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Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 39. Rudolstadt, 28. Juni 1847.

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[Spaltenumbruch] die Faullenzerei gepriesen wird ) fehlen da nicht, nebst einer schö-
nen Natur, zu welcher man jeder Zeit, Tag und Nacht, freien
Zutritt hat."

Obgleich jeden Augenblick darauf hingewiesen wird, daß die
Kolonisten steinreiche Leute werden müssen, wenn sie auch weder
Hand noch Fuß rühren, weil die Tausend = Menschenkraft=Maschine
für sie arbeitet, so wird doch als Beweis, daß keine Regierungs-
abgaben erhoben werden können, angeführt: "wo nichts ist, da
hat der Kaiser das Recht verloren." -- Es seien uns nur noch
ein Paar Citate erlaubt, dann wollen wir gern zum Schlusse eilen:

"Jch will," schreibt der Verfasser, "hier nichts von den großen
Mitteln, Reichthum und Macht zu erwerben, nichts von den
Riesenkräften der Natur, des Windes, der Meereswogen u. s. w.,
nichts von Ackerbaumaschinen sagen, womit ein Mensch so viel
thun kann als jetzt tausend, was lauter Dinge sind, die theore-
tisch und praktisch zur Genüge bewiesen, aber noch neu sind, und
von denen der Leser, wenn er nicht mein "Paradies im Bereich
aller Menschen," oder mein "System der Mechanik" studirt, wohl
erst nach einer Generation, d. h. wenn die gegenwärtig lebenden
Gelehrten gestorben sind, und andere ihren Platz eingenommen
haben, aus gelehrten Büchern und Encyklopädien hören wird."

Der, um ein Menschenalter zu früh auf die Welt gekom-
mene Herr Etzler ist also zu gescheidt, um von der Gegenwart
nach Verdienst gewürdigt werden zu können. Welche Tollhäusler-
Jdeen müssen jene Werke enthalten, da er schon das vorliegende
"dazu bestimmt hat, den Leuten zu zeigen, daß sie alle leben
können wie die Engel im Himmel, nur mit dem Unterschiede,
daß sie sich satt essen und alle die guten Dinge dieser Welt
genießen können."

Die "Hitze" -- also ist es doch heiß in Tropenländern -- soll
durch "Wasserverdunstung" vermindert werden, und "zur weitern
Abkühlung" will man künstliches Eis bereiten, und die Thüren
und Fenster der Häuser mit nassen Tüchern oder Matten behängen.

Wir könnten noch viele ähnliche Dinge aus dem, von der
Ulmer Gesellschaft empfohlenen Werke anführen; diese werden
jedoch genügen, um es kaum denkbar erscheinen zu lassen, das
gepriesene Werk sei aus dem Gehirn eines nicht geistesirren
Mannes entsprungen.   --

Fragmente aus Briefen.
   

.... Friedrich aus Oberhammer, welcher uns endlich
Nachrichten von euch brachte, hat 6 Meilen von hier Land angekauft.
Das harte Mißgeschick, welches über ganz Deutschland gekommen, hat
uns die Freude, von euch etwas zu hören, freilich sehr getrübt; doch
wer weiß, zu was es gut ist!

Laß die Wellen stürzen über deine Bahn,
Laß die Stürme wüthen über deinem Kahn!
Schiffe ruhig weiter und verzage nicht;
Gott ist dein Begleiter! Er verlaßt dich nicht!

