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Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 64. Rudolstadt, 20. Dezember 1847.

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[Spaltenumbruch] gearbeitete Bank, keinen andern Aufbewahrungsort als den alten Fami-
lienkoffer, in welchem die kleinen Habseligkeiten aus Europa herüber-
gekommen sind. An die Wand hat man ein Brett genagelt, auf
welchem alle Geräthschaften, die auf dem Tische keinen Platz finden,
bunt durcheinander liegen; ein Kürbis dient statt der Wasserflasche;
Trinkgläser, Tassen, Leuchter sind Luxusgegenstände, die man nur in
wenigen Wohnungen antrifft. Gleichwohl lebt der Ansiedler glücklich
und zufrieden auf seinem freien Grundbesitze, in seinem selbstgebauten
Hause, von welchem er weder Miethe noch Abgaben zu entrichten
hat, und er sehnt sich keinesweges nach Europa in das Land der
Steuern, der Zehnten und der Militärpflicht zurück. Was er auf
seinem Lande erntet, kann er auch allein verzehren, und für den Ue-
berschuß findet er stets einen sichern und vortheilhaften Markt in Porto
Alegre. Seine Nahrung ist gesund, reichlich und abwechselnd, da es
ihm nicht schwer wird, mehrere Culturzweige zu gleicher Zeit zu be-
treiben, und in den regnigen Wintertagen findet er Anlaß genug,
falls er in Europa irgend ein Handwerk gelernt hat, seine Zeit auf
nützliche und einträgliche Weise auszufüllen. Die Vermehrung
seiner Familie macht ihm keine Sorge; im Gegentheil,
mit der Zahl seiner Kinder nimmt auch sein Wohlstand
zu; sie sind für ihn helfende Arbeiter, die ihm nichts
kosten, und rüstige Arme gerade sind das Einzige, was
er nöthig hat, um dem Boden seine verborgnen Reich-
thümer abzugewinnen.
Unabhängigkeit, Freiheit von allen Nah-
rungssorgen sind Güter, welche in dieser Kolonie nicht die Ausnahme,
sondern die Regel bilden; die Armuth ist ein unbekanntes Uebel, denn
selbst der Aermste hat sein Haus, seinen Acker, sein Vieh, sein Fleisch
und Brot, und aus seinem Ueberflusse oder aus der Geschicklichkeit
seiner Hände löst er ohne Mühe einen baaren Pfennig für den
Ankauf solcher Gegenstände, die zum Genusse und Schmucke des Le-
bens gehören.    ( Schluß folgt. )

Die deutsche Auswanderungsfrage.
( Schluß. )

Das Gedeihen der Kolonien hängt vornehmlich von dem Klima
und andern natürlichen Bedingungen des Bodens und der grographi-
schen Lage des Landes, wohin sie verpflanzt werden sollen, ab; dann
aber auch, in kaum geringerem Maße, von den dortigen politischen
und gesellschaftlichen Zuständen. Ersteres versteht sich in allen Fällen
ganz von selbst, da es z. B. auf den ersten Blick klar vor Augen
liegt, wie höchst mißlich es sein würde, wenn man plötzlich ohne
Weiteres den an ein nordisches Klima Gewöhnten unter den Aequator
versetzen wollte, um ihn dort sein schon in der gemäßigten Zone an-
strengendes Tagewerk thun zu lassen. Selbst der nur vorübergehende
Reisende muß sich dort einer Acklimatisirungs = Periode unterziehen.
Letzteres, die politischen und gesellschaftlichen Zustände, sind namentlich
seitens Deutschland und im Jnteresse deutscher Auswanderung zu be-
rücksichtigen; mehr als dieß einigen andern Nationen nothwendig er-
scheinen mag, die durch Stellung und Einfluß eine gewisse Controle
über jene ausüben können. Eine Einwirkung, welche ausüben zu
können wir uns bis jetzt noch nicht schmeicheln dürfen.

Umfassendere Betrachtungen aufzustellen, welche Länder der Erde
deutscher Auswanderung am günstigsten zu sein scheinen, oder auch
nur die Punkte zu beleuchten, an welchen bereits Versuche gemacht
worden sind, erlaubt uns wiederum der Raum nicht. Möge es uns
denn gestattet sein, unsere Aufmerksamkeit einen Augenblick denjenigen
Ländern zuzuwenden, welche bisher vorzugsweise bei allen größeren
Kolonisations = Plänen in Betracht gezogen worden sind: Nord- und
Südamerika, in diesen die Vereinigten Staaten und Brasi-
lien.
Wir beginnen mit letzterem.

