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Allgemeine Zeitung. Nr. 74. Augsburg (Bayern), 15. März 1871.

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[Spaltenumbruch] Das letzte Consistorium ist noch des größern Antheils halber bemerkens-
werth welcher dem Secretariat der Breven an seinen Acten eingeräumt war.
Unter den 26 präconisirten Bischöfen wurden nur 10 nach der Präsentation
vom Papste den Cardinälen zur Präconisation vorgeschlagen, näm-
lich die von Elvas, Portoviejo, Martinique, Würzburg, Aguapo
( Tamaulipas ) , Philadelphia in part., Gerasa in part., Arsinoe in
part
., Joppe in part., Dora in part.; die übrigen 16, unter denen die
Cardinäle Patrizi, Amat, Sacconi, der Bischof von Agen, von Brünn ec.,
ernannte ein Breve oder die Propaganda, der sonst nur zusteht die Sitze
in den von ihr abhängigen Missionen in und außer Europa zu versehen.
Ueber den Bischof Reißmann von Würzburg liest man in den Consistorial-
acten: Vir doctrina, gravitate, prudentia, morum honestate, rerum-
que usu praeditus, dignus eapropter censendus, qui memoratae Herbi-
polen. Ecclesiae in Episcopum praeficiatur
. -- Das in Florentiner Blät-
tern mitgetheilte Telegramm der Agenzia Stefani mit dem Jnhalt einer
Allocution, welche der Papst am Montag im Consistorium gehalten habe, macht
seinem Verfasser keine Ehre, denn die Allocution existirt nicht. Der gestrige
"Osservatore Romano" ist ermächtigt sie durchweg für eine Erfindung zu
erklären. -- Die officielle Zeitung veröffentlichte das erste kgl. Expropria-
tionsdecret, das acht der größten Klöster trifft ( Philippiner, Minoriten,
Augustiner, Dominicaner, Theatiner, Signori della Missione, Clarissin-
nen, Augustinerinnen ) . Rom hat 32 geistliche Körperschaften, deren jed-
wede 2--6 oft sehr geräumige Klöster besitzt. Unter diesen wurde aus-
gewählt. Binnen 14 Tagen müssen jene acht zu Staatsgebäuden be-
stimmten Klöster geräumt sein, ihre Rente wird in die öffentliche Schuld zu
Gunsten der bisherigen Eigenthümer notirt. Diese siedeln in andere
Convente derselben Regel über. Jhre Kirchen und Bibliotheken werden
erhalten.

Verschiedenes.

: München, 13 März. Der bayerische Landeshülfsverein hat
durch seinen Delegirten Grafen v. Drechsel, auf Grund der von den HH. Filchner
und Rosenthal persönlich an Ort und Stelle gepflogenen Erhebungen, die Er-
richtung passender Gedenksäulen über den Massen=Grabstätten gefallener
Bayern zu Beaumont und bei der Ferme von Beauvilliers bei Loigny vermittelt.

k Erlangen. 13 März. Heute Nachmittags wurden auf dem hiesi-
gen Friedhofe die irdischen Ueberreste des vorgestern in der Frühe hier verstor-
benen Hofraths August Boden beigesetzt. Er war ein Mann von edlem Cha-
rakter, von gründlichem und reichem Wissen und von großer Herzensgüte. Als
Schriftsteller ( er war auch vieljähriger Mitarbeiter der "Allg. Ztg." ) , hat er
sich einen sehr geachteten Namen in weiten Kreisen erworben, und durch sein
aufrichtiges Wohlwollen gegen jedermann sich auch hier viele Herzen gewon-
nen. Wiewohl er schon vor seinem Aufenthalt hierselbst, der nur die letzten
schwereren Jahre seines Lebens umfaßte, von einem langwierigen körperlichen
Leiden, das ihm das Ausgehen unmöglich machte, befallen und daher an seine
Wohnung beständig gefesselt war, hatte er sich doch in kurzer Zeit einen gro-
ßen Kreis achtbarer Männer an hiesigem Orte zu Freunden erworben. Das
gründliche umfassende Wissen das er besaß, der scharfe Verstand der ihm bei
aller Gebrechlichkeit zu eigen blieb, die reiche Erfahrung die aus ihm sprach,
vor allem sein unbestechlicher Rechtssinn und sein milder friedliebender Geist
sicherten ihm bleibend den Umgang seiner theilnehmenden Freunde. Mit gro-
ßer Geduld hat er sein langes Leiden bis ans Ende getragen, und einen sanf-
ten und friedlichen Ausgang aus dieser Welt genommen.