Auch uns haben trübe Aussichten in die Zukunft zur Auswanderung
bewogen, und unser jetziges Wohlbefinden in dem uns schon recht
theuer gewordenen Amerika herbeigeführt. Wir wollen zwar unsere
neue Heimath nicht blindlings preisen, denn es gibt ja nichts Voll-
kommenes auf der Welt; aber ohne Uebertreibung können wir sagen,
daß man gern entbehrt, was hier entbehrt werden muß, um des
mannigfachen Segens willen, der hier desto schwerer in die Wagschale
fällt. Ueberdieß leben wir, obschon im Busch, doch keineswegs wie
halbe Wilde. Die Wohnungen unsrer nächsten Nachbarn sind wohl
viertel =, halbe und ganze Stunden von uns entfernt; dieß hindert
aber den freundnachbarlichen Verkehr keineswegs, vielmehr besucht man
sich wechselsweise und weiß die Erholungsstunden sich recht angenehm
[Spaltenumbruch] zu würzen. Oft schon z. B. war Singkränzchen in unserem Hause,
wobei 20 -- 30 Stimmen mitwirkten. Und was ist schon die Frei-
heit allein werth, in welcher man hier lebt! Ohne Rücksicht auf
Stand und Würden wählt das Volk seine Obrigkeit sich selbst. Hüte
ziehen und Kratzfüße, Schmiegen und Biegen sind hier unbekannte
Dinge, geschweige, daß Jemand nach guter oder übler Laune der
Herren Beamten fragt. Die Gerichtsstuben sind stets für Jedermann
zugänglich; Niemand braucht erst unterthänig um Einlaß zu bitten.
Daher können nicht so viele Ungerechtigkeiten, wie bei euch, ungestraft
verübt werden. Selbst eines Präsidenten Fehler entgehen ihrem Schick-
sale nicht; sie fallen ohne Umstände der Oeffentlichkeit anheim und
bringen ihn sehr bald vom Amte.

Schullehrer finden nicht eher sichere Stellung hier, bis sie der
englischen Sprache mächtig sind; auch dann werden sie erst nur auf
Monate gedingt, und wer seiner Gemeinde nicht ansteht, der muß
alsbald sich weiter umsehen. Gustav Macholdt hat daher von
Glück zu sagen, daß er in Columbus als Schul = und Musiklehrer
festen Fuß fassen konnte und jetzt sich schon auf 1000 Thlr. jährlich
steht. Viel sicherer ist die Existenz auf Grundbesitz. Da kann man
bald ohne viele Mühe und Arbeit ein frohes und sorgenfreies Leben
führen. Denn wer sein Land ums Drittheil bauen läßt, hat sich um
weiter gar nichts zu kümmern; die Frucht wird einem nach dem
Dreschen zugemessen. Wer aber sich den Halbpart ausbedingt, muß
auch die Hälfte Samen geben, einfahren und dreschen. Wir haben
erst 41 Acker urbar, und das letzte Mal von 17 Ackern 350 Bushel
( 1 Bushel == 2 Königseer Achtel ) , Weizen geerntet, vom übrigen
Land Roggen, Welschkorn und andere Früchte nach Verhältniß. Für
gutes ungeklärtes Land muß man hier schon 6 Dollar geben, 1 Acker
urbar zu machen kostet gegen 12 D. Frucht ist jetzt etwas im Preise
gestiegen, der Bushel Weizen von 50 auf 75 Cent, und wird wohl
noch auf 1 Dollar kommen. Die Abgaben sind sehr unbedeutend;
auf unser ganzes taxbares Eigenthum ( 84 Acker Land, 8 Stück Rindvieh,
20 Schafe, 30 Schweine, wovon wir diesen Winter 11 Stück ge-
schlachtet, und 2 Pferde ) zahlen wir jährlich 3 D.

Kästner aus Blankenburg wohnt 10 engl. Meilen von uns,
und sein Sohn Heinrich hat ganz in der Nähe einen storc ( Kauf-
laden ) errichtet. Der junge Gläser soll im Neulancaster als Musik-
lehrer mit 300 D. Gehalt angestellt sein. Vorigen Herbst hat uns
Friedrich Meier aus Milbitz besucht. Ernst Nothnagel hat
seinen Wirkungskreis in unserer Umgebung; er hat viel zu thun, ver-
dient viel Geld und wird von allen hochgeschätzt. Neulich wechselte
er Gold ein, um seiner Mutter eine Unterstützung zu schicken, es
wurde ihm aber gestohlen. Jn unserm letzten Briefe haben unsere
Kinder dem guten Onkel Heinrich und seinen Kindern, wenn sie zu
uns kämen, eine Kuh versprochen; da wir jedoch, wie es scheint,
vergeblich darauf hoffen, so ersuche ich Dich, ihm den Werth derselben,
nämlich 10 Laubthaler, als eine Liebesgabe von uns zu überreichen;
dankbar werden wir Dir bei Gelegenheit diesen Betrag zurückerstatten.
Gern bestimmte ich ein Mehreres zu solchem Zwecke, hätte ich nicht selbst
8 Kinder zu versorgen und wäre ich nicht eben im Begriff, für die beiden
ältesten, Leander und Aßmuth, jedem 80 Acker Land zu kaufen.

