeidigung der Landwehroffiziere in München
vorgenommen wurde, leisteten mehrere Offiziere
diesen Eid, da er gegen ihre Ueberzeugung war,
nicht. Dieser Eid wurde nun in mehreren Blät-
tern besprochen, und es erschien auch ein Artikel
in der Volksbötin, unterzeichnet "ein Landwehr-
mann." Gegen diesen Artikel schritt nun die
Polizei weder durch Confiskation, noch durch son-
stiges Belangen des Redakteurs ein, allein das
Landwehrkommando leitete dagegen eine Untersu-
chung ein und bestrafte den Landwehrmann, der
diesen Artikel verfaßte, mit Arrest. Eine Rekla-
mation hatte keinen Erfolg. Er sehe sich daher
veranlaßt folgende Jnterpellation zu stellen: 1 )
Jst dem königl. Staatsministerium bekannt, daß
Landwehrkommando's wegen angeblicher Preßcont-
raventionen Untersuchungen einleiten, und daß na-
mentlich das hiesige Landwehrregiment eine solche
wegen eines Artikels in der hier erscheinenden
"Völksbötin" führt, und daß dasselbe Zeugen, welche
dessen Competenz bestreiten, deßhalb mit Arrest
bestraft? Welche Maßregeln gedenkt das königl.
Staatsministerium zur Einstellung dieses, dem
Artikel X. des Edikts vom 11 Juni 1848, die
Freiheit der Presse betreffend, geradezu entgegen-
stehenden Vorschreitens des hiesigen Landwehrregi-
ments zu ergreifen? -- Der Staatsminister v.
Zwehl bemerkt, daß dem Ministerium eine amt-
liche Anzeige von Seite des Landwehrkommando's
noch nicht zugekommen, jedoch eine Beschwerde
des Rechtspraktikanten Hector Stunz eingelau-
fen sei. Diese Beschwerde werde nun sorgfältig
geprüft und in Erwägung gezogen werden. --
Dr. Jäger stellt an das Kriegsministerium eine
Jnterpellation, betreffend die unzureichende und
theilweise schlechte Besetzung der militärärztlichen
Stellen und Mangel an Arzneien und Bandagen.
-- Kriegsminister v. Lüder beantwortet diese
Jnterpellation dahin, daß bisher noch nie eine
Klage der Art eingelaufen sei; auch die in Schles-
wig gewesenen Truppen rühmten die Thätigkeit
und Pflege der Mititärärzte. Es seien von Seite
des Kriegsministeriums schon vor dem ersten Aus-
marsche der Truppen die nöthigen Vorkehrungen
zur besten Verpflegung derselben getroffen wor-
den. -- Es wird nun zur Berathung und Schluß-
fassung über die Rückäußerung der Kammer der
Reichsräthe bezüglich des Gesetzentwurfes: "den
Ersatz des Wildschadens betreffend," geschritten.
Die einzige Differenz beider Kammern besteht
darin, daß die Kammer der Abgeordneten den
Art. 8 aus dem Gesetze gestrichen wissen wollte,
während die Kammer der Reichsräthe diesen Art.
beibehielt. Da das Ueberflüssige hier nicht
schadet, stimmt die Kammer der Abgeordneten
diesem Beschlusse bei. -- Es wird nun
der Vortrag über die von der Staats-
regierung unterm 14. März d. J. gemachten Vor-
lagen zur deutschen Frage erstattet. -- Referent
Frhr. v. Lerchenfeld betritt die Rednerbühne.
Derselbe entschuldigt zuerst seine schwachen Kräfte
in dieser Sache und bittet die hohe Kammer um
[Spaltenumbruch] Nachsicht. -- Nach einer kurzen Vorrede geht er
auf das Thema selbst ein. -- Wer die Größe
Deutschlands und die Einheit Deutschlands be-
trachte, müsse, wenn er ein für Deutschlands
Wohl fühlender Mann sei, wehmüthig werden.
Das Wachsen eines Volkes sieht im innigsten
Zusammenhange mit den Jdeen der Sittlichkeit
der Nationalität; so lange diese in der Periode
des Wachsens seien, befinde sich auch das Volk
in der Periode der Blüthe. Wenn jedoch diese
stille stehen, befinde es sich auf dem Wege zum
Verfalle. -- Man haben schon oft bestritten und
behauptet, Bayern sei kein deutscher Stamm. Dies
sei unrichtig. Bayern sei ein deutscher Stamm,
denn nirgends finde sich sowohl das Niebelungen-
lied so ausgebreitet wie in Bayern. Nicht ein
guelsischer, sondern ein rein gibellinischer Stamm
sei Bayern von jeher gewesen. Redner geht hier-
auf zur Beleuchtung der beiden Großmächte Preu-
und Oesterreich über und beginnt mit dem Satze:
Der Dualismus ist nun auf den Höhepunkt der
Reibung gekommen; diese Reibungen bedrohen
die Größe, vernichten die Einheit und zerstören
die glücklichen Verhältnisse Deutschlands. Nach-
dem der Redner die Zustände Oestereichs
und Preußens im Allgemeinen ins Auge gefaßt,
schließt derselbe, indem er aufmerksam macht, wie
nahe der Ueberschritt des einen Extrems zum an-
dern sei. Beide Parteien sollten auf der Hut
sein, die Frage nicht trüber zu gestalten, als sie
schon sei. Das stehe fest. Wenn man den al-
ten Bundestag wieder haben müsse, dann seie es
Pflicht der Minister Bayern auf den Stand zu
stellen, der ihm gebühre und kein Beschluß des
Bundestages, der gegen die Verfassung Bayerns
gehe, solle in Bayern durchgeführt werden dürfen.
