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Die Bayerische Presse. Nr. 133. Würzburg, 4. Juni 1850.

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Die Bayerische Presse.
[Beginn Spaltensatz]
Abonnement:
Ganzjährig 6 fl.
Halbjährig 3 fl.
Vierteljährig 1 fl. 30 kr.
Monatlich für die Stadt 30 kr.

[Spaltenumbruch]
Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

[Spaltenumbruch]

Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr.
Nr. 533.

Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe-
titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe
und Gelder frei.

[Ende Spaltensatz]
Nr. 133.
Würzburg, Dinstag den 4. Juni. 1850.


[Beginn Spaltensatz]
Amtliche Nachrichten.

Das k. Regierungsblatt Nr. 28 vom 1. Juni
enthält eine Bekanntmachung, wonach den Arznei-
waarenhändlern des Königreichs der Verkauf und
die Versendung gewisser namentlich aufgeführter
Gifte und Arzneiwaaren im Jn= und Auslande
verboten, anderer dagegen gestattet ist.



Landtagsverhandlungen.

München, 31. Mai. ( CXXI. Sitzung der
Kammer der Abgeordneten.
) Am Minister-
tische: Staatsminister v. d. Pfordten, Aschenbren-
ner und mehrere Ministerialräthe. Der I. Prä-
sident eröffnet um halb 10 Uhr die Sitzung. Nach
Bekanntgabe des letzten Sitzungsprotokolls verliest
Referent v. Wenning den Beschluß über den
Gesetzentwurf, "die Gerichtsorganisation betr.,"
und Referent Weber den Gesammtbeschluß bei-
der Kammern über den Gesetzentwurf, "die Ein-
leitungen zu der Erbauung einer Eisenbahn von
Augsburg nach Ulm betr. -- Staatsminister v.
d. Pfordten wünscht zwei Jnterpellationen zu
beantworten. -- Abg. v. Schellhorn interpel-
lirt, ob denn in Erwägung der Noth der Arbei-
terklasse nicht von der Regierung dahin gewirkt
werden könnte, daß die größeren Bauloose bei
Eisenbahnbauten größtentheils den inländischen
Bauunternehmern überlassen würden, oder ob viel-
leicht die ausländischen Akkordunternehmer für die
Zukunft nicht ganz ausgeschlossen werden dürften.
-- Staatsminister v. d. Pfordten bemerkt hier-
auf, daß die Vergebung von Bauloosen an aus-
ländische Bauunternehmer in Folge einer Jnstruk-
tion von 1841 geschehen sei. Daß jedoch die in
der nächsten Umgebung des Bahnplatzes befindli-
chen Arbeiter beschäftigt würden, verstünde sich
von selbst. Die Regierung sehe sich aber nicht
in der Lage, die erwähnte Jnstruktion aufzuheben.
-- Kolb interpellirte in mehreren Punkten über
Uebergriffe, welche sich die Commandantschaft zu
Landau erlaubt habe. -- Staatsminister v. d.
Pfordten stellt die Fakta hin, wie sie dem Mi-
nisterium berichtet wurden, gemäß welchen die
Commandantschaft einzuschreiten sich gesetzlich ver-
anlaßt sah. -- Hierauf geht der Präsident zur
Berathung und Schlußfassung des Gesetzentwurfs
"die definitive Häusersteuer" betr. über. Ehe der-
selbe die allgemeine Debatte eröffnete, verlas er
drei Modifikationen von Degenhart ( Heiterkeit ) ,
welche dieser zu dem Gesetze eingebracht, ebenso
zwei neue Artikel von Forndran, nach welchen
Lokalitäten, so lange in denselben steuerpflichtige
Gewerbe ausgeübt werden, unbesteuert bleiben. --
über diese Anträge sowohl wie über das Gesetz
selbst eröffnet der Präsident nun die allgemeine
Diskussion. -- Staatsminister Aschenbrenner
findet es für nöthig einige allgemeine Bemerkun-
gen über die Nothwendigkeit der Verbesserungen
des Häusersteuergesetzes zu machen. Redner sieht
freilich die einzige und radikale Kur der vielen
Uebel dieses Gesetzes nur in der Revision des
ganzen Gesetzes, wenn dies nicht so viele Zeit in
Anspruch nehme und sehr bedeutente Kosten ver-
ursachen würde. Redner erklärt sich zuletzt dem
vom Ausschusse neu geschaffenen Entwurf durchaus
[Spaltenumbruch] nicht entgegen. -- Referent v. Koch spricht im
allgemeinen davon, daß der Ausschuß nur die
Ungleichheit der Häusersteuer und des Arealsteuer-
gesetzes beseitigen wollte. -- Rebenack tadelt
die vielen Mängel des Gesetzes vom 15. August
1828. -- Reinhart: Wenn man Rückstände
zu decken habe, so solle man doch mit Streichung
der hohen Besoldungen anfangen und nicht wieder
dem armen Bäuerlein in den Geldbeutel steigen.
Dort 50 Procent abzustreichen würde ergiebiger
sein, als eine Erhöhung der Häusersteuer. --
Pitzner spricht sich für den Forndran'schen An-
trag aus. -- Sedlmaier bemerkt, daß Mün-
chen allein 100,000 fl. Häusersteuer bezahle, in-
dem jeder Winkel, wo nur etwas hingestellt wer-
den könne, versteuert werden müsse. -- v. Her-
mann
erklärt sich gegen alle Vorlagen, da es
unnütze Arbeit sei, ein Gesetz zu berathen, dessen
Mängel man nicht verbessern könne. -- Lerchen-
feld:
Wenn man die Katasterkommission auch mit
einer Ausgleichung dieser Steuer beauftragen
würde, so möchte in zwei und vielleicht auch drei
Jahren sie nichts zu Stande gebracht, aber sehr
viel Geld verzehrt haben. Einen möglichst besten
Ausweg gibt der Ausschußbeschluß, deßwegen neh-
me man diesen an und durchhaue damit diesen
gordischen Knoten. -- Das Gesetz wurde in
folgender Fassung ohne Debatte angenommen, wo-
bei zu bemerken ist, daß Degenhart selbst gegen
seine Modifikationen stimmte: Art. 1. Das Ver-
hältniß der Steuersimplen, nach welchen die Er-
hebung der Miethsteuer zur Arealsteuer künftig
stattzufinden hat, wird auf die Verhältnißzahl von
1 zu 3 festgestellt, so daß künftig auf ein jedes
Simplum der Miethsteuer drei Symplen der Are-
alsteuer zu berechned und zu erheben sind. Art. 2.
Die geringste Ertragsfähigkeit eines der Mieth-
steuer unterworfenen Gebäudes wird statt der bis-
her zu Grunde gelegten Ertragsfähigkeit von 5 fl.
auf eine jährliche Ertragsfähigkeit von 9 fl. fest-
gestellt, mithin das Simplum des geringstbesteuer-
ten Miethgebäudes auf 9 Kreuzer normirt. Art. 3
ist der Vollzugartikel. Das ganze Gesetz wurde
hierauf bei namentlicher Abstimmung mit 118 ge-
gen 4 Stimmen angenommen. -- Gegen das
Gesetz stimmten: Schmidt aus W., Borst,
Hofmann, Reinhart.
-- Schluß der Sitzung
um halb 3 Uhr.

