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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891.

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wie das Schaf im Menschen,
und zerreissend lachen --
Das, Das ist deine Seligkeit!
Eines Panthers und Adlers Seligkeit!
Eines Dichters und Narren Seligkeit!" -- --
Bei abgehellter Luft,
wenn schon des Monds Sichel
grün zwischen Purpurröthen
und neidisch hinschleicht:
-- dem Tage feind,
mit jedem Schritte heimlich
an Rosen-Hängematten
hinsichelnd, bis sie sinken,
Nacht-abwärts blass hinabsinken: --
So sank ich selber einstmals
aus meinem Wahrheits-Wahnsinne,
aus meines Tages-Sehnsüchten,
des Tages müde, krank vom Lichte,
-- sank abwärts, abendwärts, schattenwärts:
von Einer Wahrheit
verbrannt und durstig:
-- gedenkst du noch, gedenkst du, heisses Herz,
wie da du durstetest? --
dass ich verbannt sei
von aller Wahrheit!
Nur Narr! Nur Dichter!

wie das Schaf im Menschen,
und zerreissend lachen
Das, Das ist deine Seligkeit!
Eines Panthers und Adlers Seligkeit!
Eines Dichters und Narren Seligkeit!“ — —
Bei abgehellter Luft,
wenn schon des Monds Sichel
grün zwischen Purpurröthen
und neidisch hinschleicht:
— dem Tage feind,
mit jedem Schritte heimlich
an Rosen-Hängematten
hinsichelnd, bis sie sinken,
Nacht-abwärts blass hinabsinken: —
So sank ich selber einstmals
aus meinem Wahrheits-Wahnsinne,
aus meines Tages-Sehnsüchten,
des Tages müde, krank vom Lichte,
— sank abwärts, abendwärts, schattenwärts:
von Einer Wahrheit
verbrannt und durstig:
— gedenkst du noch, gedenkst du, heisses Herz,
wie da du durstetest? —
dass ich verbannt sei
von aller Wahrheit!
Nur Narr! Nur Dichter!

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[95/0102] wie das Schaf im Menschen, und zerreissend lachen — Das, Das ist deine Seligkeit! Eines Panthers und Adlers Seligkeit! Eines Dichters und Narren Seligkeit!“ — — Bei abgehellter Luft, wenn schon des Monds Sichel grün zwischen Purpurröthen und neidisch hinschleicht: — dem Tage feind, mit jedem Schritte heimlich an Rosen-Hängematten hinsichelnd, bis sie sinken, Nacht-abwärts blass hinabsinken: — So sank ich selber einstmals aus meinem Wahrheits-Wahnsinne, aus meines Tages-Sehnsüchten, des Tages müde, krank vom Lichte, — sank abwärts, abendwärts, schattenwärts: von Einer Wahrheit verbrannt und durstig: — gedenkst du noch, gedenkst du, heisses Herz, wie da du durstetest? — dass ich verbannt sei von aller Wahrheit! Nur Narr! Nur Dichter!

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra04_1891/102>, abgerufen am 28.03.2024.