Darüber werden alle übereinstimmen. -- Der
Ausschuß erklärt, daß er in den vorgelegten Ak-
tenstücken keine Veranlassung gefunden, Anträge
an die Kammern zu stellen und beschließt, daß
den ( gleichzeitig mit den Aktenstücken dem Aus-
schusse übergebenen ) Anträgen des Abgeordneten
Schmidt a. W. und des Abgeordneten Tafel
und Genossen keine Folge zu geben sei. --
Jordan und mehrere Genossen ( linkes Centrum )
stellen folgenden Antrag: Jn Erwägung 1 ) daß
die Kammer der Abgeordneten in ihrem Beschlusse
vom 9. Nov. 1849 bestimmt aussprach, sie er-
warte, daß das Ministerium bei den ferneren
Verhandlungen in der deutschen Frage den Grund-
gedanken der Einigung des gesammten Deutsch-
lands festhalten und für das Zustandekommen
einer definitiven in diesem Geiste mit einer wahr-
haften und unverkümmerten Vertretung des Vol-
kes nothwendige Opfer nicht scheuen und der
Kammer die Ergebnisse der Verhandlungen zur
Kenntniß bringe." 2 ) Daß das Ministerium die-
sem Kammerbeschlusse kein Widerspruch entgegen-
setzte, sowie 3 ) auch auf Seite der Kammer der
Abgeordneten kein Anlaß zur Annahme gegeben
ist, als wolle sie irgend einem Theile von obigem
Beschlusse sich entfernen; in Erwägung ferner 4 )
daß die von der Staatsregierung der Kammer
mitgetheilten Aktenstücke lediglich als Vorschläge
zu einer zu erzielenden Uebereinkunft erscheinen,
somit ohne Zustimmung der beiden Kammern des
Landtages dessen Rechte nicht zu vergeben ver-
mögen; in endlicher Erwägung, 5 ) daß sonach
die an die königl. bayer. Vevollmächtigten in
Frankfurt ertheilten, der Kammer der Abgeord-
neten aber gar nicht mitgetheilten Jnstruktionen
diesen Rechten nichts vergeben, und lediglich das
Verhältniß der Staatsregierung berühren können,
erachten die Unterzeichneten, daß zur Zeit kein
Anlaß gegeben sei, auf die ihnen gemachten Mit-
theilungen hin weitere Anträge zu stellen. --
Jordan motivirt hierauf diesen Antrag. --
Dr. Heine hatte im Ausschusse folgenden An-
trag gestellt: "der Ausschuß wolle erklären, daß
er in den vorgelegten Aktenstücken keine Veran-
lassung gefunden, Anträge an die Kammer zu
stellen, insoferne er voraussetzt, daß der gemein-
schaftliche Protest Bayerns mit Oesterreich gegen
Preußen auf dem Grunde des Bundesrechtes letz-
teres nur als einen interimistischen Anhalts= und
[Spaltenumbruch] Wiedereinigungspunkt, aber in seiner weitern na-
tionalen Ausbildung als unabhängig von jeder
Einsprache und Einmischung auswärtiger Cabinette
gelten läßt, zu welchem Endzwecke die Schritte
und Vorschläge Bayerns zu der Uebereinkunft der
drei Königreiche mit Beistimmung des österreich.
Ministeriums nur als präliminäre Versuche zu
betrachten sind." Diesen Antrag reproducirt Heine
wieder. -- v. Hermann findet die Schritte, die
das Ministerium gethan hat, als durchaus rich-
tig und auf Grund der frühern Verhandlungen
nothwendig. -- Dr. Schmidt spricht sich gegen
den Ausschußbeschluß aus. -- Fürst Waller-
stein
und 41 seiner politischen Freunde stellen
folgenden Antrag: Die hohe Kammer möge 1 )
gegen die dem bayer. Bevollmächtigten einseitig
ertheilte Vollmacht zur Schlußfassung in der deut-
schen Verfassungsfrage feierliche Verwahrung ein-
legen und 2 ) erklären, daß über die Zukunft des
deutschen Volkes ohne seine ausdrückliche Beistim-
mung weder in Form einer revidirten Bundesver-
fassung, noch sonst irgend wie verbindlich verfügt
werden könne. -- Der Redner stellt im Laufe
seiner Rede an den Staatsminister des Aeußern
die Frage, ob die Versammlung in Frankfurt als
das Plenum des Bundestages anzusehen sei oder
nicht, ob im Bejahungsfalle des ersteren die Be-
schlüsse desselben bindende Kraft hätten. -- Staats-
minister v. d. Pfordten bemerkt, daß Oester-
reich von seinem Rechte, das Plenum berufen zu
können, Gebrauch gemacht habe. Was die zweite
Frage betrifft, so wisse Herr Fürst selbst diese
Frage am besten zu beantworten. -- Als der
Redner noch weiter fragen wollte, bedeutete v. d.
