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Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 56. Rudolstadt, 23. Oktober 1847.

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[Spaltenumbruch] einen Sack mit Baumwolle, und zwar auf dem Rücken mit sich tragen.
Einige behaupten, daß es ein verunglückter "Jacksonismus" ist, andere
dagegen, daß der Gouverneur, der nicht bloß von der Schlacht bei
New = Orleans, sondern auch von der neulichen Erfindung des Baum-
wollenpulvers gehört hat, die Säcke mit verkapptem Pulver gefüllt
und seine Tapfern so zwischen 2 Feuer zu bringen beabsichtige. Einige
Compagnien sollen im Rücken der Armee mit brennender Lunte auf-
gestellt werden, um die Truppen von hinten in Brand zu stecken,
wenn sie sich weigern sollten, gegen das Feuer der Amerikaner zu
marschiren. Büchsen vorn, Baumwolle hinten, -- Vorwärts marsch!

Wie die Nachricht vom Anmarsch unserer Truppen hier in Cosi-
huiriachi aufgenommen wurde, läßt sich leicht denken; wiederholte
Nachrichten bestätigten die ersten Gerüchte und ließen uns keinen Zweifel.
Wir zählten bereits die Tage bis zu unserer Befreiung, ich schmeichelte
mir selbst mit der Hoffnung einer Excursion nach dem Sacramento.
Der nächste Posttag sollte uns nähere Nachrichten bringen, noch nie
hatte ich ihn sehnlicher herbeigewünscht. Der Postreiter kam endlich,
zwar später wie gewöhnlich, aber immer noch zu früh für unsere
Hoffnungen, die mit einem Male wieder niedergeschlagen werden sollten.
Am 14. dies. nämlich brachte ein anderer Courier die Nachricht nach
Chihuahua, daß die Amerikaner noch ruhig in El Paso stehen, keine
Anstalten machen, es zu verlassen, und daß alle früheren Gerüchte
bloße Erfindungen und Lügen wären. Sollte dieß wirklich der Fall
sein, so sind unsere Aussichten trüber wie je, wir haben dann wahr-
scheinlich den Abschluß des Friedens hier abzuwarten. Ein Ausweg
steht mir in diesem Falle noch offen, aber ein verzweifelter. El Paso
ist blos gegen 300 Meilen von hier entfernt, und mit einem guten
Pferde könnte ein Mann diese Strecke in 4 -- 5 Tagen zurücklegen.
Aber die Gegend ist einerseits so von feindseligen Jndianern durch-
streift, daß es schwer halten würde, einen Führer, selbst für vieles
Geld zu bekommen; andererseits lauern allenthalben mexikanische Spione,
alle Behörden haben Befehl, jedes verdächtig anscheinende Jndividuum
sofort nach Chihuahua zu escortiren, und alle Personen, gleichviel ob
Fremde oder Mexikaner, die man ohne speciellen Paß auf dem Wege
nach El Paso erwischt, sollen einem neulich erlassenen Gesetz zufolge
vor ein Kriegsgericht gestellt werden. Unter solchen Umständen ganz
allein 300 Meilen weit durch ein unbekanntes feindliches Land zu
reisen, auf nichts, wie auf sein Pferd, seine Waffen und sein gutes
Glück sich verlassend, Hunger und Durst, Kälte und Strapatzen aus-
gesetzt, in stündlicher Gefahr vor Jndianern und Merikanern, verdient
wohl einiger Ueberlegung. Seinen Scalp den Jndianern zu lassen,
ist schon Manchem braven Mann begegnet; aber von den Mexikanern
gefangen, vor ein Kriegsgericht gestellt, und als Spion erschossen oder
gehängt zu werden, -- -- -- "Herr führe uns nicht in Versuchung!"

