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Allgemeine Zeitung. Nr. 64. Augsburg (Bayern), 5. März 1871.

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[Spaltenumbruch] der Widerstands=Coefficienten in den hydraulischen Rechnungen große
Einfachheit erzielt worden. Seine Ergebnisse im Gebiete der Hydraulik
hat er in mehreren Schriften veröffentlicht.

Sein Hauptwerk bildet aber unstreitig das "Lehrbuch der Jngenieur-
und Maschinenmechanik," welches er, man kann sagen, populär geschrieben
und eben dadurch unendlich vielen zugänglich gemacht hat; Tausende von
Jngenieuren haben sich Rath daraus geholt, und werden ihn noch auf
lange Zeiten daraus schöpfen. Die Hauptergebnisse seiner vielfachen Ver-
suche in der praktischen Mechanik und Hydraulik hat er vorzüglich in der
berühmten Zeitschrift "Civilingenieur" niedergelegt. Seit 7 Jahren
fungirte Weisbach auch als Mitglied der sächsischen Commission bei der
europäischen Gradmessung, und hat während dieser Zeit über das ganze
Königreich Sachsen ein Höhennetz gelegt, welches in Hinsicht auf Genauig-
keit und Sicherheit nichts zu wünschen übrig lassen dürfte.

Weisbach glänzte als erste Größe im Fache der mathematischen Wis-
senschaften, und hat sich unvergänglichen Ruhm im Jn= und Ausland
errungen. Sein Wissenschaftsdrang war ein eminenter, und seine Bestre-
bungen sind in der gelehrten Welt überall anerkannt und gewürdigt wor-
den; er war Ehrenmitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften
zu St. Petersburg, Ehrenmitglied des Vereins deutscher Jngenieure,
Ehrenmitglied des Architekten= und Jngenieurvereins zu Hannover, sowie
correspondirendes Mitglied des Vereins für Eisenbahnkunde und noch
vieler anderer gelehrten Gesellschaften und Akademien. Auch ist Weisbach
vom König von Sachsen, Kaiser von Rußland und König von Preußen
wegen seiner großen Verdienste im Gebiete der technischen Wissenschaften
mit Orden ausgezeichnet worden.

Weisbach war in jeder Beziehung ein edler Mensch; sein leutseliges
Wesen, seine große Bescheidenheit machten ihn zum Freund eines jeden
der mit ihm näheren Umgang pflegte. Als Lehrer war er von seinen
vielen Schülern hoch geachtet und geliebt; die Kunde von seinem Tode
wird die Herzen aller seiner Schüler, die im wahrsten Sinnne des Wortes
über alle Erdtheile zerstreut sind, schmerzlich berühren.

Seine gestern Abends 7 Uhr beim Glanze der Fackeln erfolgte
Beerdigung, an der alle Schichten der Bevölkerung theilnahmen und zu
der viele seiner früheren Schüler sich eingefunden hatten, glich darum auch
einer großen Huldigung wie sie eines so genialen und berühmten Mannes
würdig war.

Neueste Posten.

x München, 4 März. Heute wurden hier zur Siegesfeier 101
Kanonenschüsse gelöst. Gleiches Victoriaschießen wurde für Augsburg,
Nürnberg, Würzburg, Passau, Jngolstadt, Germersheim und Landau mit
der weiteren Bestimmung angeordnet, daß diese Siegesfeier mit etwaigen
städtischen Feierlichkeiten verbunden werden solle, wenn dieselben bis ein-
schließlich den 5 d. M. fallen. -- Durch einen heute erschienenen Armee-
befehl wurden 9 Doctoren der Medicin, die als Einjährig=Freiwillige die
Stelle von Assistenzärzten versahen, zu Landwehr=Assistenzärzten ernannt. --
Die "Correspondenz Hoffmann" hört mit Ende dieses Monats auf officiöses
Organ zu sein, und wird von da an unabhängig von der Staatsregierung
in bisheriger Weise fort erscheinen.