Pfordten, daß eine sokratische Behandlung dieser
deutschen Frage nicht am Platze sei. -- Waller-
stein
spricht sich hierauf im Allgemeinen über die
deutschen Zustände aus. -- Dr. Jäger drückt
zuerst seine tiefe Wehmuth über die Lage Deutsch-
lands aus und verwahrt vorzüglich die Gothaer
Partei gegen alle Angriffe, die gegen dieselbe aus-
gestreut werden. Diese Partei habe in Frankfurt, als
die republik. Gelüste auftauchten, ernsten Widerstand
geleistet, sie habe die rechte Mitte gehalten, wäh-
rend die beiden Extreme sich überstürzten; dieser
Partei werde vorgeworfen, daß sie sich unter den
Schutz Preußens begeben habe. Das habe sie
gethan zum Besten Deutschlands, während Bay-
ern
sich unter den Deckmantel der österreichischen
Macht gesteckt habe. Redner verkenne übrigens
nicht den guten Willen und die edle Absicht der
Regierung, aber nicht die Absicht, der Erfolg
kröne das Werk. -- Derselbe geißelt hierauf die
"Münchener Uebereinkunft" als ein rein unaus-
führbares Ding, mit dem selbst Oesterreich es
nicht so gut meine, wie aus der Schwarzenbergi-
schen Note sehr ersichtlich sei. Redner verwahrt
sich im Namen seiner Partei gegen den Bundes-
tag in seiner alten Form, aber vorzuglich auch
gegen einen Bundestag ohne unverkürzte Volks-
vertretung. -- Lang spricht in gleichem Sinne.
-- Döllinger eifert gegen die Anträge der
Linken und des linken Centrums. Es wird die
Sitzung hierauf nach 2 Uhr geschlossen.

München, 11. Juni. ( CXXVII. Sitzung
der Kammer der Abgeordneten.
) Die
Gallerien sind dicht besetzt. Am Ministertische:
Staatsminister v. d. Pfordten, v. Lüder, v. Ringel-
mann. Der erste Präsident eröffnet um halb 10
Uhr die Sitzung. Nach Bekanntgabe des letzten
Sitzungsprotokolls wird der Gesammtbeschluß über
den Gesetzentwurf, den Wildschaden = Ersatz betr.,
verlesen. Nachdem Referent Hirschberger über
den Gesetzentwurf: die Einrichtung der Kunststra-
ßen im Königreich Bayern befahrenden Fuhrwerkes
betreffend, Vortrag erstattet, wird die Berathung
über den Vortrag des Ausschusses für die deutsche
Frage sortgesetzt. Lassaulx betritt die Redner-
bühne und bearbeitet den, wie Redner sich aus-
drückt, verkehrten Antrag der Linken. Dieser An-
trag sei ein Akt der Rache, wie in einer frühern
Sitzung ein ähnlicher sei durchgeführt worden.
Abgeordnete Stöcker habe dabe damals in seiner
gewohnten Gradheit gesagt: "weil Jhr unsere
Abänderungsvorschläge nicht angenommen habt,

[Spaltenumbruch] oder Preußen? Wo wird die deutsche Einheit u.
Freiheit gefördert, durch den Sonderbund Preu-
ßens oder durch die ganz Deutschland umfas-
senden Vorschläge des Münchener - Uebereinkom-
mens.



Landtagsverhandlungen.

München, 10. Juni. ( CXXVI. Sitzungder
Kammer der Abgeordneten.
) Am Minister-
tische: Staatsminister v. d. Pfordten, v. Zwehl,
v. Lüder, v. Ringelmann und mehrere Ministerial-
räthe. Die Gallerien sind stark besetzt. Der I.
Präsident eröffnet um halb 10 Uhr die Sitzung.
Nach Bekanntgabe des letzten Sitzungsprotokolls
verliest derselbe einen allerhöchsten Erlaß, durch
den der Landtag bis 10 Juli verlängert wurde,
mit dem Bemerken jedoch, daß die Kammern bis
zu diesem Zeitraum die auf k. Befehl vorgelegten
Gegenstände erledigt haben. Staatsminister von
Zwehl wünscht hierauf eine Juterpellation des
Abgeordneten Morgenstern zu beantworten. Der
Jnterpellant erzählt folgenden Vorfall. Als die
Beeidigung der Landwehroffiziere in München
vorgenommen wurde, leisteten mehrere Offiziere
diesen Eid, da er gegen ihre Ueberzeugung war,
nicht. Dieser Eid wurde nun in mehreren Blät-
tern besprochen, und es erschien auch ein Artikel
in der Volksbötin, unterzeichnet „ein Landwehr-
mann.“ Gegen diesen Artikel schritt nun die
Polizei weder durch Confiskation, noch durch son-
stiges Belangen des Redakteurs ein, allein das
Landwehrkommando leitete dagegen eine Untersu-
chung ein und bestrafte den Landwehrmann, der
diesen Artikel verfaßte, mit Arrest. Eine Rekla-
mation hatte keinen Erfolg. Er sehe sich daher
veranlaßt folgende Jnterpellation zu stellen: 1 )
Jst dem königl. Staatsministerium bekannt, daß
Landwehrkommando's wegen angeblicher Preßcont-
raventionen Untersuchungen einleiten, und daß na-
mentlich das hiesige Landwehrregiment eine solche
wegen eines Artikels in der hier erscheinenden
„Völksbötin“ führt, und daß dasselbe Zeugen, welche
dessen Competenz bestreiten, deßhalb mit Arrest
bestraft? Welche Maßregeln gedenkt das königl.
