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Der Arbeitgeber. Nr. 704. Frankfurt a. M., 29. Oktober 1870.

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[Spaltenumbruch] der Schutzzoll fördert nur das Jnteresse Einzelner auf Kosten der
Gesammtheit, und der Mann des wirthschaftlichen Monopols ec.
fördert nur das Bessergehen einer Klasse, aber auf Kosten einer
andern; zur Vermehrung des Volksvermögens trägt er indeß keinen
Pfennig bei. Diese Sätze sind zwar durchaus nicht neu, sogar
sehr alt, es schadet jedoch durchaus nichts, wenn eine [unleserliches Material - 5 Zeichen fehlen]Ntion in
dem Moment, in welcher sie großjährig wird, sich an dieselben
erinnert.

Der Einfluß, den ein politisch geeinigtes Deutschland auf der
oben erwähnten Basis nach außen hat, wird daher für die Staats-
wie für die Privatwirthschaft nur ein günstiger sein.

Wie verhält sich nun dieser Einfluß nach Jnnen? Richtig ge-
regelt kann er auf die Staatswirthschaft von ungeheuerer Tragweite
sein. Die Staatswirthschaft wird, wenn sie sich ihrer Aufgabe be-
wußt ist, vor allen Dingen in dem neuen Reich, sei es ein Föderativ-
oder Einheitsstaat, gleichmäßige Gesetze für alle Landestheile, für
alle Provinzen schaffen müssen. Hierher gehört eine auf ganz
Deutschland ausgedehnte Freizügigkeit und völlige Gewerbefreiheit.
Beide befördern den Verkehr und die Produktion, indem sie neue
Unternehmungen schaffen, indem sie die geeigneten Kräfte an die
geeigneten Orten bringen. Vermehrter Verkehr bedingt vermehrte
Wege, und vermehrte Wege bedingen bessere einheitliche Weggesetze.
Wir sind nicht der Meinung, daß die Staatswirthschaft neue Wege
selbst bauen soll, obgleich dies in manchen Fällen in dem jetzigen
Stadium unserer wirthschaftlichen Entwicklung angezeigt sein mag;
was aber Pflicht der Staatswirthschaft ist, das ist gute einheitliche
Weggesetze zu schaffen; also vor allem ein einheitliches Eisenbahngesetz
und eine einheitliche Fluß= und Kanalschifffahrtsordnung. Auch
anregend und hier und da selbst bauend mag sie auftreten, haupt-
sächlich wird dies in dem von uns ganz vernachlässigten Kanalwesen
der Fall sein müssen; obgleich es besser ist, wenn sich die Privat-
wirthschaft des Baues von Land= und Wasserwegen annimmt.

Eine Folge des politisch geeinigten Staates wird auch eine
neue Münz=, Maß= und Gewichtsordnung sein; Eine Münze, Ein
Maß und Ein Gewicht für ganz Deutschland schützt unsere Wirth-
schaft vor jährlich Tausenden von Verlusten, die aus Rechenfehlern
allein entstehen, ohne der andern Vortheile gar nicht zu gedenken.
Hierher gehört ferner die Ordnung des Papier= und Bankwesens, das
bei uns noch ziemlich im Argen liegt und dem Verkehr Verdrießlich-
keiten und Verluste aller Art bereitet.

Von nicht zu unterschätzender Folge wird die Schaffung eines
einheitlichen Gerichtsverfahrens sein. Unsere Wirthschaft wird vor
enormen Verlusten bewahrt werden, wenn das liebe große deutsche
Vaterland von dem Augiasstall seiner unendlichen Prozeßordnungen
gereinigt sein wird.