( -- ) Berlin, 3 März. Die Nachricht von der Bestätigung der
Friedens = Präliminarien durch die französische Nationalversammlung ist
hier mit ungeheurem Jubel begrüßt worden. Ohne Zweifel wird diese
freudig erregte Stimmung sich bei der für heute Abend angeordneten all-
gemeinen Erleuchtung in glänzender Weise hervorthun. Zu wünschen
wäre indeß nur daß die patriotische Ansprache des Polizeipräsidiums und
des Magistrats, in welcher auf das entschiedenste von einer Wiederholung
der neulichen Ausschreitungen abgewehrt wird, eine gute Stätte finde,
und daß sich nicht jene brutalen Scenen wiederholen welche wir leider
am Montag hier erlebt haben. Mit der Ratification der Friedens-
Präliminarien wird unser Land zugleich von einer großen Last und
Sorge, der Verpflegung der französischen Kriegsgefangenen, befreit,
die leider Seuchen verschiedener Art, besonders die schwarzen Pocken,
über fast alle Theile der Monarchie verbreitet haben. Aus dem
Umstande daß die Berufung des Reichstags einen abermaligen Auf-
schub erfahren hat, folgert man in unsern politischen Kreisen daß es
der Wunsch der Bundesbehörde ist vorher noch den Friedensvertrag abzu-
schließen, zu dessen Vereinbarung die beiderseitigen Bevollmächtigten binnen
wenigen Tagen in Brüssel zusammentreten werden. Die Friedens=Präli-
minarien sollen, nach einer Mittheilung der "Krzztg." aus Versailles, vom
Bundeskanzler im Auftrage des Kaisers, nach einer Mittheilung des
"Staatsanzeigers" dagegen vom Kaiser selbst unterzeichnet sein. -- Heute
wollte der Handelsminister die aus Mülhausen im Elsaß hier angekom-
mene Deputation von Fabricanten empfangen, welche mit der Absicht hie-
her gekommen ist unsere Regierung für die Jnteressen der Elsäßer Jndu-
strie zu gewinnen.

[Spaltenumbruch]

sym12 Paris, 1 März. So wäre denn der gefürchtete Augenblick
überstanden! Um 10 Uhr früh war der Einzug angesagt, doch hatte sich
der Marsch wohl in die Länge gezogen, denn, obwohl schon seit 8 Uhr des
Morgens Truppentheile gekommen waren, um Quartier zu machen u. s. w.,
so kamen die Haupttruppenkörper erst gegen 2 Uhr in der Nähe des
Triumphbogens an. Gegen 10 Uhr hatte sich in den Champs=Elysees, um
den Triumphbogen herum und auf der Avenue de la grande armee eine
gewisse Anzahl Neugieriger, zusammengesetzt aus ganz niederem Volk und
einigen Engländern, Amerikanern ec., versammelt. Die Leute verhielten
sich ziemlich ruhig, gruppirten sich wohl einen Augenblick um einzelne deut-
sche Soldaten oder die die zu besetzenden Quartiere durchkreuzenden reiten-
den Wachen, doch zerstreuten sie sich wieder bald darauf, und hielten sich
möglichst abseits von den Deutschen. Die vorausgeschickten deutschen
Truppen schienen meistentheils dem 11. Corps anzugehören, wenigstens
sah ich 88er, 82er und 11er Jäger und Artilleristen. Größtentheils hatten
sie sich in der Nähe des Jndustriepalastes aufgestellt. Nach dem Concordien-
platz hin hielten Husaren Wacht. Als ich mich nach den Champs=Elysees
begab, sah ich in der Rue du Faubourg St. Honor e starke Abtheilungen
französischer Linie, und bemerkte überhaupt in Paris viel militärische Be-
wegung. Alle Nationalgarden waren schon von Morgens früh an con-
signirt. Die Omnibusse fuhren übrigens in den nicht zu besetzenden
Stadttheilen; nicht alle Läden waren geschlossen, und man sah
ziemlich viel Leute in den Straßen. Die zu besetzenden Stadttheile
hingegen waren wie ausgestorben, ausgenommen die Champs=Elysees
und was ich weiter vorhin aufgezählt. Die Schalter der Häuser
waren geschlossen, und es machte einen eigenthümlichen Eindruck an
vielen Orten der ausgestorbenen, öden Häuserreihen große fremde Flaggen
herausstecken zu sehen. Gegen 11 Uhr verlief sich die auf dem Platz um
den Triumphbogen und in der Avenue de la grande Armee versammelte
Menge größtentheils, da man den Einzug um 10 Uhr erwartet hatte und
man anfieng sich zu langweilen. Um diese Zeit kamen einige kleine Rei-
bereien und Auftritte zwischen der Menge und den deutschen Soldaten
vor, doch waren sie nur unbedeutend, und nur einmal sah sich eine Husaren-
wache veranlaßt blank zu ziehen und in die Menge hineinzureiten. Nach
12 Uhr kamen endlich einige Schwärme von Stabsofficieren an. Hin
und wieder näherte sich ein Wagen mit irgendeinem höhern Officier in
Uniform oder in Civil und sonstigen zu einem Heere gehörenden Beamten.
Die Wagen und die einzelnen Reiter häuften sich mit der Zeit, und gegen
2 Uhr näherten sich die Haupttruppenkörper. Dieselben kamen von zwei
Seiten. Die Preußen durch die Avenue de la grande Armee und die
Bayern durch die ehemalige Avenue de l' Jmperatrice. Die Musikchöre
spielten den Pariser Einzugsmarsch. Als sich die ersten Regimenter dem
Triumphbogen näherten, wollten sie durch denselben hindurchziehen, doch
hatte sich ziemlich viel Volk um dieses Wahrzeichen der französischen "Gloire"
herum versammelt und wehrte sich mit einem wahren Wuthgeschrei gegen
diese Entweihung des Allerheiligsten. Einige preußische Officiere, und
unter andern ein Adjutant, wollten mit ihren Pferden den Durchzug
erzwingen, doch waren die andern menschenfreundlicher und die Regimenter
zogen um den Triumphbogen herum. Die ersten Regimenter wurden mit
gewaltigem Pfeifen und Schimpfgeschrei empfangen, doch lief alles ruhig
ab und gegen 4 Uhr konnten sich die deutschen Soldaten in den ihnen zu-
gewiesenen Quartieren vertheilen. Die heut eingezogenen Preußen ge-
hören meistentheils dem sechsten Corps an. Die Bayern sind natürlich
vom zweiten Corps. Ob der Kaiser heute seinen Einzug gehalten hat,
weiß ich nicht, wenigstens habe ich ihn nicht gesehen.