[Spaltenumbruch]

Was klimatische und natürliche Beschaffenheit des Landes angeht,
so wird man zugestehen müssen, daß sich nicht leicht irgend eine andere
Gegend nachweisen läßt, welche deren der Kolonisation günstigere
enthielte, als die südlichen Provinzen jenes ungeheueren Kaiserreiches.
Etwa vom Wendekreis des Steinbocks bis zu 33 oder 34° Süd-
Breite, die Provinzen S. Paulo, S. Catharina, selbst ein Theil von
Rio de Janeiro, vor allem aber die herrliche Provinz Rio Grande
do Sul.
Außerhalb der Tropen gelegen erfreuen sich diese Gegen-
den des mildesten, lieblichsten, gesundesten Klima's, deutscher Natur
durchaus entsprechend. Das höchste menschliche Alter, welches deutsche
Auswanderer dort erreichen, die rasche Vermehrung ihrer Zahl, sind
uns sichere Bürgen. Eine verschwenderische Natur hat dort ihre reichsten
Gaben mit ungemessener Hand ausgebreitet. Unendliche Ebenen oder
Strecken leicht gehügelten Landes von fruchtbarstem Boden dehnen sich
dort aus, fähig vom Kaffee und Zucker an bis zum Mais und unsern
europäischen Hülsenfrüchten und Körnern Alles in reichstem Maße und
größter Vollkommenheit zu erzeugen. Von vielen schönen Flüssen, die
Canäle innerer Communication, sind sie durchschnitten, und die Mittel,
um das noch Fehlende herzustellen, liegen leicht zu nächster Hand,
wenn nur Menschenhände genug zur Bestellung da sind. Die Küste
bietet überseeischer Schiffahrt eine Menge der schönsten, sichersten Häfen.
Aufdem atlantischen Ocean sind die Bahnen des Verkehrs mit Europa
und dem Norden des Continents eröffnet. Mit dem Westen Süd-
Amerika 's, den menschenarmen, vieler Nahrungsstoffe bedürftigen Staa-
ten Peru und Chili könnte ein ununterbrochener, Gewinn bringender
Handel nicht ausbleiben. Die natürlichen Bedingungen sind hier ge-
wiß versprechender, als sonst kaum irgendwo anders. Die Natur
scheint hier in der That recht eigentlich einen großen, herrlichen Schau-
platz haben schaffen zu wollen, auf dem eine große, reiche, zahlreiche
Bevölkerung ihre Entwickelung zu finden bestimmt ist, bedeutend durch
Ackerbau, Jndustrie und Handel und eine eigenthümliche Nationalität,
die dort leicht Wurzel schlagen kann.

Aber leider ist diese unvergleichliche Strecke wohl noch nicht ge-
genwärtiger Cultur und Civilisation zugewiesen. Das große Drama,
welches dort seinen Schauplatz unzweifelhaft zu finden bestimmt ist,
wird eine spätere Zukunft erst schauen. Unverstand und Thorheit,
Barbarei und Schlechtigkeit der Menschen verderben und vernichten
alle Keime einer sprossenden Saat; und leider kann man das Ende
eines solchen Zustandes noch nicht absehen, gegen welchen aber am
wenigsten vor Allen der deutsche Kolonist zu kämpfen, seine Zwecke
durchzusetzen vermag, da er unter dem Segen des Friedens und dem
Schutze bürgerlicher Ruhe, mit den Werkzeugen des Ackerbaues und
der Jndustrie, nicht denen des Krieges, in der Hand, das Land der
Cultur und Civilisation erobern will. Wie wenig Aussicht bieltet
aber Brasilien vorläufig noch zur baldigen Herbeiführung eines sol-
chen, dem gegenwärtig bestehenden entgegengesetzten Zustandes!