Das Beste kommt zuletzt. Wir können nicht alle Konsequenzen
der politischen Einigung Deutschlands in Bezug auf seine Wirthschaft
ziehen; allein einen Kapitalfaktor dürfen wir nicht vergessen, und das
ist die Verringerung des Militärbudgets. Mancher unserer Leser
mag vielleicht hier ungläubig den Kopf schütteln, und es kann ja
auch sein, daß im Verlauf des nächsten Jahrzehends davon noch
nichts zu verspüren sein wird. Allein wenn man den Lauf der
Dinge von der Höhe der Geschichte aus betrachtet, von welcher man
mit Leichtigkeit Jahrhunderte überschaut -- was ist fragen wir dann
ein Jahrzehnt?

Und von diesem Standpunkt aus gesehen lautet unser Urtheil,
die politische Einigung Deutschlands wird das Militärbudget auf
das Minimum herabdrücken, auf welches es gehört.

Resumiren wir daher das Gesagte, so haben wir als Resultat
unserer Untersuchung: die deutsche Wirthschaft wird sich nach dem
Kriege mächtiger, reicher und blühender entwickeln als je zuvor --
vorausgesetzt daß wir siegen und dem Sieg ein dauernder Friede
folgt, welcher den Unternehmungsgeist erzeugt und dem Kapital wieder
Vertrauen gibt. Setzen wir daher Alles, Alles daran, daß der Sieg
unser bleibt -- denn der Revers der Medaille, den wir in unserm
nächsten Artikel betrachten werden, ist leider sehr wenig erbaulich.

* Die Kriegs=Entschädigung, welche Frankreich zu zahlen hat,
scheint etwas größer zu werden, als wir sie in No. 700 berechnet.
Aus den alten preußischen Landen werden Forderungen im Betrage
von 303,524,000 Thlr. oder 1,123,000,000 Fr. aus den Jahren
[Spaltenumbruch] 1806--1808 geltend gemacht, wozu noch die westfälische Schuld
und einiges Andere käme. Da sich inzwischen der Krieg wieder ver-
längert hat, und Deutschland die besetzten Theile sehr schonend be-
handelt, den meisten Proviant ec. aus dem eigenen Lande kommen
läßt oder bezahlt, so wird die Rechnung natürlich etwas länger
werden. Da das im Jahr 1806 auf4 1 / 2 Millionen Einwohner
reduzirte Preußen binnen 2 Jahren, nachdem es schon eine Reihe
von Jahren Krieg geführt, doch noch 1123 Millionen zahlen konnte,
so werden dem weit reicheren Frankreich 4000 Millionen nicht schwer
fallen. Es wäre aber doch zu wünschen, daß man das französische
Volk mehr auf Obiges aufmerksam machte, denn Verlängerung des
Krieges ist doch reiner Wahnsinn.

* Unterstützung der Hinterbliebenen unserer Soldaten. Man
schreibt von Berlin: Jn Erweiterung mehrerer Bestimmungen der
Gesetze vom 6. Juli 1865 und 16. Oktober 1866 sollen für die
Wittwen der im Kriege gebliebenen oder an den erlittenen Verwun-
dungen gestorbenen, sowie der im Felde beschädigten oder erkrankten
und in Folge dessen bis zum Tage der Demobilmachung verstorbenen
Militärpersonen der Feldarmee vom Oberfeuerwerker u. s. w. abwärts,
so lange sie im Wittwenstand bleiben, Unterstützungen aus Staats-
mitteln gewährt werden, den Wittwen der Oberfeuerwerker 100 Thlr.,
den Wittwen der Sergeanten und Unteroffiziere 75 Thlr. und den
Wittwen der übrigen Soldaten 50 Thlr. jährlich. Für jedes hinter-
bliebene Kind erfolgt bis zum vollendeten 15. Lebensjahre eine Er-
ziehungsbeihülfe von 30 Thlrn. jährlich.

* Paris. Der engl. "Economist" hat kürzlich ausgerechnet,
was Paris werth ist und 7,792,000,000 Ls. herausgefunden, näm-
lich: 154 M. Ls. für Gebäude, 77 M. für Mobiliar und Geräthe
und 77 M. für Waaren=Vorräthe.