Staatsministerium zur Einstellung dieses, dem
Artikel X. des Edikts vom 11 Juni 1848, die
Freiheit der Presse betreffend, geradezu entgegen-
stehenden Vorschreitens des hiesigen Landwehrregi-
ments zu ergreifen? -- Der Staatsminister v.
Zwehl bemerkt, daß dem Ministerium eine amt-
liche Anzeige von Seite des Landwehrkommando's
noch nicht zugekommen, jedoch eine Beschwerde
des Rechtspraktikanten Hector Stunz eingelau-
fen sei. Diese Beschwerde werde nun sorgfältig
geprüft und in Erwägung gezogen werden. --
Dr. Jäger stellt an das Kriegsministerium eine
Jnterpellation, betreffend die unzureichende und
theilweise schlechte Besetzung der militärärztlichen
Stellen und Mangel an Arzneien und Bandagen.
-- Kriegsminister v. Lüder beantwortet diese
Jnterpellation dahin, daß bisher noch nie eine
Klage der Art eingelaufen sei; auch die in Schles-
wig gewesenen Truppen rühmten die Thätigkeit
und Pflege der Mititärärzte. Es seien von Seite
des Kriegsministeriums schon vor dem ersten Aus-
marsche der Truppen die nöthigen Vorkehrungen
zur besten Verpflegung derselben getroffen wor-
den. -- Es wird nun zur Berathung und Schluß-
fassung über die Rückäußerung der Kammer der
Reichsräthe bezüglich des Gesetzentwurfes: „den
Ersatz des Wildschadens betreffend,“ geschritten.
Die einzige Differenz beider Kammern besteht
darin, daß die Kammer der Abgeordneten den
Art. 8 aus dem Gesetze gestrichen wissen wollte,
während die Kammer der Reichsräthe diesen Art.
beibehielt. Da das Ueberflüssige hier nicht
schadet, stimmt die Kammer der Abgeordneten
diesem Beschlusse bei. -- Es wird nun
der Vortrag über die von der Staats-
regierung unterm 14. März d. J. gemachten Vor-
lagen zur deutschen Frage erstattet. -- Referent
Frhr. v. Lerchenfeld betritt die Rednerbühne.
Derselbe entschuldigt zuerst seine schwachen Kräfte
in dieser Sache und bittet die hohe Kammer um
[Spaltenumbruch] Nachsicht. -- Nach einer kurzen Vorrede geht er
auf das Thema selbst ein. -- Wer die Größe
Deutschlands und die Einheit Deutschlands be-
trachte, müsse, wenn er ein für Deutschlands
Wohl fühlender Mann sei, wehmüthig werden.
Das Wachsen eines Volkes sieht im innigsten
Zusammenhange mit den Jdeen der Sittlichkeit
der Nationalität; so lange diese in der Periode
des Wachsens seien, befinde sich auch das Volk
in der Periode der Blüthe. Wenn jedoch diese
stille stehen, befinde es sich auf dem Wege zum
Verfalle. -- Man haben schon oft bestritten und
behauptet, Bayern sei kein deutscher Stamm. Dies
sei unrichtig. Bayern sei ein deutscher Stamm,
denn nirgends finde sich sowohl das Niebelungen-
lied so ausgebreitet wie in Bayern. Nicht ein
guelsischer, sondern ein rein gibellinischer Stamm
sei Bayern von jeher gewesen. Redner geht hier-
auf zur Beleuchtung der beiden Großmächte Preu-
und Oesterreich über und beginnt mit dem Satze:
Der Dualismus ist nun auf den Höhepunkt der
Reibung gekommen; diese Reibungen bedrohen
die Größe, vernichten die Einheit und zerstören
die glücklichen Verhältnisse Deutschlands. Nach-
dem der Redner die Zustände Oestereichs
und Preußens im Allgemeinen ins Auge gefaßt,
schließt derselbe, indem er aufmerksam macht, wie
nahe der Ueberschritt des einen Extrems zum an-
dern sei. Beide Parteien sollten auf der Hut
sein, die Frage nicht trüber zu gestalten, als sie
schon sei. Das stehe fest. Wenn man den al-
ten Bundestag wieder haben müsse, dann seie es
Pflicht der Minister Bayern auf den Stand zu
stellen, der ihm gebühre und kein Beschluß des
Bundestages, der gegen die Verfassung Bayerns
gehe, solle in Bayern durchgeführt werden dürfen.