Deutschland.

München, 1. Juni. Der "Nürnb. Korresp."
gibt über die neulich von Hrn. Referent v. We-
ning dem Justizminister übergebenen zwei Briefe
folgenden Aufschluß: Dieselben rühren von dem
verlebten früheren Justizminister v. Schrenk her
und sind an Hrn. v. Wening, als damal. Stadt-
gerichts=Direktor von Würzburg, gerichtet. Sie
enthalten die Weisung, daß Letzterer sich ohne Zu-
ziehung eines Aktuars zu zwei Mitgefangenen des
damals in Untersuchung und Haft sich befindenden
Hofraths Behr begeben soll, um dieselben über
gewisse, den Letzteren betreffende Punkte auszufor-
schen. Hr. v. Wening wies dieses Ansinnen als
mit der Würde und der Pflicht eines Beamten
unvereinbar zurück, was ihm alle Ehre macht.
Nur verfehlte er durch die alteinige neuliche Ue-
[Spaltenumbruch] bergabe der Briefe seinen Zweck, die Aeußerungen
des Fürsten Wallerstein über die zweifelhafte Selbst-
ständigkeit der Richter in der 30r Jahren factisch
zu widerlegen; obwohl andererseits nicht verschwie-
gen werden kann, daß wir derartige Anspielungen
auf die 30r Jahre nicht gerade aus dem Munde
des Hrn. Fürsten zu hören wünschten.