* Straßburg. Der Civil=Kommissär Kühlwetter hat sofort
nach seinem Eintreffen in Straßburg den Gemeinderath versammelt,
um Anordnungen zur Ermittlung des entstandenen Schadens zu
treffen. Durch Notar Momy waren schon früher Anmeldungen
entgegengenommen worden. Eine neue Frist wurde bis zum 17. d.
dafür gesteckt. Es ist also nach dieser amtlichen Kundgebung, wie
nicht anders zu erwarten war, als sicher anzunehmen, daß die Straß-
burger voll entschädigt werden. -- An Arbeitkräften, worauf wir
besonders aufmerksam machen, ist großer Mangel. Der Taglohn
steht auf2 1 / 2 --3 Fr. Handwerker verdienen bis 5 Fr.

* Eine Häuserbau=Gesellschaft in Straßburg. Das "Br.
Hdlsbl." empfiehlt die Errichtung einer Häuserbau=Gesellschaft, damit
nicht Straßburg in alter Weise wieder aufgebaut werde, eng und
ungesund, sondern ein neues Straßburg entstehe. Die Citadelle,
welche ganz zertrümmert ist und ohnehin keinen Zweck mehr hat, da
sie nicht weit genug von der Stadt liegt, bietet mit ihrer Umgegend
Raum genug zu Neubauten, die sich mit der Zeit bis an den nahen
kleinen Rhein ausdehnen können.

* Einwanderung in die Vereinigten Staaten vom 1. Juli
1868 bis 30. Juni 1869. Th. Pösche, Stat.=Bureau in Washing-
ton, gibt in Petermanns Mittheilungen folgende Notizen über die
Herkunft der Einwanderer: Deutschland 132,527, Jrland 64,938,
Großbritannien 60,286, Schweden 24,224, Britisch=Nordamerika
20,918, Norwegen 16,068, China 12,874, Frankreich 3,879,
Schweiz 3,650, Dänemark 3,649, Westindien 2,234, Belgien 1,922,
Jtalien 1,488, Holland 1,134, Spanien 1,123, Azoren 420, Ruß-
land 343, Mexiko 320, Polen 184, Südamerika 90, Portugal 87,
Afrika 72, Japan 63, Türkei 18, Griechenland 8, Verschiedene an-
dere Länder 25, Ohne Angabe 15. Zusammen 352,569.

* Bevölkerungszunahme amerikanischer Städte. Aus nach-
stehender Liste ergibt sich die Bevölkerungszunahme einiger der nam-
haftesten Städte der Union in den letzten 10 Jahren

18701860
Washington......109,33861,122
Chicago....... 348,709 109,260
Detroit.......79,60145,609
Milwaukee......71,463 45,246
Cleveland......92,985 43,417
Lowell, Massachusetts..40,93796,827
Charlestown, Massachusetts.28,41625,065
Fall River, Massachusetts.26,76814,026
Salem, Massachusetts... 24,11922,252
Providence......68,97050,666
Wilmington, Delware.. 30,90427,258

[Spaltenumbruch] der Schutzzoll fördert nur das Jnteresse Einzelner auf Kosten der
Gesammtheit, und der Mann des wirthschaftlichen Monopols ec.
fördert nur das Bessergehen einer Klasse, aber auf Kosten einer
andern; zur Vermehrung des Volksvermögens trägt er indeß keinen
Pfennig bei. Diese Sätze sind zwar durchaus nicht neu, sogar
sehr alt, es schadet jedoch durchaus nichts, wenn eine [unleserliches Material – 5 Zeichen fehlen]Ntion in
dem Moment, in welcher sie großjährig wird, sich an dieselben
erinnert.

Der Einfluß, den ein politisch geeinigtes Deutschland auf der
oben erwähnten Basis nach außen hat, wird daher für die Staats-
wie für die Privatwirthschaft nur ein günstiger sein.