   

Die letzte Hiobspost hat sich glücklicher Weise nicht bestätigt.
Die amerikanischen Truppen sind wirklich auf dem Marsche nach Chi-
huahua begriffen, und trafen am 19. dies. bereits in Carvezal, bei-
nahe die Hälfte des Weges, ein. Jhre Anzahl wird als 8 -- 900
Mann mit 6 Kanonen angegeben. Wir sind zu bekannt mit der
mexikanischen Maxime, die Anzahl des Feindes vor der Schlacht um
die Hälfte zu verringern, und nach der Schlacht sie zu verdoppeln,
um diesem numerischen Berichte viel Glauben beizumessen. Aber selbst
mit diesen geringen Streitkräften zweifle ich nicht, daß unsere Truppen
durch ihre bessere Disciplin, fertigere Handhabung der Waffen und
kalte Todesverachtung einen dreifach stärkeren Haufen von Merikanern
in die Flucht schlagen werden. Die mexikanischen Truppen, aus einer
kleinen Anzahl regulärer Soldaten, der Nationalgarde von Chihuahua,
und wie wilde Thiere eingefangenen Rancheros bestehend, haben größ-
tentheils Chihuahua schon verlassen. Sie haben einige Verstärkung
von Durango erhalten, und die ganze Armee wird auf 3000 Mann
mit 20 Kanonen angegeben.

[Spaltenumbruch]

Drei Punkte, sagt man, sind zur Vertheidigung ausgesucht: der
erste am See Eucinillas, der zweite am Sacramento und der dritte
ganz in der Nähe von Chihuahua. Wenn auf einem Punkte ge-
schlagen, soll sich die Armee auf den andern zurückziehen und alle
Officiere haben Befehl, jeden Gemeinen, der ohne Commando: Kehrt
Euch! macht, sofort niederzustoßen; für die Officiere jedoch ist keine
solche "Vorsichtsmaßregel" getroffen.

Vom Süden verlautet, daß Santa Ana mit seiner ganzen Armee
nach Saltillo marschirt, wo sich General Wool gut verschanzt hat,
während Gen. Taylor und Scott vereinigt auf Vera Cruz losgehen,
um sich den Weg nach der Hauptstadt zu eröffnen. Dieser neue
Operationsplan, wenn rasch ausgeführt, verspricht große Vortheile,
und einige mexikanische Blätter fürchten, daß Santa Ana in eine Falle
gegangen ist.

   

Hurrah für unsere Befreiungsarmee! Hurrah für die braven
Freiwilligen von Missouri! Die Schlacht ist geschlagen, Chihuahua
ist unser, und seit gestern Abend sind wir wieder hier eingetroffen.
Jn banger Erwartung sahen wir hier in unserm Exil den Ausgang der
Dinge entgegen, und kein ruhiger Schlaf kam mehr über unsere Augen.
Mein sehnlichster Wunsch war, sobald zuverlässige Nachrichten ein-
träfen, daß die Armee blos noch gegen 100 Meilen von uns stehe,
in einem forcirten Marsche von Cosihuiriachi aus über die Gebirge
zu gehen, um unsere Truppen noch vor der Schlacht zu erreichen.
Unglücklicher Weise aber blieben wir diese ganze Zeit ohne sichere
Mittheilungen; blos die verschiedenartigsten Gerüchte drangen zu uns,
unter andern eines, daß die Amerikaner wegen eines in Neumeriko
ausgebrochenen Aufstandes sich zurückgezogen und die Expedition auf-
gegeben hätten. Mein Plan wurde somit vereitelt.

