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Der Arbeitgeber. Nr. 1061. Frankfurt a. M., 1. September 1877.

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[Spaltenumbruch] viel Arbeit giebt, soll unter einem Mittel=Ertrag sein. Die Lon-
doner Bauarbeiter
wollen höheren Lohn und kürzere Ar-
beitszeit ( ! ) . Es muß ihnen demnach gut gehen.

Jn Amerika ist die Bauthätigkeit gering, nur für die Ko-
lonien werden immer noch Handwerker namentlich da und dort
begehrt.

[ Wir bitten um Zusendung aller Zeitungsnummern, worin sich Angaben
über Bedarf oder Ueberfluß an Arbeitern befinden. D. Red. ]

Geschäftsbericht. Die Hoffnungen auf einen lebhafteren Cha-
rakter des Herbstgeschäftes finden in den letzten Ausweisen der
Reichsbank noch keine Stütze. Das Portefeuille allein wurde
um14 1 / 2 Millionen erleichtert und Wechsel= und Lombardbestände
nahmen nun rund 15 Mill. ab; der Metallschatz erfuhr eine
Schwächung von gegen zwei Mill., der Bestand an Kassenscheinen
und fremden Banknoten dagegen eine Zunahme von1 1 / 2 Mill.
-- Die Neigung zur Erholung auf dem Waaren- und Pro-
duktenmarkte
macht sich allerdings geltend, allein es fehlt an
der eigentlichen Triebkraft speculativer Unternehmungen und nur
die hochwichtige Frage der Brodversorgung brachte auf den in
Wien und Pest stattgefundenen Saatmärkten neues Leben in
die sonstige Geschäftsstille. Die Ernte und deren Ergebnisse be-
herrschen augenblicklich einen großen Theil des Marktes überhaupt
und der am Pester Platz erfolgte Preisrückgang für Getreide,
darf als ein Zeichen ausgiebigen Ertrages, wie auch der Willfäh-
rigkeit der Eigner zu Verkaufsabschlüssen betrachtet werden. Die
am Wiener Saatmarkte veröffentlichten Zusammenstellungen kon-
statiren für Südrußland und Oesterreich=Ungarn, die
beste, für Frankreich dagegen die schlechteste aller diesjähri-
gen. Der Export von Waizen wurde für Oesterreich=Ungarn auf
14 Millionen Ztr., Roggen5 1 / 2 Mill., 3 Mill. Ztr. Gerste und
6 Mill. Ztr. Hafer veranschlagt. -- Ober=Jtalien giebt für
Waizen eine gute, wenn auch nicht volle Mittelernte und dürfte
sich der Bedarf an fremdem Waizen für dort auf1 1 / 4 Mill. Ztr.
stellen. Mais verspricht 30 Proz. mehr als im Vorjahre, Hafer
blieb um 20 Proz. zurück. -- Aegypten dürfte ca. 3 Mill.
Ardeles ( 1 Ardeles == 183,475 Liter ) nach England exportiren,
während der Gesammtertrag auf6 1 / 2 Mill. A. geschätzt wird. --
Rußland hat eine Ernte wie seit vielen Jahren nicht und
Nord=Amerika rühmt neben dem reichen Ertrag die gute
Qualität; der Export in Mais betrug im Fiskaljahr 1876/77
73 Mill. Buschel; der Gesammtertrag beziffert sich heuer auf 325
Mill. Buschel. -- Hopfen läßt nach den immer günstiger lau-
tenden Nachrichten ein besseres Resultat erwarten, als ursprünglich
angenommen wurde, weshalb auch die Preise voraussichtlich billigeren
Notirungen zusteuern. -- Leder behauptete eine bessere Tendenz,
doch sind die Verkaufspreise des Fabrikates ungenügend und nicht
im Einklange mit den Notirungen des Rohstoffes. -- Baum-
wolle
blieb bei schwachen Anforderungen ziemlich unverändert;
der Gesammtwerth des Exportes von Baumwolle und andern
Baumwollfabrikaten im Monat Juni, beträgt für Amerika
Doll. 939,831 gegen 876,175 im Juni vorigen Jahres. Die
Ausfuhr von Baumwoll=Waaren aus den vereinigten Staaten
ist in steter Zunahme begriffen. -- Wolle erfuhr keine wesent-
liche Veränderung; Seide hatte nur beschränkten Verkehr, da die
Fabriken vor wie nach zurück halten und deren Absatz noch immer