* Berlin. Deutsche Jnvaliden=Stiftung. Die "Vlks=Ztg." bringt
folgende ebenso beunruhigende als befremdende Notiz: "Zur Erweiterung und
resp. Ausführung des Statuts der deutschen Jnvaliden=Stiftung waren, wie
wir hören, bereits in diesen Tagen Deputirte des Centralcomit e's, des geschäfts-
führenden Ausschusses der Victoria=National=Jnvaliden=Stiftung und aus den
süddeutschen Staaten hier zusammengetreten. Man ist jedoch weder in jener
noch in dieser Beziehung zu einem Ergebniß gelangt, sondern unverrichteter
Sache auseinander gegangen. Unrichtig ist somit auch die Annahme daß das
Statut über die mitgetheilten äußeren oder persönlichen Arrangements hinaus,
überhaupt die ganze Organisation der Stiftung schon eine vollendete durch Ge-
nehmigung des Kaisers abgeschlossene Thatsache sei."

sym10 Wien, 10 März. Heute hat das Plaidoyer in dem Preßprocesse
der Zeitschrift " Oeconomist " wegen der berufenen Artikel begonnen, welcher
sich, dadurch daß die Person des Grafen Beust hineingezogen und eine Menge
bekannter Persönlichkeiten als Zeugen vorgeladen worden, zu einer cause celebre
gestaltet hat. Der Proceß nahm einen interessanten Verlauf, denn der Beklagte,
Herausgeber der "Volkswirthschaftlichen Presse," hatte behauptet: die Artikel
welche Kläger Sommerfeld in dem "Oeconomist" gegen den Grafen Beust und
über dessen Stellung zum türkischen Bahnbau brachte, und welche seiner Zeit
viel von sich reden machten, seien erlogen und "mit preußischem Gelde bezahlt"
worden, und hatte nun den Beweis für seine Behauptung anzutreten, während
der Kläger seinerseits beweisen sollte daß die Artikel auf Wahrheit beruhen.
Es ergab sich aus dem Zeugenverhör, wenn auch die Hrn. Sommerfeld ge-
machte schmutzige Unterstellung, daß er nämlich Geld genommen, als unbe-
gründet wegfiel, daß der Jnhalt all der gegen den Grafen Beust gerichteten
Artikel auf Erfindungen und Klatschereien beruhte, welche Hrn. Sommerfeld
von dem Mitherausgeber des "Oeconomist," Frhrn. v. Sommaruga, zugetra-
gen worden, der sich im Verhör in grelle Widersprüche verwickelte, und z. B.
[Spaltenumbruch] von Regierungsrath Dr. v. Orges überwiesen wurde daß ein Gespräch mit ihm,
aus welchem Sommaruga thatsächliche Angaben geschöpft haben will, erst nach
dem Erscheinen der Artikel im "Occonomist" auf der Straße stattgefunden habe.
Kurz, der Verlauf des Processes gestaltete sich für den Reichskanzler vielmehr
zu einer Ehrenrettung. ( Uns hat der Proceß den Eindruck gemacht als sei hier
ein ganz ehrenwerther, aber krankhaft reizbarer und verbissener Mann -- Re-
dacteur Sommerfeld -- von dritten Personen, welche deutlich genug durch den
Schleier des Zeugenverhörs erkennbar sind, in gewissenlosester Weise zum Käm-
pen für eine gemeine aus politischer Gegnerschast und persönlichem Hasse zu-
sammengesponnene Jntrigue mißbraucht worden, und müsse jetzt mit Ruf und
Stellung die Zeche zahlen, während die Faiseurs den Kopf aus der Schlinge
ziehen. D. R. )

Paris, 10 März. Der "Figaro" theilt über das Eisenbahnunglück
welches auf der Westbahn stattfand folgende Einzelheiten mit: "Ein Zug preu-
ßischer Kranker und Verwundeter, welcher von französischen Beamten der West-
bahn geführt wurde, begab sich von Mans nach Pantin um von dort nach
Deutschland abgeführt zu werden. Der Zug bestand aus 32 Wagen, und in
jedem Wagen waren 20 bis 25 Mann. Um 7 Uhr, im Augenblicke wo der
Zug in den Eisenbahnhof von Puteaux einlief, sah der Zugführer daß ein Zug
des Weichbildes von Paris, der zu spät angekommen war, schon die Bahn
besetzt hielt. Er hielt sofort an, und der Eisenbahn=Jnspector gab das Signal
daß die Bahn besetzt sei. Jn dem nämlichen Augenblicke kam ein Waarenzug,
der dem Krankenzuge folgte, mit voller Dampfkraft angefahren. Was sich er-
eignete wissen wir nicht! Waren die Signale noch nicht gemacht, oder hatten
sie die Maschinisten nicht verstanden? Wir wissen es nicht. Jmmerhin fuhr
der Waarenzug mit aller Gewalt gegen die letzten Wagen des preußischen Zuges
an; der Stoß war furchtbar. Von 32 Wagen wurden 19, mit den Unglück-
lichen die sich in denselben befanden, zertrümmert. ( Nach dem Berichte des "Dresd.
Journ." sind diese Angaben glücklicherweise sehr übertrieben. D. R. ) Die Loco-
motive des Waarenzuges gieng ebenfalls in Stücke, wie auch die sechs ersten Wagen
desselben. Die französischen Beamten welche den preußischen Zug führten
wurden nicht verwundet. Sobald die Nachricht von diesem Unfalle nach Paris
gelangte, sandte der Director sofort einen Rettungszug ab, in welchem er Platz
nahm." -- Die Direction der Westbahn hat über diesen Unglücksfall folgende
Note veröffentlicht: "Nach dem Wortlaute des zwischen der französischen Regie-
rung und den deutschen Behörden am 28 Jan. abgeschlossenen Vertrages wird
die Circulation der Züge in der occupirten Zone von den deutschen Behörden
geregelt, und die Circulation findet auf Verantwortlichkeit der Regierung statt
welcher der Zug angehört. Gestern Abends gegen 7 Uhr wurde ein Zug mit
deutschen Verwundeten, der von Mans kam, in dem Bahnhofe von Puteaux
von einem deutschen Waarenzug erreicht der von Versailles abgegangen war.
Ein Zusammenstoß fand statt, bei welchem ernste Unglücksfälle zu bedauern sind.
Die Versailler Bahn wird dem Verkehr heute wieder übergeben werden."