Telegraphische Berichte.

* Bordeaux, 3 März. Nationalversammlung. Die Regierung
legt einen Gesetzentwurf vor demzufolge eine Commission zu ernennen ist
welche sämmtliche seit Beginn des Krieges abgeschlossene finanzielle Ver-
träge prüfe. Hr. Dufaure bringt ein Decret ein wodurch die von Cremieux
verfügte Absetzung mehrerer richterlichen Personen für ungültig erklärt
wird. Die HH. Rochefort, Malou, Ranc und Bridon legten ihre Mandate
nieder, indem sie gegen die Abtretung des Elsaßes protestirten. Hr. Pyat
wird zwar sein Mandat nicht niederlegen, aber nicht eher wieder in der
Nationalversammlung erscheinen als bis die Abtretung des Elsaßes wider-
rufen sei.

Diese Depesche aus dem Hauptblatt hier wiederholt.

* Berlin, 4 März. Das Resultat der bisherigen Stimmenzählung
für die Berliner Wahlen läßt es zweifellos erscheinen daß die Mitglieder
der Fortschrittspartei, Hagen, Frhr. v. Hoverbeck, M. Wiggers, Runge,
Fr. Duncker und Schulze=Delitzsch gewählt sind. Die "Krzztg." schreibt:
"Nach uns zugehenden Mittheilungen dürfte der Kaiser nächster Tage
Versailles verlassen und nach vorläufiger Annahme in etwa acht Tagen
hierher zurückkommen." Die "Krzztg." bestätigt daß Prinz Friedrich Karl
den Oberbefehl über die Occupationstruppen in Frankreich erhalten und
in Reims residiren werde.

[Spaltenumbruch] der Widerstands=Coëfficienten in den hydraulischen Rechnungen große
Einfachheit erzielt worden. Seine Ergebnisse im Gebiete der Hydraulik
hat er in mehreren Schriften veröffentlicht.

Sein Hauptwerk bildet aber unstreitig das „Lehrbuch der Jngenieur-
und Maschinenmechanik,“ welches er, man kann sagen, populär geschrieben
und eben dadurch unendlich vielen zugänglich gemacht hat; Tausende von
Jngenieuren haben sich Rath daraus geholt, und werden ihn noch auf
lange Zeiten daraus schöpfen. Die Hauptergebnisse seiner vielfachen Ver-
suche in der praktischen Mechanik und Hydraulik hat er vorzüglich in der
berühmten Zeitschrift „Civilingenieur“ niedergelegt. Seit 7 Jahren
fungirte Weisbach auch als Mitglied der sächsischen Commission bei der
europäischen Gradmessung, und hat während dieser Zeit über das ganze
Königreich Sachsen ein Höhennetz gelegt, welches in Hinsicht auf Genauig-
keit und Sicherheit nichts zu wünschen übrig lassen dürfte.

