Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 42. Rudolstadt, 19. Juli 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] Staaten. Was der Vater, die Mutter, was die Freunde und
Angehörigen beim Scheine der Lampe am warmen Ofen in den
langen Winterabenden lesen, was das Vaterland bewegt und
erfreut, was unsere Schriftsteller in Prosa und Versen bringen,
was Deutschland mit Jnteresse beregt; -- dieses Alles erfährt
auf die mannichfaltigste Weise der Uebersiedler auch in den Ver.
Staaten, in seiner neuen Heimath, und fühlt sich glücklich, der
verlassenen nicht entrückt zu sein, fort zu leben im deutschen Sinne
und Geiste, genährt und im Jnnern beruhigt durch Amerika's
Boden und sichernde Jnstitutionen, im deutschen Wesen erkräftigt
durch die deutsch = amerikanische Presse.

Was wir wandern sahen nach dem Lande der Freiheit, von
dem hier nur leichte Federzüge ein karges Bild gegeben, ist ein
Geringes gegen die Auswanderung deutscher Stammgenossen,
welche noch die Zukunft birgt. Wird Euch das Auge trübe,
deutsche Jünglinge und Männer! -- bergt Jhr die blonden Locken
in Euer naßgeweintes Tuch, Jhr edlen Jungfrauen deutscher
Gaue! -- preßt Jhr ahnungsvoll Eure Kinder an das bang-
klopfende Herz, Jhr treuen deutschen Frauen, wenn der hei-
mathliche Strand, wenn das heilige deutsche Land Euch die letzten
Küsten zeigt, wenn Meer und Nebel Euch aufnehmen: -- nur
muthig vorwärts durch die grünen Wogen! Wo das Reich der
Atlantis endigt, schließt die mühsame Fahrt und Amerika's
waldumkränzte Ufer nehmen Euch gastlich auf; im Schooße der
Zukunft liegt dort, im Stromthale des Mississippi, oder am frucht-
baren Missouri = Ufer Euer bescheidenes, aber ruhiges Glück; der
Gott, welcher Euch den Weg aus dem Vaterlande gezeigt, weiß
eine andere bleibende Stätte für Euch! Er trocknet Eure Thränen
des Abschiedes, Eure Thränen der Nahrungssorgen, er gibt Euch
Brod im fernen Lande und legt in Eure Hände auch eine glück-
lichere Zukunft für das verlassene Vaterland! --

    ( Fortsetzung folgt. )

Fragmente aus Briefen.

   

Gott zum Gruß, vielgeliebte Mutter, ec. Euren ersten Brief haben
wir den 27. Juli erhalten, den zweiten den 27. October, den hat
mir ein Heinrich Faulhaber von Rio Janeiro geschickt; den
28. October bin ich sogleich nach Rio Janeiro, und habe auch
H. Faulhaber besucht; den 29. gingen wir in der Stadt Janeiro
spaziren; da trafen wir von ungefähr den Johannes Stumpf an,
wir gingen mit ihm an die See und fuhren auf dem Schiffe, mit
welchem er gekommen ist; da gab er mir gleich den Samen, welchen
ihr mir geschickt habt. Wie ich den 31. Oct. nach Hause kam, habe
ich gleich von allen Sorten gesäet; den 4. Nov. war es schon auf.
Dieser Samen war mir lieber, als wenn ihr mir Alles geschickt hättet,
da habe ich meinen einzigen Spaß daran; wenn ich in meinen Garten
gehe, denke ich immer an euch, während alles so schön aufgegangen
ist. Den 4. November bin ich nach Port Estrella gegangen und
habe H. Faulhaber mit seiner Familie abgeholt; er ist bei uns auf
der deutschen Kolonie, auch Joh. Stumpf und Vogel von Wacken-
heim.