Jndustrie, Handel und Verkehr.

sym5 München, 13 März. Jn der heutigen ordentlichen Generalversamm-
lung der bayerischen Hypotheken- und Wechselbank waren 30 Actionäre
mit 286 Stimmen vertreten. Der vorgetragene Rechenschaftsbericht für 1870
lieferte, der kriegerischen Zeitverhältnisse ungeachtet, ein sehr befriedigendes Ergebniß.
Die Erträgnisse der Bank sind auch seit 4 Jahren im Voranschreiten begriffen.
So betrugen dieselben per Actie im Jahre 1867 39 fl., 1868 40 fl., 1869 42 fl.
und 1870 44 fl. Die statutarischen Bestimmungen über den Pfandbriefs-Special-
reservefonds erhielten mit Genehmigung der Staatsregierung eine, von der Gene-
ralversammlung allseitig gebilligte, Aenderung dahin: daß zwar das Soll dieses
Reservefonds ( 5 Proc. der jeweiligen Pfandbriefecirculation ) unverändert bei-
behalten, dagegen der Modus der Ansammlung dahin abgeändert wird daß anstatt
einer fixen Beitragsquote, nämlich der Hälfte des jährlichen Erträgnisses, eine ver-
änderliche, dem jeweiligen Ermessen der Bankverwaltung anheimgegebene solche
Quote und nur eine Minimalgränze in der Art statuirt werde daß der jährliche
Beitrag nicht weniger als 40,000 fl. betragen dürfe. Am Schlusse des Jahres
1870 hat dieser Specialreservefonds 634,147 fl. 34 kr. betragen, welchem übri-
gens ein für das Geschäft im allgemeinen bestimmter älterer Reservefonds von1 1 / 2
Mill. Gulden zur Seite steht, um das eingezahlte Aetiencapital von 20 Mill. auch in
der schlimmsten Zeit vor Gefährdung sicherzustellen. Von den Mitgliedern des Di-
rectoriums welche nach dem Turnus auszutreten hatten, wurden die HH. v. Bron-
berger und Dr. Ruhwandl wiedergewählt, und für Hrn. Aug. Zenetti, der eine
Wiederwahl ablehnte, dann für den verlebten Grafen v. Montgelas, wurden die HH.
Staatsrath v. Daxenberger und Otto v. Maffei neu gewählt.

Frankfurt a. M., 13 März. Württ. 5proc. Oblig 100 P.;4 1 / 2 proc.
94 5 / 8 bez.; 4proc.86 3 / 4 G.;3 1 / 2 proc. 84 G.; bad. 5proc. Obl.99 7 / 8 bez.;
4 1 / 2 proc.94 1 / 2 bez.; 4proc.88 1 / 2 G.;3 1 / 2 proc.83 1 / 2 G.; pfälz. Max=B112 1 / 4 bez.;
4proc. hess. Ludwigs=B. 141 bez.; bad. 35fl.=L. 60 bez.; kurh. 40Thlr.=L.64 1 / 2 P.;
nass. 25fl.=L.37 1 / 2 G.; gr. hess. 50fl.=L.169 1 / 2 P.; 25fl.=L. 49 P.; Ansbach-
Gunzenh. 7fl.=L.12 1 / 8 G.; Pistolen fl. 9.44--46; doppelte fl. 9.45--47; preuß.
Friedrichsd'or fl. 9.58--59; holl. 10fl.=St. fl. 9.54--56; Ducaten fl. 536--38;
Ducaten al marco fl. 5.37--39; Napoleonsd'or fl. 9.26 1 / 2 --27 1 / 2; engl. Sover.
fl. 11.54--58. ( Cursbl. d. Ver. Frkf. Ztgen. )

St. Petersburg, 13 März. Bei der heutigen Ziehung der russischen
zweiten Prämien=Anleihe
vom Jahr 1866 fielen auf Serie 14 525 Nr. 9
200,000 Rubel; Serie 4542 Nr. 1 75,000 R.; Serie 1103 Nr. 1 40,000 R.;
Serie 6686 Nr. 39 25,000 R.; Serie 11,740 Nr. 12, Serie 8061 Nr. 33 und
Serie 8364 Nr. 19 je 10,000 R.; Serie 18,658 Nr. 37, Serie 8610 Nr. 33,
Serie 15,426 Nr. 49, Serie 18,663 Nr. 27 und Serie 7069 Nr. 3 je 8000 R.;
Serie 12,695 Nr. 2, Serie 2490 Nr. 49, Serie 1569 Nr. 37, Serie 462 Nr. 38,
Serie 19,401 Nr. 33, Serie 14,505 Nr. 27 und Serie 4965 Nr. 21 je 5000
Rubel.

