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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891.

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einmal wieder wurdet wie die Kindlein, nämlich
fromm, --

-- dass ihr endlich wieder thatet wie Kinder
thun, nämlich betetet, hände-faltetet und "lieber Gott"
sagtet!

Aber nun lasst mir diese Kinderstube, meine eigne
Höhle, wo heute alle Kinderei zu Hause ist. Kühlt
hier draussen euren heissen Kinder-Übermuth und
Herzenslärm ab!

Freilich: so ihr nicht werdet wie die Kindlein, so
kommt ihr nicht in das Himmelreich. (Und Zarathustra
zeigte mit den Händen nach Oben.)

Aber wir wollen auch gar nicht in's Himmelreich:
Männer sind wir worden, -- so wollen wir das
Erdenreich
."


3.

Und noch einmal hob Zarathustra an zu reden.
"Oh meine neuen Freunde, sprach er -- ihr Wunder¬
lichen, ihr höheren Menschen, wie gut gefallt ihr mir
nun, --

-- seit ihr wieder fröhlich wurdet! Ihr seid wahr¬
lich alle aufgeblüht: mich dünkt, solchen Blumen, wie
ihr seid, thun neue Feste Noth,

-- ein kleiner tapferer Unsinn, irgend ein Gottes¬
dienst und Eselsfest, irgend ein alter fröhlicher Zara¬
thustra-Narr, ein Brausewind, der euch die Seelen
hell bläst.

einmal wieder wurdet wie die Kindlein, nämlich
fromm, —

— dass ihr endlich wieder thatet wie Kinder
thun, nämlich betetet, hände-faltetet und „lieber Gott“
sagtet!

Aber nun lasst mir diese Kinderstube, meine eigne
Höhle, wo heute alle Kinderei zu Hause ist. Kühlt
hier draussen euren heissen Kinder-Übermuth und
Herzenslärm ab!

Freilich: so ihr nicht werdet wie die Kindlein, so
kommt ihr nicht in das Himmelreich. (Und Zarathustra
zeigte mit den Händen nach Oben.)

Aber wir wollen auch gar nicht in's Himmelreich:
Männer sind wir worden, — so wollen wir das
Erdenreich
.“


3.

Und noch einmal hob Zarathustra an zu reden.
„Oh meine neuen Freunde, sprach er — ihr Wunder¬
lichen, ihr höheren Menschen, wie gut gefallt ihr mir
nun, —

— seit ihr wieder fröhlich wurdet! Ihr seid wahr¬
lich alle aufgeblüht: mich dünkt, solchen Blumen, wie
ihr seid, thun neue Feste Noth,

— ein kleiner tapferer Unsinn, irgend ein Gottes¬
dienst und Eselsfest, irgend ein alter fröhlicher Zara¬
thustra-Narr, ein Brausewind, der euch die Seelen
hell bläst.

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[117/0124] einmal wieder wurdet wie die Kindlein, nämlich fromm, — — dass ihr endlich wieder thatet wie Kinder thun, nämlich betetet, hände-faltetet und „lieber Gott“ sagtet! Aber nun lasst mir diese Kinderstube, meine eigne Höhle, wo heute alle Kinderei zu Hause ist. Kühlt hier draussen euren heissen Kinder-Übermuth und Herzenslärm ab! Freilich: so ihr nicht werdet wie die Kindlein, so kommt ihr nicht in das Himmelreich. (Und Zarathustra zeigte mit den Händen nach Oben.) Aber wir wollen auch gar nicht in's Himmelreich: Männer sind wir worden, — so wollen wir das Erdenreich.“ 3. Und noch einmal hob Zarathustra an zu reden. „Oh meine neuen Freunde, sprach er — ihr Wunder¬ lichen, ihr höheren Menschen, wie gut gefallt ihr mir nun, — — seit ihr wieder fröhlich wurdet! Ihr seid wahr¬ lich alle aufgeblüht: mich dünkt, solchen Blumen, wie ihr seid, thun neue Feste Noth, — ein kleiner tapferer Unsinn, irgend ein Gottes¬ dienst und Eselsfest, irgend ein alter fröhlicher Zara¬ thustra-Narr, ein Brausewind, der euch die Seelen hell bläst.

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra04_1891/124>, abgerufen am 29.03.2024.