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Die Bayerische Presse. Nr. 132. Würzburg, 3. Juni 1850.

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[Spaltenumbruch] Gott und den Menschen, sie haften der Kirche,
ihren Gemeinden, dem Staate dafür, daß sie Al-
les, was menschliche Bemühung vermag, aufbie-
ten, um jedes wieder erworbene Recht zu einer
neuen Bürgschaft des christlichen Fortschritts, das
ist des Fortschrittes in Erkenntniß und Pflicht-
treue zu machen. Doch muß die Klugheit mit
dem Eifer sich vereinen. Wer in überstürzender
Hast den Lauf beginnt, ermattet bald. -- Wich-
tige Angelegenheiten sind noch in Verhandlung
begriffen, und der Vater der Barmherzigkeit, von
welchem jede gute Gabe kommt, verleihe, daß sie
zur Ehre seines heiligen Namens geordnet wer-
den. Andere Gegenstände sind so beschaffen, daß
wir sie vorher an dem Stuhle des heil. Petrus
niederlegen und uns von dem Nachfolger Dessen,
welcher zum Felsen der Kirche geordnet wurde,
Gutheißung und Bekräftigung erbitten müssen.
Aber das Erste und Wichtigste, worauf es zu
wahrhafter Verjüngung der Kirche ankommt, ver-
mögen wir ohne Säumen, jetzt, in dieser Stunde
zu beginnen. Wenn die Priester des Herrn von
dem Glauben und Heldenmuthe der Apostel er-
füllt sind, so vermag keine Macht der Erde ihrer
Wirksamkeit Fesseln anzulegen, und fallen sie, so
ist ihr Blut ein fruchtbarer Same der Christen.
Wenn die Priester des Herrn das Jrdische im
Heiligthume suchen, wenn sie -- was Gott ab-
wende -- von sündiger Lust befleckt sind oder
doch in Trägheit und Gleichgültigkeit es sich be-
quem machen, so nützt es wenig, wenn sie die
vollste Freiheit haben, ihres Amtes genau nach
den Gesetzen der Kirche zu walten. Von uns
hängt es ab, ob die Anordnungen, in welchen wir
die Morgenröthe eines neuen Tages begrüßen,
einem Funken gleichen, welcher auf feuchten Moor-
grund fiel, oder das Feuer erneuern sollen im
Hause des Herrn! Dies ist die Zeit der Gnade,
dies ist der Tag des Heiles: denn der Herr hat
Großes an seinem Volke gethan. Gegeben zu Gratz
am 6. Mai 1850.

Landtagsverhandlungen.

München, 31. Mai. Der Finanzausschuß der
Kammer der Abgeordneten hat in einer seiner letz-
ten Sitzungen die für die Durchführung der vom
Staatsministerium beabsichtigten und prinzipiell
durch die ärztliche Berathungskommission eingelei-
tete Reform des bayerischen Medizinalwesens vor-
anschlagte Summe gestrichen, resp. deren Einsetz-
ung in das Budget der Kammer gegenüber nicht
begutachtet. Der Voranschlag beträgt nämlich nur
23,000 fl. jährlich, und ist zudem angewiesen auf
die seit vielen Jahren schon fließenden ehemals
den chirurgischen und Baderschulen bewilligten
Fonds.

Deutschland.

München, 29. Mai. Gestern wurde der Ab-
geordnete Reinhart zum k. Stadtgerichte vorgela-
den und demselben eröffnet, daß wegen eines Ar-
tikels im "Gradaus", mit der Aufschrift: " Offe-
ner Brief an den Landrichter Welsch", welcher
auch in der "Neuen fränkischen Zeitung" mit der
Aufschrift, "Landrichter Welsch in der Klemme"
gestanden habe, eine Untersuchung wegen Amts-
ehren=Beleidigung gegen ihn eingeleitet sei, weil
er darin dem Landrichter Welsch den Vorwurf ge-
macht, derselbe habe ihn vier Mal böswilliger-
weise denunzirt, auch den Ausdruck gebraucht habe:
"Schande und Schmach ist der Lohn aller bös-
willigen Denunzianten." Jn diesen Sätzen liege
Calumnie. Reinhart setzte die Einrede der Wahr-
heit entgegen, weil Welsch ihn dreimal wegen
Majestätsbeleidigung, Aufreizung des Volks und
Amtsehrenbeleidigung denunzirt und jedesmal der
Staatsanwalt keinen Grund gefunden habe, die
Anklage zu erheben. Zum vierten Male habe
Landrichter Welsch den von ihm ( Reinhart ) ver-
breiteten Aufruf der Märzvereine an das deutsche
Volk dem Centraluntersuchungsgericht eingesandt;
auf diese Denunziation hin seien er und sein Sohn
unter der Anschuldigung des nächsten Versuchs des
[Spaltenumbruch] Hochverraths verhaftet und nach Augsburg abge-
liefert, jedoch freigesprochen worden, ohne der
Amnestie zu bedürfen. Reinhart erhielt nun einen
Termin von 14 Tagen, die Beweise zu liefern.
Er erklärte, er wolle den Beweis dadurch liefern,
daß er das Untersuchungsgericht Augsburg um
Einsendung der in den erwahnten vier Fällen ge-
führten Akten ersuche.