Wie verhält sich nun dieser Einfluß nach Jnnen? Richtig ge-
regelt kann er auf die Staatswirthschaft von ungeheuerer Tragweite
sein. Die Staatswirthschaft wird, wenn sie sich ihrer Aufgabe be-
wußt ist, vor allen Dingen in dem neuen Reich, sei es ein Föderativ-
oder Einheitsstaat, gleichmäßige Gesetze für alle Landestheile, für
alle Provinzen schaffen müssen. Hierher gehört eine auf ganz
Deutschland ausgedehnte Freizügigkeit und völlige Gewerbefreiheit.
Beide befördern den Verkehr und die Produktion, indem sie neue
Unternehmungen schaffen, indem sie die geeigneten Kräfte an die
geeigneten Orten bringen. Vermehrter Verkehr bedingt vermehrte
Wege, und vermehrte Wege bedingen bessere einheitliche Weggesetze.
Wir sind nicht der Meinung, daß die Staatswirthschaft neue Wege
selbst bauen soll, obgleich dies in manchen Fällen in dem jetzigen
Stadium unserer wirthschaftlichen Entwicklung angezeigt sein mag;
was aber Pflicht der Staatswirthschaft ist, das ist gute einheitliche
Weggesetze zu schaffen; also vor allem ein einheitliches Eisenbahngesetz
und eine einheitliche Fluß= und Kanalschifffahrtsordnung. Auch
anregend und hier und da selbst bauend mag sie auftreten, haupt-
sächlich wird dies in dem von uns ganz vernachlässigten Kanalwesen
der Fall sein müssen; obgleich es besser ist, wenn sich die Privat-
wirthschaft des Baues von Land= und Wasserwegen annimmt.

Eine Folge des politisch geeinigten Staates wird auch eine
neue Münz=, Maß= und Gewichtsordnung sein; Eine Münze, Ein
Maß und Ein Gewicht für ganz Deutschland schützt unsere Wirth-
schaft vor jährlich Tausenden von Verlusten, die aus Rechenfehlern
allein entstehen, ohne der andern Vortheile gar nicht zu gedenken.
Hierher gehört ferner die Ordnung des Papier= und Bankwesens, das
bei uns noch ziemlich im Argen liegt und dem Verkehr Verdrießlich-
keiten und Verluste aller Art bereitet.

Von nicht zu unterschätzender Folge wird die Schaffung eines
einheitlichen Gerichtsverfahrens sein. Unsere Wirthschaft wird vor
enormen Verlusten bewahrt werden, wenn das liebe große deutsche
Vaterland von dem Augiasstall seiner unendlichen Prozeßordnungen
gereinigt sein wird.

Das Beste kommt zuletzt. Wir können nicht alle Konsequenzen
der politischen Einigung Deutschlands in Bezug auf seine Wirthschaft
ziehen; allein einen Kapitalfaktor dürfen wir nicht vergessen, und das
ist die Verringerung des Militärbudgets. Mancher unserer Leser
mag vielleicht hier ungläubig den Kopf schütteln, und es kann ja
auch sein, daß im Verlauf des nächsten Jahrzehends davon noch
nichts zu verspüren sein wird. Allein wenn man den Lauf der
Dinge von der Höhe der Geschichte aus betrachtet, von welcher man
mit Leichtigkeit Jahrhunderte überschaut -- was ist fragen wir dann
ein Jahrzehnt?

Und von diesem Standpunkt aus gesehen lautet unser Urtheil,
die politische Einigung Deutschlands wird das Militärbudget auf
das Minimum herabdrücken, auf welches es gehört.

Resumiren wir daher das Gesagte, so haben wir als Resultat
unserer Untersuchung: die deutsche Wirthschaft wird sich nach dem
Kriege mächtiger, reicher und blühender entwickeln als je zuvor --
vorausgesetzt daß wir siegen und dem Sieg ein dauernder Friede
folgt, welcher den Unternehmungsgeist erzeugt und dem Kapital wieder
Vertrauen gibt. Setzen wir daher Alles, Alles daran, daß der Sieg
unser bleibt -- denn der Revers der Medaille, den wir in unserm
nächsten Artikel betrachten werden, ist leider sehr wenig erbaulich.