Nach langem, harten Zwange des drückendsten Despotismus vor
kurzem erst von diesem emancipirt, bildet der ganze Staat eine un-
geheuere chaotische, verworrene Masse, ohne festen, inneren Zusam-
menhang, ohne kräftige, einige Nationalität, von verschiedenen, wider-
strebenden Elementen und Tendenzen durchkämpft und zerrissen. Die
äußersten Grenzen des Reiches sind nicht weniger als fest bestimmt. Die
äußersten Theile hängen eigentlich nur dem Namen nach mit ihm zu-
sammen. Selbst die äußere Verfassung ist noch nicht gesichert. Einige
wollen ein einiges, untheilbares Kaiserreich, Andere nur eine födera-
tive Verbindung der einzelnen Provinzen. Man sehe nur flüchtig die
Geschichte der letzten zwanzig Jahre an, um sich den Zustand zu ver-
gegenwärtigen. Wie kann man denn da erwarten, daß es mit der
inneren Verfassung viel anders stehen soll, wo die verschiedenen Par-
teien einander alle Augenblicke in den Waffen gegenüber stehen? wo
man nichts Bestehendes, nichts für die Dauer Begründetes kennt?
Da können denn freilich politische und bürgerliche Ordnung, Sicher-
heit der Person und des Eigenthums nicht wurzeln. Die Stimme

[Spaltenumbruch] gearbeitete Bank, keinen andern Aufbewahrungsort als den alten Fami-
lienkoffer, in welchem die kleinen Habseligkeiten aus Europa herüber-
gekommen sind. An die Wand hat man ein Brett genagelt, auf
welchem alle Geräthschaften, die auf dem Tische keinen Platz finden,
bunt durcheinander liegen; ein Kürbis dient statt der Wasserflasche;
Trinkgläser, Tassen, Leuchter sind Luxusgegenstände, die man nur in
wenigen Wohnungen antrifft. Gleichwohl lebt der Ansiedler glücklich
und zufrieden auf seinem freien Grundbesitze, in seinem selbstgebauten
Hause, von welchem er weder Miethe noch Abgaben zu entrichten
hat, und er sehnt sich keinesweges nach Europa in das Land der
Steuern, der Zehnten und der Militärpflicht zurück. Was er auf
seinem Lande erntet, kann er auch allein verzehren, und für den Ue-
berschuß findet er stets einen sichern und vortheilhaften Markt in Porto
Alegre. Seine Nahrung ist gesund, reichlich und abwechselnd, da es
ihm nicht schwer wird, mehrere Culturzweige zu gleicher Zeit zu be-
treiben, und in den regnigen Wintertagen findet er Anlaß genug,
falls er in Europa irgend ein Handwerk gelernt hat, seine Zeit auf
nützliche und einträgliche Weise auszufüllen. Die Vermehrung
seiner Familie macht ihm keine Sorge; im Gegentheil,
mit der Zahl seiner Kinder nimmt auch sein Wohlstand
zu; sie sind für ihn helfende Arbeiter, die ihm nichts
kosten, und rüstige Arme gerade sind das Einzige, was
er nöthig hat, um dem Boden seine verborgnen Reich-
thümer abzugewinnen.
Unabhängigkeit, Freiheit von allen Nah-
rungssorgen sind Güter, welche in dieser Kolonie nicht die Ausnahme,
sondern die Regel bilden; die Armuth ist ein unbekanntes Uebel, denn
selbst der Aermste hat sein Haus, seinen Acker, sein Vieh, sein Fleisch
und Brot, und aus seinem Ueberflusse oder aus der Geschicklichkeit
seiner Hände löst er ohne Mühe einen baaren Pfennig für den
Ankauf solcher Gegenstände, die zum Genusse und Schmucke des Le-
bens gehören.    ( Schluß folgt. )

Die deutsche Auswanderungsfrage.
( Schluß. )

Das Gedeihen der Kolonien hängt vornehmlich von dem Klima
und andern natürlichen Bedingungen des Bodens und der grographi-
schen Lage des Landes, wohin sie verpflanzt werden sollen, ab; dann
aber auch, in kaum geringerem Maße, von den dortigen politischen
und gesellschaftlichen Zuständen. Ersteres versteht sich in allen Fällen
ganz von selbst, da es z. B. auf den ersten Blick klar vor Augen
liegt, wie höchst mißlich es sein würde, wenn man plötzlich ohne
Weiteres den an ein nordisches Klima Gewöhnten unter den Aequator
versetzen wollte, um ihn dort sein schon in der gemäßigten Zone an-
strengendes Tagewerk thun zu lassen. Selbst der nur vorübergehende
Reisende muß sich dort einer Acklimatisirungs = Periode unterziehen.
Letzteres, die politischen und gesellschaftlichen Zustände, sind namentlich
seitens Deutschland und im Jnteresse deutscher Auswanderung zu be-
rücksichtigen; mehr als dieß einigen andern Nationen nothwendig er-
scheinen mag, die durch Stellung und Einfluß eine gewisse Controle
über jene ausüben können. Eine Einwirkung, welche ausüben zu
können wir uns bis jetzt noch nicht schmeicheln dürfen.