Am 2. dies. Monats endlich, also 2 Tage nach der Schlacht,
brachte uns ein von Chihuahua gesandter Erpresser die verbürgte Nach-
richt von dem glorreichen Siege unserer Truppen am Sacramento
und von der Besitznahme Chihuahua's. Den nächsten Morgen ver-
ließen wir das Städtchen, in welchem ich gegen sechs der langweilig-
sten Monate meines Lebens zugebracht, und kamen gestern Abends
hier an. War mir früherhin Chihuahua auf den ersten Anblick freund-
lich erschienen, so fand ich es jetzt in der Aufregung der Freude reizend.
Ein großer Theil der mexikanischen Bevölkerung hatte die Stadt ver-
lassen, und diese hatte dadurch gewonnen; dagegen sah ich die kräftigen
Figuren unserer Soldaten in den Straßen. Alte Freunde begrüßten
mich, die Artillerie, eigne sowohl wie eroberte, war auf dem "Plaza"
aufgepflanzt, und das sternbesäete Banner wehte von dem Regierungs-
hause. Die alte "Fonda," wo mich der Mob einst belagerte, und die
seit 6 Monaten geschlossen war, hatte ihre Thore wieder geöffnet
und war mit Fremden überfüllt. Officiere in Uniformen und Gemeine
in zerrissenen Röcken durchkreuzten die Straßen, und die Schlacht war
das allgemeine Tagesgespräch.

Jch hatte gehofft, Capt. Fischer's Artillerie = Compagnie hier zu
treffen, erfuhr aber, daß sie noch in Santa Fe stehe; dagegen hatte
ich die Freude, Lieutenant Kribben von der Artillerie hier zu finden,
der mir alle Einzelnheiten der letzten Schlacht, an der er selbst wirk-
samen und ehrenvollen Antheil gehabt, mittheilte. Jch unternehme
nicht, Jhnen eine Schilderung dieser Schlacht zu geben, da Sie zu
gleicher Zeit ausführliche und genaue Berichte darüber von Augen-
zeugen erhalten werden; aber je mehr ich selbst von den nähern Um-
ständen unterrichtet wurde, desto größer wurde meine Bewunderung.

Jch hatte nie gezweifelt, daß unsere Truppen eine weit über-
legene Anzahl von Mexikanern besiegen, und daß sie im schlimmsten
Falle sich eher würden in Stücke hauen lassen, als sich ergeben, aber
ein so glänzender Sieg übertraf alle meine Erwartungen. Officiere
und Gemeine haben wie alte Veteranen gefochten, und alle Umstände
zusammengenommen, so erscheint mir diese Schlacht als die vorragendste,
merkwürdigste und glücklichste in diesem ganzen Kriege. Jch fühlte

[Spaltenumbruch] einen Sack mit Baumwolle, und zwar auf dem Rücken mit sich tragen.
Einige behaupten, daß es ein verunglückter „Jacksonismus“ ist, andere
dagegen, daß der Gouverneur, der nicht bloß von der Schlacht bei
New = Orleans, sondern auch von der neulichen Erfindung des Baum-
wollenpulvers gehört hat, die Säcke mit verkapptem Pulver gefüllt
und seine Tapfern so zwischen 2 Feuer zu bringen beabsichtige. Einige
Compagnien sollen im Rücken der Armee mit brennender Lunte auf-
gestellt werden, um die Truppen von hinten in Brand zu stecken,
wenn sie sich weigern sollten, gegen das Feuer der Amerikaner zu
marschiren. Büchsen vorn, Baumwolle hinten, -- Vorwärts marsch!