unbefriedigend ist. -- Die Klage in Lyon hat sich nicht gebessert;
es herrscht vollständige Geschäftslosigkeit und Entwerthung der
Preise, wozu allerdings die schwierigen politischen Verhältnisse ihr
großes Theil beitragen; der Platz ist sehr entmuthigt, wie denn
überhaupt die Handelsbewegung Frankreichs in den ersten
sieben Monaten d. J. einen ganz bedeutenden Rückgang gegen
denselben Zeitraum in 1876 aufweist; die Einfuhr von Rohpro-
dukten allein ist um 37,447,000 Frcs. oder 2,9 Proz. niedriger,
diejenige von Fabrikaten und Waaren 66,665,000 Frcs.
oder 15,4 Proz. geringer. Die Ausfuhr nahm nun 89,270,000
Frcs. oder 4,3 Proz. ab, darunter die von Fabrikaten um
65,880,000 Frcs. oder 5,9 Proz. Das sind allerdings schwer
in's Gewicht fallende Zahlen, selbst bei einem so reichen und gün-
stig situirten Lande wie Frankreich. -- Auf dem Kohlen markte
wiederholen sich nur die Klagen über schlechten Geschäftsgang, die
Zechen rechnen jedoch auf den um diese Zeit gewöhnlich eintreten-
den Aufschwung, weil sowohl Händler wie Private, besonders in
Süddeutschland nunmehr ihre Lager für den Winterbedarf zu füllen
[Spaltenumbruch] beginnen, gleichwohl ist bei dem starken Angebot, keine Preissteige-
rung zu erwarten. -- Jm Eisengeschäft hielt die etwas ver-
mehrte Nachfrage an, aber nur veranlaßt durch die Ausfüllung der
Lücken in den Lagerbeständen, die sich bei der Jnventur vorgefun-
den. Einzelne Werke, so z. B. ein Walzwerk in Dortmund,
dessen Kesselblech-Fabrikate besonderen Ruf genießen, ist mit
Arbeit stark besetzt, allein dies sind eben nur Ausnahmen; auch
hier bleiben die Preise sich ziemlich gleich. -- Jn der Leinen-
Jndustrie ergiebt sich für das erste Halbjahr 1877 bei sämmt-
lichen Linnen=Leggen im Landdrostei=Bezirk Osnabrück
gegen das Vorjahr ein Minus von 252 Stück. Es wurden
6348 Stück mit einer Mehrzahl von 396,014 und einem Werthe
von 247,585 Mark auf den Leggen bereitet. Die Production
litt auch in diesem Geschäftszweige unter der allgemeinen Kalamität.
Was die diesjährige Flachsernte betrifft, so hat die Leinpflanze
durch die andauernde Dürre etwas gelitten und es steht wahrschein-
lich nur eine gute Mittelernte bevor. -- Jm Garngeschäft ist es
still und unverändert; Wäsche-Konfektionsartikel dagegen lebhafter
gekauft und der Absatz darin etwas befriedigender. -- Von der
Nischny=Nowgoroder Messe laufen im Gegensatze zu der sonsti-
gen trostlosen Geschäftslage Rußlands, befriedigende Nachrichten
ein; die Manufakturwaaren sind um 10 bis 15 Proz. gestiegen
und gehen dieselben in großen Massen nach dem Kaspischen Meere
ab. Das Theegeschäft hat noch nicht begonnen, die Preise stiegen
aber in Folge der Goldzölle um 20 bis 40 Rubel per Kiste; bis
zum 27. Juli waren etwa 30,000 Kisten Thee eingelagert.
Kaukasisches Petroleum wieder Erwarten sehr gesucht, Preise
im Steigen begriffen. Ebenso war in Folge der ausgezeichneten
Ernte in Südrußland im Wechsel-Verkehr eine bedeutsame Besse-
rung eingetreten, denn es gingen z. B. bei der "Jnternationalen
Handelsbank" in Petersburg von im Vorjahre protestirten und
als aussichtslos abgeschriebenen Wechseln im Betrage von 516,000
Rubel, bereits mehr als 30 Proz. wieder ein. Der Export hat
sich im Gegensatze zu dem durch die Sperre der südw. Häfen und
der erhöhten Zollspesen verminderten Jmport, bedeutend ge-
hoben, an Cerealien allein nun beinah 4 Millionen Scheffel, 3
Mill. Pud Viehtalg, 55 Mill. Grad Spirituosen u. a. mehr.