[Ende Spaltensatz]

[Spaltenumbruch] Das letzte Consistorium ist noch des größern Antheils halber bemerkens-
werth welcher dem Secretariat der Breven an seinen Acten eingeräumt war.
Unter den 26 präconisirten Bischöfen wurden nur 10 nach der Präsentation
vom Papste den Cardinälen zur Präconisation vorgeschlagen, näm-
lich die von Elvas, Portoviejo, Martinique, Würzburg, Aguapo
( Tamaulipas ) , Philadelphia in part., Gerasa in part., Arsinoe in
part
., Joppe in part., Dora in part.; die übrigen 16, unter denen die
Cardinäle Patrizi, Amat, Sacconi, der Bischof von Agen, von Brünn ec.,
ernannte ein Breve oder die Propaganda, der sonst nur zusteht die Sitze
in den von ihr abhängigen Missionen in und außer Europa zu versehen.
Ueber den Bischof Reißmann von Würzburg liest man in den Consistorial-
acten: Vir doctrina, gravitate, prudentia, morum honestate, rerum-
que usu præditus, dignus eapropter censendus, qui memoratæ Herbi-
polen. Ecclesiæ in Episcopum præficiatur
. -- Das in Florentiner Blät-
tern mitgetheilte Telegramm der Agenzia Stefani mit dem Jnhalt einer
Allocution, welche der Papst am Montag im Consistorium gehalten habe, macht
seinem Verfasser keine Ehre, denn die Allocution existirt nicht. Der gestrige
„Osservatore Romano“ ist ermächtigt sie durchweg für eine Erfindung zu
erklären. -- Die officielle Zeitung veröffentlichte das erste kgl. Expropria-
tionsdecret, das acht der größten Klöster trifft ( Philippiner, Minoriten,
Augustiner, Dominicaner, Theatiner, Signori della Missione, Clarissin-
nen, Augustinerinnen ) . Rom hat 32 geistliche Körperschaften, deren jed-
wede 2--6 oft sehr geräumige Klöster besitzt. Unter diesen wurde aus-
gewählt. Binnen 14 Tagen müssen jene acht zu Staatsgebäuden be-
stimmten Klöster geräumt sein, ihre Rente wird in die öffentliche Schuld zu
Gunsten der bisherigen Eigenthümer notirt. Diese siedeln in andere
Convente derselben Regel über. Jhre Kirchen und Bibliotheken werden
erhalten.

Verschiedenes.

: München, 13 März. Der bayerische Landeshülfsverein hat
durch seinen Delegirten Grafen v. Drechsel, auf Grund der von den HH. Filchner
und Rosenthal persönlich an Ort und Stelle gepflogenen Erhebungen, die Er-
richtung passender Gedenksäulen über den Massen=Grabstätten gefallener
Bayern zu Beaumont und bei der Ferme von Beauvilliers bei Loigny vermittelt.

k Erlangen. 13 März. Heute Nachmittags wurden auf dem hiesi-
gen Friedhofe die irdischen Ueberreste des vorgestern in der Frühe hier verstor-
benen Hofraths August Boden beigesetzt. Er war ein Mann von edlem Cha-
rakter, von gründlichem und reichem Wissen und von großer Herzensgüte. Als
Schriftsteller ( er war auch vieljähriger Mitarbeiter der „Allg. Ztg.“ ) , hat er
sich einen sehr geachteten Namen in weiten Kreisen erworben, und durch sein
aufrichtiges Wohlwollen gegen jedermann sich auch hier viele Herzen gewon-
nen. Wiewohl er schon vor seinem Aufenthalt hierselbst, der nur die letzten
schwereren Jahre seines Lebens umfaßte, von einem langwierigen körperlichen
Leiden, das ihm das Ausgehen unmöglich machte, befallen und daher an seine
Wohnung beständig gefesselt war, hatte er sich doch in kurzer Zeit einen gro-
ßen Kreis achtbarer Männer an hiesigem Orte zu Freunden erworben. Das
gründliche umfassende Wissen das er besaß, der scharfe Verstand der ihm bei
aller Gebrechlichkeit zu eigen blieb, die reiche Erfahrung die aus ihm sprach,
vor allem sein unbestechlicher Rechtssinn und sein milder friedliebender Geist
sicherten ihm bleibend den Umgang seiner theilnehmenden Freunde. Mit gro-
ßer Geduld hat er sein langes Leiden bis ans Ende getragen, und einen sanf-
ten und friedlichen Ausgang aus dieser Welt genommen.