Wie die Nachricht vom Anmarsch unserer Truppen hier in Cosi-
huiriachi aufgenommen wurde, läßt sich leicht denken; wiederholte
Nachrichten bestätigten die ersten Gerüchte und ließen uns keinen Zweifel.
Wir zählten bereits die Tage bis zu unserer Befreiung, ich schmeichelte
mir selbst mit der Hoffnung einer Excursion nach dem Sacramento.
Der nächste Posttag sollte uns nähere Nachrichten bringen, noch nie
hatte ich ihn sehnlicher herbeigewünscht. Der Postreiter kam endlich,
zwar später wie gewöhnlich, aber immer noch zu früh für unsere
Hoffnungen, die mit einem Male wieder niedergeschlagen werden sollten.
Am 14. dies. nämlich brachte ein anderer Courier die Nachricht nach
Chihuahua, daß die Amerikaner noch ruhig in El Paso stehen, keine
Anstalten machen, es zu verlassen, und daß alle früheren Gerüchte
bloße Erfindungen und Lügen wären. Sollte dieß wirklich der Fall
sein, so sind unsere Aussichten trüber wie je, wir haben dann wahr-
scheinlich den Abschluß des Friedens hier abzuwarten. Ein Ausweg
steht mir in diesem Falle noch offen, aber ein verzweifelter. El Paso
ist blos gegen 300 Meilen von hier entfernt, und mit einem guten
Pferde könnte ein Mann diese Strecke in 4 -- 5 Tagen zurücklegen.
Aber die Gegend ist einerseits so von feindseligen Jndianern durch-
streift, daß es schwer halten würde, einen Führer, selbst für vieles
Geld zu bekommen; andererseits lauern allenthalben mexikanische Spione,
alle Behörden haben Befehl, jedes verdächtig anscheinende Jndividuum
sofort nach Chihuahua zu escortiren, und alle Personen, gleichviel ob
Fremde oder Mexikaner, die man ohne speciellen Paß auf dem Wege
nach El Paso erwischt, sollen einem neulich erlassenen Gesetz zufolge
vor ein Kriegsgericht gestellt werden. Unter solchen Umständen ganz
allein 300 Meilen weit durch ein unbekanntes feindliches Land zu
reisen, auf nichts, wie auf sein Pferd, seine Waffen und sein gutes
Glück sich verlassend, Hunger und Durst, Kälte und Strapatzen aus-
gesetzt, in stündlicher Gefahr vor Jndianern und Merikanern, verdient
wohl einiger Ueberlegung. Seinen Scalp den Jndianern zu lassen,
ist schon Manchem braven Mann begegnet; aber von den Mexikanern
gefangen, vor ein Kriegsgericht gestellt, und als Spion erschossen oder
gehängt zu werden, -- -- -- „Herr führe uns nicht in Versuchung!“

   

Die letzte Hiobspost hat sich glücklicher Weise nicht bestätigt.
Die amerikanischen Truppen sind wirklich auf dem Marsche nach Chi-
huahua begriffen, und trafen am 19. dies. bereits in Carvezal, bei-
nahe die Hälfte des Weges, ein. Jhre Anzahl wird als 8 -- 900
Mann mit 6 Kanonen angegeben. Wir sind zu bekannt mit der
mexikanischen Maxime, die Anzahl des Feindes vor der Schlacht um
die Hälfte zu verringern, und nach der Schlacht sie zu verdoppeln,
um diesem numerischen Berichte viel Glauben beizumessen. Aber selbst
mit diesen geringen Streitkräften zweifle ich nicht, daß unsere Truppen
durch ihre bessere Disciplin, fertigere Handhabung der Waffen und
kalte Todesverachtung einen dreifach stärkeren Haufen von Merikanern
in die Flucht schlagen werden. Die mexikanischen Truppen, aus einer
kleinen Anzahl regulärer Soldaten, der Nationalgarde von Chihuahua,
und wie wilde Thiere eingefangenen Rancheros bestehend, haben größ-
tentheils Chihuahua schon verlassen. Sie haben einige Verstärkung
von Durango erhalten, und die ganze Armee wird auf 3000 Mann
mit 20 Kanonen angegeben.

[Spaltenumbruch]

Drei Punkte, sagt man, sind zur Vertheidigung ausgesucht: der
erste am See Eucinillas, der zweite am Sacramento und der dritte
ganz in der Nähe von Chihuahua. Wenn auf einem Punkte ge-
schlagen, soll sich die Armee auf den andern zurückziehen und alle
Officiere haben Befehl, jeden Gemeinen, der ohne Commando: Kehrt
Euch! macht, sofort niederzustoßen; für die Officiere jedoch ist keine
solche „Vorsichtsmaßregel“ getroffen.