Aus Amerika schreibt die "Newyork World", daß der Eisen-
bahn=Strike
und die Aufstände dem Lande an 20 Mill. Doll.
gekostet haben; dieser enorme Betrag ist gleichbedeutend mit einer
totalen Mißernte des Tabacks in der ganzen Union und wird für
die nächsten 20 Jahre jeder Steuerzahler in Pittsburg z. B. seine
Steuerlast verdoppelt sehen, indem dieselbe von 600,000 Doll.
auf 1,200,000 Doll. erhöht werden muß! Dieser Kampf zwi-
schen Kapital und Arbeit fand demnach für beide Theile nichts
weniger, wie eine befriedigende Lösung.

^ Patentwesen. Seit dem Jnkrafttreten des Reichs=Patent-
Gesetzes scheinen deutsche Erfindungen nicht blos in der Heimath,
sondern auch im Auslande mehr beachtet zu werden. Dem vor
einiger Zeit gemeldeten Verkauf des Betz'schen Patentes für
eine Drathputzmaschine ist soeben ein noch bedeutenderer gefolgt,
welcher den Erfindern sehr zur Ermuthigung dienen kann. Die
Patente in England und Frankreich des bekannten Maisch=Appa-
rates von Ellenberger in Darmstadt sind dieser Tage um
eine hohe Summe an eine englische Gesellschaft verkauft worden,
an deren Spitze Graf S. von Sparre, ein in industriellen Un-
ternehmungen sehr bewanderter Mann, steht. Die Patente für beide
Erfindungen wurden von dem hiesigen Patent = Geschäfte von
Wirth & Comp. besorgt, der Verkauf wurde auf dem hiesigen
englischen Consulate abgeschlossen.

-- Patent=Gesuche müssen, wenn sie nicht vom Erfinder selbst
unterzeichnet sind, von einer ( unbeglaubigten ) Vollmacht desselben
begleitet sein. Bezüglich der Prokuraträger hat das Patent=Amt
kürzlich darauf aufmerksam gemacht, daß die Unterschrift derselben,
weil Patentgesuche keine Handelsgeschäfte seien, also dem H.=G.=B.
nicht unterliegen, nicht gültig seien: sie müssen ebenfalls von einer
Vollmacht begleitet sein.

-- Jn Karl Heymann's Verlag zu Berlin ist soeben
Pieper's längst erwartete Schrift, "Der Schutz der Erfindungen
im D. Reich" erschienen. Derselbe beginnt mit einer humoristi-
schen Vorrede, veranlaßt durch mehrfache Vorkommnisse, und bringt
zuerst die Verhandlungen vom Reichstag, über welche der Abg.
Eug. Richter die pikante Bemerkung machte, daß "schwerlich die

[Spaltenumbruch] viel Arbeit giebt, soll unter einem Mittel=Ertrag sein. Die Lon-
doner Bauarbeiter
wollen höheren Lohn und kürzere Ar-
beitszeit ( ! ) . Es muß ihnen demnach gut gehen.

Jn Amerika ist die Bauthätigkeit gering, nur für die Ko-
lonien werden immer noch Handwerker namentlich da und dort
begehrt.

[ Wir bitten um Zusendung aller Zeitungsnummern, worin sich Angaben
über Bedarf oder Ueberfluß an Arbeitern befinden. D. Red. ]