München, 2. Juni. Wie man vernimmt,
haben Se. Maj. der König dem am hiesigen Hof-
lager verweilenden Prinzen Albert von Sachsen,
kgl. Hoh., den Ritterorden vom heiligen Hubert
eigenhändig verliehen. Dieser Orden ist bekannt-
lich der erste des Reichs.

   

+ * Von der württemb. Grenze, 31. Mai.
Wenn Bayern und Oesterreich, überhaupt die mit-
unterzeichneten Staaten der Münchener Ueberein-
kunft, welch' letztere bekanntlich vor der Frankfur-
ter Versammlung die Grundlage der Verhandlun-
gen bilden soll, ihre Aufgabe so verstehen würden,
wie die sog. Standesherren in Württemberg, so
hatte die radikale Partei in Deutschland aller-
dings Recht, wenn sie von der Wiederherstellung
des alten Bundestags all' ihre Blätter voll-
schreibt. Das sog. reactionäre Ministerium
Schlayer will aber nichts von solchen wirklichen
Rückschritten wissen. Wäre das Ministerium ra-
dikaler Natur, so würde es ohne Zweifel -- wie
es im knabenhaften Charakter des Radikalismus
liegt -- uns in reinem Trotz gegen die Majori-
tät der Kammer jedenfalls etwas Anderes gewollt
haben, als was diese wollte. Es thut dies aber
nicht, sondern geht in diesem Punkt mit der Kam-
mermehrheit einig. Das Ministerium scheint die
Zeit besser zu verstehen, als die beiden extremen
Parteien, die es von entgegengesetzten Seiten an-
greifen. Es handelt im Geiste der Münchener
Uebereinkunft, und es ist dies ein Beweis mehr,
daß die Staaten der Münchener Uebereinkunft
nicht die Wiederherstellung des alten Bundestags
wollen; denn sonst müßte das mitunterzeichnete
Ministerium Schlayer die Folgerungen der württ.
Standesherren, die sie aus dem Fortbestand der
Bundesakte ziehen, gutheißen. Die Bundesakte
besteht aber nach der Ansicht der genannten Staa-
ten blos insoweit noch fort, als sie sich mit dem
Geiste und den Bedürfnissen der gegenwärtigen
Lage verträgt. Es ist dies eigentlich eine sich
ganz von selbst verstehende Sache; allein man
muß den von dem Wehgeschrei der demokratischen
Presse befangen gemachten Gemüthern oft Dinge
bemerklich machen, die sie bei ungetrübtem Blicke
leicht selbst sehen würden. v. Schlayer erklärte
also in der Kammer charakteristisch genug: " das
Ministerium ist der Meinung, daß Nie-
mand die zwei Jahre ignoriren darf.

Die Standesherren haben ihren Posten verlassen,
sie können jetzt nicht die Sache an dem Punkte
wieder anfangen, wo sie dieselbe verlassen." --
Diesem gegenüber erscheint das Benehmen der
Majorität der rothen Kammer ächt wühlerisch.
Statt über eine solche Uebereinstimmung der An-
sichten sich zu freuen, setzt man Zweifel in das
gegebene Wort eines Ministers, bringt zur Auf-
reitzung des Hasses aufgewärmte Geschichten auf
das Tapet, und sucht das Ministerium gerade
wegen derjenigen Aeußerung von Neuem zu ver-
dächtigen, welche so eben durch die letzte Erklä-

Die Bayerische Presse.
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Nr. 533.

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Würzburg, Dinstag den 4. Juni. 1850.


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Amtliche Nachrichten.

Das k. Regierungsblatt Nr. 28 vom 1. Juni
enthält eine Bekanntmachung, wonach den Arznei-
waarenhändlern des Königreichs der Verkauf und
die Versendung gewisser namentlich aufgeführter
Gifte und Arzneiwaaren im Jn= und Auslande
verboten, anderer dagegen gestattet ist.



Landtagsverhandlungen.