Umfassendere Betrachtungen aufzustellen, welche Länder der Erde
deutscher Auswanderung am günstigsten zu sein scheinen, oder auch
nur die Punkte zu beleuchten, an welchen bereits Versuche gemacht
worden sind, erlaubt uns wiederum der Raum nicht. Möge es uns
denn gestattet sein, unsere Aufmerksamkeit einen Augenblick denjenigen
Ländern zuzuwenden, welche bisher vorzugsweise bei allen größeren
Kolonisations = Plänen in Betracht gezogen worden sind: Nord- und
Südamerika, in diesen die Vereinigten Staaten und Brasi-
lien.
Wir beginnen mit letzterem.

[Spaltenumbruch]

Was klimatische und natürliche Beschaffenheit des Landes angeht,
so wird man zugestehen müssen, daß sich nicht leicht irgend eine andere
Gegend nachweisen läßt, welche deren der Kolonisation günstigere
enthielte, als die südlichen Provinzen jenes ungeheueren Kaiserreiches.
Etwa vom Wendekreis des Steinbocks bis zu 33 oder 34° Süd-
Breite, die Provinzen S. Paulo, S. Catharina, selbst ein Theil von
Rio de Janeiro, vor allem aber die herrliche Provinz Rio Grande
do Sul.
Außerhalb der Tropen gelegen erfreuen sich diese Gegen-
den des mildesten, lieblichsten, gesundesten Klima's, deutscher Natur
durchaus entsprechend. Das höchste menschliche Alter, welches deutsche
Auswanderer dort erreichen, die rasche Vermehrung ihrer Zahl, sind
uns sichere Bürgen. Eine verschwenderische Natur hat dort ihre reichsten
Gaben mit ungemessener Hand ausgebreitet. Unendliche Ebenen oder
Strecken leicht gehügelten Landes von fruchtbarstem Boden dehnen sich
dort aus, fähig vom Kaffee und Zucker an bis zum Mais und unsern
europäischen Hülsenfrüchten und Körnern Alles in reichstem Maße und
größter Vollkommenheit zu erzeugen. Von vielen schönen Flüssen, die
Canäle innerer Communication, sind sie durchschnitten, und die Mittel,
um das noch Fehlende herzustellen, liegen leicht zu nächster Hand,
wenn nur Menschenhände genug zur Bestellung da sind. Die Küste
bietet überseeischer Schiffahrt eine Menge der schönsten, sichersten Häfen.
Aufdem atlantischen Ocean sind die Bahnen des Verkehrs mit Europa
und dem Norden des Continents eröffnet. Mit dem Westen Süd-
Amerika 's, den menschenarmen, vieler Nahrungsstoffe bedürftigen Staa-
ten Peru und Chili könnte ein ununterbrochener, Gewinn bringender
Handel nicht ausbleiben. Die natürlichen Bedingungen sind hier ge-
wiß versprechender, als sonst kaum irgendwo anders. Die Natur
scheint hier in der That recht eigentlich einen großen, herrlichen Schau-
platz haben schaffen zu wollen, auf dem eine große, reiche, zahlreiche
Bevölkerung ihre Entwickelung zu finden bestimmt ist, bedeutend durch
Ackerbau, Jndustrie und Handel und eine eigenthümliche Nationalität,
die dort leicht Wurzel schlagen kann.

Aber leider ist diese unvergleichliche Strecke wohl noch nicht ge-
genwärtiger Cultur und Civilisation zugewiesen. Das große Drama,
welches dort seinen Schauplatz unzweifelhaft zu finden bestimmt ist,
wird eine spätere Zukunft erst schauen. Unverstand und Thorheit,
Barbarei und Schlechtigkeit der Menschen verderben und vernichten
alle Keime einer sprossenden Saat; und leider kann man das Ende
eines solchen Zustandes noch nicht absehen, gegen welchen aber am
wenigsten vor Allen der deutsche Kolonist zu kämpfen, seine Zwecke
durchzusetzen vermag, da er unter dem Segen des Friedens und dem
Schutze bürgerlicher Ruhe, mit den Werkzeugen des Ackerbaues und
der Jndustrie, nicht denen des Krieges, in der Hand, das Land der
Cultur und Civilisation erobern will. Wie wenig Aussicht bieltet
aber Brasilien vorläufig noch zur baldigen Herbeiführung eines sol-
chen, dem gegenwärtig bestehenden entgegengesetzten Zustandes!