Geschäftsbericht. Die Hoffnungen auf einen lebhafteren Cha-
rakter des Herbstgeschäftes finden in den letzten Ausweisen der
Reichsbank noch keine Stütze. Das Portefeuille allein wurde
um14 1 / 2 Millionen erleichtert und Wechsel= und Lombardbestände
nahmen nun rund 15 Mill. ab; der Metallschatz erfuhr eine
Schwächung von gegen zwei Mill., der Bestand an Kassenscheinen
und fremden Banknoten dagegen eine Zunahme von1 1 / 2 Mill.
-- Die Neigung zur Erholung auf dem Waaren- und Pro-
duktenmarkte
macht sich allerdings geltend, allein es fehlt an
der eigentlichen Triebkraft speculativer Unternehmungen und nur
die hochwichtige Frage der Brodversorgung brachte auf den in
Wien und Pest stattgefundenen Saatmärkten neues Leben in
die sonstige Geschäftsstille. Die Ernte und deren Ergebnisse be-
herrschen augenblicklich einen großen Theil des Marktes überhaupt
und der am Pester Platz erfolgte Preisrückgang für Getreide,
darf als ein Zeichen ausgiebigen Ertrages, wie auch der Willfäh-
rigkeit der Eigner zu Verkaufsabschlüssen betrachtet werden. Die
am Wiener Saatmarkte veröffentlichten Zusammenstellungen kon-
statiren für Südrußland und Oesterreich=Ungarn, die
beste, für Frankreich dagegen die schlechteste aller diesjähri-
gen. Der Export von Waizen wurde für Oesterreich=Ungarn auf
14 Millionen Ztr., Roggen5 1 / 2 Mill., 3 Mill. Ztr. Gerste und
6 Mill. Ztr. Hafer veranschlagt. -- Ober=Jtalien giebt für
Waizen eine gute, wenn auch nicht volle Mittelernte und dürfte
sich der Bedarf an fremdem Waizen für dort auf1 1 / 4 Mill. Ztr.
stellen. Mais verspricht 30 Proz. mehr als im Vorjahre, Hafer
blieb um 20 Proz. zurück. -- Aegypten dürfte ca. 3 Mill.
Ardeles ( 1 Ardeles == 183,475 Liter ) nach England exportiren,
während der Gesammtertrag auf6 1 / 2 Mill. A. geschätzt wird. --
Rußland hat eine Ernte wie seit vielen Jahren nicht und
Nord=Amerika rühmt neben dem reichen Ertrag die gute
Qualität; der Export in Mais betrug im Fiskaljahr 1876/77
73 Mill. Buschel; der Gesammtertrag beziffert sich heuer auf 325
Mill. Buschel. -- Hopfen läßt nach den immer günstiger lau-
tenden Nachrichten ein besseres Resultat erwarten, als ursprünglich
angenommen wurde, weshalb auch die Preise voraussichtlich billigeren
Notirungen zusteuern. -- Leder behauptete eine bessere Tendenz,
doch sind die Verkaufspreise des Fabrikates ungenügend und nicht
im Einklange mit den Notirungen des Rohstoffes. -- Baum-
wolle
blieb bei schwachen Anforderungen ziemlich unverändert;
der Gesammtwerth des Exportes von Baumwolle und andern
Baumwollfabrikaten im Monat Juni, beträgt für Amerika
Doll. 939,831 gegen 876,175 im Juni vorigen Jahres. Die
Ausfuhr von Baumwoll=Waaren aus den vereinigten Staaten
ist in steter Zunahme begriffen. -- Wolle erfuhr keine wesent-
liche Veränderung; Seide hatte nur beschränkten Verkehr, da die
Fabriken vor wie nach zurück halten und deren Absatz noch immer
unbefriedigend ist. -- Die Klage in Lyon hat sich nicht gebessert;
es herrscht vollständige Geschäftslosigkeit und Entwerthung der
Preise, wozu allerdings die schwierigen politischen Verhältnisse ihr
großes Theil beitragen; der Platz ist sehr entmuthigt, wie denn