Wer uns aufsuchen will, gehe von Newyork abwechselnd pr.
Dampfschiff und Eisenbahn nach Portland am Eriesee, und von
da pr. Eisenbahn über Vorpool nach Orokon, wohin wir nur 2
Stunden haben. Dankbar würden wir es erkennen, wenn uns Jemand
die "Stunden der Andacht" mitbrächte. Wem ein Jnstrument Bedürfniß
ist, thut wohl, es sich mitzubringen; für ein dergleichen, was dort 80
Thlr. kostet, muß man hier 300 D. bezahlen. Auf Speculation aber
Jnstrumente mitzunehmen, möchte ich Niemand rathen.

Herzliche Grüße an alle unsere Freunde und Bekannte in Milbitz,
Paulinzelle, Gösselborn, Geilsdorf und Horba!

   Johann Caspar Schubert.

[Spaltenumbruch] die Faullenzerei gepriesen wird ) fehlen da nicht, nebst einer schö-
nen Natur, zu welcher man jeder Zeit, Tag und Nacht, freien
Zutritt hat.“

Obgleich jeden Augenblick darauf hingewiesen wird, daß die
Kolonisten steinreiche Leute werden müssen, wenn sie auch weder
Hand noch Fuß rühren, weil die Tausend = Menschenkraft=Maschine
für sie arbeitet, so wird doch als Beweis, daß keine Regierungs-
abgaben erhoben werden können, angeführt: „wo nichts ist, da
hat der Kaiser das Recht verloren.“ -- Es seien uns nur noch
ein Paar Citate erlaubt, dann wollen wir gern zum Schlusse eilen:

„Jch will,“ schreibt der Verfasser, „hier nichts von den großen
Mitteln, Reichthum und Macht zu erwerben, nichts von den
Riesenkräften der Natur, des Windes, der Meereswogen u. s. w.,
nichts von Ackerbaumaschinen sagen, womit ein Mensch so viel
thun kann als jetzt tausend, was lauter Dinge sind, die theore-
tisch und praktisch zur Genüge bewiesen, aber noch neu sind, und
von denen der Leser, wenn er nicht mein „Paradies im Bereich
aller Menschen,“ oder mein „System der Mechanik“ studirt, wohl
erst nach einer Generation, d. h. wenn die gegenwärtig lebenden
Gelehrten gestorben sind, und andere ihren Platz eingenommen
haben, aus gelehrten Büchern und Encyklopädien hören wird.“

Der, um ein Menschenalter zu früh auf die Welt gekom-
mene Herr Etzler ist also zu gescheidt, um von der Gegenwart
nach Verdienst gewürdigt werden zu können. Welche Tollhäusler-
Jdeen müssen jene Werke enthalten, da er schon das vorliegende
„dazu bestimmt hat, den Leuten zu zeigen, daß sie alle leben
können wie die Engel im Himmel, nur mit dem Unterschiede,
daß sie sich satt essen und alle die guten Dinge dieser Welt
genießen können.“

Die „Hitze“ -- also ist es doch heiß in Tropenländern -- soll
durch „Wasserverdunstung“ vermindert werden, und „zur weitern
Abkühlung“ will man künstliches Eis bereiten, und die Thüren
und Fenster der Häuser mit nassen Tüchern oder Matten behängen.

Wir könnten noch viele ähnliche Dinge aus dem, von der
Ulmer Gesellschaft empfohlenen Werke anführen; diese werden
jedoch genügen, um es kaum denkbar erscheinen zu lassen, das
gepriesene Werk sei aus dem Gehirn eines nicht geistesirren
Mannes entsprungen.   --

Fragmente aus Briefen.
   