Sie haben ihre Kolonie auch in Bingen, aber 1 Stunde
von mir entfernt, sie müssen an meiner Thür vorbei gehen, sie haben
aber mehr Land erhalten als wir; die haben 75 Brassen Breite,
und 150 Brassen Länge, weil sie für ihr Geld herein gekommen
sind. Aus euern Briefen habe ich vernommen, und auch Faulhaber
und dessen Frau haben mir mündlich gesagt, daß ihr aufs Jahr zu
uns kommen wollt, und daß meine Schwester Elisabeth mit ihnen
hätte reisen wollen, was ihr aber nicht zugelassen hättet; ihr habt
dadurch einen großen Fehler begangen, denn ihr hättet alle mit ihm
[Spaltenumbruch] fortmachen sollen. Wenn man hört Briefe lesen, welche aus Deutsch-
land kommen, oder hört die neuen Einwanderer erzählen, wie es so
schlecht bei euch sei, dann laufen einem die Augen über. Ach, wäret
ihr nur von beiden Seiten bei uns, dann brauchtet ihr den Winter
und die theure Zeit nicht mehr zu überstehen. Wenn ihr zu uns
kommen wollt, dann laßt aber unsere Mutter nicht zurück bei dem
Johann. Wenn ihr sie zurücklassen wollt, dann bleibt lieber bei
ihr. Haltet euch aber allein und schaffet euch auf der Reise keine
Bekanntschaft an, denn es haben sehr viele Mädchen auf der Reise
ihr Glück verscherzt. Bringt euch auch keine Bekanntschaft von zu
Hause mit, denn euer Geschäft läßt sich recht gut hier machen. Es
ist gar kein Mädchen da, welche ein ordentliches Kleid machen kann;
für ein solches zu machen, bekommt ihr 2 Milreis, nach Eurem Gelde
3 fl., eine Haube zu waschen 10 Wendin oder 15 Xr., ein Kragen
zu waschen 6 Wendin oder 9 Xr. Es ist keine auf der deutschen
Kolonie, welche einen Strich fälteln kann. Wenn ihr Willens seid
zu kommen, dann bringt auch viel Tüll und Moll, Band, Strickbaum-
wolle, blauen Kattun und Spitzen mit, das ist hier sehr theuer. Viel-
geliebte Schwäger Carl, Johann und Mathias, wenn ihr könnt,
dann kommt auch zu uns; ihr könnt jetzt die Reise besser anfangen
als wir. Jhr wisset doch, wohin ihr sollet; aber mit uns war es in
die Lotterie gesetzt, und wir haben es doch gewonnen. Jch bin noch
vor dem Thorschluß aus Europa gekommen. Wenn ihr kommt,
kann man euch schon mit allen Sorten von Gemüsen, Kartoffeln und
Salat aushelfen. Die grünen Bohnen und der Salat gehen uns
nicht aus, aber wie wir hierher kamen, sahen wir nichts als Himmel
und Wald. Wir haben auch schon schöne Straßen und Häuser gebaut,
und schöne Gärten. Die welche zuletzt gekommen sind, verwundern
sich über die viele Arbeit, die in einem Jahre gemacht sei. Jhr wollt
auch wissen, was wir für Menschen angetroffen haben. Wir haben
weiße, gelbe Mulatten, und eine Menge Schwarze angetroffen, und
aus aller Herren Länder sind welche hier. Wir wohnen alle in brüder-
licher Eintracht unter einander, alle Religionen und Religions-
parteien haben gleiche Rechte,
nur Juden haben wir nicht
angetroffen. Vielgeliebter Herr Pfarrer Georgi, es hat mich herz-
lich gefreut, daß Sie meiner noch gedenken. Sie möchten vielleicht
auch hören, was unsere Hauptnahrungsmittel sind: dürre Bohnen,
Vohrigen, Fuba, Carneseck, Reis, Kaffee, Zucker. Jch will Jhnen
auch sagen, was Vohrigen sind; es ist eine Wurzel die heißt Maniock,
die wird gedürrt, hernach ganz gemahlen und später in einer Pfanne
geröstet; dann ist es wie bei euch der Gerstengries, das wird anstatt
Brod gegessen und auf alle Art benutzt; was dort die Kartoffeln, das
ist hier der Brodbaum. Fuba ist Welschkornmehl, es wird auch auf alle
Art benutzt. Carneseck ist gedürrtes Rindfleisch. Wir leben doch schon
nach deutscher Art. Wir backen doch schon unser Brod selbst, von
etwas Weißmehl, Vohrigen und Fuba; das gibt ganz gutes Brod.
Wenn ihr die Reise unternehmen wollt, so nehmt mit: Samen von
allen Pflanzen und allen Früchten, die ihr in Deutschland habt, auch
alle Arten Kleesamen und etliche Herrenhuter Kartoffeln. Euern Vetter
Peter bringt mit. Die Reise ist nicht gefährlich aber beschwerlich.
Auch 6 Plüschkappen bringt mit, 3 rothe und 3 farbige, 2 Tuch-
kappen für mich und einen guten Freund, auch meinem Sohn Andreas
bringt eine mit; wir zahlen 3 fl. 30 Xr. für eine Kappe. Solltet
ihr kommen, so schreibt gleich wieder, aber 2 Briefe hintereinander,
so mache ich es auch. Jn einem Monat schreibe ich wieder. Seid Jhr in
Rio Janeiro angekommen, dann schreibt mir gleich, ich komme dann
zu Euch. Vielgeliebte Mutter und Schwiegermutter, suchet im Ge-
sangbuche das Lied 381 Vers 4--5. Vielgeliebte Geschwister suchet
ihr das Lied 625. Jhr habt mir schon zweimal geschrieben, aber
noch nichts von meinen Stiefgeschwistern, auch noch nichts von dem
Kutscher Caspar und von den Hohenheimern und von ihnen allen.
Von Neuigkeiten kann ich euch wenig mittheilen, als daß Leonhard
Schweikard, Franz Joseph Maller vom Johannisberg und

[Spaltenumbruch] Staaten. Was der Vater, die Mutter, was die Freunde und
Angehörigen beim Scheine der Lampe am warmen Ofen in den
langen Winterabenden lesen, was das Vaterland bewegt und
erfreut, was unsere Schriftsteller in Prosa und Versen bringen,
was Deutschland mit Jnteresse beregt; -- dieses Alles erfährt
auf die mannichfaltigste Weise der Uebersiedler auch in den Ver.