   

München, 31. Mai. S. k. H. der Prinz
Karl inspicirte heute als Feldmarschall der Ar-
mee die Artillerie, und wird dieses demnächst in
Bezug der Kavallerie thun.

München, 1. Juni. Dem deutsch=katholischen
Prediger Schell wurde durch den Untersuchungs-
richter Frhrn. v. Lupin im Verhör Beleidigung
der übrigen Confessieoen und deren Geistlichkeit,
so wie Anlaß zur Aufregung im Lande durch
Wort und Schrift zur Last gelegt.

Jn Landshut ist der dortige Arbeiter - Bil-
dungsverein am 18. d. durch einen auf Grund
des Art. 10 des neuen Versammlungs= und Ver-
einsgesetzes einstimmig gefaßten Magistratsbeschluß
gänzlich aufgehoben, resp. geschlossen worden. Als
Grund dieser Maßregel nennt man die von die-
sem Verein angeblich stets unterhaltene Verbin-
dung mit auswartigen Vereinen, namentlich mit
dem gleichnamigen Münchener Verein und durch
diesen mit dem Central=Arbeiterverein zu Leipzig.

Frankfurt, 30. Mai. Jn Berlin finden in
diesem Augenblicke zwischen Oesterreich, Preußen
und Thurn und Taxis zum Abschluß einer Post-
ubereinkunft Unterhandlungen statt, welche bis zum
1. Juli zu einem Ergebnisse gefuhrt haben und
dem allgemeinen Verkehr wesentliche Erleichterun-
gen verschaffen werden. Bis dahin wird auch der
Vertrag zwischen Würtemberg und Thurn und
Taxis mit beiderseitigem Einverstandnisse aufgelöst
sein. Der fürstl. Thurn und Taxis'sche General-
postdirector, Freiherr von Dörnberg, hat sich nach
Stuttgart begeben und das Oberpostamt dahier
ist angewiesen worden, keine Bücher für Würt-
temberg mehr aufzustellen. Bemerkenswerth ist,
daß sich die Postamter der hohenzollerischen Für-
stenthümer nun nennen: "Königl. preuß. fürstlich
Thurn und Taxis'sches Postamt ec. " Das heu-
tige Frohnleichnamsfest wurde von unserer katho-
lischen Gemeinde mit seltenem Pompe und unter
Zufluß einer großen Menschenmenge begangen.
Die Mitglieder des diplomatischen Corps wohnten
in Gallauniform der Feier bei und bei der gro-
ßen Prozession bildete das österreichische Jäger-
bataillon auf dem Domplatz die Spaliere. Das
bayerische Jägerbataillon hatte in der deutschen
Ordenskirche zu Sachsenhausen Gottesdienst.

   

Freiburg, 31. Mai. Heute wurde das Denk-
mal Karl v. Rotteck enthüllt, und zwar ganz in der
Stille, ohne Sang und Klang. Das Denkmal
selbst steht auf dem Dominikanerplatz, und befieht
aus einem metallenen, zwischen 3--4 Fuß hohen,
auf einer ziemlich großen, schön gearbeiteten Säule
ruhenden Brustbilde. Die Stirne ist mit einem
Kranze geschmückt. Man gewahrt sehr wenige
Leute, die es beschauen.

+ * Von der württembergischen Grenze, 29.
Mai. Wir haben in Stuttgart wieder ein Bei-
spiel, wie gegenwärtig in den politischen Dingen
eine politische Begriffsverwirrung herrscht, die zu
den beklagenswerthesten, weit unheilschwangersten
Erscheinungen der Gegenwart gehört. Die sog.
"liberale", vulgo=rothe Partei, die jetzt in der
Kammer die Mehrheit bildet, hat in ihren letzten
Beschlüssen die reinste Jlliberalität bewiesen,
während umgekehrt das als illiberal und reaktionär
verschrieene Ministerium eine wahrhafte Lamms-
geduld an den Tag legte, was man doch wohl
eher liberal als illiberal wird nennen dürfen.
Rühmt sich andererseits die linke Majorität, daß
sie offen und entschieden aufgetreten sei, so kann
man ihr diese Anerkennung allerdings nicht ver-
weigern; aber auch in dieser Beziehung wird man
den größten Ruhm auf Seite des Ministeriums
finden, indem dasselbe nicht nur mit derselben
Offenheit seine Forderungen stellte und die Gren-
zen der möglichen Concessionen bestimmt, sondern
[Spaltenumbruch] dieses auch in Mitten einer Menge von Hinder-
nissen und Herausforderungen aller Art gethan
hat. -- Es ist wirklich staunenswerth, sehen zu
müssen, wie eine Landesversammlung sich so weit
gehen = lassen kann, in so höchst kritischen Umstän-
den einer zu allen möglichen Concessionen geneig-
ten Regierung gegenüber wie das Trotzköpfchen
zu spielen, und im Uebrigen zu thun, als dächte
man, es komme, was kommen mag. Jst nicht
gerade dieser Umstand, dieses Benehmen einer
großen Majorität der Landesversammlung ein
neuer Beweis des Werthes oder Unwerthes des
allgemeinen Wahlrechtes?! Es ist aber auch ein
Zeichen, wie tief das Land unterwühlt sein muß,
wenn diese Vertreter des Volkes so zahlreich
gewählt werden und dann so zuversichtlich auf-
treten, als hätte sie die feste Ueberzeugung, daß
sie für ihre Politik die Mehrheit des Volkes hin-
ter sich haben. Nach den Beschlüssen vom 25.
d. ist übrigens keine Aussicht vorhanden, daß die
auf Montag anberaumte Debatte zu einer Ver-
ständigung mit der Regierung in Betreff eines
revidirten Wahlmodus für die zweite Kammer
führen wird.