Weisbach glänzte als erste Größe im Fache der mathematischen Wis-
senschaften, und hat sich unvergänglichen Ruhm im Jn= und Ausland
errungen. Sein Wissenschaftsdrang war ein eminenter, und seine Bestre-
bungen sind in der gelehrten Welt überall anerkannt und gewürdigt wor-
den; er war Ehrenmitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften
zu St. Petersburg, Ehrenmitglied des Vereins deutscher Jngenieure,
Ehrenmitglied des Architekten= und Jngenieurvereins zu Hannover, sowie
correspondirendes Mitglied des Vereins für Eisenbahnkunde und noch
vieler anderer gelehrten Gesellschaften und Akademien. Auch ist Weisbach
vom König von Sachsen, Kaiser von Rußland und König von Preußen
wegen seiner großen Verdienste im Gebiete der technischen Wissenschaften
mit Orden ausgezeichnet worden.

Weisbach war in jeder Beziehung ein edler Mensch; sein leutseliges
Wesen, seine große Bescheidenheit machten ihn zum Freund eines jeden
der mit ihm näheren Umgang pflegte. Als Lehrer war er von seinen
vielen Schülern hoch geachtet und geliebt; die Kunde von seinem Tode
wird die Herzen aller seiner Schüler, die im wahrsten Sinnne des Wortes
über alle Erdtheile zerstreut sind, schmerzlich berühren.

Seine gestern Abends 7 Uhr beim Glanze der Fackeln erfolgte
Beerdigung, an der alle Schichten der Bevölkerung theilnahmen und zu
der viele seiner früheren Schüler sich eingefunden hatten, glich darum auch
einer großen Huldigung wie sie eines so genialen und berühmten Mannes
würdig war.

Neueste Posten.

× München, 4 März. Heute wurden hier zur Siegesfeier 101
Kanonenschüsse gelöst. Gleiches Victoriaschießen wurde für Augsburg,
Nürnberg, Würzburg, Passau, Jngolstadt, Germersheim und Landau mit
der weiteren Bestimmung angeordnet, daß diese Siegesfeier mit etwaigen
städtischen Feierlichkeiten verbunden werden solle, wenn dieselben bis ein-
schließlich den 5 d. M. fallen. -- Durch einen heute erschienenen Armee-
befehl wurden 9 Doctoren der Medicin, die als Einjährig=Freiwillige die
Stelle von Assistenzärzten versahen, zu Landwehr=Assistenzärzten ernannt. --
Die „Correspondenz Hoffmann“ hört mit Ende dieses Monats auf officiöses
Organ zu sein, und wird von da an unabhängig von der Staatsregierung
in bisheriger Weise fort erscheinen.

( -- ) Berlin, 3 März. Die Nachricht von der Bestätigung der
Friedens = Präliminarien durch die französische Nationalversammlung ist
hier mit ungeheurem Jubel begrüßt worden. Ohne Zweifel wird diese
freudig erregte Stimmung sich bei der für heute Abend angeordneten all-
gemeinen Erleuchtung in glänzender Weise hervorthun. Zu wünschen
wäre indeß nur daß die patriotische Ansprache des Polizeipräsidiums und
des Magistrats, in welcher auf das entschiedenste von einer Wiederholung
der neulichen Ausschreitungen abgewehrt wird, eine gute Stätte finde,
und daß sich nicht jene brutalen Scenen wiederholen welche wir leider
am Montag hier erlebt haben. Mit der Ratification der Friedens-
Präliminarien wird unser Land zugleich von einer großen Last und
Sorge, der Verpflegung der französischen Kriegsgefangenen, befreit,
die leider Seuchen verschiedener Art, besonders die schwarzen Pocken,
über fast alle Theile der Monarchie verbreitet haben. Aus dem
Umstande daß die Berufung des Reichstags einen abermaligen Auf-
schub erfahren hat, folgert man in unsern politischen Kreisen daß es
der Wunsch der Bundesbehörde ist vorher noch den Friedensvertrag abzu-
schließen, zu dessen Vereinbarung die beiderseitigen Bevollmächtigten binnen
wenigen Tagen in Brüssel zusammentreten werden. Die Friedens=Präli-
minarien sollen, nach einer Mittheilung der „Krzztg.“ aus Versailles, vom
Bundeskanzler im Auftrage des Kaisers, nach einer Mittheilung des
„Staatsanzeigers“ dagegen vom Kaiser selbst unterzeichnet sein. -- Heute
wollte der Handelsminister die aus Mülhausen im Elsaß hier angekom-
mene Deputation von Fabricanten empfangen, welche mit der Absicht hie-
her gekommen ist unsere Regierung für die Jnteressen der Elsäßer Jndu-
strie zu gewinnen.