überhaupt die Handelsbewegung Frankreichs in den ersten
sieben Monaten d. J. einen ganz bedeutenden Rückgang gegen
denselben Zeitraum in 1876 aufweist; die Einfuhr von Rohpro-
dukten allein ist um 37,447,000 Frcs. oder 2,9 Proz. niedriger,
diejenige von Fabrikaten und Waaren 66,665,000 Frcs.
oder 15,4 Proz. geringer. Die Ausfuhr nahm nun 89,270,000
Frcs. oder 4,3 Proz. ab, darunter die von Fabrikaten um
65,880,000 Frcs. oder 5,9 Proz. Das sind allerdings schwer
in's Gewicht fallende Zahlen, selbst bei einem so reichen und gün-
stig situirten Lande wie Frankreich. -- Auf dem Kohlen markte
wiederholen sich nur die Klagen über schlechten Geschäftsgang, die
Zechen rechnen jedoch auf den um diese Zeit gewöhnlich eintreten-
den Aufschwung, weil sowohl Händler wie Private, besonders in
Süddeutschland nunmehr ihre Lager für den Winterbedarf zu füllen
[Spaltenumbruch] beginnen, gleichwohl ist bei dem starken Angebot, keine Preissteige-
rung zu erwarten. -- Jm Eisengeschäft hielt die etwas ver-
mehrte Nachfrage an, aber nur veranlaßt durch die Ausfüllung der
Lücken in den Lagerbeständen, die sich bei der Jnventur vorgefun-
den. Einzelne Werke, so z. B. ein Walzwerk in Dortmund,
dessen Kesselblech-Fabrikate besonderen Ruf genießen, ist mit
Arbeit stark besetzt, allein dies sind eben nur Ausnahmen; auch
hier bleiben die Preise sich ziemlich gleich. -- Jn der Leinen-
Jndustrie ergiebt sich für das erste Halbjahr 1877 bei sämmt-
lichen Linnen=Leggen im Landdrostei=Bezirk Osnabrück
gegen das Vorjahr ein Minus von 252 Stück. Es wurden
6348 Stück mit einer Mehrzahl von 396,014 und einem Werthe
von 247,585 Mark auf den Leggen bereitet. Die Production
litt auch in diesem Geschäftszweige unter der allgemeinen Kalamität.
Was die diesjährige Flachsernte betrifft, so hat die Leinpflanze
durch die andauernde Dürre etwas gelitten und es steht wahrschein-
lich nur eine gute Mittelernte bevor. -- Jm Garngeschäft ist es
still und unverändert; Wäsche-Konfektionsartikel dagegen lebhafter
gekauft und der Absatz darin etwas befriedigender. -- Von der
Nischny=Nowgoroder Messe laufen im Gegensatze zu der sonsti-
gen trostlosen Geschäftslage Rußlands, befriedigende Nachrichten
ein; die Manufakturwaaren sind um 10 bis 15 Proz. gestiegen
und gehen dieselben in großen Massen nach dem Kaspischen Meere
ab. Das Theegeschäft hat noch nicht begonnen, die Preise stiegen
aber in Folge der Goldzölle um 20 bis 40 Rubel per Kiste; bis
zum 27. Juli waren etwa 30,000 Kisten Thee eingelagert.
Kaukasisches Petroleum wieder Erwarten sehr gesucht, Preise
im Steigen begriffen. Ebenso war in Folge der ausgezeichneten
Ernte in Südrußland im Wechsel-Verkehr eine bedeutsame Besse-
rung eingetreten, denn es gingen z. B. bei der „Jnternationalen
Handelsbank“ in Petersburg von im Vorjahre protestirten und
als aussichtslos abgeschriebenen Wechseln im Betrage von 516,000
Rubel, bereits mehr als 30 Proz. wieder ein. Der Export hat
sich im Gegensatze zu dem durch die Sperre der südw. Häfen und
der erhöhten Zollspesen verminderten Jmport, bedeutend ge-
hoben, an Cerealien allein nun beinah 4 Millionen Scheffel, 3
Mill. Pud Viehtalg, 55 Mill. Grad Spirituosen u. a. mehr.