München, 31. Mai. ( CXXI. Sitzung der
Kammer der Abgeordneten.
) Am Minister-
tische: Staatsminister v. d. Pfordten, Aschenbren-
ner und mehrere Ministerialräthe. Der I. Prä-
sident eröffnet um halb 10 Uhr die Sitzung. Nach
Bekanntgabe des letzten Sitzungsprotokolls verliest
Referent v. Wenning den Beschluß über den
Gesetzentwurf, „die Gerichtsorganisation betr.,“
und Referent Weber den Gesammtbeschluß bei-
der Kammern über den Gesetzentwurf, „die Ein-
leitungen zu der Erbauung einer Eisenbahn von
Augsburg nach Ulm betr. -- Staatsminister v.
d. Pfordten wünscht zwei Jnterpellationen zu
beantworten. -- Abg. v. Schellhorn interpel-
lirt, ob denn in Erwägung der Noth der Arbei-
terklasse nicht von der Regierung dahin gewirkt
werden könnte, daß die größeren Bauloose bei
Eisenbahnbauten größtentheils den inländischen
Bauunternehmern überlassen würden, oder ob viel-
leicht die ausländischen Akkordunternehmer für die
Zukunft nicht ganz ausgeschlossen werden dürften.
-- Staatsminister v. d. Pfordten bemerkt hier-
auf, daß die Vergebung von Bauloosen an aus-
ländische Bauunternehmer in Folge einer Jnstruk-
tion von 1841 geschehen sei. Daß jedoch die in
der nächsten Umgebung des Bahnplatzes befindli-
chen Arbeiter beschäftigt würden, verstünde sich
von selbst. Die Regierung sehe sich aber nicht
in der Lage, die erwähnte Jnstruktion aufzuheben.
-- Kolb interpellirte in mehreren Punkten über
Uebergriffe, welche sich die Commandantschaft zu
Landau erlaubt habe. -- Staatsminister v. d.
Pfordten stellt die Fakta hin, wie sie dem Mi-
nisterium berichtet wurden, gemäß welchen die
Commandantschaft einzuschreiten sich gesetzlich ver-
anlaßt sah. -- Hierauf geht der Präsident zur
Berathung und Schlußfassung des Gesetzentwurfs
„die definitive Häusersteuer“ betr. über. Ehe der-
selbe die allgemeine Debatte eröffnete, verlas er
drei Modifikationen von Degenhart ( Heiterkeit ) ,
welche dieser zu dem Gesetze eingebracht, ebenso
zwei neue Artikel von Forndran, nach welchen
Lokalitäten, so lange in denselben steuerpflichtige
Gewerbe ausgeübt werden, unbesteuert bleiben. --
über diese Anträge sowohl wie über das Gesetz
selbst eröffnet der Präsident nun die allgemeine
Diskussion. -- Staatsminister Aschenbrenner
findet es für nöthig einige allgemeine Bemerkun-
gen über die Nothwendigkeit der Verbesserungen
des Häusersteuergesetzes zu machen. Redner sieht
freilich die einzige und radikale Kur der vielen
Uebel dieses Gesetzes nur in der Revision des
ganzen Gesetzes, wenn dies nicht so viele Zeit in
Anspruch nehme und sehr bedeutente Kosten ver-
ursachen würde. Redner erklärt sich zuletzt dem
vom Ausschusse neu geschaffenen Entwurf durchaus
[Spaltenumbruch] nicht entgegen. -- Referent v. Koch spricht im
allgemeinen davon, daß der Ausschuß nur die
Ungleichheit der Häusersteuer und des Arealsteuer-
gesetzes beseitigen wollte. -- Rebenack tadelt
die vielen Mängel des Gesetzes vom 15. August
1828. -- Reinhart: Wenn man Rückstände
zu decken habe, so solle man doch mit Streichung
der hohen Besoldungen anfangen und nicht wieder
dem armen Bäuerlein in den Geldbeutel steigen.
Dort 50 Procent abzustreichen würde ergiebiger
sein, als eine Erhöhung der Häusersteuer. --
Pitzner spricht sich für den Forndran'schen An-
trag aus. -- Sedlmaier bemerkt, daß Mün-
chen allein 100,000 fl. Häusersteuer bezahle, in-
dem jeder Winkel, wo nur etwas hingestellt wer-
den könne, versteuert werden müsse. -- v. Her-
mann
erklärt sich gegen alle Vorlagen, da es
unnütze Arbeit sei, ein Gesetz zu berathen, dessen
Mängel man nicht verbessern könne. -- Lerchen-
feld:
Wenn man die Katasterkommission auch mit
einer Ausgleichung dieser Steuer beauftragen
würde, so möchte in zwei und vielleicht auch drei
Jahren sie nichts zu Stande gebracht, aber sehr
viel Geld verzehrt haben. Einen möglichst besten
Ausweg gibt der Ausschußbeschluß, deßwegen neh-
me man diesen an und durchhaue damit diesen
gordischen Knoten. -- Das Gesetz wurde in
folgender Fassung ohne Debatte angenommen, wo-
bei zu bemerken ist, daß Degenhart selbst gegen
seine Modifikationen stimmte: Art. 1. Das Ver-
hältniß der Steuersimplen, nach welchen die Er-
hebung der Miethsteuer zur Arealsteuer künftig
stattzufinden hat, wird auf die Verhältnißzahl von
1 zu 3 festgestellt, so daß künftig auf ein jedes
Simplum der Miethsteuer drei Symplen der Are-
alsteuer zu berechned und zu erheben sind. Art. 2.
Die geringste Ertragsfähigkeit eines der Mieth-
steuer unterworfenen Gebäudes wird statt der bis-
her zu Grunde gelegten Ertragsfähigkeit von 5 fl.
auf eine jährliche Ertragsfähigkeit von 9 fl. fest-
gestellt, mithin das Simplum des geringstbesteuer-
ten Miethgebäudes auf 9 Kreuzer normirt. Art. 3
ist der Vollzugartikel. Das ganze Gesetz wurde
hierauf bei namentlicher Abstimmung mit 118 ge-
gen 4 Stimmen angenommen. -- Gegen das
Gesetz stimmten: Schmidt aus W., Borst,
Hofmann, Reinhart.
-- Schluß der Sitzung
um halb 3 Uhr.