[Spaltenumbruch]

sym12 Paris, 1 März. So wäre denn der gefürchtete Augenblick
überstanden! Um 10 Uhr früh war der Einzug angesagt, doch hatte sich
der Marsch wohl in die Länge gezogen, denn, obwohl schon seit 8 Uhr des
Morgens Truppentheile gekommen waren, um Quartier zu machen u. s. w.,
so kamen die Haupttruppenkörper erst gegen 2 Uhr in der Nähe des
Triumphbogens an. Gegen 10 Uhr hatte sich in den Champs=Elysées, um
den Triumphbogen herum und auf der Avenue de la grande armée eine
gewisse Anzahl Neugieriger, zusammengesetzt aus ganz niederem Volk und
einigen Engländern, Amerikanern ec., versammelt. Die Leute verhielten
sich ziemlich ruhig, gruppirten sich wohl einen Augenblick um einzelne deut-
sche Soldaten oder die die zu besetzenden Quartiere durchkreuzenden reiten-
den Wachen, doch zerstreuten sie sich wieder bald darauf, und hielten sich
möglichst abseits von den Deutschen. Die vorausgeschickten deutschen
Truppen schienen meistentheils dem 11. Corps anzugehören, wenigstens
sah ich 88er, 82er und 11er Jäger und Artilleristen. Größtentheils hatten
sie sich in der Nähe des Jndustriepalastes aufgestellt. Nach dem Concordien-
platz hin hielten Husaren Wacht. Als ich mich nach den Champs=Elysées
begab, sah ich in der Rue du Faubourg St. Honor é starke Abtheilungen
französischer Linie, und bemerkte überhaupt in Paris viel militärische Be-
wegung. Alle Nationalgarden waren schon von Morgens früh an con-
signirt. Die Omnibusse fuhren übrigens in den nicht zu besetzenden
Stadttheilen; nicht alle Läden waren geschlossen, und man sah
ziemlich viel Leute in den Straßen. Die zu besetzenden Stadttheile
hingegen waren wie ausgestorben, ausgenommen die Champs=Elysées
und was ich weiter vorhin aufgezählt. Die Schalter der Häuser
waren geschlossen, und es machte einen eigenthümlichen Eindruck an
vielen Orten der ausgestorbenen, öden Häuserreihen große fremde Flaggen
herausstecken zu sehen. Gegen 11 Uhr verlief sich die auf dem Platz um
den Triumphbogen und in der Avenue de la grande Armée versammelte
Menge größtentheils, da man den Einzug um 10 Uhr erwartet hatte und
man anfieng sich zu langweilen. Um diese Zeit kamen einige kleine Rei-
bereien und Auftritte zwischen der Menge und den deutschen Soldaten
vor, doch waren sie nur unbedeutend, und nur einmal sah sich eine Husaren-
wache veranlaßt blank zu ziehen und in die Menge hineinzureiten. Nach
12 Uhr kamen endlich einige Schwärme von Stabsofficieren an. Hin
und wieder näherte sich ein Wagen mit irgendeinem höhern Officier in
Uniform oder in Civil und sonstigen zu einem Heere gehörenden Beamten.
Die Wagen und die einzelnen Reiter häuften sich mit der Zeit, und gegen
2 Uhr näherten sich die Haupttruppenkörper. Dieselben kamen von zwei
Seiten. Die Preußen durch die Avenue de la grande Armée und die
Bayern durch die ehemalige Avenue de l' Jmpératrice. Die Musikchöre
spielten den Pariser Einzugsmarsch. Als sich die ersten Regimenter dem
Triumphbogen näherten, wollten sie durch denselben hindurchziehen, doch
hatte sich ziemlich viel Volk um dieses Wahrzeichen der französischen „Gloire“
herum versammelt und wehrte sich mit einem wahren Wuthgeschrei gegen
diese Entweihung des Allerheiligsten. Einige preußische Officiere, und
unter andern ein Adjutant, wollten mit ihren Pferden den Durchzug
erzwingen, doch waren die andern menschenfreundlicher und die Regimenter
zogen um den Triumphbogen herum. Die ersten Regimenter wurden mit
gewaltigem Pfeifen und Schimpfgeschrei empfangen, doch lief alles ruhig
ab und gegen 4 Uhr konnten sich die deutschen Soldaten in den ihnen zu-
gewiesenen Quartieren vertheilen. Die heut eingezogenen Preußen ge-
hören meistentheils dem sechsten Corps an. Die Bayern sind natürlich
vom zweiten Corps. Ob der Kaiser heute seinen Einzug gehalten hat,
weiß ich nicht, wenigstens habe ich ihn nicht gesehen.

Telegraphische Berichte.