Stuttgart, 29. Mai. Auch wir haben un-
sern Tschech und Sefeloge; man erzählt mir we-
nigstens aus guter Quelle, daß vorgestern ein
Mann in anständiger Kleidung in den Park des
Schlosses Rosenstein ( eine halbe Stunde von hier )
habe dringen wollen, von dem Posten aber zu-
rückgehalten und, als er sich ungebührlicher Aus-
drücke gegen den König erlaubt, von demselben
verhaftet worden. Bei der Durchsuchung seiner
Kleider fand man Waffen verschiedener Art bei
ihm. Er ist den Gerichten bereits übergeben, und
wird wohl auch etwas verrückt sein, wie Sefeloge.

   

Stuttgart, 30. Mai. Der heute ausgege-
gebene Bericht der Verfassungscommission der
Landesversammlung, betreffend die Aeusserungen
des Departementschefs der auswärtigen Angele-
genheiten über die Fortdauer des deutschen Bun-
des und der Bundesakte ( Berichterstatter Rey-
scher, Correferent Pfeiffer ) , enthält folgende An-
träge: 1 ) Das Gesammtministerium zu ersuchen,
die Landesversammlung unverweilt darüber auf-
zuklären, ob dasselbe die Aeusserungen des Depar-
tementschefs der auswärtigen Angelegenheiten über
die Fortdauer des des deutschen Bundes und der
Bundesakte und aller daraus hervorgehenden
Rechte und Verbindlichkeiten der Bundesglieder
in ihrem ganzen Umfang theile und deren Folgen
auf seine Gesammtverantwortung übernehme, an-
dern Falls aber der Landesversammlung darüber
Beruhigung zu geben, daß der in seinem Jnnern
herrschende Zwiefpalt und die Gefahr, welche aus
der Führung der auswärtigen Geschäfte in einem
den Volksrechten gefährlichen, wo nicht feindlichen
Sinn erwachse, sofort beseitigt sei. 2 ) Gegen
das Gesammtministerium die Erwartung auszu-
sprechen, daß einer Rückkehr zum deutschen Bunde
oder einer andern Verletzung der Rechte des deut-
schen Volkes und des württembergischen insbeson-
dere, von seiner Seite kein Vorschub geleistet,
vielmehr alles angewendet werde, um in Verbind-
ung mit den andern deutschen Regierungen das
deutsche Verfassungswerk durch Wiederberufung
einer Nationalversammlung zu Ende zu bringen.
3 ) Ueber den Protest einiger vormaligen Stan-
desherren zur Tagesordnung überzugehen.

Hohenzollern. Der Chef des Jngenieurkorps,
Hr. Generallieutenant von Brese, ist dem Ver-
nehmen nach mit der Leitung des Wiederaufbaues
der Burg Hohenzollern beauftragt. Der Bau
soll nach einer alten, im K. Hausarchiv aufbe-
wahrten Zeichnung ausgefertigt werden.

Koblenz, 1. Juni. Die Einwohner von Kob-
lenz haben ihre Pietät gegen ihren großen Lands-
mann, den in München verstorbenen Professor
Joseph von Görres, dadurch bethätigt, daß sie
die Einleitungen zur Errichtung eines Denkmales
für denselben in der hiesigen St. Castorkirche ge-
troffen und dessen Marmorbüste, gefertigt vom
Bildhauer Schorb, zu dem Behufe angekauft ha-
ben.

[Spaltenumbruch] Gott und den Menschen, sie haften der Kirche,
ihren Gemeinden, dem Staate dafür, daß sie Al-
les, was menschliche Bemühung vermag, aufbie-
ten, um jedes wieder erworbene Recht zu einer
neuen Bürgschaft des christlichen Fortschritts, das
ist des Fortschrittes in Erkenntniß und Pflicht-
treue zu machen. Doch muß die Klugheit mit
dem Eifer sich vereinen. Wer in überstürzender
Hast den Lauf beginnt, ermattet bald. -- Wich-
tige Angelegenheiten sind noch in Verhandlung
begriffen, und der Vater der Barmherzigkeit, von
welchem jede gute Gabe kommt, verleihe, daß sie
zur Ehre seines heiligen Namens geordnet wer-
den. Andere Gegenstände sind so beschaffen, daß
wir sie vorher an dem Stuhle des heil. Petrus
niederlegen und uns von dem Nachfolger Dessen,
welcher zum Felsen der Kirche geordnet wurde,
Gutheißung und Bekräftigung erbitten müssen.
Aber das Erste und Wichtigste, worauf es zu
wahrhafter Verjüngung der Kirche ankommt, ver-
mögen wir ohne Säumen, jetzt, in dieser Stunde
zu beginnen. Wenn die Priester des Herrn von
dem Glauben und Heldenmuthe der Apostel er-
füllt sind, so vermag keine Macht der Erde ihrer
Wirksamkeit Fesseln anzulegen, und fallen sie, so
ist ihr Blut ein fruchtbarer Same der Christen.
Wenn die Priester des Herrn das Jrdische im
Heiligthume suchen, wenn sie -- was Gott ab-
wende -- von sündiger Lust befleckt sind oder
doch in Trägheit und Gleichgültigkeit es sich be-
quem machen, so nützt es wenig, wenn sie die
vollste Freiheit haben, ihres Amtes genau nach
den Gesetzen der Kirche zu walten. Von uns
hängt es ab, ob die Anordnungen, in welchen wir
die Morgenröthe eines neuen Tages begrüßen,
einem Funken gleichen, welcher auf feuchten Moor-
grund fiel, oder das Feuer erneuern sollen im
Hause des Herrn! Dies ist die Zeit der Gnade,
dies ist der Tag des Heiles: denn der Herr hat
Großes an seinem Volke gethan. Gegeben zu Gratz
am 6. Mai 1850.