Deutschland.

München, 1. Juni. Der „Nürnb. Korresp.“
gibt über die neulich von Hrn. Referent v. We-
ning dem Justizminister übergebenen zwei Briefe
folgenden Aufschluß: Dieselben rühren von dem
verlebten früheren Justizminister v. Schrenk her
und sind an Hrn. v. Wening, als damal. Stadt-
gerichts=Direktor von Würzburg, gerichtet. Sie
enthalten die Weisung, daß Letzterer sich ohne Zu-
ziehung eines Aktuars zu zwei Mitgefangenen des
damals in Untersuchung und Haft sich befindenden
Hofraths Behr begeben soll, um dieselben über
gewisse, den Letzteren betreffende Punkte auszufor-
schen. Hr. v. Wening wies dieses Ansinnen als
mit der Würde und der Pflicht eines Beamten
unvereinbar zurück, was ihm alle Ehre macht.
Nur verfehlte er durch die alteinige neuliche Ue-
[Spaltenumbruch] bergabe der Briefe seinen Zweck, die Aeußerungen
des Fürsten Wallerstein über die zweifelhafte Selbst-
ständigkeit der Richter in der 30r Jahren factisch
zu widerlegen; obwohl andererseits nicht verschwie-
gen werden kann, daß wir derartige Anspielungen
auf die 30r Jahre nicht gerade aus dem Munde
des Hrn. Fürsten zu hören wünschten.

München, 2. Juni. Wie man vernimmt,
haben Se. Maj. der König dem am hiesigen Hof-
lager verweilenden Prinzen Albert von Sachsen,
kgl. Hoh., den Ritterorden vom heiligen Hubert
eigenhändig verliehen. Dieser Orden ist bekannt-
lich der erste des Reichs.

   

* Von der württemb. Grenze, 31. Mai.
Wenn Bayern und Oesterreich, überhaupt die mit-
unterzeichneten Staaten der Münchener Ueberein-
kunft, welch' letztere bekanntlich vor der Frankfur-
ter Versammlung die Grundlage der Verhandlun-
gen bilden soll, ihre Aufgabe so verstehen würden,
wie die sog. Standesherren in Württemberg, so
hatte die radikale Partei in Deutschland aller-
dings Recht, wenn sie von der Wiederherstellung
des alten Bundestags all' ihre Blätter voll-
schreibt. Das sog. reactionäre Ministerium
Schlayer will aber nichts von solchen wirklichen
Rückschritten wissen. Wäre das Ministerium ra-
dikaler Natur, so würde es ohne Zweifel -- wie
es im knabenhaften Charakter des Radikalismus
liegt -- uns in reinem Trotz gegen die Majori-
tät der Kammer jedenfalls etwas Anderes gewollt
haben, als was diese wollte. Es thut dies aber
nicht, sondern geht in diesem Punkt mit der Kam-
mermehrheit einig. Das Ministerium scheint die
Zeit besser zu verstehen, als die beiden extremen
Parteien, die es von entgegengesetzten Seiten an-
greifen. Es handelt im Geiste der Münchener
Uebereinkunft, und es ist dies ein Beweis mehr,
daß die Staaten der Münchener Uebereinkunft
nicht die Wiederherstellung des alten Bundestags
wollen; denn sonst müßte das mitunterzeichnete
Ministerium Schlayer die Folgerungen der württ.
Standesherren, die sie aus dem Fortbestand der
Bundesakte ziehen, gutheißen. Die Bundesakte
besteht aber nach der Ansicht der genannten Staa-
ten blos insoweit noch fort, als sie sich mit dem
Geiste und den Bedürfnissen der gegenwärtigen
Lage verträgt. Es ist dies eigentlich eine sich
ganz von selbst verstehende Sache; allein man
muß den von dem Wehgeschrei der demokratischen
Presse befangen gemachten Gemüthern oft Dinge
bemerklich machen, die sie bei ungetrübtem Blicke
leicht selbst sehen würden. v. Schlayer erklärte
also in der Kammer charakteristisch genug: „ das
Ministerium ist der Meinung, daß Nie-
mand die zwei Jahre ignoriren darf.