* Bordeaux, 3 März. Nationalversammlung. Die Regierung
legt einen Gesetzentwurf vor demzufolge eine Commission zu ernennen ist
welche sämmtliche seit Beginn des Krieges abgeschlossene finanzielle Ver-
träge prüfe. Hr. Dufaure bringt ein Decret ein wodurch die von Crémieux
verfügte Absetzung mehrerer richterlichen Personen für ungültig erklärt
wird. Die HH. Rochefort, Malou, Ranc und Bridon legten ihre Mandate
nieder, indem sie gegen die Abtretung des Elsaßes protestirten. Hr. Pyat
wird zwar sein Mandat nicht niederlegen, aber nicht eher wieder in der
Nationalversammlung erscheinen als bis die Abtretung des Elsaßes wider-
rufen sei.

Diese Depesche aus dem Hauptblatt hier wiederholt.

* Berlin, 4 März. Das Resultat der bisherigen Stimmenzählung
für die Berliner Wahlen läßt es zweifellos erscheinen daß die Mitglieder
der Fortschrittspartei, Hagen, Frhr. v. Hoverbeck, M. Wiggers, Runge,
Fr. Duncker und Schulze=Delitzsch gewählt sind. Die „Krzztg.“ schreibt:
„Nach uns zugehenden Mittheilungen dürfte der Kaiser nächster Tage
Versailles verlassen und nach vorläufiger Annahme in etwa acht Tagen
hierher zurückkommen.“ Die „Krzztg.“ bestätigt daß Prinz Friedrich Karl
den Oberbefehl über die Occupationstruppen in Frankreich erhalten und
in Reims residiren werde.