Aus Amerika schreibt die „Newyork World“, daß der Eisen-
bahn=Strike
und die Aufstände dem Lande an 20 Mill. Doll.
gekostet haben; dieser enorme Betrag ist gleichbedeutend mit einer
totalen Mißernte des Tabacks in der ganzen Union und wird für
die nächsten 20 Jahre jeder Steuerzahler in Pittsburg z. B. seine
Steuerlast verdoppelt sehen, indem dieselbe von 600,000 Doll.
auf 1,200,000 Doll. erhöht werden muß! Dieser Kampf zwi-
schen Kapital und Arbeit fand demnach für beide Theile nichts
weniger, wie eine befriedigende Lösung.

△ Patentwesen. Seit dem Jnkrafttreten des Reichs=Patent-
Gesetzes scheinen deutsche Erfindungen nicht blos in der Heimath,
sondern auch im Auslande mehr beachtet zu werden. Dem vor
einiger Zeit gemeldeten Verkauf des Betz'schen Patentes für
eine Drathputzmaschine ist soeben ein noch bedeutenderer gefolgt,
welcher den Erfindern sehr zur Ermuthigung dienen kann. Die
Patente in England und Frankreich des bekannten Maisch=Appa-
rates von Ellenberger in Darmstadt sind dieser Tage um
eine hohe Summe an eine englische Gesellschaft verkauft worden,
an deren Spitze Graf S. von Sparre, ein in industriellen Un-
ternehmungen sehr bewanderter Mann, steht. Die Patente für beide
Erfindungen wurden von dem hiesigen Patent = Geschäfte von
Wirth & Comp. besorgt, der Verkauf wurde auf dem hiesigen
englischen Consulate abgeschlossen.

-- Patent=Gesuche müssen, wenn sie nicht vom Erfinder selbst
unterzeichnet sind, von einer ( unbeglaubigten ) Vollmacht desselben
begleitet sein. Bezüglich der Prokuraträger hat das Patent=Amt
kürzlich darauf aufmerksam gemacht, daß die Unterschrift derselben,
weil Patentgesuche keine Handelsgeschäfte seien, also dem H.=G.=B.
nicht unterliegen, nicht gültig seien: sie müssen ebenfalls von einer
Vollmacht begleitet sein.