.... Friedrich aus Oberhammer, welcher uns endlich
Nachrichten von euch brachte, hat 6 Meilen von hier Land angekauft.
Das harte Mißgeschick, welches über ganz Deutschland gekommen, hat
uns die Freude, von euch etwas zu hören, freilich sehr getrübt; doch
wer weiß, zu was es gut ist!

Laß die Wellen stürzen über deine Bahn,
Laß die Stürme wüthen über deinem Kahn!
Schiffe ruhig weiter und verzage nicht;
Gott ist dein Begleiter! Er verlaßt dich nicht!

Auch uns haben trübe Aussichten in die Zukunft zur Auswanderung
bewogen, und unser jetziges Wohlbefinden in dem uns schon recht
theuer gewordenen Amerika herbeigeführt. Wir wollen zwar unsere
neue Heimath nicht blindlings preisen, denn es gibt ja nichts Voll-
kommenes auf der Welt; aber ohne Uebertreibung können wir sagen,
daß man gern entbehrt, was hier entbehrt werden muß, um des
mannigfachen Segens willen, der hier desto schwerer in die Wagschale
fällt. Ueberdieß leben wir, obschon im Busch, doch keineswegs wie
halbe Wilde. Die Wohnungen unsrer nächsten Nachbarn sind wohl
viertel =, halbe und ganze Stunden von uns entfernt; dieß hindert
aber den freundnachbarlichen Verkehr keineswegs, vielmehr besucht man
sich wechselsweise und weiß die Erholungsstunden sich recht angenehm
[Spaltenumbruch] zu würzen. Oft schon z. B. war Singkränzchen in unserem Hause,
wobei 20 -- 30 Stimmen mitwirkten. Und was ist schon die Frei-
heit allein werth, in welcher man hier lebt! Ohne Rücksicht auf
Stand und Würden wählt das Volk seine Obrigkeit sich selbst. Hüte
ziehen und Kratzfüße, Schmiegen und Biegen sind hier unbekannte
Dinge, geschweige, daß Jemand nach guter oder übler Laune der
Herren Beamten fragt. Die Gerichtsstuben sind stets für Jedermann
zugänglich; Niemand braucht erst unterthänig um Einlaß zu bitten.
Daher können nicht so viele Ungerechtigkeiten, wie bei euch, ungestraft
verübt werden. Selbst eines Präsidenten Fehler entgehen ihrem Schick-
sale nicht; sie fallen ohne Umstände der Oeffentlichkeit anheim und
bringen ihn sehr bald vom Amte.

Schullehrer finden nicht eher sichere Stellung hier, bis sie der
englischen Sprache mächtig sind; auch dann werden sie erst nur auf
Monate gedingt, und wer seiner Gemeinde nicht ansteht, der muß
alsbald sich weiter umsehen. Gustav Macholdt hat daher von
Glück zu sagen, daß er in Columbus als Schul = und Musiklehrer
festen Fuß fassen konnte und jetzt sich schon auf 1000 Thlr. jährlich
steht. Viel sicherer ist die Existenz auf Grundbesitz. Da kann man
bald ohne viele Mühe und Arbeit ein frohes und sorgenfreies Leben
führen. Denn wer sein Land ums Drittheil bauen läßt, hat sich um
weiter gar nichts zu kümmern; die Frucht wird einem nach dem
Dreschen zugemessen. Wer aber sich den Halbpart ausbedingt, muß
auch die Hälfte Samen geben, einfahren und dreschen. Wir haben
erst 41 Acker urbar, und das letzte Mal von 17 Ackern 350 Bushel
( 1 Bushel == 2 Königseer Achtel ) , Weizen geerntet, vom übrigen
Land Roggen, Welschkorn und andere Früchte nach Verhältniß. Für
gutes ungeklärtes Land muß man hier schon 6 Dollar geben, 1 Acker
urbar zu machen kostet gegen 12 D. Frucht ist jetzt etwas im Preise
gestiegen, der Bushel Weizen von 50 auf 75 Cent, und wird wohl
noch auf 1 Dollar kommen. Die Abgaben sind sehr unbedeutend;
auf unser ganzes taxbares Eigenthum ( 84 Acker Land, 8 Stück Rindvieh,
20 Schafe, 30 Schweine, wovon wir diesen Winter 11 Stück ge-
schlachtet, und 2 Pferde ) zahlen wir jährlich 3 D.