Vom Süden verlautet, daß Santa Ana mit seiner ganzen Armee
nach Saltillo marschirt, wo sich General Wool gut verschanzt hat,
während Gen. Taylor und Scott vereinigt auf Vera Cruz losgehen,
um sich den Weg nach der Hauptstadt zu eröffnen. Dieser neue
Operationsplan, wenn rasch ausgeführt, verspricht große Vortheile,
und einige mexikanische Blätter fürchten, daß Santa Ana in eine Falle
gegangen ist.

   

Hurrah für unsere Befreiungsarmee! Hurrah für die braven
Freiwilligen von Missouri! Die Schlacht ist geschlagen, Chihuahua
ist unser, und seit gestern Abend sind wir wieder hier eingetroffen.
Jn banger Erwartung sahen wir hier in unserm Exil den Ausgang der
Dinge entgegen, und kein ruhiger Schlaf kam mehr über unsere Augen.
Mein sehnlichster Wunsch war, sobald zuverlässige Nachrichten ein-
träfen, daß die Armee blos noch gegen 100 Meilen von uns stehe,
in einem forcirten Marsche von Cosihuiriachi aus über die Gebirge
zu gehen, um unsere Truppen noch vor der Schlacht zu erreichen.
Unglücklicher Weise aber blieben wir diese ganze Zeit ohne sichere
Mittheilungen; blos die verschiedenartigsten Gerüchte drangen zu uns,
unter andern eines, daß die Amerikaner wegen eines in Neumeriko
ausgebrochenen Aufstandes sich zurückgezogen und die Expedition auf-
gegeben hätten. Mein Plan wurde somit vereitelt.

Am 2. dies. Monats endlich, also 2 Tage nach der Schlacht,
brachte uns ein von Chihuahua gesandter Erpresser die verbürgte Nach-
richt von dem glorreichen Siege unserer Truppen am Sacramento
und von der Besitznahme Chihuahua's. Den nächsten Morgen ver-
ließen wir das Städtchen, in welchem ich gegen sechs der langweilig-
sten Monate meines Lebens zugebracht, und kamen gestern Abends
hier an. War mir früherhin Chihuahua auf den ersten Anblick freund-
lich erschienen, so fand ich es jetzt in der Aufregung der Freude reizend.
Ein großer Theil der mexikanischen Bevölkerung hatte die Stadt ver-
lassen, und diese hatte dadurch gewonnen; dagegen sah ich die kräftigen
Figuren unserer Soldaten in den Straßen. Alte Freunde begrüßten
mich, die Artillerie, eigne sowohl wie eroberte, war auf dem „Plaza“
aufgepflanzt, und das sternbesäete Banner wehte von dem Regierungs-
hause. Die alte „Fonda,“ wo mich der Mob einst belagerte, und die
seit 6 Monaten geschlossen war, hatte ihre Thore wieder geöffnet
und war mit Fremden überfüllt. Officiere in Uniformen und Gemeine
in zerrissenen Röcken durchkreuzten die Straßen, und die Schlacht war
das allgemeine Tagesgespräch.

Jch hatte gehofft, Capt. Fischer's Artillerie = Compagnie hier zu
treffen, erfuhr aber, daß sie noch in Santa Fe stehe; dagegen hatte
ich die Freude, Lieutenant Kribben von der Artillerie hier zu finden,
der mir alle Einzelnheiten der letzten Schlacht, an der er selbst wirk-
samen und ehrenvollen Antheil gehabt, mittheilte. Jch unternehme
nicht, Jhnen eine Schilderung dieser Schlacht zu geben, da Sie zu
gleicher Zeit ausführliche und genaue Berichte darüber von Augen-
zeugen erhalten werden; aber je mehr ich selbst von den nähern Um-
ständen unterrichtet wurde, desto größer wurde meine Bewunderung.