Die Standesherren haben ihren Posten verlassen,
sie können jetzt nicht die Sache an dem Punkte
wieder anfangen, wo sie dieselbe verlassen.“ --
Diesem gegenüber erscheint das Benehmen der
Majorität der rothen Kammer ächt wühlerisch.
Statt über eine solche Uebereinstimmung der An-
sichten sich zu freuen, setzt man Zweifel in das
gegebene Wort eines Ministers, bringt zur Auf-
reitzung des Hasses aufgewärmte Geschichten auf
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wegen derjenigen Aeußerung von Neuem zu ver-
dächtigen, welche so eben durch die letzte Erklä-

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[0001] Die Bayerische Presse. Abonnement: Ganzjährig 6 fl. Halbjährig 3 fl. Vierteljährig 1 fl. 30 kr. Monatlich für die Stadt 30 kr. Eine constitutionell-monarchische Zeitung. Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533. Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe- titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe und Gelder frei. Nr. 133. Würzburg, Dinstag den 4. Juni. 1850. Amtliche Nachrichten. Das k. Regierungsblatt Nr. 28 vom 1. Juni enthält eine Bekanntmachung, wonach den Arznei- waarenhändlern des Königreichs der Verkauf und die Versendung gewisser namentlich aufgeführter Gifte und Arzneiwaaren im Jn= und Auslande verboten, anderer dagegen gestattet ist. Landtagsverhandlungen. München, 31. Mai. ( CXXI. Sitzung der Kammer der Abgeordneten. ) Am Minister- tische: Staatsminister v. d. Pfordten, Aschenbren- ner und mehrere Ministerialräthe. Der I. Prä- sident eröffnet um halb 10 Uhr die Sitzung. Nach Bekanntgabe des letzten Sitzungsprotokolls verliest Referent v. Wenning den Beschluß über den Gesetzentwurf, „die Gerichtsorganisation betr.,“ und Referent Weber den Gesammtbeschluß bei- der Kammern über den Gesetzentwurf, „die Ein- leitungen zu der Erbauung einer Eisenbahn von Augsburg nach Ulm betr. -- Staatsminister v. d. Pfordten wünscht zwei Jnterpellationen zu beantworten. -- Abg. v. Schellhorn interpel- lirt, ob denn in Erwägung der Noth der Arbei- terklasse nicht von der Regierung dahin gewirkt werden könnte, daß die größeren Bauloose bei Eisenbahnbauten größtentheils den inländischen Bauunternehmern überlassen würden, oder ob viel- leicht die ausländischen Akkordunternehmer für die Zukunft nicht ganz ausgeschlossen werden dürften. -- Staatsminister v. d. Pfordten bemerkt hier- auf, daß die Vergebung von Bauloosen an aus- ländische Bauunternehmer in Folge einer Jnstruk- tion von 1841 geschehen sei. Daß jedoch die in der nächsten Umgebung des Bahnplatzes befindli- chen Arbeiter beschäftigt würden, verstünde sich von selbst. Die Regierung sehe sich aber nicht in der Lage, die erwähnte Jnstruktion aufzuheben. -- Kolb interpellirte in mehreren Punkten über Uebergriffe, welche sich die Commandantschaft zu Landau erlaubt habe. -- Staatsminister v. d. Pfordten stellt die Fakta hin, wie sie dem Mi- nisterium berichtet wurden, gemäß welchen die Commandantschaft einzuschreiten sich gesetzlich ver- anlaßt sah. -- Hierauf geht der Präsident zur Berathung und Schlußfassung des Gesetzentwurfs „die definitive Häusersteuer“ betr. über. Ehe der- selbe die allgemeine Debatte eröffnete, verlas er drei Modifikationen von Degenhart ( Heiterkeit ) , welche dieser zu dem Gesetze eingebracht, ebenso zwei neue Artikel von Forndran, nach welchen Lokalitäten, so lange in denselben steuerpflichtige Gewerbe ausgeübt werden, unbesteuert bleiben. -- über