-- Jn Karl Heymann's Verlag zu Berlin ist soeben
Pieper's längst erwartete Schrift, „Der Schutz der Erfindungen
im D. Reich“ erschienen. Derselbe beginnt mit einer humoristi-
schen Vorrede, veranlaßt durch mehrfache Vorkommnisse, und bringt
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[0003] viel Arbeit giebt, soll unter einem Mittel=Ertrag sein. Die Lon- doner Bauarbeiter wollen höheren Lohn und kürzere Ar- beitszeit ( ! ) . Es muß ihnen demnach gut gehen. Jn Amerika ist die Bauthätigkeit gering, nur für die Ko- lonien werden immer noch Handwerker namentlich da und dort begehrt. [ Wir bitten um Zusendung aller Zeitungsnummern, worin sich Angaben über Bedarf oder Ueberfluß an Arbeitern befinden. D. Red. ] Geschäftsbericht. Die Hoffnungen auf einen lebhafteren Cha- rakter des Herbstgeschäftes finden in den letzten Ausweisen der Reichsbank noch keine Stütze. Das Portefeuille allein wurde um14 1 / 2 Millionen erleichtert und Wechsel= und Lombardbestände nahmen nun rund 15 Mill. ab; der Metallschatz erfuhr eine Schwächung von gegen zwei Mill., der Bestand an Kassenscheinen und fremden Banknoten dagegen eine Zunahme von1 1 / 2 Mill. -- Die Neigung zur Erholung auf dem Waaren- und Pro- duktenmarkte macht sich allerdings geltend, allein es fehlt an der eigentlichen Triebkraft speculativer Unternehmungen und nur die hochwichtige Frage der Brodversorgung brachte auf den in Wien und Pest stattgefundenen Saatmärkten neues Leben in die sonstige Geschäftsstille. Die Ernte und deren Ergebnisse be- herrschen augenblicklich einen großen Theil des Marktes überhaupt und der am Pester Platz erfolgte Preisrückgang für Getreide, darf als ein Zeichen ausgiebigen Ertrages, wie auch der Willfäh- rigkeit der Eigner zu Verkaufsabschlüssen betrachtet werden. Die am Wiener Saatmarkte veröffentlichten Zusammenstellungen kon- statiren für Südrußland und Oesterreich=Ungarn, die beste, für Frankreich dagegen die schlechteste aller diesjähri- gen. Der Export von Waizen wurde für Oesterreich=Ungarn auf 14 Millionen Ztr., Roggen5 1 / 2 Mill., 3 Mill. Ztr. Gerste und 6 Mill. Ztr. Hafer veranschlagt. -- Ober=Jtalien giebt für Waizen eine gute, wenn auch nicht volle Mittelernte und dürfte sich der Bedarf an fremdem Waizen für dort auf1 1 / 4 Mill. Ztr. stellen. Mais verspricht 30 Proz. mehr als im Vorjahre, Hafer blieb um 20 Proz. zurück. -- Aegypten dürfte ca. 3 Mill. Ardeles ( 1 Ardeles == 183,475 Liter ) nach England exportiren, während der Gesammtertrag auf6 1 / 2 Mill. A. geschätzt wird. -- Rußland hat eine Ernte wie seit vielen Jahren nicht und Nord=Amerika rühmt neben dem reichen Ertrag die gute Qualität; der Export in Mais betrug im Fiskaljahr 1876/77 73 Mill. Buschel; der Gesammtertrag beziffert sich heuer auf 325 Mill. Buschel. -- Hopfen läßt nach den immer günstiger lau- tenden Nachrichten ein besseres Resultat erwarten, als ursprünglich angenommen wurde, weshalb auch die Preise voraussichtlich billigeren Notirungen zusteuern. -- Leder behauptete eine bessere Tendenz, doch sind die Verkaufspreise des Fabrikates ungenügend und nicht im Einklange mit den Notirungen des Rohstoffes. -- Baum- wolle blieb bei schwachen Anforderungen ziemlich unverändert; der Gesammtwerth des Exportes von Baumwolle und andern Baumwollfabrikaten im Monat Juni, beträgt für Amerika Doll. 939,831 gegen 876,175 im Juni vorigen Jahres. Die Ausfuhr von Baumwoll=Waaren aus den vereinigten Staaten ist in steter Zunahme begriffen. -- Wolle erfuhr keine wesent- liche Veränderung; Seide hatte nur beschränkten Verkehr, da die Fabriken vor wie nach zurück halten und deren Absatz noch immer unbefriedigend ist. -- Die Klage in Lyon hat sich nicht gebessert; es herrscht vollständige Geschäftslosigkeit und Entwerthung der Preise, wozu allerdings die schwierigen politischen Verhältnisse ihr großes Theil beitragen; der Platz ist sehr entmuthigt, wie denn überhaupt die Handelsbewegung Frankreichs in den ersten sieben Monaten d. J. einen ganz bedeutenden Rückgang gegen denselben Zeitraum in 1876 aufweist; die Einfuhr von Rohpro- dukten allein ist um 37,447,000 Frcs. oder 2,9 Proz. niedriger, diejenige von Fabrikaten und Waaren 66,665,000 Frcs. oder 15,4 Proz. geringer. Die Ausfuhr nahm nun 89,270,000 Frcs. oder 4,3 Proz. ab, darunter die von Fabrikaten um 65,880,000 Frcs. oder 5,9 Proz. Das sind allerdings schwer in's Gewicht fallende Zahlen, selbst bei einem so reichen und gün- stig situirten Lande wie Frankreich. -- Auf dem Kohlen markte wiederholen sich nur die Klagen über schlechten Geschäftsgang, die Zechen rechnen jedoch auf den um diese Zeit gewöhnlich eintreten- den Aufschwung, weil sowohl Händler wie Private, besonders in Süddeutschland nunmehr ihre Lager für den