Landtagsverhandlungen.

München, 31. Mai. Der Finanzausschuß der
Kammer der Abgeordneten hat in einer seiner letz-
ten Sitzungen die für die Durchführung der vom
Staatsministerium beabsichtigten und prinzipiell
durch die ärztliche Berathungskommission eingelei-
tete Reform des bayerischen Medizinalwesens vor-
anschlagte Summe gestrichen, resp. deren Einsetz-
ung in das Budget der Kammer gegenüber nicht
begutachtet. Der Voranschlag beträgt nämlich nur
23,000 fl. jährlich, und ist zudem angewiesen auf
die seit vielen Jahren schon fließenden ehemals
den chirurgischen und Baderschulen bewilligten
Fonds.

Deutschland.

München, 29. Mai. Gestern wurde der Ab-
geordnete Reinhart zum k. Stadtgerichte vorgela-
den und demselben eröffnet, daß wegen eines Ar-
tikels im „Gradaus“, mit der Aufschrift: „ Offe-
ner Brief an den Landrichter Welsch“, welcher
auch in der „Neuen fränkischen Zeitung“ mit der
Aufschrift, „Landrichter Welsch in der Klemme“
gestanden habe, eine Untersuchung wegen Amts-
ehren=Beleidigung gegen ihn eingeleitet sei, weil
er darin dem Landrichter Welsch den Vorwurf ge-
macht, derselbe habe ihn vier Mal böswilliger-
weise denunzirt, auch den Ausdruck gebraucht habe:
„Schande und Schmach ist der Lohn aller bös-
willigen Denunzianten.“ Jn diesen Sätzen liege
Calumnie. Reinhart setzte die Einrede der Wahr-
heit entgegen, weil Welsch ihn dreimal wegen
Majestätsbeleidigung, Aufreizung des Volks und
Amtsehrenbeleidigung denunzirt und jedesmal der
Staatsanwalt keinen Grund gefunden habe, die
Anklage zu erheben. Zum vierten Male habe
Landrichter Welsch den von ihm ( Reinhart ) ver-
breiteten Aufruf der Märzvereine an das deutsche
Volk dem Centraluntersuchungsgericht eingesandt;
auf diese Denunziation hin seien er und sein Sohn
unter der Anschuldigung des nächsten Versuchs des
[Spaltenumbruch] Hochverraths verhaftet und nach Augsburg abge-
liefert, jedoch freigesprochen worden, ohne der
Amnestie zu bedürfen. Reinhart erhielt nun einen
Termin von 14 Tagen, die Beweise zu liefern.
Er erklärte, er wolle den Beweis dadurch liefern,
daß er das Untersuchungsgericht Augsburg um
Einsendung der in den erwahnten vier Fällen ge-
führten Akten ersuche.

   

München, 31. Mai. S. k. H. der Prinz
Karl inspicirte heute als Feldmarschall der Ar-
mee die Artillerie, und wird dieses demnächst in
Bezug der Kavallerie thun.

München, 1. Juni. Dem deutsch=katholischen
Prediger Schell wurde durch den Untersuchungs-
richter Frhrn. v. Lupin im Verhör Beleidigung
der übrigen Confessieoen und deren Geistlichkeit,
so wie Anlaß zur Aufregung im Lande durch
Wort und Schrift zur Last gelegt.

Jn Landshut ist der dortige Arbeiter - Bil-
dungsverein am 18. d. durch einen auf Grund
des Art. 10 des neuen Versammlungs= und Ver-
einsgesetzes einstimmig gefaßten Magistratsbeschluß
gänzlich aufgehoben, resp. geschlossen worden. Als
Grund dieser Maßregel nennt man die von die-
sem Verein angeblich stets unterhaltene Verbin-
dung mit auswartigen Vereinen, namentlich mit
dem gleichnamigen Münchener Verein und durch
diesen mit dem Central=Arbeiterverein zu Leipzig.