Kästner aus Blankenburg wohnt 10 engl. Meilen von uns,
und sein Sohn Heinrich hat ganz in der Nähe einen storc ( Kauf-
laden ) errichtet. Der junge Gläser soll im Neulancaster als Musik-
lehrer mit 300 D. Gehalt angestellt sein. Vorigen Herbst hat uns
Friedrich Meier aus Milbitz besucht. Ernst Nothnagel hat
seinen Wirkungskreis in unserer Umgebung; er hat viel zu thun, ver-
dient viel Geld und wird von allen hochgeschätzt. Neulich wechselte
er Gold ein, um seiner Mutter eine Unterstützung zu schicken, es
wurde ihm aber gestohlen. Jn unserm letzten Briefe haben unsere
Kinder dem guten Onkel Heinrich und seinen Kindern, wenn sie zu
uns kämen, eine Kuh versprochen; da wir jedoch, wie es scheint,
vergeblich darauf hoffen, so ersuche ich Dich, ihm den Werth derselben,
nämlich 10 Laubthaler, als eine Liebesgabe von uns zu überreichen;
dankbar werden wir Dir bei Gelegenheit diesen Betrag zurückerstatten.
Gern bestimmte ich ein Mehreres zu solchem Zwecke, hätte ich nicht selbst
8 Kinder zu versorgen und wäre ich nicht eben im Begriff, für die beiden
ältesten, Leander und Aßmuth, jedem 80 Acker Land zu kaufen.

Wer uns aufsuchen will, gehe von Newyork abwechselnd pr.
Dampfschiff und Eisenbahn nach Portland am Eriesee, und von
da pr. Eisenbahn über Vorpool nach Orokon, wohin wir nur 2
Stunden haben. Dankbar würden wir es erkennen, wenn uns Jemand
die „Stunden der Andacht“ mitbrächte. Wem ein Jnstrument Bedürfniß
ist, thut wohl, es sich mitzubringen; für ein dergleichen, was dort 80
Thlr. kostet, muß man hier 300 D. bezahlen. Auf Speculation aber
Jnstrumente mitzunehmen, möchte ich Niemand rathen.

Herzliche Grüße an alle unsere Freunde und Bekannte in Milbitz,
Paulinzelle, Gösselborn, Geilsdorf und Horba!