* Die Kriegs=Entschädigung, welche Frankreich zu zahlen hat,
scheint etwas größer zu werden, als wir sie in No. 700 berechnet.
Aus den alten preußischen Landen werden Forderungen im Betrage
von 303,524,000 Thlr. oder 1,123,000,000 Fr. aus den Jahren
[Spaltenumbruch] 1806--1808 geltend gemacht, wozu noch die westfälische Schuld
und einiges Andere käme. Da sich inzwischen der Krieg wieder ver-
längert hat, und Deutschland die besetzten Theile sehr schonend be-
handelt, den meisten Proviant ec. aus dem eigenen Lande kommen
läßt oder bezahlt, so wird die Rechnung natürlich etwas länger
werden. Da das im Jahr 1806 auf4 1 / 2 Millionen Einwohner
reduzirte Preußen binnen 2 Jahren, nachdem es schon eine Reihe
von Jahren Krieg geführt, doch noch 1123 Millionen zahlen konnte,
so werden dem weit reicheren Frankreich 4000 Millionen nicht schwer
fallen. Es wäre aber doch zu wünschen, daß man das französische
Volk mehr auf Obiges aufmerksam machte, denn Verlängerung des
Krieges ist doch reiner Wahnsinn.

* Unterstützung der Hinterbliebenen unserer Soldaten. Man
schreibt von Berlin: Jn Erweiterung mehrerer Bestimmungen der
Gesetze vom 6. Juli 1865 und 16. Oktober 1866 sollen für die
Wittwen der im Kriege gebliebenen oder an den erlittenen Verwun-
dungen gestorbenen, sowie der im Felde beschädigten oder erkrankten
und in Folge dessen bis zum Tage der Demobilmachung verstorbenen
Militärpersonen der Feldarmee vom Oberfeuerwerker u. s. w. abwärts,
so lange sie im Wittwenstand bleiben, Unterstützungen aus Staats-
mitteln gewährt werden, den Wittwen der Oberfeuerwerker 100 Thlr.,
den Wittwen der Sergeanten und Unteroffiziere 75 Thlr. und den
Wittwen der übrigen Soldaten 50 Thlr. jährlich. Für jedes hinter-
bliebene Kind erfolgt bis zum vollendeten 15. Lebensjahre eine Er-
ziehungsbeihülfe von 30 Thlrn. jährlich.

* Paris. Der engl. „Economist“ hat kürzlich ausgerechnet,
was Paris werth ist und 7,792,000,000 Ls. herausgefunden, näm-
lich: 154 M. Ls. für Gebäude, 77 M. für Mobiliar und Geräthe
und 77 M. für Waaren=Vorräthe.

* Straßburg. Der Civil=Kommissär Kühlwetter hat sofort
nach seinem Eintreffen in Straßburg den Gemeinderath versammelt,
um Anordnungen zur Ermittlung des entstandenen Schadens zu
treffen. Durch Notar Momy waren schon früher Anmeldungen
entgegengenommen worden. Eine neue Frist wurde bis zum 17. d.
dafür gesteckt. Es ist also nach dieser amtlichen Kundgebung, wie
nicht anders zu erwarten war, als sicher anzunehmen, daß die Straß-
burger voll entschädigt werden. -- An Arbeitkräften, worauf wir
besonders aufmerksam machen, ist großer Mangel. Der Taglohn
steht auf2 1 / 2 --3 Fr. Handwerker verdienen bis 5 Fr.

* Eine Häuserbau=Gesellschaft in Straßburg. Das „Br.
Hdlsbl.“ empfiehlt die Errichtung einer Häuserbau=Gesellschaft, damit
nicht Straßburg in alter Weise wieder aufgebaut werde, eng und
ungesund, sondern ein neues Straßburg entstehe. Die Citadelle,
welche ganz zertrümmert ist und ohnehin keinen Zweck mehr hat, da
sie nicht weit genug von der Stadt liegt, bietet mit ihrer Umgegend
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kleinen Rhein ausdehnen können.