Frankfurt, 30. Mai. Jn Berlin finden in
diesem Augenblicke zwischen Oesterreich, Preußen
und Thurn und Taxis zum Abschluß einer Post-
ubereinkunft Unterhandlungen statt, welche bis zum
1. Juli zu einem Ergebnisse gefuhrt haben und
dem allgemeinen Verkehr wesentliche Erleichterun-
gen verschaffen werden. Bis dahin wird auch der
Vertrag zwischen Würtemberg und Thurn und
Taxis mit beiderseitigem Einverstandnisse aufgelöst
sein. Der fürstl. Thurn und Taxis'sche General-
postdirector, Freiherr von Dörnberg, hat sich nach
Stuttgart begeben und das Oberpostamt dahier
ist angewiesen worden, keine Bücher für Würt-
temberg mehr aufzustellen. Bemerkenswerth ist,
daß sich die Postamter der hohenzollerischen Für-
stenthümer nun nennen: „Königl. preuß. fürstlich
Thurn und Taxis'sches Postamt ec. “ Das heu-
tige Frohnleichnamsfest wurde von unserer katho-
lischen Gemeinde mit seltenem Pompe und unter
Zufluß einer großen Menschenmenge begangen.
Die Mitglieder des diplomatischen Corps wohnten
in Gallauniform der Feier bei und bei der gro-
ßen Prozession bildete das österreichische Jäger-
bataillon auf dem Domplatz die Spaliere. Das
bayerische Jägerbataillon hatte in der deutschen
Ordenskirche zu Sachsenhausen Gottesdienst.

   

Freiburg, 31. Mai. Heute wurde das Denk-
mal Karl v. Rotteck enthüllt, und zwar ganz in der
Stille, ohne Sang und Klang. Das Denkmal
selbst steht auf dem Dominikanerplatz, und befieht
aus einem metallenen, zwischen 3--4 Fuß hohen,
auf einer ziemlich großen, schön gearbeiteten Säule
ruhenden Brustbilde. Die Stirne ist mit einem
Kranze geschmückt. Man gewahrt sehr wenige
Leute, die es beschauen.

* Von der württembergischen Grenze, 29.
Mai. Wir haben in Stuttgart wieder ein Bei-
spiel, wie gegenwärtig in den politischen Dingen
eine politische Begriffsverwirrung herrscht, die zu
den beklagenswerthesten, weit unheilschwangersten
Erscheinungen der Gegenwart gehört. Die sog.
„liberale“, vulgo=rothe Partei, die jetzt in der
Kammer die Mehrheit bildet, hat in ihren letzten
Beschlüssen die reinste Jlliberalität bewiesen,
während umgekehrt das als illiberal und reaktionär
verschrieene Ministerium eine wahrhafte Lamms-
geduld an den Tag legte, was man doch wohl
eher liberal als illiberal wird nennen dürfen.
Rühmt sich andererseits die linke Majorität, daß
sie offen und entschieden aufgetreten sei, so kann
man ihr diese Anerkennung allerdings nicht ver-
weigern; aber auch in dieser Beziehung wird man
den größten Ruhm auf Seite des Ministeriums
finden, indem dasselbe nicht nur mit derselben
Offenheit seine Forderungen stellte und die Gren-
zen der möglichen Concessionen bestimmt, sondern
[Spaltenumbruch] dieses auch in Mitten einer Menge von Hinder-
nissen und Herausforderungen aller Art gethan
hat. -- Es ist wirklich staunenswerth, sehen zu
müssen, wie eine Landesversammlung sich so weit
gehen = lassen kann, in so höchst kritischen Umstän-
den einer zu allen möglichen Concessionen geneig-
ten Regierung gegenüber wie das Trotzköpfchen
zu spielen, und im Uebrigen zu thun, als dächte
man, es komme, was kommen mag. Jst nicht
gerade dieser Umstand, dieses Benehmen einer
großen Majorität der Landesversammlung ein
neuer Beweis des Werthes oder Unwerthes des
allgemeinen Wahlrechtes?! Es ist aber auch ein
Zeichen, wie tief das Land unterwühlt sein muß,
wenn diese Vertreter des Volkes so zahlreich
gewählt werden und dann so zuversichtlich auf-
treten, als hätte sie die feste Ueberzeugung, daß
sie für ihre Politik die Mehrheit des Volkes hin-
ter sich haben. Nach den Beschlüssen vom 25.
d. ist übrigens keine Aussicht vorhanden, daß die
auf Montag anberaumte Debatte zu einer Ver-
ständigung mit der Regierung in Betreff eines
revidirten Wahlmodus für die zweite Kammer
führen wird.

Stuttgart, 29. Mai. Auch wir haben un-
sern Tschech und Sefeloge; man erzählt mir we-
nigstens aus guter Quelle, daß vorgestern ein
Mann in anständiger Kleidung in den Park des
Schlosses Rosenstein ( eine halbe Stunde von hier )
habe dringen wollen, von dem Posten aber zu-
rückgehalten und, als er sich ungebührlicher Aus-
drücke gegen den König erlaubt, von demselben
verhaftet worden. Bei der Durchsuchung seiner
Kleider fand man Waffen verschiedener Art bei
ihm. Er ist den Gerichten bereits übergeben, und
wird wohl auch etwas verrückt sein, wie Sefeloge.