diese Anträge sowohl wie über das Gesetz selbst eröffnet der Präsident nun die allgemeine Diskussion. -- Staatsminister Aschenbrenner findet es für nöthig einige allgemeine Bemerkun- gen über die Nothwendigkeit der Verbesserungen des Häusersteuergesetzes zu machen. Redner sieht freilich die einzige und radikale Kur der vielen Uebel dieses Gesetzes nur in der Revision des ganzen Gesetzes, wenn dies nicht so viele Zeit in Anspruch nehme und sehr bedeutente Kosten ver- ursachen würde. Redner erklärt sich zuletzt dem vom Ausschusse neu geschaffenen Entwurf durchaus nicht entgegen. -- Referent v. Koch spricht im allgemeinen davon, daß der Ausschuß nur die Ungleichheit der Häusersteuer und des Arealsteuer- gesetzes beseitigen wollte. -- Rebenack tadelt die vielen Mängel des Gesetzes vom 15. August 1828. -- Reinhart: Wenn man Rückstände zu decken habe, so solle man doch mit Streichung der hohen Besoldungen anfangen und nicht wieder dem armen Bäuerlein in den Geldbeutel steigen. Dort 50 Procent abzustreichen würde ergiebiger sein, als eine Erhöhung der Häusersteuer. -- Pitzner spricht sich für den Forndran'schen An- trag aus. -- Sedlmaier bemerkt, daß Mün- chen allein 100,000 fl. Häusersteuer bezahle, in- dem jeder Winkel, wo nur etwas hingestellt wer- den könne, versteuert werden müsse. -- v. Her- mann erklärt sich gegen alle Vorlagen, da es unnütze Arbeit sei, ein Gesetz zu berathen, dessen Mängel man nicht verbessern könne. -- Lerchen- feld: Wenn man die Katasterkommission auch mit einer Ausgleichung dieser Steuer beauftragen würde, so möchte in zwei und vielleicht auch drei Jahren sie nichts zu Stande gebracht, aber sehr viel Geld verzehrt haben. Einen möglichst besten Ausweg gibt der Ausschußbeschluß, deßwegen neh- me man diesen an und durchhaue damit diesen gordischen Knoten. -- Das Gesetz wurde in folgender Fassung ohne Debatte angenommen, wo- bei zu bemerken ist, daß Degenhart selbst gegen seine Modifikationen stimmte: Art. 1. Das Ver- hältniß der Steuersimplen, nach welchen die Er- hebung der Miethsteuer zur Arealsteuer künftig stattzufinden hat, wird auf die Verhältnißzahl von 1 zu 3 festgestellt, so daß künftig auf ein jedes Simplum der Miethsteuer drei Symplen der Are- alsteuer zu berechned und zu erheben sind. Art. 2. Die geringste Ertragsfähigkeit eines der Mieth- steuer unterworfenen Gebäudes wird statt der bis- her zu Grunde gelegten Ertragsfähigkeit von 5 fl. auf eine jährliche Ertragsfähigkeit von 9 fl. fest- gestellt, mithin das Simplum des geringstbesteuer- ten Miethgebäudes auf 9 Kreuzer normirt. Art. 3 ist der Vollzugartikel. Das ganze Gesetz wurde hierauf bei namentlicher Abstimmung mit 118 ge- gen 4 Stimmen angenommen. -- Gegen das Gesetz stimmten: Schmidt aus W., Borst, Hofmann, Reinhart. -- Schluß der Sitzung um halb 3 Uhr. Deutschland. München, 1. Juni. Der „Nürnb. Korresp.“ gibt über die neulich von Hrn. Referent v. We- ning dem Justizminister übergebenen zwei Briefe folgenden Aufschluß: Dieselben rühren von dem verlebten früheren Justizminister v. Schrenk her und sind an Hrn. v. Wening, als damal. Stadt- gerichts=Direktor von Würzburg, gerichtet. Sie enthalten die Weisung, daß Letzterer sich ohne Zu- ziehung eines Aktuars zu zwei Mitgefangenen des damals in Untersuchung und Haft sich befindenden Hofraths Behr begeben soll, um dieselben über gewisse, den Letzteren betreffende Punkte auszufor- schen. Hr. v. Wening wies dieses Ansinnen als mit der