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[1088/0012] der Widerstands=Coëfficienten in den hydraulischen Rechnungen große Einfachheit erzielt worden. Seine Ergebnisse im Gebiete der Hydraulik hat er in mehreren Schriften veröffentlicht. Sein Hauptwerk bildet aber unstreitig das „Lehrbuch der Jngenieur- und Maschinenmechanik,“ welches er, man kann sagen, populär geschrieben und eben dadurch unendlich vielen zugänglich gemacht hat; Tausende von Jngenieuren haben sich Rath daraus geholt, und werden ihn noch auf lange Zeiten daraus schöpfen. Die Hauptergebnisse seiner vielfachen Ver- suche in der praktischen Mechanik und Hydraulik hat er vorzüglich in der berühmten Zeitschrift „Civilingenieur“ niedergelegt. Seit 7 Jahren fungirte Weisbach auch als Mitglied der sächsischen Commission bei der europäischen Gradmessung, und hat während dieser Zeit über das ganze Königreich Sachsen ein Höhennetz gelegt, welches in Hinsicht auf Genauig- keit und Sicherheit nichts zu wünschen übrig lassen dürfte. Weisbach glänzte als erste Größe im Fache der mathematischen Wis- senschaften, und hat sich unvergänglichen Ruhm im Jn= und Ausland errungen. Sein Wissenschaftsdrang war ein eminenter, und seine Bestre- bungen sind in der gelehrten Welt überall anerkannt und gewürdigt wor- den; er war Ehrenmitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg, Ehrenmitglied des Vereins deutscher Jngenieure, Ehrenmitglied des Architekten= und Jngenieurvereins zu Hannover, sowie correspondirendes Mitglied des Vereins für Eisenbahnkunde und noch vieler anderer gelehrten Gesellschaften und Akademien. Auch ist Weisbach vom König von Sachsen, Kaiser von Rußland und König von Preußen wegen seiner großen Verdienste im Gebiete der technischen Wissenschaften mit Orden ausgezeichnet worden. Weisbach war in jeder Beziehung ein edler Mensch; sein leutseliges Wesen, seine große Bescheidenheit machten ihn zum Freund eines jeden der mit ihm näheren Umgang pflegte. Als Lehrer war er von seinen vielen Schülern hoch geachtet und geliebt; die Kunde von seinem Tode wird die Herzen aller seiner Schüler, die im wahrsten Sinnne des Wortes über alle Erdtheile zerstreut sind, schmerzlich berühren. Seine gestern Abends 7 Uhr beim Glanze der Fackeln erfolgte Beerdigung, an der alle Schichten der Bevölkerung theilnahmen und zu der viele seiner früheren Schüler sich eingefunden hatten, glich darum auch einer großen Huldigung wie sie eines so genialen und berühmten Mannes würdig war. Neueste Posten. × München, 4 März. Heute wurden hier zur Siegesfeier 101 Kanonenschüsse gelöst. Gleiches Victoriaschießen wurde für Augsburg, Nürnberg, Würzburg, Passau, Jngolstadt, Germersheim und Landau mit der weiteren Bestimmung angeordnet, daß diese Siegesfeier mit etwaigen städtischen Feierlichkeiten verbunden werden solle, wenn dieselben bis ein- schließlich den 5 d. M. fallen. -- Durch einen heute erschienenen Armee- befehl wurden 9 Doctoren der Medicin, die als Einjährig=Freiwillige die Stelle von Assistenzärzten versahen, zu Landwehr=Assistenzärzten ernannt. -- Die „Correspondenz Hoffmann“ hört mit Ende dieses Monats auf officiöses Organ zu sein, und wird von da an unabhängig von der Staatsregierung in bisheriger Weise fort erscheinen. ( -- ) Berlin, 3 März. Die Nachricht von der Bestätigung der Friedens = Präliminarien durch die französische Nationalversammlung ist hier mit ungeheurem Jubel begrüßt worden. Ohne Zweifel wird diese freudig erregte Stimmung sich bei der für heute Abend angeordneten all- gemeinen Erleuchtung in glänzender Weise hervorthun. Zu wünschen wäre indeß nur daß die patriotische Ansprache des Polizeipräsidiums und des Magistrats, in welcher auf das entschiedenste von einer Wiederholung der neulichen Ausschreitungen abgewehrt wird, eine gute Stätte finde, und daß sich nicht jene brutalen Scenen wiederholen welche wir leider am Montag hier erlebt haben. Mit der Ratification der Friedens- Präliminarien wird unser Land zugleich von einer großen Last und Sorge, der Verpflegung der französischen Kriegsgefangenen, befreit, die leider Seuchen verschiedener Art, besonders die schwarzen Pocken, über fast alle Theile der Monarchie verbreitet haben. Aus dem Umstande daß die Berufung des Reichstags einen abermaligen Auf- schub erfahren hat, folgert man in unsern politischen Kreisen daß es der Wunsch der Bundesbehörde ist vorher noch den Friedensvertrag abzu- schließen, zu dessen Vereinbarung die beiderseitigen Bevollmächtigten binnen wenigen Tagen in Brüssel zusammentreten werden. Die Friedens=Präli- minarien sollen, nach einer Mittheilung der „Krzztg.“ aus Versailles, vom Bundeskanzler im Auftrage des Kaisers, nach einer Mittheilung des „Staatsanzeigers“ dagegen vom Kaiser selbst unterzeichnet sein. -- Heute wollte der Handelsminister die aus Mülhausen im Elsaß hier angekom- mene Deputation von Fabricanten empfangen, welche mit der Absicht hie- her gekommen ist unsere Regierung für die Jnteressen der Elsäßer Jndu- strie zu gewinnen. sym12 Paris, 1 März. So wäre denn der gefürchtete Augenblick überstanden! Um 10 Uhr früh war der Einzug angesagt, doch hatte sich der Marsch wohl in die Länge gezogen, denn, obwohl schon seit 8 Uhr des Morgens Truppentheile gekommen waren, um Quartier zu machen u. s. w., so kamen die Haupttruppenkörper erst gegen 2 Uhr in der Nähe des Triumphbogens an. Gegen 10 Uhr hatte sich in den Champs=Elysées, um den Triumphbogen herum und auf der Avenue de la grande armée eine gewisse Anzahl