Jch hatte nie gezweifelt, daß unsere Truppen eine weit über-
legene Anzahl von Mexikanern besiegen, und daß sie im schlimmsten
Falle sich eher würden in Stücke hauen lassen, als sich ergeben, aber
ein so glänzender Sieg übertraf alle meine Erwartungen. Officiere
und Gemeine haben wie alte Veteranen gefochten, und alle Umstände
zusammengenommen, so erscheint mir diese Schlacht als die vorragendste,
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El Paso ist blos gegen 300 Meilen von hier entfernt, und mit einem guten Pferde könnte ein Mann diese Strecke in 4 -- 5 Tagen zurücklegen. Aber die Gegend ist einerseits so von feindseligen Jndianern durch- streift, daß es schwer halten würde, einen Führer, selbst für vieles Geld zu bekommen; andererseits lauern allenthalben mexikanische Spione, alle Behörden haben Befehl, jedes verdächtig anscheinende Jndividuum sofort nach Chihuahua zu escortiren, und alle Personen, gleichviel ob Fremde oder Mexikaner, die man ohne speciellen Paß auf dem Wege nach El Paso erwischt, sollen einem neulich erlassenen Gesetz zufolge vor ein Kriegsgericht gestellt werden. Unter solchen Umständen ganz allein 300 Meilen weit durch ein unbekanntes feindliches Land zu reisen, auf nichts, wie auf sein Pferd, seine Waffen und sein gutes Glück sich verlassend, Hunger und Durst, Kälte und Strapatzen aus- gesetzt, in stündlicher Gefahr vor Jndianern und Merikanern, verdient wohl einiger Ueberlegung. Seinen Scalp den Jndianern zu lassen, ist schon Manchem braven Mann begegnet; aber von den Mexikanern gefangen, vor ein Kriegsgericht gestellt, und als Spion erschossen oder gehängt zu werden, -- -- -- „Herr führe uns nicht in Versuchung!“ Cosihuiriachi, 27. Febr. 1847. Die letzte Hiobspost hat sich glücklicher Weise nicht bestätigt. Die amerikanischen Truppen sind wirklich auf dem Marsche nach Chi- huahua begriffen, und trafen am 19. dies. bereits in Carvezal, bei- nahe die Hälfte des Weges, ein. Jhre Anzahl wird als 8 -- 900 Mann mit 6 Kanonen angegeben. Wir sind zu bekannt mit der mexikanischen Maxime, die Anzahl des Feindes vor der Schlacht um die Hälfte zu verringern, und nach der Schlacht sie zu verdoppeln, um diesem numerischen Berichte viel Glauben beizumessen. Aber selbst mit diesen geringen Streitkräften zweifle ich nicht, daß unsere Truppen durch ihre bessere Disciplin, fertigere Handhabung der Waffen und kalte Todesverachtung einen dreifach stärkeren Haufen von Merikanern in die Flucht schlagen werden. Die mexikanischen Truppen, aus einer kleinen Anzahl regulärer Soldaten, der Nationalgarde von Chihuahua, und wie wilde Thiere eingefangenen Rancheros bestehend, haben größ- tentheils Chihuahua schon verlassen. Sie haben einige Verstärkung von Durango erhalten, und die ganze Armee wird auf 3000 Mann mit 20 Kanonen angegeben. Drei Punkte, sagt man, sind zur Vertheidigung ausgesucht: der erste am See Eucinillas, der zweite am Sacramento und der dritte ganz in der Nähe von Chihuahua. Wenn auf einem Punkte ge- schlagen, soll sich die Armee auf den andern zurückziehen und alle Officiere haben Befehl, jeden Gemeinen, der ohne Commando: Kehrt Euch! macht, sofort niederzustoßen; für die Officiere jedoch ist keine solche „Vorsichtsmaßregel“ getroffen. Vom Süden verlautet, daß Santa Ana mit seiner ganzen Armee nach Saltillo marschirt, wo sich General Wool gut verschanzt hat, während Gen. Taylor und Scott vereinigt auf Vera Cruz losgehen, um sich den Weg nach der Hauptstadt zu eröffnen. Dieser neue Operationsplan, wenn rasch ausgeführt, verspricht