* Berlin. Deutsche Jnvaliden=Stiftung. Die „Vlks=Ztg.“ bringt
folgende ebenso beunruhigende als befremdende Notiz: „Zur Erweiterung und
resp. Ausführung des Statuts der deutschen Jnvaliden=Stiftung waren, wie
wir hören, bereits in diesen Tagen Deputirte des Centralcomit é's, des geschäfts-
führenden Ausschusses der Victoria=National=Jnvaliden=Stiftung und aus den
süddeutschen Staaten hier zusammengetreten. Man ist jedoch weder in jener
noch in dieser Beziehung zu einem Ergebniß gelangt, sondern unverrichteter
Sache auseinander gegangen. Unrichtig ist somit auch die Annahme daß das
Statut über die mitgetheilten äußeren oder persönlichen Arrangements hinaus,
überhaupt die ganze Organisation der Stiftung schon eine vollendete durch Ge-
nehmigung des Kaisers abgeschlossene Thatsache sei.“

sym10 Wien, 10 März. Heute hat das Plaidoyer in dem Preßprocesse
der Zeitschrift „ Oeconomist “ wegen der berufenen Artikel begonnen, welcher
sich, dadurch daß die Person des Grafen Beust hineingezogen und eine Menge
bekannter Persönlichkeiten als Zeugen vorgeladen worden, zu einer cause célèbre
gestaltet hat. Der Proceß nahm einen interessanten Verlauf, denn der Beklagte,
Herausgeber der „Volkswirthschaftlichen Presse,“ hatte behauptet: die Artikel
welche Kläger Sommerfeld in dem „Oeconomist“ gegen den Grafen Beust und
über dessen Stellung zum türkischen Bahnbau brachte, und welche seiner Zeit
viel von sich reden machten, seien erlogen und „mit preußischem Gelde bezahlt“
worden, und hatte nun den Beweis für seine Behauptung anzutreten, während
der Kläger seinerseits beweisen sollte daß die Artikel auf Wahrheit beruhen.
Es ergab sich aus dem Zeugenverhör, wenn auch die Hrn. Sommerfeld ge-
machte schmutzige Unterstellung, daß er nämlich Geld genommen, als unbe-
gründet wegfiel, daß der Jnhalt all der gegen den Grafen Beust gerichteten
Artikel auf Erfindungen und Klatschereien beruhte, welche Hrn. Sommerfeld
von dem Mitherausgeber des „Oeconomist,“ Frhrn. v. Sommaruga, zugetra-
gen worden, der sich im Verhör in grelle Widersprüche verwickelte, und z. B.
[Spaltenumbruch] von Regierungsrath Dr. v. Orges überwiesen wurde daß ein Gespräch mit ihm,
aus welchem Sommaruga thatsächliche Angaben geschöpft haben will, erst nach
dem Erscheinen der Artikel im „Occonomist“ auf der Straße stattgefunden habe.
Kurz, der Verlauf des Processes gestaltete sich für den Reichskanzler vielmehr
zu einer Ehrenrettung. ( Uns hat der Proceß den Eindruck gemacht als sei hier
ein ganz ehrenwerther, aber krankhaft reizbarer und verbissener Mann -- Re-
dacteur Sommerfeld -- von dritten Personen, welche deutlich genug durch den
Schleier des Zeugenverhörs erkennbar sind, in gewissenlosester Weise zum Käm-
pen für eine gemeine aus politischer Gegnerschast und persönlichem Hasse zu-
sammengesponnene Jntrigue mißbraucht worden, und müsse jetzt mit Ruf und
Stellung die Zeche zahlen, während die Faiseurs den Kopf aus der Schlinge
ziehen. D. R. )

Paris, 10 März. Der „Figaro“ theilt über das Eisenbahnunglück
welches auf der Westbahn stattfand folgende Einzelheiten mit: „Ein Zug preu-
ßischer Kranker und Verwundeter, welcher von französischen Beamten der West-
bahn geführt wurde, begab sich von Mans nach Pantin um von dort nach
Deutschland abgeführt zu werden. Der Zug bestand aus 32 Wagen, und in
jedem Wagen waren 20 bis 25 Mann. Um 7 Uhr, im Augenblicke wo der
Zug in den Eisenbahnhof von Puteaux einlief, sah der Zugführer daß ein Zug
des Weichbildes von Paris, der zu spät angekommen war, schon die Bahn
besetzt hielt. Er hielt sofort an, und der Eisenbahn=Jnspector gab das Signal
daß die Bahn besetzt sei. Jn dem nämlichen Augenblicke kam ein Waarenzug,
der dem Krankenzuge folgte, mit voller Dampfkraft angefahren. Was sich er-
eignete wissen wir nicht! Waren die Signale noch nicht gemacht, oder hatten
sie die Maschinisten nicht verstanden? Wir wissen es nicht. Jmmerhin fuhr
der Waarenzug mit aller Gewalt gegen die letzten Wagen des preußischen Zuges
an; der Stoß war furchtbar. Von 32 Wagen wurden 19, mit den Unglück-
lichen die sich in denselben befanden, zertrümmert. ( Nach dem Berichte des „Dresd.
Journ.“ sind diese Angaben glücklicherweise sehr übertrieben. D. R. ) Die Loco-
motive des Waarenzuges gieng ebenfalls in Stücke, wie auch die sechs ersten Wagen
desselben. Die französischen Beamten welche den preußischen Zug führten
wurden nicht verwundet. Sobald die Nachricht von diesem Unfalle nach Paris
gelangte, sandte der Director sofort einen Rettungszug ab, in welchem er Platz
nahm.“ -- Die Direction der Westbahn hat über diesen Unglücksfall folgende
Note veröffentlicht: „Nach dem Wortlaute des zwischen der französischen Regie-
rung und den deutschen Behörden am 28 Jan. abgeschlossenen Vertrages wird
die Circulation der Züge in der occupirten Zone von den deutschen Behörden
geregelt, und die Circulation findet auf Verantwortlichkeit der Regierung statt
welcher der Zug angehört. Gestern Abends gegen 7 Uhr wurde ein Zug mit
deutschen Verwundeten, der von Mans kam, in dem Bahnhofe von Puteaux
von einem deutschen Waarenzug erreicht der von Versailles abgegangen war.
Ein Zusammenstoß fand statt, bei welchem ernste Unglücksfälle zu bedauern sind.
Die Versailler Bahn wird dem Verkehr heute wieder übergeben werden.“