Nach langem, harten Zwange des drückendsten Despotismus vor
kurzem erst von diesem emancipirt, bildet der ganze Staat eine un-
geheuere chaotische, verworrene Masse, ohne festen, inneren Zusam-
menhang, ohne kräftige, einige Nationalität, von verschiedenen, wider-
strebenden Elementen und Tendenzen durchkämpft und zerrissen. Die
äußersten Grenzen des Reiches sind nicht weniger als fest bestimmt. Die
äußersten Theile hängen eigentlich nur dem Namen nach mit ihm zu-
sammen. Selbst die äußere Verfassung ist noch nicht gesichert. Einige
wollen ein einiges, untheilbares Kaiserreich, Andere nur eine födera-
tive Verbindung der einzelnen Provinzen. Man sehe nur flüchtig die
Geschichte der letzten zwanzig Jahre an, um sich den Zustand zu ver-
gegenwärtigen. Wie kann man denn da erwarten, daß es mit der
inneren Verfassung viel anders stehen soll, wo die verschiedenen Par-
teien einander alle Augenblicke in den Waffen gegenüber stehen? wo
man nichts Bestehendes, nichts für die Dauer Begründetes kennt?
Da können denn freilich politische und bürgerliche Ordnung, Sicher-
heit der Person und des Eigenthums nicht wurzeln. Die Stimme