Neugieriger, zusammengesetzt aus ganz niederem Volk und einigen Engländern, Amerikanern ec., versammelt. Die Leute verhielten sich ziemlich ruhig, gruppirten sich wohl einen Augenblick um einzelne deut- sche Soldaten oder die die zu besetzenden Quartiere durchkreuzenden reiten- den Wachen, doch zerstreuten sie sich wieder bald darauf, und hielten sich möglichst abseits von den Deutschen. Die vorausgeschickten deutschen Truppen schienen meistentheils dem 11. Corps anzugehören, wenigstens sah ich 88er, 82er und 11er Jäger und Artilleristen. Größtentheils hatten sie sich in der Nähe des Jndustriepalastes aufgestellt. Nach dem Concordien- platz hin hielten Husaren Wacht. Als ich mich nach den Champs=Elysées begab, sah ich in der Rue du Faubourg St. Honor é starke Abtheilungen französischer Linie, und bemerkte überhaupt in Paris viel militärische Be- wegung. Alle Nationalgarden waren schon von Morgens früh an con- signirt. Die Omnibusse fuhren übrigens in den nicht zu besetzenden Stadttheilen; nicht alle Läden waren geschlossen, und man sah ziemlich viel Leute in den Straßen. Die zu besetzenden Stadttheile hingegen waren wie ausgestorben, ausgenommen die Champs=Elysées und was ich weiter vorhin aufgezählt. Die Schalter der Häuser waren geschlossen, und es machte einen eigenthümlichen Eindruck an vielen Orten der ausgestorbenen, öden Häuserreihen große fremde Flaggen herausstecken zu sehen. Gegen 11 Uhr verlief sich die auf dem Platz um den Triumphbogen und in der Avenue de la grande Armée versammelte Menge größtentheils, da man den Einzug um 10 Uhr erwartet hatte und man anfieng sich zu langweilen. Um diese Zeit kamen einige kleine Rei- bereien und Auftritte zwischen der Menge und den deutschen Soldaten vor, doch waren sie nur unbedeutend, und nur einmal sah sich eine Husaren- wache veranlaßt blank zu ziehen und in die Menge hineinzureiten. Nach 12 Uhr kamen endlich einige Schwärme von Stabsofficieren an. Hin und wieder näherte sich ein Wagen mit irgendeinem höhern Officier in Uniform oder in Civil und sonstigen zu einem Heere gehörenden Beamten. Die Wagen und die einzelnen Reiter häuften sich mit der Zeit, und gegen 2 Uhr näherten sich die Haupttruppenkörper. Dieselben kamen von zwei Seiten. Die Preußen durch die Avenue de la grande Armée und die Bayern durch die ehemalige Avenue de l' Jmpératrice. Die Musikchöre spielten den Pariser Einzugsmarsch. Als sich die ersten Regimenter dem Triumphbogen näherten, wollten sie durch denselben hindurchziehen, doch hatte sich ziemlich viel Volk um dieses Wahrzeichen der französischen „Gloire“ herum versammelt und wehrte sich mit einem wahren Wuthgeschrei gegen diese Entweihung des Allerheiligsten. Einige preußische Officiere, und unter andern ein Adjutant, wollten mit ihren Pferden den Durchzug erzwingen, doch waren die andern menschenfreundlicher und die Regimenter zogen um den Triumphbogen herum. Die ersten Regimenter wurden mit gewaltigem Pfeifen und Schimpfgeschrei empfangen, doch lief alles ruhig ab und gegen 4 Uhr konnten sich die deutschen Soldaten in den ihnen zu- gewiesenen Quartieren vertheilen. Die heut eingezogenen Preußen ge- hören meistentheils dem sechsten Corps an. Die Bayern sind natürlich vom zweiten Corps. Ob der Kaiser heute seinen Einzug gehalten hat, weiß ich nicht, wenigstens habe ich ihn nicht gesehen. Telegraphische Berichte. * Bordeaux, 3 März. Nationalversammlung. Die Regierung legt einen Gesetzentwurf vor demzufolge eine Commission zu ernennen ist welche sämmtliche seit Beginn des Krieges abgeschlossene finanzielle Ver- träge prüfe. Hr. Dufaure bringt ein Decret ein wodurch die von Crémieux verfügte Absetzung mehrerer richterlichen Personen für ungültig erklärt wird. Die HH. Rochefort, Malou, Ranc und Bridon legten ihre Mandate nieder, indem sie gegen die Abtretung des Elsaßes protestirten. Hr. Pyat wird zwar sein Mandat nicht niederlegen, aber nicht eher wieder in der Nationalversammlung erscheinen als bis die Abtretung des Elsaßes wider- rufen sei. Diese Depesche aus dem Hauptblatt hier wiederholt. * Berlin, 4 März. Das Resultat der bisherigen Stimmenzählung für die Berliner Wahlen läßt es zweifellos erscheinen daß die Mitglieder der Fortschrittspartei, Hagen, Frhr. v. Hoverbeck, M. Wiggers, Runge, Fr. Duncker und Schulze=Delitzsch gewählt sind. Die „Krzztg.“ schreibt: „Nach uns zugehenden Mittheilungen dürfte der Kaiser nächster Tage Versailles verlassen und nach vorläufiger Annahme in etwa acht Tagen hierher zurückkommen.“ Die „Krzztg.“ bestätigt daß Prinz Friedrich Karl den Oberbefehl über die Occupationstruppen in Frankreich erhalten und in Reims residiren werde.

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Peter Fankhauser: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.

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  • fremdsprachliches Material: nur Fremdskripte gekennzeichnet.
  • Kolumnentitel: nicht übernommen.
  • Kustoden: nicht übernommen.
  • langes s (?): in Frakturschrift als s transkribiert, in Antiquaschrift beibehalten.
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert.
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert.
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst.
  • Zeichensetzung: DTABf-getreu.



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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 64. Augsburg (Bayern), 5. März 1871, S. 1088. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_augsburg64_1871/12>, abgerufen am 28.03.2024.