   

Stuttgart, 30. Mai. Der heute ausgege-
gebene Bericht der Verfassungscommission der
Landesversammlung, betreffend die Aeusserungen
des Departementschefs der auswärtigen Angele-
genheiten über die Fortdauer des deutschen Bun-
des und der Bundesakte ( Berichterstatter Rey-
scher, Correferent Pfeiffer ) , enthält folgende An-
träge: 1 ) Das Gesammtministerium zu ersuchen,
die Landesversammlung unverweilt darüber auf-
zuklären, ob dasselbe die Aeusserungen des Depar-
tementschefs der auswärtigen Angelegenheiten über
die Fortdauer des des deutschen Bundes und der
Bundesakte und aller daraus hervorgehenden
Rechte und Verbindlichkeiten der Bundesglieder
in ihrem ganzen Umfang theile und deren Folgen
auf seine Gesammtverantwortung übernehme, an-
dern Falls aber der Landesversammlung darüber
Beruhigung zu geben, daß der in seinem Jnnern
herrschende Zwiefpalt und die Gefahr, welche aus
der Führung der auswärtigen Geschäfte in einem
den Volksrechten gefährlichen, wo nicht feindlichen
Sinn erwachse, sofort beseitigt sei. 2 ) Gegen
das Gesammtministerium die Erwartung auszu-
sprechen, daß einer Rückkehr zum deutschen Bunde
oder einer andern Verletzung der Rechte des deut-
schen Volkes und des württembergischen insbeson-
dere, von seiner Seite kein Vorschub geleistet,
vielmehr alles angewendet werde, um in Verbind-
ung mit den andern deutschen Regierungen das
deutsche Verfassungswerk durch Wiederberufung
einer Nationalversammlung zu Ende zu bringen.
3 ) Ueber den Protest einiger vormaligen Stan-
desherren zur Tagesordnung überzugehen.

Hohenzollern. Der Chef des Jngenieurkorps,
Hr. Generallieutenant von Brese, ist dem Ver-
nehmen nach mit der Leitung des Wiederaufbaues
der Burg Hohenzollern beauftragt. Der Bau
soll nach einer alten, im K. Hausarchiv aufbe-
wahrten Zeichnung ausgefertigt werden.

Koblenz, 1. Juni. Die Einwohner von Kob-
lenz haben ihre Pietät gegen ihren großen Lands-
mann, den in München verstorbenen Professor
Joseph von Görres, dadurch bethätigt, daß sie
die Einleitungen zur Errichtung eines Denkmales
für denselben in der hiesigen St. Castorkirche ge-
troffen und dessen Marmorbüste, gefertigt vom
Bildhauer Schorb, zu dem Behufe angekauft ha-
ben.