Winterbedarf zu füllen beginnen, gleichwohl ist bei dem starken Angebot, keine Preissteige- rung zu erwarten. -- Jm Eisengeschäft hielt die etwas ver- mehrte Nachfrage an, aber nur veranlaßt durch die Ausfüllung der Lücken in den Lagerbeständen, die sich bei der Jnventur vorgefun- den. Einzelne Werke, so z. B. ein Walzwerk in Dortmund, dessen Kesselblech-Fabrikate besonderen Ruf genießen, ist mit Arbeit stark besetzt, allein dies sind eben nur Ausnahmen; auch hier bleiben die Preise sich ziemlich gleich. -- Jn der Leinen- Jndustrie ergiebt sich für das erste Halbjahr 1877 bei sämmt- lichen Linnen=Leggen im Landdrostei=Bezirk Osnabrück gegen das Vorjahr ein Minus von 252 Stück. Es wurden 6348 Stück mit einer Mehrzahl von 396,014 und einem Werthe von 247,585 Mark auf den Leggen bereitet. Die Production litt auch in diesem Geschäftszweige unter der allgemeinen Kalamität. Was die diesjährige Flachsernte betrifft, so hat die Leinpflanze durch die andauernde Dürre etwas gelitten und es steht wahrschein- lich nur eine gute Mittelernte bevor. -- Jm Garngeschäft ist es still und unverändert; Wäsche-Konfektionsartikel dagegen lebhafter gekauft und der Absatz darin etwas befriedigender. -- Von der Nischny=Nowgoroder Messe laufen im Gegensatze zu der sonsti- gen trostlosen Geschäftslage Rußlands, befriedigende Nachrichten ein; die Manufakturwaaren sind um 10 bis 15 Proz. gestiegen und gehen dieselben in großen Massen nach dem Kaspischen Meere ab. Das Theegeschäft hat noch nicht begonnen, die Preise stiegen aber in Folge der Goldzölle um 20 bis 40 Rubel per Kiste; bis zum 27. Juli waren etwa 30,000 Kisten Thee eingelagert. Kaukasisches Petroleum wieder Erwarten sehr gesucht, Preise im Steigen begriffen. Ebenso war in Folge der ausgezeichneten Ernte in Südrußland im Wechsel-Verkehr eine bedeutsame Besse- rung eingetreten, denn es gingen z. B. bei der „Jnternationalen Handelsbank“ in Petersburg von im Vorjahre protestirten und als aussichtslos abgeschriebenen Wechseln im Betrage von 516,000 Rubel, bereits mehr als 30 Proz. wieder ein. Der Export hat sich im Gegensatze zu dem durch die Sperre der südw. Häfen und der erhöhten Zollspesen verminderten Jmport, bedeutend ge- hoben, an Cerealien allein nun beinah 4 Millionen Scheffel, 3 Mill. Pud Viehtalg, 55 Mill. Grad Spirituosen u. a. mehr. Aus Amerika schreibt die „Newyork World“, daß der Eisen- bahn=Strike und die Aufstände dem Lande an 20 Mill. Doll. gekostet haben; dieser enorme Betrag ist gleichbedeutend mit einer totalen Mißernte des Tabacks in der ganzen Union und wird für die nächsten 20 Jahre jeder Steuerzahler in Pittsburg z. B. seine Steuerlast verdoppelt sehen, indem dieselbe von 600,000 Doll. auf 1,200,000 Doll. erhöht werden muß! Dieser Kampf zwi- schen Kapital und Arbeit fand demnach für beide Theile nichts weniger, wie eine befriedigende Lösung. △ Patentwesen. Seit dem Jnkrafttreten des Reichs=Patent- Gesetzes scheinen deutsche Erfindungen nicht blos in der Heimath, sondern auch im Auslande mehr beachtet zu werden. Dem vor einiger Zeit gemeldeten Verkauf des Betz'schen Patentes für eine Drathputzmaschine ist soeben ein noch bedeutenderer gefolgt, welcher den Erfindern sehr zur Ermuthigung dienen kann. Die Patente in England und Frankreich des bekannten Maisch=Appa- rates von Ellenberger in Darmstadt sind dieser Tage um eine hohe Summe an eine englische Gesellschaft verkauft worden, an deren Spitze Graf S. von Sparre, ein in industriellen Un- ternehmungen sehr bewanderter Mann, steht. Die Patente für beide Erfindungen wurden von dem hiesigen Patent = Geschäfte von Wirth & Comp. besorgt, der Verkauf wurde auf dem hiesigen englischen Consulate abgeschlossen. -- Patent=Gesuche müssen, wenn sie nicht vom Erfinder selbst unterzeichnet sind, von einer ( unbeglaubigten ) Vollmacht desselben begleitet sein. Bezüglich der Prokuraträger hat das Patent=Amt kürzlich darauf aufmerksam gemacht, daß die Unterschrift derselben, weil Patentgesuche keine Handelsgeschäfte seien, also dem H.=G.=B. nicht unterliegen, nicht gültig seien: sie müssen ebenfalls von einer Vollmacht begleitet sein. -- Jn Karl Heymann's Verlag zu Berlin ist soeben Pieper's längst erwartete Schrift, „Der Schutz der Erfindungen im D. Reich“ erschienen. Derselbe beginnt mit einer humoristi- schen Vorrede, veranlaßt durch mehrfache Vorkommnisse, und bringt zuerst die Verhandlungen vom Reichstag, über welche der Abg. Eug. Richter die pikante Bemerkung machte, daß „schwerlich die

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Zitationshilfe: Der Arbeitgeber. Nr. 1061. Frankfurt a. M., 1. September 1877, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_arbeitgeber1061_1877/3>, abgerufen am 28.03.2024.