   Johann Caspar Schubert.
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[299/0005] die Faullenzerei gepriesen wird ) fehlen da nicht, nebst einer schö- nen Natur, zu welcher man jeder Zeit, Tag und Nacht, freien Zutritt hat.“ Obgleich jeden Augenblick darauf hingewiesen wird, daß die Kolonisten steinreiche Leute werden müssen, wenn sie auch weder Hand noch Fuß rühren, weil die Tausend = Menschenkraft=Maschine für sie arbeitet, so wird doch als Beweis, daß keine Regierungs- abgaben erhoben werden können, angeführt: „wo nichts ist, da hat der Kaiser das Recht verloren.“ -- Es seien uns nur noch ein Paar Citate erlaubt, dann wollen wir gern zum Schlusse eilen: „Jch will,“ schreibt der Verfasser, „hier nichts von den großen Mitteln, Reichthum und Macht zu erwerben, nichts von den Riesenkräften der Natur, des Windes, der Meereswogen u. s. w., nichts von Ackerbaumaschinen sagen, womit ein Mensch so viel thun kann als jetzt tausend, was lauter Dinge sind, die theore- tisch und praktisch zur Genüge bewiesen, aber noch neu sind, und von denen der Leser, wenn er nicht mein „Paradies im Bereich aller Menschen,“ oder mein „System der Mechanik“ studirt, wohl erst nach einer Generation, d. h. wenn die gegenwärtig lebenden Gelehrten gestorben sind, und andere ihren Platz eingenommen haben, aus gelehrten Büchern und Encyklopädien hören wird.“ Der, um ein Menschenalter zu früh auf die Welt gekom- mene Herr Etzler ist also zu gescheidt, um von der Gegenwart nach Verdienst gewürdigt werden zu können. Welche Tollhäusler- Jdeen müssen jene Werke enthalten, da er schon das vorliegende „dazu bestimmt hat, den Leuten zu zeigen, daß sie alle leben können wie die Engel im Himmel, nur mit dem Unterschiede, daß sie sich satt essen und alle die guten Dinge dieser Welt genießen können.“ Die „Hitze“ -- also ist es doch heiß in Tropenländern -- soll durch „Wasserverdunstung“ vermindert werden, und „zur weitern Abkühlung“ will man künstliches Eis bereiten, und die Thüren und Fenster der Häuser mit nassen Tüchern oder Matten behängen. Wir könnten noch viele ähnliche Dinge aus dem, von der Ulmer Gesellschaft empfohlenen Werke anführen; diese werden jedoch genügen, um es kaum denkbar erscheinen zu lassen, das gepriesene Werk sei aus dem Gehirn eines nicht geistesirren Mannes entsprungen. -- S. Fragmente aus Briefen. Seneca County, Springville Township ( Ohio ) . .... Friedrich aus Oberhammer, welcher uns endlich Nachrichten von euch brachte, hat 6 Meilen von hier Land angekauft. Das harte Mißgeschick, welches über ganz Deutschland gekommen, hat uns die Freude, von euch etwas zu hören, freilich sehr getrübt; doch wer weiß, zu was es gut ist! Laß die Wellen stürzen über deine Bahn, Laß die Stürme wüthen über deinem Kahn! Schiffe ruhig weiter und verzage nicht; Gott ist dein Begleiter! Er verlaßt dich nicht! Auch uns haben trübe Aussichten in die Zukunft zur Auswanderung bewogen, und unser jetziges Wohlbefinden in dem uns schon recht theuer gewordenen Amerika herbeigeführt. Wir wollen zwar unsere neue Heimath nicht blindlings preisen, denn es gibt ja nichts Voll- kommenes auf der Welt; aber ohne Uebertreibung können wir sagen, daß man gern entbehrt, was hier entbehrt werden muß, um des mannigfachen Segens willen, der hier desto schwerer in die Wagschale fällt. Ueberdieß leben wir, obschon im Busch, doch keineswegs wie halbe Wilde. Die Wohnungen unsrer nächsten Nachbarn sind wohl viertel =, halbe und ganze Stunden von uns entfernt; dieß hindert aber den freundnachbarlichen Verkehr keineswegs, vielmehr besucht man sich wechselsweise und weiß die Erholungsstunden sich recht angenehm zu würzen. Oft schon z. B. war Singkränzchen in unserem Hause, wobei 20 -- 30 Stimmen mitwirkten. Und was ist schon die Frei- heit allein werth, in welcher man hier lebt! Ohne Rücksicht auf Stand und Würden wählt das Volk seine Obrigkeit sich selbst. Hüte ziehen und Kratzfüße, Schmiegen