Staaten, in seiner neuen Heimath, und fühlt sich glücklich, der
verlassenen nicht entrückt zu sein, fort zu leben im deutschen Sinne
und Geiste, genährt und im Jnnern beruhigt durch Amerika's
Boden und sichernde Jnstitutionen, im deutschen Wesen erkräftigt
durch die deutsch = amerikanische Presse.

Was wir wandern sahen nach dem Lande der Freiheit, von
dem hier nur leichte Federzüge ein karges Bild gegeben, ist ein
Geringes gegen die Auswanderung deutscher Stammgenossen,
welche noch die Zukunft birgt. Wird Euch das Auge trübe,
deutsche Jünglinge und Männer! -- bergt Jhr die blonden Locken
in Euer naßgeweintes Tuch, Jhr edlen Jungfrauen deutscher
Gaue! -- preßt Jhr ahnungsvoll Eure Kinder an das bang-
klopfende Herz, Jhr treuen deutschen Frauen, wenn der hei-
mathliche Strand, wenn das heilige deutsche Land Euch die letzten
Küsten zeigt, wenn Meer und Nebel Euch aufnehmen: -- nur
muthig vorwärts durch die grünen Wogen! Wo das Reich der
Atlantis endigt, schließt die mühsame Fahrt und Amerika's
waldumkränzte Ufer nehmen Euch gastlich auf; im Schooße der
Zukunft liegt dort, im Stromthale des Mississippi, oder am frucht-
baren Missouri = Ufer Euer bescheidenes, aber ruhiges Glück; der
Gott, welcher Euch den Weg aus dem Vaterlande gezeigt, weiß
eine andere bleibende Stätte für Euch! Er trocknet Eure Thränen
des Abschiedes, Eure Thränen der Nahrungssorgen, er gibt Euch
Brod im fernen Lande und legt in Eure Hände auch eine glück-
lichere Zukunft für das verlassene Vaterland! --

    ( Fortsetzung folgt. )

Fragmente aus Briefen.

   

Gott zum Gruß, vielgeliebte Mutter, ec. Euren ersten Brief haben
wir den 27. Juli erhalten, den zweiten den 27. October, den hat
mir ein Heinrich Faulhaber von Rio Janeiro geschickt; den
28. October bin ich sogleich nach Rio Janeiro, und habe auch
H. Faulhaber besucht; den 29. gingen wir in der Stadt Janeiro
spaziren; da trafen wir von ungefähr den Johannes Stumpf an,
wir gingen mit ihm an die See und fuhren auf dem Schiffe, mit
welchem er gekommen ist; da gab er mir gleich den Samen, welchen
ihr mir geschickt habt. Wie ich den 31. Oct. nach Hause kam, habe
ich gleich von allen Sorten gesäet; den 4. Nov. war es schon auf.
Dieser Samen war mir lieber, als wenn ihr mir Alles geschickt hättet,
da habe ich meinen einzigen Spaß daran; wenn ich in meinen Garten
gehe, denke ich immer an euch, während alles so schön aufgegangen
ist. Den 4. November bin ich nach Port Estrella gegangen und
habe H. Faulhaber mit seiner Familie abgeholt; er ist bei uns auf
der deutschen Kolonie, auch Joh. Stumpf und Vogel von Wacken-
heim.
Sie haben ihre Kolonie auch in Bingen, aber 1 Stunde
von mir entfernt, sie müssen an meiner Thür vorbei gehen, sie haben
aber mehr Land erhalten als wir; die haben 75 Brassen Breite,
und 150 Brassen Länge, weil sie für ihr Geld herein gekommen
sind. Aus euern Briefen habe ich vernommen, und auch Faulhaber
und dessen Frau haben mir mündlich gesagt, daß ihr aufs Jahr zu
uns kommen wollt, und daß meine Schwester Elisabeth mit ihnen
hätte reisen wollen, was ihr aber nicht zugelassen hättet; ihr habt
dadurch einen großen Fehler begangen, denn ihr hättet alle mit ihm
[Spaltenumbruch] fortmachen sollen. Wenn man hört Briefe lesen, welche aus Deutsch-
land kommen, oder hört die neuen Einwanderer erzählen, wie es so
schlecht bei euch sei, dann laufen einem die Augen über. Ach, wäret
ihr nur von beiden Seiten bei uns, dann brauchtet ihr den Winter
und die theure Zeit nicht mehr zu überstehen. Wenn ihr zu uns
kommen wollt, dann laßt aber unsere Mutter nicht zurück bei dem