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[0002] Gott und den Menschen, sie haften der Kirche, ihren Gemeinden, dem Staate dafür, daß sie Al- les, was menschliche Bemühung vermag, aufbie- ten, um jedes wieder erworbene Recht zu einer neuen Bürgschaft des christlichen Fortschritts, das ist des Fortschrittes in Erkenntniß und Pflicht- treue zu machen. Doch muß die Klugheit mit dem Eifer sich vereinen. Wer in überstürzender Hast den Lauf beginnt, ermattet bald. -- Wich- tige Angelegenheiten sind noch in Verhandlung begriffen, und der Vater der Barmherzigkeit, von welchem jede gute Gabe kommt, verleihe, daß sie zur Ehre seines heiligen Namens geordnet wer- den. Andere Gegenstände sind so beschaffen, daß wir sie vorher an dem Stuhle des heil. Petrus niederlegen und uns von dem Nachfolger Dessen, welcher zum Felsen der Kirche geordnet wurde, Gutheißung und Bekräftigung erbitten müssen. Aber das Erste und Wichtigste, worauf es zu wahrhafter Verjüngung der Kirche ankommt, ver- mögen wir ohne Säumen, jetzt, in dieser Stunde zu beginnen. Wenn die Priester des Herrn von dem Glauben und Heldenmuthe der Apostel er- füllt sind, so vermag keine Macht der Erde ihrer Wirksamkeit Fesseln anzulegen, und fallen sie, so ist ihr Blut ein fruchtbarer Same der Christen. Wenn die Priester des Herrn das Jrdische im Heiligthume suchen, wenn sie -- was Gott ab- wende -- von sündiger Lust befleckt sind oder doch in Trägheit und Gleichgültigkeit es sich be- quem machen, so nützt es wenig, wenn sie die vollste Freiheit haben, ihres Amtes genau nach den Gesetzen der Kirche zu walten. Von uns hängt es ab, ob die Anordnungen, in welchen wir die Morgenröthe eines neuen Tages begrüßen, einem Funken gleichen, welcher auf feuchten Moor- grund fiel, oder das Feuer erneuern sollen im Hause des Herrn! Dies ist die Zeit der Gnade, dies ist der Tag des Heiles: denn der Herr hat Großes an seinem Volke gethan. Gegeben zu Gratz am 6. Mai 1850. Landtagsverhandlungen. München, 31. Mai. Der Finanzausschuß der Kammer der Abgeordneten hat in einer seiner letz- ten Sitzungen die für die Durchführung der vom Staatsministerium beabsichtigten und prinzipiell durch die ärztliche Berathungskommission eingelei- tete Reform des bayerischen Medizinalwesens vor- anschlagte Summe gestrichen, resp. deren Einsetz- ung in das Budget der Kammer gegenüber nicht begutachtet. Der Voranschlag beträgt nämlich nur 23,000 fl. jährlich, und ist zudem angewiesen auf die seit vielen Jahren schon fließenden ehemals den chirurgischen und Baderschulen bewilligten Fonds. Deutschland. München, 29. Mai. Gestern wurde der Ab- geordnete Reinhart zum k. Stadtgerichte vorgela- den und demselben eröffnet, daß wegen eines Ar- tikels im „Gradaus“, mit der Aufschrift: „ Offe- ner Brief an den Landrichter Welsch“, welcher auch in der „Neuen fränkischen Zeitung“ mit der Aufschrift, „Landrichter Welsch in der Klemme“ gestanden habe, eine Untersuchung wegen Amts- ehren=Beleidigung gegen ihn eingeleitet sei, weil er darin dem Landrichter Welsch den Vorwurf ge- macht, derselbe habe ihn vier Mal böswilliger- weise denunzirt, auch den Ausdruck gebraucht habe: „Schande und Schmach ist der Lohn aller bös- willigen Denunzianten.“ Jn diesen Sätzen liege Calumnie. Reinhart setzte die Einrede der Wahr- heit entgegen, weil Welsch ihn dreimal wegen Majestätsbeleidigung, Aufreizung des Volks und Amtsehrenbeleidigung denunzirt und jedesmal der Staatsanwalt keinen Grund gefunden habe, die Anklage zu erheben. Zum vierten Male habe Landrichter Welsch den von ihm ( Reinhart ) ver- breiteten Aufruf der Märzvereine an das deutsche Volk dem Centraluntersuchungsgericht eingesandt; auf diese Denunziation hin seien er und sein Sohn unter der Anschuldigung des nächsten Versuchs des Hochverraths verhaftet und nach Augsburg abge- liefert, jedoch freigesprochen worden, ohne der Amnestie zu bedürfen. Reinhart erhielt nun einen Termin von 14 Tagen, die Beweise zu liefern. Er erklärte, er wolle den Beweis dadurch liefern, daß er das Untersuchungsgericht Augsburg um Einsendung der in den erwahnten vier Fällen ge- führten Akten ersuche. ( Bay. Blttr. ) München, 31. Mai. S. k. H. der Prinz Karl inspicirte heute als Feldmarschall der Ar- mee die Artillerie, und wird dieses demnächst in Bezug der Kavallerie thun. München, 1. Juni. Dem deutsch=katholischen Prediger Schell wurde durch den Untersuchungs- richter Frhrn. v. Lupin im Verhör Beleidigung der übrigen Confessieoen und deren Geistlichkeit, so wie Anlaß zur Aufregung im Lande durch Wort und Schrift zur Last gelegt. Jn Landshut ist der dortige Arbeiter - Bil- dungsverein am 18. d. durch einen auf Grund des Art. 10 des neuen Versammlungs= und Ver- einsgesetzes einstimmig gefaßten Magistratsbeschluß gänzlich aufgehoben, resp. geschlossen worden. Als Grund dieser Maßregel nennt man die von die- sem Verein angeblich stets unterhaltene Verbin- dung mit auswartigen Vereinen, namentlich mit dem gleichnamigen Münchener Verein und durch diesen mit dem Central=Arbeiterverein zu Leipzig. Frankfurt, 30. Mai. Jn Berlin finden in diesem Augenblicke zwischen Oesterreich, Preußen und Thurn und Taxis zum Abschluß einer Post- ubereinkunft Unterhandlungen statt, welche bis zum 1. Juli zu einem Ergebnisse gefuhrt haben und dem allgemeinen Verkehr wesentliche Erleichterun- gen verschaffen werden. Bis dahin wird auch der Vertrag zwischen Würtemberg und Thurn und Taxis mit beiderseitigem Einverstandnisse aufgelöst sein. Der fürstl. Thurn und Taxis'sche General- postdirector, Freiherr von Dörnberg, hat sich nach Stuttgart begeben und das Oberpostamt dahier ist angewiesen worden, keine Bücher für Würt- temberg mehr aufzustellen. Bemerkenswerth ist, daß sich die Postamter der hohenzollerischen Für- stenthümer nun nennen: „Königl. preuß. fürstlich Thurn und Taxis'sches Postamt ec. “ Das heu- tige Frohnleichnamsfest