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Seine Nahrung ist gesund, reichlich und abwechselnd, da es ihm nicht schwer wird, mehrere Culturzweige zu gleicher Zeit zu be- treiben, und in den regnigen Wintertagen findet er Anlaß genug, falls er in Europa irgend ein Handwerk gelernt hat, seine Zeit auf nützliche und einträgliche Weise auszufüllen. Die Vermehrung seiner Familie macht ihm keine Sorge; im Gegentheil, mit der Zahl seiner Kinder nimmt auch sein Wohlstand zu; sie sind für ihn helfende Arbeiter, die ihm nichts kosten, und rüstige Arme gerade sind das Einzige, was er nöthig hat, um dem Boden seine verborgnen Reich- thümer abzugewinnen. 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B. auf den ersten Blick klar vor Augen liegt, wie höchst mißlich es sein würde, wenn man plötzlich ohne Weiteres den an ein nordisches Klima Gewöhnten unter den Aequator versetzen wollte, um ihn dort sein schon in der gemäßigten Zone an- strengendes Tagewerk thun zu lassen. Selbst der nur vorübergehende Reisende muß sich dort einer Acklimatisirungs = Periode unterziehen. Letzteres, die politischen und gesellschaftlichen Zustände, sind namentlich seitens Deutschland und im Jnteresse deutscher Auswanderung zu be- rücksichtigen; mehr als dieß einigen andern Nationen nothwendig er- scheinen mag, die durch Stellung und Einfluß eine gewisse Controle über jene ausüben können. Eine Einwirkung, welche ausüben zu können wir uns bis jetzt noch nicht schmeicheln dürfen. Umfassendere Betrachtungen aufzustellen, welche Länder der Erde deutscher Auswanderung am günstigsten zu sein scheinen, oder auch nur die Punkte zu beleuchten, an welchen bereits Versuche gemacht worden sind, erlaubt uns wiederum der Raum nicht. Möge es uns denn gestattet sein, unsere Aufmerksamkeit einen Augenblick denjenigen Ländern zuzuwenden, welche bisher vorzugsweise bei allen größeren Kolonisations = Plänen in Betracht gezogen worden sind: Nord- und Südamerika, in diesen die Vereinigten Staaten und Brasi- lien. Wir beginnen mit letzterem. Was klimatische und natürliche Beschaffenheit des Landes angeht, so wird man zugestehen müssen, daß sich nicht leicht irgend eine andere Gegend nachweisen läßt, welche deren der Kolonisation günstigere enthielte, als die südlichen Provinzen jenes ungeheueren Kaiserreiches. Etwa vom Wendekreis des Steinbocks bis zu 33 oder 34° Süd- Breite, die Provinzen S. Paulo, S. Catharina, selbst ein Theil von Rio de Janeiro, vor allem aber die herrliche Provinz Rio Grande do Sul. Außerhalb der Tropen gelegen erfreuen sich diese Gegen- den des mildesten, lieblichsten, gesundesten Klima's, deutscher Natur durchaus entsprechend. Das höchste menschliche Alter, welches deutsche Auswanderer dort erreichen, die rasche Vermehrung ihrer Zahl, sind uns sichere Bürgen. Eine verschwenderische Natur hat dort ihre reichsten Gaben mit ungemessener Hand ausgebreitet. Unendliche Ebenen oder Strecken leicht gehügelten Landes von fruchtbarstem Boden dehnen sich dort aus, fähig vom Kaffee und Zucker an bis zum Mais und unsern europäischen Hülsenfrüchten und Körnern Alles in reichstem Maße und größter Vollkommenheit zu erzeugen. Von vielen schönen Flüssen, die Canäle innerer Communication, sind sie durchschnitten, und die Mittel, um das noch Fehlende herzustellen, liegen leicht zu nächster Hand, wenn nur Menschenhände genug zur Bestellung da sind. Die Küste bietet überseeischer Schiffahrt eine Menge der schönsten, sichersten Häfen. Aufdem atlantischen Ocean sind die Bahnen des Verkehrs mit Europa und dem Norden des Continents eröffnet. Mit dem Westen Süd- Amerika 's, den menschenarmen, vieler Nahrungsstoffe bedürftigen Staa- ten Peru und Chili könnte ein ununterbrochener, Gewinn bringender Handel nicht ausbleiben. Die natürlichen Bedingungen sind hier ge- wiß versprechender, als sonst kaum irgendwo anders. Die Natur scheint hier in der That recht eigentlich einen großen, herrlichen Schau- platz haben schaffen zu wollen, auf dem eine große, reiche, zahlreiche Bevölkerung ihre Entwickelung zu finden bestimmt ist, bedeutend durch Ackerbau, Jndustrie und Handel und eine eigenthümliche Nationalität, die dort leicht Wurzel schlagen kann. Aber leider ist diese unvergleichliche Strecke wohl noch nicht ge- genwärtiger Cultur und Civilisation zugewiesen. Das große Drama, welches dort seinen Schauplatz unzweifelhaft zu finden bestimmt ist, wird eine spätere Zukunft erst schauen. Unverstand und Thorheit, Barbarei und Schlechtigkeit der Menschen verderben und vernichten alle Keime einer sprossenden Saat; und leider kann man das Ende eines solchen Zustandes noch nicht absehen, gegen welchen aber am wenigsten vor Allen der deutsche Kolonist zu kämpfen, seine Zwecke durchzusetzen vermag, da er unter dem Segen des Friedens und dem Schutze bürgerlicher Ruhe, mit den Werkzeugen des Ackerbaues und der Jndustrie, nicht denen des Krieges, in der Hand, das Land der Cultur und Civilisation erobern will. Wie wenig Aussicht bieltet aber Brasilien vorläufig noch zur baldigen Herbeiführung eines sol- chen, dem gegenwärtig bestehenden entgegengesetzten Zustandes! Nach langem, harten Zwange des drückendsten Despotismus vor kurzem erst von diesem emancipirt, bildet der ganze Staat eine un- geheuere chaotische, verworrene Masse, ohne festen, inneren Zusam- menhang, ohne kräftige, einige Nationalität, von verschiedenen, wider- strebenden Elementen und Tendenzen durchkämpft und zerrissen. Die äußersten Grenzen des Reiches sind nicht weniger als fest bestimmt. Die äußersten Theile hängen eigentlich nur dem Namen nach mit ihm zu- sammen. Selbst die äußere Verfassung ist noch nicht gesichert. Einige wollen ein einiges, untheilbares Kaiserreich, Andere nur eine födera- tive Verbindung der einzelnen Provinzen. Man sehe nur flüchtig die Geschichte der letzten zwanzig Jahre an, um sich den Zustand zu ver- gegenwärtigen. Wie kann man denn da erwarten, daß es mit der inneren Verfassung viel anders stehen soll, wo die verschiedenen Par- teien einander alle Augenblicke in den Waffen gegenüber stehen? wo man nichts Bestehendes, nichts für die Dauer Begründetes kennt? Da können denn freilich politische und bürgerliche Ordnung, Sicher- heit der Person und des Eigenthums nicht wurzeln. Die Stimme

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Zitationshilfe: Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 64. Rudolstadt, 20. Dezember 1847, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswanderer64_1847/5>, abgerufen am 19.04.2024.