Johann. Wenn ihr sie zurücklassen wollt, dann bleibt lieber bei
ihr. Haltet euch aber allein und schaffet euch auf der Reise keine
Bekanntschaft an, denn es haben sehr viele Mädchen auf der Reise
ihr Glück verscherzt. Bringt euch auch keine Bekanntschaft von zu
Hause mit, denn euer Geschäft läßt sich recht gut hier machen. Es
ist gar kein Mädchen da, welche ein ordentliches Kleid machen kann;
für ein solches zu machen, bekommt ihr 2 Milreis, nach Eurem Gelde
3 fl., eine Haube zu waschen 10 Wendin oder 15 Xr., ein Kragen
zu waschen 6 Wendin oder 9 Xr. Es ist keine auf der deutschen
Kolonie, welche einen Strich fälteln kann. Wenn ihr Willens seid
zu kommen, dann bringt auch viel Tüll und Moll, Band, Strickbaum-
wolle, blauen Kattun und Spitzen mit, das ist hier sehr theuer. Viel-
geliebte Schwäger Carl, Johann und Mathias, wenn ihr könnt,
dann kommt auch zu uns; ihr könnt jetzt die Reise besser anfangen
als wir. Jhr wisset doch, wohin ihr sollet; aber mit uns war es in
die Lotterie gesetzt, und wir haben es doch gewonnen. Jch bin noch
vor dem Thorschluß aus Europa gekommen. Wenn ihr kommt,
kann man euch schon mit allen Sorten von Gemüsen, Kartoffeln und
Salat aushelfen. Die grünen Bohnen und der Salat gehen uns
nicht aus, aber wie wir hierher kamen, sahen wir nichts als Himmel
und Wald. Wir haben auch schon schöne Straßen und Häuser gebaut,
und schöne Gärten. Die welche zuletzt gekommen sind, verwundern
sich über die viele Arbeit, die in einem Jahre gemacht sei. Jhr wollt
auch wissen, was wir für Menschen angetroffen haben. Wir haben
weiße, gelbe Mulatten, und eine Menge Schwarze angetroffen, und
aus aller Herren Länder sind welche hier. Wir wohnen alle in brüder-
licher Eintracht unter einander, alle Religionen und Religions-
parteien haben gleiche Rechte,
nur Juden haben wir nicht
angetroffen. Vielgeliebter Herr Pfarrer Georgi, es hat mich herz-
lich gefreut, daß Sie meiner noch gedenken. Sie möchten vielleicht
auch hören, was unsere Hauptnahrungsmittel sind: dürre Bohnen,
Vohrigen, Fuba, Carneseck, Reis, Kaffee, Zucker. Jch will Jhnen
auch sagen, was Vohrigen sind; es ist eine Wurzel die heißt Maniock,
die wird gedürrt, hernach ganz gemahlen und später in einer Pfanne
geröstet; dann ist es wie bei euch der Gerstengries, das wird anstatt
Brod gegessen und auf alle Art benutzt; was dort die Kartoffeln, das
ist hier der Brodbaum. Fuba ist Welschkornmehl, es wird auch auf alle
Art benutzt. Carneseck ist gedürrtes Rindfleisch. Wir leben doch schon
nach deutscher Art. Wir backen doch schon unser Brod selbst, von
etwas Weißmehl, Vohrigen und Fuba; das gibt ganz gutes Brod.
Wenn ihr die Reise unternehmen wollt, so nehmt mit: Samen von
allen Pflanzen und allen Früchten, die ihr in Deutschland habt, auch
alle Arten Kleesamen und etliche Herrenhuter Kartoffeln. Euern Vetter
Peter bringt mit. Die Reise ist nicht gefährlich aber beschwerlich.
Auch 6 Plüschkappen bringt mit, 3 rothe und 3 farbige, 2 Tuch-
kappen für mich und einen guten Freund, auch meinem Sohn Andreas
bringt eine mit; wir zahlen 3 fl. 30 Xr. für eine Kappe. Solltet
ihr kommen, so schreibt gleich wieder, aber 2 Briefe hintereinander,
so mache ich es auch. Jn einem Monat schreibe ich wieder. Seid Jhr in
Rio Janeiro angekommen, dann schreibt mir gleich, ich komme dann
zu Euch. Vielgeliebte Mutter und Schwiegermutter, suchet im Ge-
sangbuche das Lied 381 Vers 4--5. Vielgeliebte Geschwister suchet
ihr das Lied 625. Jhr habt mir schon zweimal geschrieben, aber
noch nichts von meinen Stiefgeschwistern, auch noch nichts von dem
Kutscher Caspar und von den Hohenheimern und von ihnen allen.