wurde von unserer katho- lischen Gemeinde mit seltenem Pompe und unter Zufluß einer großen Menschenmenge begangen. Die Mitglieder des diplomatischen Corps wohnten in Gallauniform der Feier bei und bei der gro- ßen Prozession bildete das österreichische Jäger- bataillon auf dem Domplatz die Spaliere. Das bayerische Jägerbataillon hatte in der deutschen Ordenskirche zu Sachsenhausen Gottesdienst. ( D. Z. ) Freiburg, 31. Mai. Heute wurde das Denk- mal Karl v. Rotteck enthüllt, und zwar ganz in der Stille, ohne Sang und Klang. Das Denkmal selbst steht auf dem Dominikanerplatz, und befieht aus einem metallenen, zwischen 3--4 Fuß hohen, auf einer ziemlich großen, schön gearbeiteten Säule ruhenden Brustbilde. Die Stirne ist mit einem Kranze geschmückt. Man gewahrt sehr wenige Leute, die es beschauen. † * Von der württembergischen Grenze, 29. Mai. Wir haben in Stuttgart wieder ein Bei- spiel, wie gegenwärtig in den politischen Dingen eine politische Begriffsverwirrung herrscht, die zu den beklagenswerthesten, weit unheilschwangersten Erscheinungen der Gegenwart gehört. Die sog. „liberale“, vulgo=rothe Partei, die jetzt in der Kammer die Mehrheit bildet, hat in ihren letzten Beschlüssen die reinste Jlliberalität bewiesen, während umgekehrt das als illiberal und reaktionär verschrieene Ministerium eine wahrhafte Lamms- geduld an den Tag legte, was man doch wohl eher liberal als illiberal wird nennen dürfen. Rühmt sich andererseits die linke Majorität, daß sie offen und entschieden aufgetreten sei, so kann man ihr diese Anerkennung allerdings nicht ver- weigern; aber auch in dieser Beziehung wird man den größten Ruhm auf Seite des Ministeriums finden, indem dasselbe nicht nur mit derselben Offenheit seine Forderungen stellte und die Gren- zen der möglichen Concessionen bestimmt, sondern dieses auch in Mitten einer Menge von Hinder- nissen und Herausforderungen aller Art gethan hat. -- Es ist wirklich staunenswerth, sehen zu müssen, wie eine Landesversammlung sich so weit gehen = lassen kann, in so höchst kritischen Umstän- den einer zu allen möglichen Concessionen geneig- ten Regierung gegenüber wie das Trotzköpfchen zu spielen, und im Uebrigen zu thun, als dächte man, es komme, was kommen mag. Jst nicht gerade dieser Umstand, dieses Benehmen einer großen Majorität der Landesversammlung ein neuer Beweis des Werthes oder Unwerthes des allgemeinen Wahlrechtes?! Es ist aber auch ein Zeichen, wie tief das Land unterwühlt sein muß, wenn diese Vertreter des Volkes so zahlreich gewählt werden und dann so zuversichtlich auf- treten, als hätte sie die feste Ueberzeugung, daß sie für ihre Politik die Mehrheit des Volkes hin- ter sich haben. Nach den Beschlüssen vom 25. d. ist übrigens keine Aussicht vorhanden, daß die auf Montag anberaumte Debatte zu einer Ver- ständigung mit der Regierung in Betreff eines revidirten Wahlmodus für die zweite Kammer führen wird. Stuttgart, 29. Mai. Auch wir haben un- sern Tschech und Sefeloge; man erzählt mir we- nigstens aus guter Quelle, daß vorgestern ein Mann in anständiger Kleidung in den Park des Schlosses Rosenstein ( eine halbe Stunde von hier ) habe dringen wollen, von dem Posten aber zu- rückgehalten und, als er sich ungebührlicher Aus- drücke gegen den König erlaubt, von demselben verhaftet worden. Bei der Durchsuchung seiner Kleider fand man Waffen verschiedener Art bei ihm. Er ist den Gerichten bereits übergeben, und wird wohl auch etwas verrückt sein, wie Sefeloge. ( M. J. ) Stuttgart, 30. Mai. Der heute ausgege- gebene Bericht der Verfassungscommission der Landesversammlung, betreffend die Aeusserungen des Departementschefs der auswärtigen Angele- genheiten über die Fortdauer des deutschen Bun- des und der Bundesakte ( Berichterstatter Rey- scher, Correferent Pfeiffer ) , enthält folgende An- träge: 1 ) Das Gesammtministerium zu ersuchen, die Landesversammlung unverweilt darüber auf- zuklären, ob dasselbe die Aeusserungen des Depar- tementschefs der auswärtigen Angelegenheiten über die Fortdauer des des deutschen Bundes und der Bundesakte und aller daraus hervorgehenden Rechte und Verbindlichkeiten der Bundesglieder in ihrem ganzen Umfang theile und deren Folgen auf seine Gesammtverantwortung übernehme, an- dern Falls aber der Landesversammlung darüber Beruhigung zu geben, daß der in seinem Jnnern herrschende Zwiefpalt und die Gefahr, welche aus der Führung der auswärtigen Geschäfte in einem den Volksrechten gefährlichen, wo nicht feindlichen Sinn erwachse, sofort beseitigt sei. 2 ) Gegen das Gesammtministerium die Erwartung auszu- sprechen, daß einer Rückkehr zum deutschen Bunde oder einer andern Verletzung der Rechte des deut- schen Volkes und des württembergischen insbeson- dere, von seiner Seite kein Vorschub geleistet, vielmehr alles angewendet werde, um in Verbind- ung mit den andern deutschen Regierungen das deutsche Verfassungswerk durch Wiederberufung einer Nationalversammlung zu Ende zu bringen. 3 ) Ueber den Protest einiger vormaligen Stan- desherren zur Tagesordnung überzugehen. Hohenzollern. Der Chef des Jngenieurkorps, Hr. Generallieutenant von Brese, ist dem Ver- nehmen nach mit der Leitung des Wiederaufbaues der Burg Hohenzollern beauftragt. Der Bau soll nach einer alten, im K. Hausarchiv aufbe- wahrten Zeichnung ausgefertigt werden. Koblenz, 1. Juni. Die Einwohner von Kob- lenz haben ihre Pietät gegen ihren großen Lands- mann, den in München verstorbenen Professor Joseph von Görres, dadurch bethätigt, daß sie die Einleitungen zur Errichtung eines Denkmales für denselben in der hiesigen St. Castorkirche ge- troffen und dessen Marmorbüste, gefertigt vom Bildhauer Schorb, zu dem Behufe angekauft ha- ben.

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 132. Würzburg, 3. Juni 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische132_1850/2>, abgerufen am 29.03.2024.