Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 2. Chemnitz, 1883.

Bild:
<< vorherige Seite
Von grossen Ereignissen.

Es giebt eine Insel im Meere -- unweit den glück¬
seligen Inseln Zarathustra's -- auf welcher beständig
ein Feuerberg raucht; von der sagt das Volk, und
sonderlich sagen es die alten Weibchen aus dem Volke,
dass sie wie ein Felsblock vor das Thor der Unterwelt
gestellt sei: durch den Feuerberg selber aber führe
der schmale Weg abwärts, der zu diesem Thore der
Unterwelt geleite.

Um jene Zeit nun, als Zarathustra auf den glück¬
seligen Inseln weilte, geschah es, dass ein Schiff an
der Insel Anker warf, auf welcher der rauchende Berg
steht; und seine Mannschaft gieng an's Land, um
Kaninchen zu schiessen. Gegen die Stunde des Mittags
aber, da der Capitän und seine Leute wieder beisammen
waren, sahen sie plötzlich durch die Luft einen Mann
auf sich zukommen, und eine Stimme sagte deutlich:
"es ist Zeit! Es ist die höchste Zeit!" Wie die Gestalt
ihnen aber am nächsten war -- sie flog aber schnell
gleich einem Schatten vorbei, in der Richtung, wo
der Feuerberg lag -- da erkannten sie mit grösster
Bestürzung, dass es Zarathustra sei; denn sie hatten

Von grossen Ereignissen.

Es giebt eine Insel im Meere — unweit den glück¬
seligen Inseln Zarathustra's — auf welcher beständig
ein Feuerberg raucht; von der sagt das Volk, und
sonderlich sagen es die alten Weibchen aus dem Volke,
dass sie wie ein Felsblock vor das Thor der Unterwelt
gestellt sei: durch den Feuerberg selber aber führe
der schmale Weg abwärts, der zu diesem Thore der
Unterwelt geleite.

Um jene Zeit nun, als Zarathustra auf den glück¬
seligen Inseln weilte, geschah es, dass ein Schiff an
der Insel Anker warf, auf welcher der rauchende Berg
steht; und seine Mannschaft gieng an's Land, um
Kaninchen zu schiessen. Gegen die Stunde des Mittags
aber, da der Capitän und seine Leute wieder beisammen
waren, sahen sie plötzlich durch die Luft einen Mann
auf sich zukommen, und eine Stimme sagte deutlich:
„es ist Zeit! Es ist die höchste Zeit!“ Wie die Gestalt
ihnen aber am nächsten war — sie flog aber schnell
gleich einem Schatten vorbei, in der Richtung, wo
der Feuerberg lag — da erkannten sie mit grösster
Bestürzung, dass es Zarathustra sei; denn sie hatten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0083" n="73"/>
      <div n="1">
        <head>Von grossen Ereignissen.<lb/></head>
        <p>Es giebt eine Insel im Meere &#x2014; unweit den glück¬<lb/>
seligen Inseln Zarathustra's &#x2014; auf welcher beständig<lb/>
ein Feuerberg raucht; von der sagt das Volk, und<lb/>
sonderlich sagen es die alten Weibchen aus dem Volke,<lb/>
dass sie wie ein Felsblock vor das Thor der Unterwelt<lb/>
gestellt sei: durch den Feuerberg selber aber führe<lb/>
der schmale Weg abwärts, der zu diesem Thore der<lb/>
Unterwelt geleite.</p><lb/>
        <p>Um jene Zeit nun, als Zarathustra auf den glück¬<lb/>
seligen Inseln weilte, geschah es, dass ein Schiff an<lb/>
der Insel Anker warf, auf welcher der rauchende Berg<lb/>
steht; und seine Mannschaft gieng an's Land, um<lb/>
Kaninchen zu schiessen. Gegen die Stunde des Mittags<lb/>
aber, da der Capitän und seine Leute wieder beisammen<lb/>
waren, sahen sie plötzlich durch die Luft einen Mann<lb/>
auf sich zukommen, und eine Stimme sagte deutlich:<lb/>
&#x201E;es ist Zeit! Es ist die höchste Zeit!&#x201C; Wie die Gestalt<lb/>
ihnen aber am nächsten war &#x2014; sie flog aber schnell<lb/>
gleich einem Schatten vorbei, in der Richtung, wo<lb/>
der Feuerberg lag &#x2014; da erkannten sie mit grösster<lb/>
Bestürzung, dass es Zarathustra sei; denn sie hatten<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0083] Von grossen Ereignissen. Es giebt eine Insel im Meere — unweit den glück¬ seligen Inseln Zarathustra's — auf welcher beständig ein Feuerberg raucht; von der sagt das Volk, und sonderlich sagen es die alten Weibchen aus dem Volke, dass sie wie ein Felsblock vor das Thor der Unterwelt gestellt sei: durch den Feuerberg selber aber führe der schmale Weg abwärts, der zu diesem Thore der Unterwelt geleite. Um jene Zeit nun, als Zarathustra auf den glück¬ seligen Inseln weilte, geschah es, dass ein Schiff an der Insel Anker warf, auf welcher der rauchende Berg steht; und seine Mannschaft gieng an's Land, um Kaninchen zu schiessen. Gegen die Stunde des Mittags aber, da der Capitän und seine Leute wieder beisammen waren, sahen sie plötzlich durch die Luft einen Mann auf sich zukommen, und eine Stimme sagte deutlich: „es ist Zeit! Es ist die höchste Zeit!“ Wie die Gestalt ihnen aber am nächsten war — sie flog aber schnell gleich einem Schatten vorbei, in der Richtung, wo der Feuerberg lag — da erkannten sie mit grösster Bestürzung, dass es Zarathustra sei; denn sie hatten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra02_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra02_1883/83
Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 2. Chemnitz, 1883, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra02_1883/83>, abgerufen am 28.03.2024.