Von Neuigkeiten kann ich euch wenig mittheilen, als daß Leonhard
Schweikard, Franz Joseph Maller vom Johannisberg und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jFeuilleton">
        <div type="jFeuilleton">
          <p><pb facs="#f0003" n="321"/><cb/>
Staaten. Was der Vater, die Mutter, was die Freunde und<lb/>
Angehörigen beim Scheine der Lampe am warmen Ofen in den<lb/>
langen Winterabenden lesen, was das Vaterland bewegt und<lb/>
erfreut, was unsere Schriftsteller in Prosa und Versen bringen,<lb/>
was Deutschland mit Jnteresse beregt; -- dieses Alles erfährt<lb/>
auf die mannichfaltigste Weise der Uebersiedler auch in den Ver.<lb/>
Staaten, in seiner neuen Heimath, und fühlt sich glücklich, der<lb/>
verlassenen nicht entrückt zu sein, fort zu leben im deutschen Sinne<lb/>
und Geiste, genährt und im Jnnern beruhigt durch Amerika's<lb/>
Boden und sichernde Jnstitutionen, im deutschen Wesen erkräftigt<lb/>
durch die deutsch = amerikanische Presse.</p><lb/>
          <p>Was wir wandern sahen nach dem Lande der Freiheit, von<lb/>
dem hier nur leichte Federzüge ein karges Bild gegeben, ist ein<lb/>
Geringes gegen die Auswanderung deutscher Stammgenossen,<lb/>
welche noch die Zukunft birgt. Wird Euch das Auge trübe,<lb/>
deutsche Jünglinge und Männer! -- bergt Jhr die blonden Locken<lb/>
in Euer naßgeweintes Tuch, Jhr edlen Jungfrauen deutscher<lb/>
Gaue! -- preßt Jhr ahnungsvoll Eure Kinder an das bang-<lb/>
klopfende Herz, Jhr treuen deutschen Frauen, wenn der hei-<lb/>
mathliche Strand, wenn das heilige deutsche Land Euch die letzten<lb/>
Küsten zeigt, wenn Meer und Nebel Euch aufnehmen: -- nur<lb/>
muthig vorwärts durch die grünen Wogen! Wo das Reich der<lb/><hi rendition="#g">Atlantis</hi> endigt, schließt die mühsame Fahrt und Amerika's<lb/>
waldumkränzte Ufer nehmen Euch gastlich auf; im Schooße der<lb/>
Zukunft liegt dort, im Stromthale des Mississippi, oder am frucht-<lb/>
baren Missouri = Ufer Euer bescheidenes, aber ruhiges Glück; der<lb/>
Gott, welcher Euch den Weg aus dem Vaterlande gezeigt, weiß<lb/>
eine andere bleibende Stätte für Euch! Er trocknet Eure Thränen<lb/>
des Abschiedes, Eure Thränen der Nahrungssorgen, er gibt Euch<lb/>
Brod im fernen Lande und legt in Eure Hände auch eine glück-<lb/>
lichere Zukunft für das verlassene Vaterland! --</p><lb/>
          <p>
            <space dim="horizontal"/>
            <ref>( Fortsetzung folgt. )</ref>
          </p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div type="letter">
        <head> <hi rendition="#c #fr">Fragmente aus Briefen.</hi> </head><lb/>
        <space dim="horizontal"/>
        <opener>
          <dateline><hi rendition="#g">Petropolis,</hi> den 1. December 1846.</dateline>
        </opener><lb/>
        <p>Gott zum Gruß, vielgeliebte Mutter, <abbr>ec.</abbr> Euren ersten Brief haben<lb/>
wir den 27. Juli erhalten, den zweiten den 27. October, den hat<lb/>
mir ein <hi rendition="#g">Heinrich Faulhaber</hi> von <hi rendition="#g">Rio Janeiro</hi> geschickt; den<lb/>
28. October bin ich sogleich nach <hi rendition="#g">Rio Janeiro,</hi> und habe auch<lb/>
H. Faulhaber besucht; den 29. gingen wir in der Stadt Janeiro<lb/>
spaziren; da trafen wir von ungefähr den <hi rendition="#g">Johannes Stumpf</hi> an,<lb/>
wir gingen mit ihm an die See und fuhren auf dem Schiffe, mit<lb/>
welchem er gekommen ist; da gab er mir gleich den Samen, welchen<lb/>
ihr mir geschickt habt. Wie ich den 31. Oct. nach Hause kam, habe<lb/>
ich gleich von allen Sorten gesäet; den 4. Nov. war es schon auf.<lb/>
Dieser Samen war mir lieber, als wenn ihr mir Alles geschickt hättet,<lb/>
da habe ich meinen einzigen Spaß daran; wenn ich in meinen Garten<lb/>
gehe, denke ich immer an euch, während alles so schön aufgegangen<lb/>
ist. Den 4. November bin ich nach <hi rendition="#g">Port Estrella</hi> gegangen und<lb/>
habe H. Faulhaber mit seiner Familie abgeholt; er ist bei uns auf<lb/>
der deutschen Kolonie, auch Joh. Stumpf und <hi rendition="#g">Vogel</hi> von <hi rendition="#g">Wacken-<lb/>
heim.</hi> Sie haben ihre Kolonie auch in <hi rendition="#g">Bingen,</hi> aber 1 Stunde<lb/>
von mir entfernt, sie müssen an meiner Thür vorbei gehen, sie haben<lb/>
aber mehr Land erhalten als wir; die haben 75 Brassen Breite,<lb/>
und 150 Brassen Länge, weil sie für ihr Geld herein gekommen<lb/>
sind. Aus euern Briefen habe ich vernommen, und auch Faulhaber<lb/>