* Einwanderung in die Vereinigten Staaten vom 1. Juli
1868 bis 30. Juni 1869. Th. Pösche, Stat.=Bureau in Washing-
ton, gibt in Petermanns Mittheilungen folgende Notizen über die
Herkunft der Einwanderer: Deutschland 132,527, Jrland 64,938,
Großbritannien 60,286, Schweden 24,224, Britisch=Nordamerika
20,918, Norwegen 16,068, China 12,874, Frankreich 3,879,
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Jtalien 1,488, Holland 1,134, Spanien 1,123, Azoren 420, Ruß-
land 343, Mexiko 320, Polen 184, Südamerika 90, Portugal 87,
Afrika 72, Japan 63, Türkei 18, Griechenland 8, Verschiedene an-
dere Länder 25, Ohne Angabe 15. Zusammen 352,569.

* Bevölkerungszunahme amerikanischer Städte. Aus nach-
stehender Liste ergibt sich die Bevölkerungszunahme einiger der nam-
haftesten Städte der Union in den letzten 10 Jahren

18701860
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[0003] der Schutzzoll fördert nur das Jnteresse Einzelner auf Kosten der Gesammtheit, und der Mann des wirthschaftlichen Monopols ec. fördert nur das Bessergehen einer Klasse, aber auf Kosten einer andern; zur Vermehrung des Volksvermögens trägt er indeß keinen Pfennig bei. Diese Sätze sind zwar durchaus nicht neu, sogar sehr alt, es schadet jedoch durchaus nichts, wenn eine _____Ntion in dem Moment, in welcher sie großjährig wird, sich an dieselben erinnert. Der Einfluß, den ein politisch geeinigtes Deutschland auf der oben erwähnten Basis nach außen hat, wird daher für die Staats- wie für die Privatwirthschaft nur ein günstiger sein. Wie verhält sich nun dieser Einfluß nach Jnnen? Richtig ge- regelt kann er auf die Staatswirthschaft von ungeheuerer Tragweite sein. Die Staatswirthschaft wird, wenn sie sich ihrer Aufgabe be- wußt ist, vor allen Dingen in dem neuen Reich, sei es ein Föderativ- oder Einheitsstaat, gleichmäßige Gesetze für alle Landestheile, für alle Provinzen schaffen müssen. Hierher gehört eine auf ganz Deutschland ausgedehnte Freizügigkeit und völlige Gewerbefreiheit. Beide befördern den Verkehr und die Produktion, indem sie neue Unternehmungen schaffen, indem sie die geeigneten Kräfte an die geeigneten Orten bringen. Vermehrter Verkehr bedingt vermehrte Wege, und vermehrte Wege bedingen bessere einheitliche Weggesetze. Wir sind nicht der Meinung, daß die Staatswirthschaft neue Wege selbst bauen soll, obgleich dies in manchen Fällen in dem jetzigen Stadium unserer wirthschaftlichen Entwicklung angezeigt sein mag; was aber Pflicht der Staatswirthschaft ist, das ist gute einheitliche Weggesetze zu schaffen; also vor allem ein einheitliches Eisenbahngesetz und eine einheitliche Fluß= und Kanalschifffahrtsordnung. Auch anregend und hier und da selbst bauend mag sie auftreten, haupt- sächlich wird dies in dem von uns ganz vernachlässigten Kanalwesen der Fall sein müssen; obgleich es besser ist, wenn sich die Privat- wirthschaft des Baues von Land= und Wasserwegen annimmt. Eine Folge des politisch geeinigten Staates wird auch eine neue Münz=, Maß= und Gewichtsordnung sein; Eine Münze, Ein Maß und Ein Gewicht für ganz Deutschland schützt unsere Wirth- schaft vor jährlich Tausenden von Verlusten, die aus Rechenfehlern allein entstehen, ohne