Jndustrie, Handel und Verkehr.

sym5 München, 13 März. Jn der heutigen ordentlichen Generalversamm-
lung der bayerischen Hypotheken- und Wechselbank waren 30 Actionäre
mit 286 Stimmen vertreten. Der vorgetragene Rechenschaftsbericht für 1870
lieferte, der kriegerischen Zeitverhältnisse ungeachtet, ein sehr befriedigendes Ergebniß.
Die Erträgnisse der Bank sind auch seit 4 Jahren im Voranschreiten begriffen.
So betrugen dieselben per Actie im Jahre 1867 39 fl., 1868 40 fl., 1869 42 fl.
und 1870 44 fl. Die statutarischen Bestimmungen über den Pfandbriefs-Special-
reservefonds erhielten mit Genehmigung der Staatsregierung eine, von der Gene-
ralversammlung allseitig gebilligte, Aenderung dahin: daß zwar das Soll dieses
Reservefonds ( 5 Proc. der jeweiligen Pfandbriefecirculation ) unverändert bei-
behalten, dagegen der Modus der Ansammlung dahin abgeändert wird daß anstatt
einer fixen Beitragsquote, nämlich der Hälfte des jährlichen Erträgnisses, eine ver-
änderliche, dem jeweiligen Ermessen der Bankverwaltung anheimgegebene solche
Quote und nur eine Minimalgränze in der Art statuirt werde daß der jährliche
Beitrag nicht weniger als 40,000 fl. betragen dürfe. Am Schlusse des Jahres
1870 hat dieser Specialreservefonds 634,147 fl. 34 kr. betragen, welchem übri-
gens ein für das Geschäft im allgemeinen bestimmter älterer Reservefonds von1 1 / 2
Mill. Gulden zur Seite steht, um das eingezahlte Aetiencapital von 20 Mill. auch in
der schlimmsten Zeit vor Gefährdung sicherzustellen. Von den Mitgliedern des Di-
rectoriums welche nach dem Turnus auszutreten hatten, wurden die HH. v. Bron-
berger und Dr. Ruhwandl wiedergewählt, und für Hrn. Aug. Zenetti, der eine
Wiederwahl ablehnte, dann für den verlebten Grafen v. Montgelas, wurden die HH.
Staatsrath v. Daxenberger und Otto v. Maffei neu gewählt.

Frankfurt a. M., 13 März. Württ. 5proc. Oblig 100 P.;4 1 / 2 proc.
94 5 / 8 bez.; 4proc.86 3 / 4 G.;3 1 / 2 proc. 84 G.; bad. 5proc. Obl.99 7 / 8 bez.;
4 1 / 2 proc.94 1 / 2 bez.; 4proc.88 1 / 2 G.;3 1 / 2 proc.83 1 / 2 G.; pfälz. Max=B112 1 / 4 bez.;
4proc. hess. Ludwigs=B. 141 bez.; bad. 35fl.=L. 60 bez.; kurh. 40Thlr.=L.64 1 / 2 P.;
nass. 25fl.=L.37 1 / 2 G.; gr. hess. 50fl.=L.169 1 / 2 P.; 25fl.=L. 49 P.; Ansbach-
Gunzenh. 7fl.=L.12 1 / 8 G.; Pistolen fl. 9.44--46; doppelte fl. 9.45--47; preuß.
Friedrichsd'or fl. 9.58--59; holl. 10fl.=St. fl. 9.54--56; Ducaten fl. 536--38;
Ducaten al marco fl. 5.37--39; Napoleonsd'or fl. 9.26 1 / 2 --27 1 / 2; engl. Sover.
fl. 11.54--58. ( Cursbl. d. Ver. Frkf. Ztgen. )

St. Petersburg, 13 März. Bei der heutigen Ziehung der russischen
zweiten Prämien=Anleihe
vom Jahr 1866 fielen auf Serie 14 525 Nr. 9
200,000 Rubel; Serie 4542 Nr. 1 75,000 R.; Serie 1103 Nr. 1 40,000 R.;
Serie 6686 Nr. 39 25,000 R.; Serie 11,740 Nr. 12, Serie 8061 Nr. 33 und
Serie 8364 Nr. 19 je 10,000 R.; Serie 18,658 Nr. 37, Serie 8610 Nr. 33,
Serie 15,426 Nr. 49, Serie 18,663 Nr. 27 und Serie 7069 Nr. 3 je 8000 R.;
Serie 12,695 Nr. 2, Serie 2490 Nr. 49, Serie 1569 Nr. 37, Serie 462 Nr. 38,
Serie 19,401 Nr. 33, Serie 14,505 Nr. 27 und Serie 4965 Nr. 21 je 5000
Rubel.