und dessen Frau haben mir mündlich gesagt, daß ihr aufs Jahr zu<lb/>
uns kommen wollt, und daß meine Schwester <hi rendition="#g">Elisabeth</hi> mit ihnen<lb/>
hätte reisen wollen, was ihr aber nicht zugelassen hättet; ihr habt<lb/>
dadurch einen großen Fehler begangen, denn ihr hättet alle mit ihm<lb/><cb/>
fortmachen sollen. Wenn man hört Briefe lesen, welche aus Deutsch-<lb/>
land kommen, oder hört die neuen Einwanderer erzählen, wie es so<lb/>
schlecht bei euch sei, dann laufen einem die Augen über. Ach, wäret<lb/>
ihr nur von beiden Seiten bei uns, dann brauchtet ihr den Winter<lb/>
und die theure Zeit nicht mehr zu überstehen. Wenn ihr zu uns<lb/>
kommen wollt, dann laßt aber unsere Mutter nicht zurück bei dem<lb/>
Johann. Wenn ihr sie zurücklassen wollt, dann bleibt lieber bei<lb/>
ihr. Haltet euch aber allein und schaffet euch auf der Reise keine<lb/>
Bekanntschaft an, denn es haben sehr viele Mädchen auf der Reise<lb/>
ihr Glück verscherzt. Bringt euch auch keine Bekanntschaft von zu<lb/>
Hause mit, denn euer Geschäft läßt sich recht gut hier machen. Es<lb/>
ist gar kein Mädchen da, welche ein ordentliches Kleid machen kann;<lb/>
für ein solches zu machen, bekommt ihr 2 Milreis, nach Eurem Gelde<lb/>
3 fl., eine Haube zu waschen 10 Wendin oder 15 Xr., ein Kragen<lb/>
zu waschen 6 Wendin oder 9 Xr. Es ist keine auf der deutschen<lb/>
Kolonie, welche einen Strich fälteln kann. Wenn ihr Willens seid<lb/>
zu kommen, dann bringt auch viel Tüll und Moll, Band, Strickbaum-<lb/>
wolle, blauen Kattun und Spitzen mit, das ist hier sehr theuer. Viel-<lb/>
geliebte Schwäger <hi rendition="#g">Carl, Johann</hi> und <hi rendition="#g">Mathias,</hi> wenn ihr könnt,<lb/>
dann kommt auch zu uns; ihr könnt jetzt die Reise besser anfangen<lb/>
als wir. Jhr wisset doch, wohin ihr sollet; aber mit uns war es in<lb/>
die Lotterie gesetzt, und wir haben es doch gewonnen. Jch bin noch<lb/>
vor dem Thorschluß aus Europa gekommen. Wenn ihr kommt,<lb/>
kann man euch schon mit allen Sorten von Gemüsen, Kartoffeln und<lb/>
Salat aushelfen. Die grünen Bohnen und der Salat gehen uns<lb/>
nicht aus, aber wie wir hierher kamen, sahen wir nichts als Himmel<lb/>
und Wald. Wir haben auch schon schöne Straßen und Häuser gebaut,<lb/>
und schöne Gärten. Die welche zuletzt gekommen sind, verwundern<lb/>
sich über die viele Arbeit, die in einem Jahre gemacht sei. Jhr wollt<lb/>
auch wissen, was wir für Menschen angetroffen haben. Wir haben<lb/>
weiße, gelbe Mulatten, und eine Menge Schwarze angetroffen, und<lb/>
aus aller Herren Länder sind welche hier. Wir wohnen alle in brüder-<lb/>
licher Eintracht unter einander, <hi rendition="#g">alle Religionen und Religions-<lb/>
parteien haben gleiche Rechte,</hi> nur Juden haben wir nicht<lb/>
angetroffen. Vielgeliebter Herr Pfarrer <hi rendition="#g">Georgi,</hi> es hat mich herz-<lb/>
lich gefreut, daß Sie meiner noch gedenken. Sie möchten vielleicht<lb/>
auch hören, was unsere Hauptnahrungsmittel sind: dürre Bohnen,<lb/>
Vohrigen, Fuba, Carneseck, Reis, Kaffee, Zucker. Jch will Jhnen<lb/>
auch sagen, was Vohrigen sind; es ist eine Wurzel die heißt Maniock,<lb/>
die wird gedürrt, hernach ganz gemahlen und später in einer Pfanne<lb/>
geröstet; dann ist es wie bei euch der Gerstengries, das wird anstatt<lb/>
Brod gegessen und auf alle Art benutzt; was dort die Kartoffeln, das<lb/>
ist hier der Brodbaum. Fuba ist Welschkornmehl, es wird auch auf alle<lb/>
Art benutzt. Carneseck ist gedürrtes Rindfleisch. Wir leben doch schon<lb/>
nach deutscher Art. Wir backen doch schon unser Brod selbst, von<lb/>
etwas Weißmehl, Vohrigen und Fuba; das gibt ganz gutes Brod.<lb/>
Wenn ihr die Reise unternehmen wollt, so nehmt mit: Samen von<lb/>
allen Pflanzen und allen Früchten, die ihr in Deutschland habt, auch<lb/>
alle Arten Kleesamen und etliche Herrenhuter Kartoffeln. Euern Vetter<lb/><hi rendition="#g">Peter</hi> bringt mit. Die Reise ist nicht gefährlich aber beschwerlich.<lb/>
Auch 6 Plüschkappen bringt mit, 3 rothe und 3 farbige, 2 Tuch-<lb/>
kappen für mich und einen guten Freund, auch meinem Sohn <hi rendition="#g">Andreas</hi><lb/>
bringt eine mit; wir zahlen 3 fl. 30 Xr. für eine Kappe. Solltet<lb/>
ihr kommen, so schreibt gleich wieder, aber 2 Briefe hintereinander,<lb/>
so mache ich es auch. Jn einem Monat schreibe ich wieder. Seid Jhr in<lb/>
Rio Janeiro angekommen, dann schreibt mir gleich, ich komme dann<lb/>