der andern Vortheile gar nicht zu gedenken. Hierher gehört ferner die Ordnung des Papier= und Bankwesens, das bei uns noch ziemlich im Argen liegt und dem Verkehr Verdrießlich- keiten und Verluste aller Art bereitet. Von nicht zu unterschätzender Folge wird die Schaffung eines einheitlichen Gerichtsverfahrens sein. Unsere Wirthschaft wird vor enormen Verlusten bewahrt werden, wenn das liebe große deutsche Vaterland von dem Augiasstall seiner unendlichen Prozeßordnungen gereinigt sein wird. Das Beste kommt zuletzt. Wir können nicht alle Konsequenzen der politischen Einigung Deutschlands in Bezug auf seine Wirthschaft ziehen; allein einen Kapitalfaktor dürfen wir nicht vergessen, und das ist die Verringerung des Militärbudgets. Mancher unserer Leser mag vielleicht hier ungläubig den Kopf schütteln, und es kann ja auch sein, daß im Verlauf des nächsten Jahrzehends davon noch nichts zu verspüren sein wird. Allein wenn man den Lauf der Dinge von der Höhe der Geschichte aus betrachtet, von welcher man mit Leichtigkeit Jahrhunderte überschaut -- was ist fragen wir dann ein Jahrzehnt? Und von diesem Standpunkt aus gesehen lautet unser Urtheil, die politische Einigung Deutschlands wird das Militärbudget auf das Minimum herabdrücken, auf welches es gehört. Resumiren wir daher das Gesagte, so haben wir als Resultat unserer Untersuchung: die deutsche Wirthschaft wird sich nach dem Kriege mächtiger, reicher und blühender entwickeln als je zuvor -- vorausgesetzt daß wir siegen und dem Sieg ein dauernder Friede folgt, welcher den Unternehmungsgeist erzeugt und dem Kapital wieder Vertrauen gibt. Setzen wir daher Alles, Alles daran, daß der Sieg unser bleibt -- denn der Revers der Medaille, den wir in unserm nächsten Artikel betrachten werden, ist leider sehr wenig erbaulich. * Die Kriegs=Entschädigung, welche Frankreich zu zahlen hat, scheint etwas größer zu werden, als wir sie in No. 700 berechnet. Aus den alten preußischen Landen werden Forderungen im Betrage von 303,524,000 Thlr. oder 1,123,000,000 Fr. aus den Jahren 1806--1808 geltend gemacht, wozu noch die westfälische Schuld und einiges Andere käme. Da sich inzwischen der Krieg wieder ver- längert hat, und Deutschland die besetzten Theile sehr schonend be- handelt, den meisten Proviant ec. aus dem eigenen Lande kommen läßt oder bezahlt, so wird die Rechnung natürlich etwas länger werden. Da das im Jahr 1806 auf4 1 / 2 Millionen Einwohner reduzirte Preußen binnen 2 Jahren, nachdem es schon eine Reihe von Jahren Krieg geführt, doch noch 1123 Millionen zahlen konnte, so werden dem weit reicheren Frankreich 4000 Millionen nicht schwer fallen. Es wäre aber doch zu wünschen, daß man das französische Volk mehr auf Obiges aufmerksam machte, denn Verlängerung des Krieges ist doch reiner Wahnsinn. * Unterstützung der Hinterbliebenen unserer Soldaten. Man schreibt von Berlin: Jn Erweiterung mehrerer Bestimmungen der Gesetze vom 6. Juli 1865 und 16. Oktober 1866 sollen für die Wittwen der im Kriege gebliebenen oder an den erlittenen Verwun- dungen gestorbenen, sowie der im Felde beschädigten oder erkrankten und in Folge dessen bis zum Tage der Demobilmachung verstorbenen Militärpersonen der