und Biegen sind hier unbekannte Dinge, geschweige, daß Jemand nach guter oder übler Laune der Herren Beamten fragt. Die Gerichtsstuben sind stets für Jedermann zugänglich; Niemand braucht erst unterthänig um Einlaß zu bitten. Daher können nicht so viele Ungerechtigkeiten, wie bei euch, ungestraft verübt werden. Selbst eines Präsidenten Fehler entgehen ihrem Schick- sale nicht; sie fallen ohne Umstände der Oeffentlichkeit anheim und bringen ihn sehr bald vom Amte. Schullehrer finden nicht eher sichere Stellung hier, bis sie der englischen Sprache mächtig sind; auch dann werden sie erst nur auf Monate gedingt, und wer seiner Gemeinde nicht ansteht, der muß alsbald sich weiter umsehen. Gustav Macholdt hat daher von Glück zu sagen, daß er in Columbus als Schul = und Musiklehrer festen Fuß fassen konnte und jetzt sich schon auf 1000 Thlr. jährlich steht. Viel sicherer ist die Existenz auf Grundbesitz. Da kann man bald ohne viele Mühe und Arbeit ein frohes und sorgenfreies Leben führen. Denn wer sein Land ums Drittheil bauen läßt, hat sich um weiter gar nichts zu kümmern; die Frucht wird einem nach dem Dreschen zugemessen. Wer aber sich den Halbpart ausbedingt, muß auch die Hälfte Samen geben, einfahren und dreschen. Wir haben erst 41 Acker urbar, und das letzte Mal von 17 Ackern 350 Bushel ( 1 Bushel == 2 Königseer Achtel ) , Weizen geerntet, vom übrigen Land Roggen, Welschkorn und andere Früchte nach Verhältniß. Für gutes ungeklärtes Land muß man hier schon 6 Dollar geben, 1 Acker urbar zu machen kostet gegen 12 D. Frucht ist jetzt etwas im Preise gestiegen, der Bushel Weizen von 50 auf 75 Cent, und wird wohl noch auf 1 Dollar kommen. Die Abgaben sind sehr unbedeutend; auf unser ganzes taxbares Eigenthum ( 84 Acker Land, 8 Stück Rindvieh, 20 Schafe, 30 Schweine, wovon wir diesen Winter 11 Stück ge- schlachtet, und 2 Pferde ) zahlen wir jährlich 3 D. Kästner aus Blankenburg wohnt 10 engl. Meilen von uns, und sein Sohn Heinrich hat ganz in der Nähe einen storc ( Kauf- laden ) errichtet. Der junge Gläser soll im Neulancaster als Musik- lehrer mit 300 D. Gehalt angestellt sein. Vorigen Herbst hat uns Friedrich Meier aus Milbitz besucht. Ernst Nothnagel hat seinen Wirkungskreis in unserer Umgebung; er hat viel zu thun, ver- dient viel Geld und wird von allen hochgeschätzt. Neulich wechselte er Gold ein, um seiner Mutter eine Unterstützung zu schicken, es wurde ihm aber gestohlen. Jn unserm letzten Briefe haben unsere Kinder dem guten Onkel Heinrich und seinen Kindern, wenn sie zu uns kämen, eine Kuh versprochen; da wir jedoch, wie es scheint, vergeblich darauf hoffen, so ersuche ich Dich, ihm den Werth derselben, nämlich 10 Laubthaler, als eine Liebesgabe von uns zu überreichen; dankbar werden wir Dir bei Gelegenheit diesen Betrag zurückerstatten. Gern bestimmte ich ein Mehreres zu solchem Zwecke, hätte ich nicht selbst 8 Kinder zu versorgen und wäre ich nicht eben im Begriff, für die beiden ältesten, Leander und Aßmuth, jedem 80 Acker Land zu kaufen. Wer uns aufsuchen will, gehe von Newyork abwechselnd pr. Dampfschiff und Eisenbahn nach Portland am Eriesee, und von da pr. Eisenbahn über Vorpool nach Orokon, wohin wir nur 2 Stunden haben. Dankbar würden wir es erkennen, wenn uns Jemand die „Stunden der Andacht“ mitbrächte. Wem ein Jnstrument Bedürfniß ist, thut wohl, es sich mitzubringen; für ein dergleichen, was dort 80 Thlr. kostet, muß man hier 300 D. bezahlen. Auf Speculation aber Jnstrumente mitzunehmen, möchte ich Niemand rathen. Herzliche Grüße an alle unsere Freunde und Bekannte in Milbitz, Paulinzelle, Gösselborn, Geilsdorf und Horba! April, 1847. Johann Caspar Schubert.

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Zitationshilfe: Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 39. Rudolstadt, 28. Juni 1847, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswanderer39_1847/5>, abgerufen am 25.04.2024.