zu Euch. Vielgeliebte Mutter und Schwiegermutter, suchet im Ge-<lb/>
sangbuche das Lied 381 Vers 4--5. Vielgeliebte Geschwister suchet<lb/>
ihr das Lied 625. Jhr habt mir schon zweimal geschrieben, aber<lb/>
noch nichts von meinen Stiefgeschwistern, auch noch nichts von dem<lb/>
Kutscher <hi rendition="#g">Caspar</hi> und von den <hi rendition="#g">Hohenheimern</hi> und von ihnen allen.<lb/>
Von Neuigkeiten kann ich euch wenig mittheilen, als daß Leonhard<lb/><hi rendition="#g">Schweikard,</hi> Franz Joseph <hi rendition="#g">Maller</hi> vom <hi rendition="#g">Johannisberg</hi> und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[321/0003] Staaten. Was der Vater, die Mutter, was die Freunde und Angehörigen beim Scheine der Lampe am warmen Ofen in den langen Winterabenden lesen, was das Vaterland bewegt und erfreut, was unsere Schriftsteller in Prosa und Versen bringen, was Deutschland mit Jnteresse beregt; -- dieses Alles erfährt auf die mannichfaltigste Weise der Uebersiedler auch in den Ver. Staaten, in seiner neuen Heimath, und fühlt sich glücklich, der verlassenen nicht entrückt zu sein, fort zu leben im deutschen Sinne und Geiste, genährt und im Jnnern beruhigt durch Amerika's Boden und sichernde Jnstitutionen, im deutschen Wesen erkräftigt durch die deutsch = amerikanische Presse. Was wir wandern sahen nach dem Lande der Freiheit, von dem hier nur leichte Federzüge ein karges Bild gegeben, ist ein Geringes gegen die Auswanderung deutscher Stammgenossen, welche noch die Zukunft birgt. Wird Euch das Auge trübe, deutsche Jünglinge und Männer! -- bergt Jhr die blonden Locken in Euer naßgeweintes Tuch, Jhr edlen Jungfrauen deutscher Gaue! -- preßt Jhr ahnungsvoll Eure Kinder an das bang- klopfende Herz, Jhr treuen deutschen Frauen, wenn der hei- mathliche Strand, wenn das heilige deutsche Land Euch die letzten Küsten zeigt, wenn Meer und Nebel Euch aufnehmen: -- nur muthig vorwärts durch die grünen Wogen! Wo das Reich der Atlantis endigt, schließt die mühsame Fahrt und Amerika's waldumkränzte Ufer nehmen Euch gastlich auf; im Schooße der Zukunft liegt dort, im Stromthale des Mississippi, oder am frucht- baren Missouri = Ufer Euer bescheidenes, aber ruhiges Glück; der Gott, welcher Euch den Weg aus dem Vaterlande gezeigt, weiß eine andere bleibende Stätte für Euch! Er trocknet Eure Thränen des Abschiedes, Eure Thränen der Nahrungssorgen, er gibt Euch Brod im fernen Lande und legt in Eure Hände auch eine glück- lichere Zukunft für das verlassene Vaterland! -- ( Fortsetzung folgt. ) Fragmente aus Briefen. Petropolis, den 1. December 1846. Gott zum Gruß, vielgeliebte Mutter, ec. Euren ersten Brief haben wir den 27. Juli erhalten, den zweiten den 27. October, den hat mir ein Heinrich Faulhaber von Rio Janeiro geschickt; den 28. October bin ich sogleich nach Rio Janeiro, und habe auch H. Faulhaber besucht; den 29. gingen wir in der Stadt Janeiro spaziren; da trafen wir von ungefähr den Johannes Stumpf an, wir gingen mit ihm an die See und fuhren auf dem Schiffe, mit welchem er gekommen ist; da gab er mir gleich den Samen, welchen ihr mir geschickt habt. Wie ich den 31. Oct. nach Hause kam, habe ich gleich von allen Sorten gesäet; den 4. Nov. war es schon auf. Dieser Samen war mir lieber, als wenn ihr mir Alles geschickt hättet, da habe ich meinen einzigen Spaß daran; wenn ich in meinen Garten gehe, denke ich immer an euch, während alles so schön aufgegangen ist. Den 4. November bin ich nach Port Estrella gegangen und habe H. Faulhaber mit seiner Familie abgeholt; er ist bei uns auf der deutschen Kolonie, auch Joh. Stumpf und Vogel von Wacken- heim. Sie haben ihre Kolonie auch in Bingen, aber 1 Stunde von mir entfernt, sie müssen an meiner Thür vorbei gehen, sie haben aber mehr Land erhalten als wir; die haben 75 Brassen Breite, und 150 Brassen Länge, weil sie für ihr Geld herein gekommen sind. Aus euern Briefen habe ich vernommen, und auch Faulhaber und dessen Frau haben mir mündlich gesagt, daß ihr aufs Jahr zu uns kommen wollt, und daß meine Schwester Elisabeth mit ihnen hätte reisen wollen, was ihr aber nicht zugelassen hättet; ihr habt dadurch einen großen Fehler begangen, denn ihr hättet alle mit ihm fortmachen sollen. Wenn man hört Briefe lesen, welche aus Deutsch- land kommen, oder hört die neuen Einwanderer erzählen, wie es so schlecht bei euch sei, dann laufen einem die Augen über. Ach, wäret ihr nur von beiden Seiten