Feldarmee vom Oberfeuerwerker u. s. w. abwärts, so lange sie im Wittwenstand bleiben, Unterstützungen aus Staats- mitteln gewährt werden, den Wittwen der Oberfeuerwerker 100 Thlr., den Wittwen der Sergeanten und Unteroffiziere 75 Thlr. und den Wittwen der übrigen Soldaten 50 Thlr. jährlich. Für jedes hinter- bliebene Kind erfolgt bis zum vollendeten 15. Lebensjahre eine Er- ziehungsbeihülfe von 30 Thlrn. jährlich. * Paris. Der engl. „Economist“ hat kürzlich ausgerechnet, was Paris werth ist und 7,792,000,000 Ls. herausgefunden, näm- lich: 154 M. Ls. für Gebäude, 77 M. für Mobiliar und Geräthe und 77 M. für Waaren=Vorräthe. * Straßburg. Der Civil=Kommissär Kühlwetter hat sofort nach seinem Eintreffen in Straßburg den Gemeinderath versammelt, um Anordnungen zur Ermittlung des entstandenen Schadens zu treffen. Durch Notar Momy waren schon früher Anmeldungen entgegengenommen worden. Eine neue Frist wurde bis zum 17. d. dafür gesteckt. Es ist also nach dieser amtlichen Kundgebung, wie nicht anders zu erwarten war, als sicher anzunehmen, daß die Straß- burger voll entschädigt werden. -- An Arbeitkräften, worauf wir besonders aufmerksam machen, ist großer Mangel. Der Taglohn steht auf2 1 / 2 --3 Fr. Handwerker verdienen bis 5 Fr. * Eine Häuserbau=Gesellschaft in Straßburg. Das „Br. Hdlsbl.“ empfiehlt die Errichtung einer Häuserbau=Gesellschaft, damit nicht Straßburg in alter Weise wieder aufgebaut werde, eng und ungesund, sondern ein neues Straßburg entstehe. Die Citadelle, welche ganz zertrümmert ist und ohnehin keinen Zweck mehr hat, da sie nicht weit genug von der Stadt liegt, bietet mit ihrer Umgegend Raum genug zu Neubauten, die sich mit der Zeit bis an den nahen kleinen Rhein ausdehnen können. * Einwanderung in die Vereinigten Staaten vom 1. Juli 1868 bis 30. Juni 1869. Th. Pösche, Stat.=Bureau in Washing- ton, gibt in Petermanns Mittheilungen folgende Notizen über die Herkunft der Einwanderer: Deutschland 132,527, Jrland 64,938, Großbritannien 60,286, Schweden 24,224, Britisch=Nordamerika 20,918, Norwegen 16,068, China 12,874, Frankreich 3,879, Schweiz 3,650, Dänemark 3,649, Westindien 2,234, Belgien 1,922, Jtalien 1,488, Holland 1,134, Spanien 1,123, Azoren 420, Ruß- land 343, Mexiko 320, Polen 184, Südamerika 90, Portugal 87, Afrika 72, Japan 63, Türkei 18, Griechenland 8, Verschiedene an- dere Länder 25, Ohne Angabe 15. Zusammen 352,569. * Bevölkerungszunahme amerikanischer Städte. Aus nach- stehender Liste ergibt sich die Bevölkerungszunahme einiger der nam- haftesten Städte der Union in den letzten 10 Jahren 1870 1860 Washington...... 109,338 61,122 Chicago....... 348,709 109,260 Detroit....... 79,601 45,609 Milwaukee...... 71,463 45,246 Cleveland...... 92,985 43,417 Lowell, Massachusetts.. 40,937 96,827 Charlestown, Massachusetts. 28,416 25,065 Fall River, Massachusetts. 26,768 14,026 Salem, Massachusetts... 24,119 22,252 Providence...... 68,970 50,666 Wilmington, Delware.. 30,904 27,258

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Zitationshilfe: Der Arbeitgeber. Nr. 704. Frankfurt a. M., 29. Oktober 1870, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_arbeitgeber0704_1870/3>, abgerufen am 18.04.2024.