große Vortheile, und einige mexikanische Blätter fürchten, daß Santa Ana in eine Falle gegangen ist. Chihuahua, 5. März 1847. Hurrah für unsere Befreiungsarmee! Hurrah für die braven Freiwilligen von Missouri! Die Schlacht ist geschlagen, Chihuahua ist unser, und seit gestern Abend sind wir wieder hier eingetroffen. Jn banger Erwartung sahen wir hier in unserm Exil den Ausgang der Dinge entgegen, und kein ruhiger Schlaf kam mehr über unsere Augen. Mein sehnlichster Wunsch war, sobald zuverlässige Nachrichten ein- träfen, daß die Armee blos noch gegen 100 Meilen von uns stehe, in einem forcirten Marsche von Cosihuiriachi aus über die Gebirge zu gehen, um unsere Truppen noch vor der Schlacht zu erreichen. Unglücklicher Weise aber blieben wir diese ganze Zeit ohne sichere Mittheilungen; blos die verschiedenartigsten Gerüchte drangen zu uns, unter andern eines, daß die Amerikaner wegen eines in Neumeriko ausgebrochenen Aufstandes sich zurückgezogen und die Expedition auf- gegeben hätten. Mein Plan wurde somit vereitelt. Am 2. dies. Monats endlich, also 2 Tage nach der Schlacht, brachte uns ein von Chihuahua gesandter Erpresser die verbürgte Nach- richt von dem glorreichen Siege unserer Truppen am Sacramento und von der Besitznahme Chihuahua's. Den nächsten Morgen ver- ließen wir das Städtchen, in welchem ich gegen sechs der langweilig- sten Monate meines Lebens zugebracht, und kamen gestern Abends hier an. War mir früherhin Chihuahua auf den ersten Anblick freund- lich erschienen, so fand ich es jetzt in der Aufregung der Freude reizend. Ein großer Theil der mexikanischen Bevölkerung hatte die Stadt ver- lassen, und diese hatte dadurch gewonnen; dagegen sah ich die kräftigen Figuren unserer Soldaten in den Straßen. Alte Freunde begrüßten mich, die Artillerie, eigne sowohl wie eroberte, war auf dem „Plaza“ aufgepflanzt, und das sternbesäete Banner wehte von dem Regierungs- hause. Die alte „Fonda,“ wo mich der Mob einst belagerte, und die seit 6 Monaten geschlossen war, hatte ihre Thore wieder geöffnet und war mit Fremden überfüllt. Officiere in Uniformen und Gemeine in zerrissenen Röcken durchkreuzten die Straßen, und die Schlacht war das allgemeine Tagesgespräch. Jch hatte gehofft, Capt. Fischer's Artillerie = Compagnie hier zu treffen, erfuhr aber, daß sie noch in Santa Fe stehe; dagegen hatte ich die Freude, Lieutenant Kribben von der Artillerie hier zu finden, der mir alle Einzelnheiten der letzten Schlacht, an der er selbst wirk- samen und ehrenvollen Antheil gehabt, mittheilte. Jch unternehme nicht, Jhnen eine Schilderung dieser Schlacht zu geben, da Sie zu gleicher Zeit ausführliche und genaue Berichte darüber von Augen- zeugen erhalten werden; aber je mehr ich selbst von den nähern Um- ständen unterrichtet wurde, desto größer wurde meine Bewunderung. Jch hatte nie gezweifelt, daß unsere Truppen eine weit über- legene Anzahl von Mexikanern besiegen, und daß sie im schlimmsten Falle sich eher würden in Stücke hauen lassen, als sich ergeben, aber ein so glänzender Sieg übertraf alle meine Erwartungen. Officiere und Gemeine haben wie alte Veteranen gefochten, und alle Umstände zusammengenommen, so erscheint mir diese Schlacht als die vorragendste, merkwürdigste und glücklichste in diesem ganzen Kriege. Jch fühlte

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Zitationshilfe: Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 56. Rudolstadt, 23. Oktober 1847, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswanderer56_1847/4>, abgerufen am 25.04.2024.