bei uns, dann brauchtet ihr den Winter und die theure Zeit nicht mehr zu überstehen. Wenn ihr zu uns kommen wollt, dann laßt aber unsere Mutter nicht zurück bei dem Johann. Wenn ihr sie zurücklassen wollt, dann bleibt lieber bei ihr. Haltet euch aber allein und schaffet euch auf der Reise keine Bekanntschaft an, denn es haben sehr viele Mädchen auf der Reise ihr Glück verscherzt. Bringt euch auch keine Bekanntschaft von zu Hause mit, denn euer Geschäft läßt sich recht gut hier machen. Es ist gar kein Mädchen da, welche ein ordentliches Kleid machen kann; für ein solches zu machen, bekommt ihr 2 Milreis, nach Eurem Gelde 3 fl., eine Haube zu waschen 10 Wendin oder 15 Xr., ein Kragen zu waschen 6 Wendin oder 9 Xr. Es ist keine auf der deutschen Kolonie, welche einen Strich fälteln kann. Wenn ihr Willens seid zu kommen, dann bringt auch viel Tüll und Moll, Band, Strickbaum- wolle, blauen Kattun und Spitzen mit, das ist hier sehr theuer. Viel- geliebte Schwäger Carl, Johann und Mathias, wenn ihr könnt, dann kommt auch zu uns; ihr könnt jetzt die Reise besser anfangen als wir. Jhr wisset doch, wohin ihr sollet; aber mit uns war es in die Lotterie gesetzt, und wir haben es doch gewonnen. Jch bin noch vor dem Thorschluß aus Europa gekommen. Wenn ihr kommt, kann man euch schon mit allen Sorten von Gemüsen, Kartoffeln und Salat aushelfen. Die grünen Bohnen und der Salat gehen uns nicht aus, aber wie wir hierher kamen, sahen wir nichts als Himmel und Wald. Wir haben auch schon schöne Straßen und Häuser gebaut, und schöne Gärten. Die welche zuletzt gekommen sind, verwundern sich über die viele Arbeit, die in einem Jahre gemacht sei. Jhr wollt auch wissen, was wir für Menschen angetroffen haben. Wir haben weiße, gelbe Mulatten, und eine Menge Schwarze angetroffen, und aus aller Herren Länder sind welche hier. Wir wohnen alle in brüder- licher Eintracht unter einander, alle Religionen und Religions- parteien haben gleiche Rechte, nur Juden haben wir nicht angetroffen. Vielgeliebter Herr Pfarrer Georgi, es hat mich herz- lich gefreut, daß Sie meiner noch gedenken. Sie möchten vielleicht auch hören, was unsere Hauptnahrungsmittel sind: dürre Bohnen, Vohrigen, Fuba, Carneseck, Reis, Kaffee, Zucker. Jch will Jhnen auch sagen, was Vohrigen sind; es ist eine Wurzel die heißt Maniock, die wird gedürrt, hernach ganz gemahlen und später in einer Pfanne geröstet; dann ist es wie bei euch der Gerstengries, das wird anstatt Brod gegessen und auf alle Art benutzt; was dort die Kartoffeln, das ist hier der Brodbaum. Fuba ist Welschkornmehl, es wird auch auf alle Art benutzt. Carneseck ist gedürrtes Rindfleisch. Wir leben doch schon nach deutscher Art. Wir backen doch schon unser Brod selbst, von etwas Weißmehl, Vohrigen und Fuba; das gibt ganz gutes Brod. Wenn ihr die Reise unternehmen wollt, so nehmt mit: Samen von allen Pflanzen und allen Früchten, die ihr in Deutschland habt, auch alle Arten Kleesamen und etliche Herrenhuter Kartoffeln. Euern Vetter Peter bringt mit. Die Reise ist nicht gefährlich aber beschwerlich. Auch 6 Plüschkappen bringt mit, 3 rothe und 3 farbige, 2 Tuch- kappen für mich und einen guten Freund, auch meinem Sohn Andreas bringt eine mit; wir zahlen 3 fl. 30 Xr. für eine Kappe. Solltet ihr kommen, so schreibt gleich wieder, aber 2 Briefe hintereinander, so mache ich es auch. Jn einem Monat schreibe ich wieder. Seid Jhr in Rio Janeiro angekommen, dann schreibt mir gleich, ich komme dann zu Euch. Vielgeliebte Mutter und Schwiegermutter, suchet im Ge- sangbuche das Lied 381 Vers 4--5. Vielgeliebte Geschwister suchet ihr das Lied 625. Jhr habt mir schon zweimal geschrieben, aber noch nichts von meinen Stiefgeschwistern, auch noch nichts von dem Kutscher Caspar und von den Hohenheimern und von ihnen allen. Von Neuigkeiten kann ich euch wenig mittheilen, als daß Leonhard Schweikard, Franz Joseph Maller vom Johannisberg und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription
Peter Fankhauser: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.

Weitere Informationen:

Siehe Dokumentation




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswanderer42_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswanderer42_1847/3
Zitationshilfe: Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 42. Rudolstadt, 19. Juli 1847, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswanderer42_1847/3>, abgerufen am 23.04.2024.