Darüber werden alle übereinstimmen. -- Der
Ausschuß erklärt, daß er in den vorgelegten Ak-
tenstücken keine Veranlassung gefunden, Anträge
an die Kammern zu stellen und beschließt, daß
den ( gleichzeitig mit den Aktenstücken dem Aus-
schusse übergebenen ) Anträgen des Abgeordneten
Schmidt a. W. und des Abgeordneten Tafel
und Genossen keine Folge zu geben sei. --
Jordan und mehrere Genossen ( linkes Centrum )
stellen folgenden Antrag: Jn Erwägung 1 ) daß
die Kammer der Abgeordneten in ihrem Beschlusse
vom 9. Nov. 1849 bestimmt aussprach, sie er-
warte, daß das Ministerium bei den ferneren
Verhandlungen in der deutschen Frage den Grund-
gedanken der Einigung des gesammten Deutsch-
lands festhalten und für das Zustandekommen
einer definitiven in diesem Geiste mit einer wahr-
haften und unverkümmerten Vertretung des Vol-
kes nothwendige Opfer nicht scheuen und der
Kammer die Ergebnisse der Verhandlungen zur
Kenntniß bringe.“ 2 ) Daß das Ministerium die-
sem Kammerbeschlusse kein Widerspruch entgegen-
setzte, sowie 3 ) auch auf Seite der Kammer der
Abgeordneten kein Anlaß zur Annahme gegeben
ist, als wolle sie irgend einem Theile von obigem
Beschlusse sich entfernen; in Erwägung ferner 4 )
daß die von der Staatsregierung der Kammer
mitgetheilten Aktenstücke lediglich als Vorschläge
zu einer zu erzielenden Uebereinkunft erscheinen,
somit ohne Zustimmung der beiden Kammern des
Landtages dessen Rechte nicht zu vergeben ver-
mögen; in endlicher Erwägung, 5 ) daß sonach
die an die königl. bayer. Vevollmächtigten in
Frankfurt ertheilten, der Kammer der Abgeord-
neten aber gar nicht mitgetheilten Jnstruktionen
diesen Rechten nichts vergeben, und lediglich das
Verhältniß der Staatsregierung berühren können,
erachten die Unterzeichneten, daß zur Zeit kein
Anlaß gegeben sei, auf die ihnen gemachten Mit-
theilungen hin weitere Anträge zu stellen. --
Jordan motivirt hierauf diesen Antrag. --
Dr. Heine hatte im Ausschusse folgenden An-
trag gestellt: „der Ausschuß wolle erklären, daß
er in den vorgelegten Aktenstücken keine Veran-
lassung gefunden, Anträge an die Kammer zu
stellen, insoferne er voraussetzt, daß der gemein-
schaftliche Protest Bayerns mit Oesterreich gegen
Preußen auf dem Grunde des Bundesrechtes letz-
teres nur als einen interimistischen Anhalts= und
[Spaltenumbruch] Wiedereinigungspunkt, aber in seiner weitern na-
tionalen Ausbildung als unabhängig von jeder
Einsprache und Einmischung auswärtiger Cabinette
gelten läßt, zu welchem Endzwecke die Schritte
und Vorschläge Bayerns zu der Uebereinkunft der
drei Königreiche mit Beistimmung des österreich.
Ministeriums nur als präliminäre Versuche zu
betrachten sind.“ Diesen Antrag reproducirt Heine
wieder. -- v. Hermann findet die Schritte, die
das Ministerium gethan hat, als durchaus rich-
tig und auf Grund der frühern Verhandlungen
nothwendig. -- Dr. Schmidt spricht sich gegen
den Ausschußbeschluß aus. -- Fürst Waller-
stein
und 41 seiner politischen Freunde stellen
folgenden Antrag: Die hohe Kammer möge 1 )
gegen die dem bayer. Bevollmächtigten einseitig
ertheilte Vollmacht zur Schlußfassung in der deut-
schen Verfassungsfrage feierliche Verwahrung ein-
legen und 2 ) erklären, daß über die Zukunft des
deutschen Volkes ohne seine ausdrückliche Beistim-
mung weder in Form einer revidirten Bundesver-
fassung, noch sonst irgend wie verbindlich verfügt
werden könne. -- Der Redner stellt im Laufe
seiner Rede an den Staatsminister des Aeußern
die Frage, ob die Versammlung in Frankfurt als
das Plenum des Bundestages anzusehen sei oder
nicht, ob im Bejahungsfalle des ersteren die Be-
schlüsse desselben bindende Kraft hätten. -- Staats-
minister v. d. Pfordten bemerkt, daß Oester-
reich von seinem Rechte, das Plenum berufen zu
können, Gebrauch gemacht habe. Was die zweite
Frage betrifft, so wisse Herr Fürst selbst diese
Frage am besten zu beantworten. -- Als der
Redner noch weiter fragen wollte, bedeutete v. d.