[Ende Spaltensatz]
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[1248/0008] Das letzte Consistorium ist noch des größern Antheils halber bemerkens- werth welcher dem Secretariat der Breven an seinen Acten eingeräumt war. Unter den 26 präconisirten Bischöfen wurden nur 10 nach der Präsentation vom Papste den Cardinälen zur Präconisation vorgeschlagen, näm- lich die von Elvas, Portoviejo, Martinique, Würzburg, Aguapo ( Tamaulipas ) , Philadelphia in part., Gerasa in part., Arsinoe in part., Joppe in part., Dora in part.; die übrigen 16, unter denen die Cardinäle Patrizi, Amat, Sacconi, der Bischof von Agen, von Brünn ec., ernannte ein Breve oder die Propaganda, der sonst nur zusteht die Sitze in den von ihr abhängigen Missionen in und außer Europa zu versehen. Ueber den Bischof Reißmann von Würzburg liest man in den Consistorial- acten: Vir doctrina, gravitate, prudentia, morum honestate, rerum- que usu præditus, dignus eapropter censendus, qui memoratæ Herbi- polen. Ecclesiæ in Episcopum præficiatur. -- Das in Florentiner Blät- tern mitgetheilte Telegramm der Agenzia Stefani mit dem Jnhalt einer Allocution, welche der Papst am Montag im Consistorium gehalten habe, macht seinem Verfasser keine Ehre, denn die Allocution existirt nicht. Der gestrige „Osservatore Romano“ ist ermächtigt sie durchweg für eine Erfindung zu erklären. -- Die officielle Zeitung veröffentlichte das erste kgl. Expropria- tionsdecret, das acht der größten Klöster trifft ( Philippiner, Minoriten, Augustiner, Dominicaner, Theatiner, Signori della Missione, Clarissin- nen, Augustinerinnen ) . Rom hat 32 geistliche Körperschaften, deren jed- wede 2--6 oft sehr geräumige Klöster besitzt. Unter diesen wurde aus- gewählt. Binnen 14 Tagen müssen jene acht zu Staatsgebäuden be- stimmten Klöster geräumt sein, ihre Rente wird in die öffentliche Schuld zu Gunsten der bisherigen Eigenthümer notirt. Diese siedeln in andere Convente derselben Regel über. Jhre Kirchen und Bibliotheken werden erhalten. Verschiedenes. : München, 13 März. Der bayerische Landeshülfsverein hat durch seinen Delegirten Grafen v. Drechsel, auf Grund der von den HH. Filchner und Rosenthal persönlich an Ort und Stelle gepflogenen Erhebungen, die Er- richtung passender Gedenksäulen über den Massen=Grabstätten gefallener Bayern zu Beaumont und bei der Ferme von Beauvilliers bei Loigny vermittelt. k Erlangen. 13 März. Heute Nachmittags wurden auf dem hiesi- gen Friedhofe die irdischen Ueberreste des vorgestern in der Frühe hier verstor- benen Hofraths August Boden beigesetzt. Er war ein Mann von edlem Cha- rakter, von gründlichem und reichem Wissen und von großer Herzensgüte. Als Schriftsteller ( er war auch vieljähriger Mitarbeiter der „Allg. Ztg.“ ) , hat er sich einen sehr geachteten Namen in weiten Kreisen erworben, und durch sein aufrichtiges Wohlwollen gegen jedermann sich auch hier viele Herzen gewon- nen. Wiewohl er schon vor seinem Aufenthalt hierselbst, der nur die letzten schwereren Jahre seines Lebens umfaßte, von einem langwierigen körperlichen Leiden, das ihm das Ausgehen unmöglich machte, befallen und daher an seine Wohnung beständig gefesselt war, hatte er sich doch in kurzer Zeit einen gro- ßen Kreis achtbarer Männer an hiesigem Orte zu Freunden erworben. Das gründliche umfassende Wissen das er besaß, der scharfe Verstand der ihm bei aller Gebrechlichkeit zu eigen blieb, die reiche Erfahrung die aus ihm sprach, vor allem sein unbestechlicher Rechtssinn und sein milder friedliebender Geist sicherten ihm bleibend den Umgang seiner theilnehmenden Freunde. Mit gro- ßer Geduld hat er sein langes Leiden bis ans Ende getragen, und einen sanf- ten und friedlichen Ausgang aus dieser Welt genommen. * Berlin. Deutsche Jnvaliden=Stiftung. Die „Vlks=Ztg.“ bringt folgende ebenso beunruhigende als befremdende Notiz: „Zur Erweiterung und resp. Ausführung des Statuts der deutschen Jnvaliden=Stiftung waren, wie wir hören, bereits in diesen Tagen Deputirte des Centralcomit é's, des geschäfts- führenden Ausschusses der Victoria=National=Jnvaliden=Stiftung und aus den süddeutschen Staaten hier zusammengetreten. Man ist jedoch weder in jener noch in dieser Beziehung zu einem Ergebniß gelangt, sondern unverrichteter Sache auseinander gegangen. Unrichtig ist somit auch die Annahme daß das Statut über die mitgetheilten äußeren oder persönlichen Arrangements hinaus, überhaupt die ganze Organisation der Stiftung schon eine vollendete durch Ge- nehmigung des Kaisers abgeschlossene Thatsache sei.