Würde und der Pflicht eines Beamten unvereinbar zurück, was ihm alle Ehre macht. Nur verfehlte er durch die alteinige neuliche Ue- bergabe der Briefe seinen Zweck, die Aeußerungen des Fürsten Wallerstein über die zweifelhafte Selbst- ständigkeit der Richter in der 30r Jahren factisch zu widerlegen; obwohl andererseits nicht verschwie- gen werden kann, daß wir derartige Anspielungen auf die 30r Jahre nicht gerade aus dem Munde des Hrn. Fürsten zu hören wünschten. München, 2. Juni. Wie man vernimmt, haben Se. Maj. der König dem am hiesigen Hof- lager verweilenden Prinzen Albert von Sachsen, kgl. Hoh., den Ritterorden vom heiligen Hubert eigenhändig verliehen. Dieser Orden ist bekannt- lich der erste des Reichs. ( A. Ab. ) † * Von der württemb. Grenze, 31. Mai. Wenn Bayern und Oesterreich, überhaupt die mit- unterzeichneten Staaten der Münchener Ueberein- kunft, welch' letztere bekanntlich vor der Frankfur- ter Versammlung die Grundlage der Verhandlun- gen bilden soll, ihre Aufgabe so verstehen würden, wie die sog. Standesherren in Württemberg, so hatte die radikale Partei in Deutschland aller- dings Recht, wenn sie von der Wiederherstellung des alten Bundestags all' ihre Blätter voll- schreibt. Das sog. reactionäre Ministerium Schlayer will aber nichts von solchen wirklichen Rückschritten wissen. Wäre das Ministerium ra- dikaler Natur, so würde es ohne Zweifel -- wie es im knabenhaften Charakter des Radikalismus liegt -- uns in reinem Trotz gegen die Majori- tät der Kammer jedenfalls etwas Anderes gewollt haben, als was diese wollte. Es thut dies aber nicht, sondern geht in diesem Punkt mit der Kam- mermehrheit einig. Das Ministerium scheint die Zeit besser zu verstehen, als die beiden extremen Parteien, die es von entgegengesetzten Seiten an- greifen. Es handelt im Geiste der Münchener Uebereinkunft, und es ist dies ein Beweis mehr, daß die Staaten der Münchener Uebereinkunft nicht die Wiederherstellung des alten Bundestags wollen; denn sonst müßte das mitunterzeichnete Ministerium Schlayer die Folgerungen der württ. Standesherren, die sie aus dem Fortbestand der Bundesakte ziehen, gutheißen. Die Bundesakte besteht aber nach der Ansicht der genannten Staa- ten blos insoweit noch fort, als sie sich mit dem Geiste und den Bedürfnissen der gegenwärtigen Lage verträgt. Es ist dies eigentlich eine sich ganz von selbst verstehende Sache; allein man muß den von dem Wehgeschrei der demokratischen Presse befangen gemachten Gemüthern oft Dinge bemerklich machen, die sie bei ungetrübtem Blicke leicht selbst sehen würden. v. Schlayer erklärte also in der Kammer charakteristisch genug: „ das Ministerium ist der Meinung, daß Nie- mand die zwei Jahre ignoriren darf. Die Standesherren haben ihren Posten verlassen, sie können jetzt nicht die Sache an dem Punkte wieder anfangen, wo sie dieselbe verlassen.“ -- Diesem gegenüber erscheint das Benehmen der Majorität der rothen Kammer ächt wühlerisch. Statt über eine solche Uebereinstimmung der An- sichten sich zu freuen, setzt man Zweifel in das gegebene Wort eines Ministers, bringt zur Auf- reitzung des Hasses aufgewärmte Geschichten auf das Tapet, und sucht das Ministerium gerade wegen derjenigen Aeußerung von Neuem zu ver- dächtigen, welche so eben durch die letzte Erklä-

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 133. Würzburg, 4. Juni 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische133_1850/1>, abgerufen am 19.04.2024.