Pfordten, daß eine sokratische Behandlung dieser
deutschen Frage nicht am Platze sei. -- Waller-
stein
spricht sich hierauf im Allgemeinen über die
deutschen Zustände aus. -- Dr. Jäger drückt
zuerst seine tiefe Wehmuth über die Lage Deutsch-
lands aus und verwahrt vorzüglich die Gothaer
Partei gegen alle Angriffe, die gegen dieselbe aus-
gestreut werden. Diese Partei habe in Frankfurt, als
die republik. Gelüste auftauchten, ernsten Widerstand
geleistet, sie habe die rechte Mitte gehalten, wäh-
rend die beiden Extreme sich überstürzten; dieser
Partei werde vorgeworfen, daß sie sich unter den
Schutz Preußens begeben habe. Das habe sie
gethan zum Besten Deutschlands, während Bay-
ern
sich unter den Deckmantel der österreichischen
Macht gesteckt habe. Redner verkenne übrigens
nicht den guten Willen und die edle Absicht der
Regierung, aber nicht die Absicht, der Erfolg
kröne das Werk. -- Derselbe geißelt hierauf die
„Münchener Uebereinkunft“ als ein rein unaus-
führbares Ding, mit dem selbst Oesterreich es
nicht so gut meine, wie aus der Schwarzenbergi-
schen Note sehr ersichtlich sei. Redner verwahrt
sich im Namen seiner Partei gegen den Bundes-
tag in seiner alten Form, aber vorzuglich auch
gegen einen Bundestag ohne unverkürzte Volks-
vertretung. -- Lang spricht in gleichem Sinne.
-- Döllinger eifert gegen die Anträge der
Linken und des linken Centrums. Es wird die
Sitzung hierauf nach 2 Uhr geschlossen.

München, 11. Juni. ( CXXVII. Sitzung
der Kammer der Abgeordneten.
) Die
Gallerien sind dicht besetzt. Am Ministertische:
Staatsminister v. d. Pfordten, v. Lüder, v. Ringel-
mann. Der erste Präsident eröffnet um halb 10
Uhr die Sitzung. Nach Bekanntgabe des letzten
Sitzungsprotokolls wird der Gesammtbeschluß über
den Gesetzentwurf, den Wildschaden = Ersatz betr.,
verlesen. Nachdem Referent Hirschberger über
den Gesetzentwurf: die Einrichtung der Kunststra-
ßen im Königreich Bayern befahrenden Fuhrwerkes
betreffend, Vortrag erstattet, wird die Berathung
über den Vortrag des Ausschusses für die deutsche
Frage sortgesetzt. Lassaulx betritt die Redner-
bühne und bearbeitet den, wie Redner sich aus-
drückt, verkehrten Antrag der Linken. Dieser An-
trag sei ein Akt der Rache, wie in einer frühern
Sitzung ein ähnlicher sei durchgeführt worden.
Abgeordnete Stöcker habe dabe damals in seiner
gewohnten Gradheit gesagt: „weil Jhr unsere
Abänderungsvorschläge nicht angenommen habt,

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[0002] oder Preußen? Wo wird die deutsche Einheit u. Freiheit gefördert, durch den Sonderbund Preu- ßens oder durch die ganz Deutschland umfas- senden Vorschläge des Münchener - Uebereinkom- mens. Landtagsverhandlungen. München, 10. Juni. ( CXXVI. Sitzungder Kammer der Abgeordneten. ) Am Minister- tische: Staatsminister v. d. Pfordten, v. Zwehl, v. Lüder, v. Ringelmann und mehrere Ministerial- räthe. Die Gallerien sind stark besetzt. Der I. Präsident eröffnet um halb 10 Uhr die Sitzung. Nach Bekanntgabe des letzten Sitzungsprotokolls verliest derselbe einen allerhöchsten Erlaß, durch den der Landtag bis 10 Juli verlängert wurde, mit dem Bemerken jedoch, daß die Kammern bis zu diesem Zeitraum die auf k. Befehl vorgelegten Gegenstände erledigt haben. Staatsminister von Zwehl wünscht hierauf eine Juterpellation des Abgeordneten Morgenstern zu beantworten. Der Jnterpellant erzählt folgenden Vorfall. Als die Beeidigung der Landwehroffiziere in München vorgenommen wurde, leisteten mehrere Offiziere diesen Eid, da er gegen ihre Ueberzeugung war, nicht. Dieser Eid wurde nun in mehreren Blät- tern besprochen, und es erschien auch ein Artikel in der Volksbötin, unterzeichnet „ein Landwehr- mann.“ Gegen diesen Artikel schritt nun die Polizei weder durch Confiskation, noch durch son- stiges Belangen des Redakteurs ein, allein das Landwehrkommando leitete dagegen eine Untersu- chung ein und bestrafte den Landwehrmann, der diesen Artikel verfaßte, mit Arrest. Eine Rekla- mation hatte keinen Erfolg. Er sehe sich daher veranlaßt folgende Jnterpellation zu stellen: 1 ) Jst dem königl. Staatsministerium bekannt, daß Landwehrkommando's wegen angeblicher Preßcont- raventionen Untersuchungen einleiten, und daß na- mentlich das hiesige Landwehrregiment eine solche wegen eines Artikels in der hier erscheinenden „Völksbötin“ führt, und daß dasselbe Zeugen, welche dessen Competenz bestreiten, deßhalb mit Arrest bestraft? Welche Maßregeln gedenkt das königl. Staatsministerium zur Einstellung dieses, dem Artikel X. des Edikts vom 11 Juni 1848, die Freiheit der Presse betreffend, geradezu entgegen- stehenden