“ sym10 Wien, 10 März. Heute hat das Plaidoyer in dem Preßprocesse der Zeitschrift „ Oeconomist “ wegen der berufenen Artikel begonnen, welcher sich, dadurch daß die Person des Grafen Beust hineingezogen und eine Menge bekannter Persönlichkeiten als Zeugen vorgeladen worden, zu einer cause célèbre gestaltet hat. Der Proceß nahm einen interessanten Verlauf, denn der Beklagte, Herausgeber der „Volkswirthschaftlichen Presse,“ hatte behauptet: die Artikel welche Kläger Sommerfeld in dem „Oeconomist“ gegen den Grafen Beust und über dessen Stellung zum türkischen Bahnbau brachte, und welche seiner Zeit viel von sich reden machten, seien erlogen und „mit preußischem Gelde bezahlt“ worden, und hatte nun den Beweis für seine Behauptung anzutreten, während der Kläger seinerseits beweisen sollte daß die Artikel auf Wahrheit beruhen. Es ergab sich aus dem Zeugenverhör, wenn auch die Hrn. Sommerfeld ge- machte schmutzige Unterstellung, daß er nämlich Geld genommen, als unbe- gründet wegfiel, daß der Jnhalt all der gegen den Grafen Beust gerichteten Artikel auf Erfindungen und Klatschereien beruhte, welche Hrn. Sommerfeld von dem Mitherausgeber des „Oeconomist,“ Frhrn. v. Sommaruga, zugetra- gen worden, der sich im Verhör in grelle Widersprüche verwickelte, und z. B. von Regierungsrath Dr. v. 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Der „Figaro“ theilt über das Eisenbahnunglück welches auf der Westbahn stattfand folgende Einzelheiten mit: „Ein Zug preu- ßischer Kranker und Verwundeter, welcher von französischen Beamten der West- bahn geführt wurde, begab sich von Mans nach Pantin um von dort nach Deutschland abgeführt zu werden. Der Zug bestand aus 32 Wagen, und in jedem Wagen waren 20 bis 25 Mann. Um 7 Uhr, im Augenblicke wo der Zug in den Eisenbahnhof von Puteaux einlief, sah der Zugführer daß ein Zug des Weichbildes von Paris, der zu spät angekommen war, schon die Bahn besetzt hielt. Er hielt sofort an, und der Eisenbahn=Jnspector gab das Signal daß die Bahn besetzt sei. Jn dem nämlichen Augenblicke kam ein Waarenzug, der dem Krankenzuge folgte, mit voller Dampfkraft angefahren. Was sich er- eignete wissen wir nicht! Waren die Signale noch nicht gemacht, oder hatten sie die Maschinisten nicht verstanden? Wir wissen es nicht. Jmmerhin fuhr der Waarenzug mit aller Gewalt gegen die letzten Wagen des preußischen Zuges an; der Stoß war furchtbar. Von 32 Wagen wurden 19, mit den Unglück- lichen die sich in denselben befanden, zertrümmert. ( Nach dem Berichte des „Dresd. Journ.“ sind diese Angaben glücklicherweise sehr übertrieben. D. R. ) Die Loco- motive des Waarenzuges gieng ebenfalls in Stücke, wie auch die sechs ersten Wagen desselben. Die französischen Beamten welche den preußischen Zug führten wurden nicht verwundet. 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Jn der heutigen ordentlichen Generalversamm- lung der bayerischen Hypotheken- und Wechselbank waren 30 Actionäre mit 286 Stimmen vertreten. Der vorgetragene Rechenschaftsbericht für 1870 lieferte, der kriegerischen Zeitverhältnisse ungeachtet, ein sehr befriedigendes Ergebniß. Die Erträgnisse der Bank sind auch seit 4 Jahren im Voranschreiten begriffen. So betrugen dieselben per Actie im Jahre 1867 39 fl., 1868 40 fl., 1869 42 fl. und 1870 44 fl. Die statutarischen Bestimmungen über den Pfandbriefs-Special- reservefonds erhielten mit Genehmigung der Staatsregierung eine, von der Gene- ralversammlung allseitig gebilligte, Aenderung dahin: daß zwar das Soll dieses Reservefonds ( 5 Proc. der jeweiligen Pfandbriefecirculation ) unverändert bei- behalten, dagegen der Modus der Ansammlung dahin abgeändert wird daß anstatt einer fixen Beitragsquote, nämlich der Hälfte des jährlichen Erträgnisses, eine ver- änderliche, dem jeweiligen Ermessen der Bankverwaltung anheimgegebene solche Quote und nur eine Minimalgränze in der Art statuirt werde daß der jährliche Beitrag nicht weniger als 40,000 fl. betragen dürfe. Am Schlusse des Jahres 1870 hat dieser Specialreservefonds 634,147 fl. 34 kr. betragen, welchem übri- gens ein für das Geschäft im allgemeinen bestimmter älterer Reservefonds von1 1 / 2 Mill. Gulden zur Seite steht, um das eingezahlte Aetiencapital von 20 Mill. auch in der schlimmsten Zeit vor Gefährdung sicherzustellen. 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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 74. Augsburg (Bayern), 15. März 1871, S. 1248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_augsburg74_1871/8>, abgerufen am 23.04.2024.