Vorschreitens des hiesigen Landwehrregi- ments zu ergreifen? -- Der Staatsminister v. Zwehl bemerkt, daß dem Ministerium eine amt- liche Anzeige von Seite des Landwehrkommando's noch nicht zugekommen, jedoch eine Beschwerde des Rechtspraktikanten Hector Stunz eingelau- fen sei. Diese Beschwerde werde nun sorgfältig geprüft und in Erwägung gezogen werden. -- Dr. Jäger stellt an das Kriegsministerium eine Jnterpellation, betreffend die unzureichende und theilweise schlechte Besetzung der militärärztlichen Stellen und Mangel an Arzneien und Bandagen. -- Kriegsminister v. Lüder beantwortet diese Jnterpellation dahin, daß bisher noch nie eine Klage der Art eingelaufen sei; auch die in Schles- wig gewesenen Truppen rühmten die Thätigkeit und Pflege der Mititärärzte. Es seien von Seite des Kriegsministeriums schon vor dem ersten Aus- marsche der Truppen die nöthigen Vorkehrungen zur besten Verpflegung derselben getroffen wor- den. -- Es wird nun zur Berathung und Schluß- fassung über die Rückäußerung der Kammer der Reichsräthe bezüglich des Gesetzentwurfes: „den Ersatz des Wildschadens betreffend,“ geschritten. Die einzige Differenz beider Kammern besteht darin, daß die Kammer der Abgeordneten den Art. 8 aus dem Gesetze gestrichen wissen wollte, während die Kammer der Reichsräthe diesen Art. beibehielt. Da das Ueberflüssige hier nicht schadet, stimmt die Kammer der Abgeordneten diesem Beschlusse bei. -- Es wird nun der Vortrag über die von der Staats- regierung unterm 14. März d. J. gemachten Vor- lagen zur deutschen Frage erstattet. -- Referent Frhr. v. Lerchenfeld betritt die Rednerbühne. Derselbe entschuldigt zuerst seine schwachen Kräfte in dieser Sache und bittet die hohe Kammer um Nachsicht. -- Nach einer kurzen Vorrede geht er auf das Thema selbst ein. -- Wer die Größe Deutschlands und die Einheit Deutschlands be- trachte, müsse, wenn er ein für Deutschlands Wohl fühlender Mann sei, wehmüthig werden. Das Wachsen eines Volkes sieht im innigsten Zusammenhange mit den Jdeen der Sittlichkeit der Nationalität; so lange diese in der Periode des Wachsens seien, befinde sich auch das Volk in der Periode der Blüthe. Wenn jedoch diese stille stehen, befinde es sich auf dem Wege zum Verfalle. -- Man haben schon oft bestritten und behauptet, Bayern sei kein deutscher Stamm. Dies sei unrichtig. Bayern sei ein deutscher Stamm, denn nirgends finde sich sowohl das Niebelungen- lied so ausgebreitet wie in Bayern. Nicht ein guelsischer, sondern ein rein gibellinischer Stamm sei Bayern von jeher gewesen. Redner geht hier- auf zur Beleuchtung der beiden Großmächte Preu- und Oesterreich über und beginnt mit dem Satze: Der Dualismus ist nun auf den Höhepunkt der Reibung gekommen; diese Reibungen bedrohen die Größe, vernichten die Einheit und zerstören die glücklichen Verhältnisse Deutschlands. Nach- dem der Redner die Zustände Oestereichs und Preußens im Allgemeinen ins Auge gefaßt, schließt derselbe, indem er aufmerksam macht, wie nahe der Ueberschritt des einen Extrems zum an- dern sei. Beide Parteien sollten auf der Hut sein, die Frage nicht trüber zu gestalten, als sie schon sei. Das stehe fest. Wenn man den al- ten Bundestag wieder haben müsse, dann seie es Pflicht der Minister Bayern auf den Stand zu stellen, der ihm gebühre und kein Beschluß des Bundestages, der gegen die Verfassung Bayerns gehe, solle in Bayern durchgeführt werden dürfen. Darüber werden alle übereinstimmen. -- Der Ausschuß erklärt, daß er in den vorgelegten Ak- tenstücken keine Veranlassung gefunden, Anträge an die Kammern zu stellen und beschließt, daß den ( gleichzeitig mit den Aktenstücken dem Aus- schusse übergebenen ) Anträgen des Abgeordneten Schmidt a. W. und des Abgeordneten Tafel und Genossen keine Folge zu geben sei. -- Jordan und mehrere Genossen ( linkes Centrum ) stellen folgenden Antrag: Jn Erwägung 1 ) daß die Kammer der Abgeordneten in ihrem Beschlusse vom 9. Nov. 1849 bestimmt aussprach, sie er- warte, daß das Ministerium bei den ferneren Verhandlungen in der deutschen Frage den Grund- gedanken der Einigung des gesammten Deutsch- lands festhalten und für das Zustandekommen einer definitiven in diesem Geiste mit einer wahr- haften und unverkümmerten Vertretung des Vol- kes nothwendige Opfer nicht scheuen und der Kammer die Ergebnisse der Verhandlungen zur Kenntniß bringe.“ 2 ) Daß das Ministerium die- sem Kammerbeschlusse kein Widerspruch entgegen- setzte, sowie 3 ) auch auf Seite der Kammer der Abgeordneten kein Anlaß zur Annahme gegeben ist, als wolle sie irgend einem Theile von obigem Beschlusse sich entfernen; in Erwägung ferner 4 ) daß die von der Staatsregierung der Kammer mitgetheilten Aktenstücke lediglich als Vorschläge zu einer zu erzielenden Uebereinkunft erscheinen, somit ohne Zustimmung der beiden Kammern des Landtages dessen Rechte nicht zu vergeben ver- mögen; in endlicher Erwägung, 5 ) daß sonach die an die königl. bayer. Vevollmächtigten in Frankfurt ertheilten, der Kammer der Abgeord- neten aber gar nicht mitgetheilten Jnstruktionen diesen Rechten nichts vergeben, und lediglich das Verhältniß der Staatsregierung berühren können, erachten die Unterzeichneten, daß zur Zeit kein Anlaß gegeben sei, auf die ihnen gemachten Mit- theilungen hin weitere Anträge zu stellen. -- Jordan motivirt hierauf diesen Antrag. -- Dr. Heine hatte im Ausschusse folgenden An- trag gestellt: „der Ausschuß wolle erklären, daß er in den vorgelegten Aktenstücken keine Veran- lassung gefunden, Anträge an die Kammer zu stellen, insoferne er voraussetzt, daß der gemein- schaftliche Protest Bayerns mit Oesterreich gegen Preußen auf dem Grunde des Bundesrechtes letz- teres nur als einen interimistischen Anhalts= und Wiedereinigungspunkt, aber in seiner weitern na- tionalen Ausbildung als unabhängig von jeder Einsprache und Einmischung auswärtiger Cabinette gelten läßt, zu welchem Endzwecke die Schritte und Vorschläge Bayerns zu der Uebereinkunft der drei Königreiche mit Beistimmung des österreich. Ministeriums nur als präliminäre Versuche zu betrachten sind.“ Diesen Antrag reproducirt Heine wieder. -- v. Hermann findet die Schritte, die das Ministerium gethan hat, als durchaus rich- tig und auf Grund der frühern Verhandlungen nothwendig. -- Dr. Schmidt spricht sich gegen den Ausschußbeschluß aus. -- Fürst Waller- stein und 41 seiner politischen Freunde stellen folgenden Antrag: Die hohe Kammer möge 1 ) gegen die dem bayer. Bevollmächtigten einseitig ertheilte Vollmacht zur Schlußfassung in der deut- schen Verfassungsfrage feierliche Verwahrung ein- legen und 2 ) erklären, daß über die Zukunft des deutschen Volkes ohne seine ausdrückliche Beistim- mung weder in Form einer revidirten Bundesver- fassung, noch sonst irgend wie verbindlich verfügt werden könne. -- Der Redner stellt im Laufe seiner Rede an den Staatsminister des Aeußern die Frage, ob die Versammlung in Frankfurt als das Plenum des Bundestages anzusehen sei oder nicht, ob im Bejahungsfalle des ersteren die Be- schlüsse desselben bindende Kraft hätten. -- Staats- minister v. d. Pfordten bemerkt, daß Oester- reich von seinem Rechte, das Plenum berufen zu können, Gebrauch gemacht habe. Was die zweite Frage betrifft, so wisse Herr Fürst selbst diese Frage am besten zu beantworten. -- Als der Redner noch weiter fragen wollte, bedeutete v. d. 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Redner verkenne übrigens nicht den guten Willen und die edle Absicht der Regierung, aber nicht die Absicht, der Erfolg kröne das Werk. -- Derselbe geißelt hierauf die „Münchener Uebereinkunft“ als ein rein unaus- führbares Ding, mit dem selbst Oesterreich es nicht so gut meine, wie aus der Schwarzenbergi- schen Note sehr ersichtlich sei. Redner verwahrt sich im Namen seiner Partei gegen den Bundes- tag in seiner alten Form, aber vorzuglich auch gegen einen Bundestag ohne unverkürzte Volks- vertretung. -- Lang spricht in gleichem Sinne. -- Döllinger eifert gegen die Anträge der Linken und des linken Centrums. Es wird die Sitzung hierauf nach 2 Uhr geschlossen. München, 11. Juni. ( CXXVII. Sitzung der Kammer der Abgeordneten. ) Die Gallerien sind dicht besetzt. Am Ministertische: Staatsminister v. d. Pfordten, v. Lüder, v. Ringel- mann. Der erste Präsident eröffnet um halb 10 Uhr die Sitzung. Nach Bekanntgabe des letzten Sitzungsprotokolls wird der Gesammtbeschluß über den Gesetzentwurf, den Wildschaden = Ersatz betr., verlesen. Nachdem Referent Hirschberger über den Gesetzentwurf: die Einrichtung der Kunststra- ßen im Königreich Bayern befahrenden Fuhrwerkes betreffend, Vortrag erstattet, wird die Berathung über den Vortrag des Ausschusses für die deutsche Frage sortgesetzt. Lassaulx betritt die Redner- bühne und bearbeitet den, wie Redner sich aus- drückt, verkehrten Antrag der Linken. Dieser An- trag sei ein Akt der Rache, wie in einer frühern Sitzung ein ähnlicher sei durchgeführt worden. Abgeordnete Stöcker habe dabe damals in seiner gewohnten Gradheit gesagt: „weil Jhr unsere Abänderungsvorschläge nicht angenommen habt,

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 141. Würzburg, 13. Juni 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische141_1850/2>, abgerufen am 20.04.2024.