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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883.

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ihr unheilig, was nicht einfältig ist; sie spielt auch
gerne mit dem Feuer -- der Scheiterhaufen.

Und hüte dich auch vor den Anfällen deiner Liebe!
Zu schnell streckt der Einsame Dem die Hand ent¬
gegen, der ihm begegnet.

Manchem Menschen darfst du nicht die Hand geben,
sondern nur die Tatze: und ich will, dass deine Tatze
auch Krallen habe.

Aber der schlimmste Feind, dem du begegnen
kannst, wirst du immer dir selber sein; du selber
lauerst dir auf in Höhlen und Wäldern.

Einsamer, du gehst den Weg zu dir selber! Und
an dir selber führt dein Weg vorbei und an deinen
sieben Teufeln!

Ketzer wirst du dir selber sein und Hexe und
Wahrsager und Narr und Zweifler und Unheiliger und
Bösewicht.

Verbrennen musst du dich wollen in deiner eignen
Flamme: wie wolltest du neu werden, wenn du nicht
erst Asche geworden bist!

Einsamer, du gehst den Weg des Schaffenden:
einen Gott willst du dir schaffen aus deinen sieben
Teufeln!

Einsamer, du gehst den Weg des Liebenden: dich
selber liebst du und desshalb verachtest du dich, wie
nur Liebende verachten.

Schaffen will der Liebende, weil er verachtet!
Was weiss Der von Liebe, der nicht gerade verachten
musste, was er liebte!

Mit deiner Liebe gehe in deine Vereinsamung

ihr unheilig, was nicht einfältig ist; sie spielt auch
gerne mit dem Feuer — der Scheiterhaufen.

Und hüte dich auch vor den Anfällen deiner Liebe!
Zu schnell streckt der Einsame Dem die Hand ent¬
gegen, der ihm begegnet.

Manchem Menschen darfst du nicht die Hand geben,
sondern nur die Tatze: und ich will, dass deine Tatze
auch Krallen habe.

Aber der schlimmste Feind, dem du begegnen
kannst, wirst du immer dir selber sein; du selber
lauerst dir auf in Höhlen und Wäldern.

Einsamer, du gehst den Weg zu dir selber! Und
an dir selber führt dein Weg vorbei und an deinen
sieben Teufeln!

Ketzer wirst du dir selber sein und Hexe und
Wahrsager und Narr und Zweifler und Unheiliger und
Bösewicht.

Verbrennen musst du dich wollen in deiner eignen
Flamme: wie wolltest du neu werden, wenn du nicht
erst Asche geworden bist!

Einsamer, du gehst den Weg des Schaffenden:
einen Gott willst du dir schaffen aus deinen sieben
Teufeln!

Einsamer, du gehst den Weg des Liebenden: dich
selber liebst du und desshalb verachtest du dich, wie
nur Liebende verachten.

Schaffen will der Liebende, weil er verachtet!
Was weiss Der von Liebe, der nicht gerade verachten
musste, was er liebte!

Mit deiner Liebe gehe in deine Vereinsamung

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[90/0096] ihr unheilig, was nicht einfältig ist; sie spielt auch gerne mit dem Feuer — der Scheiterhaufen. Und hüte dich auch vor den Anfällen deiner Liebe! Zu schnell streckt der Einsame Dem die Hand ent¬ gegen, der ihm begegnet. Manchem Menschen darfst du nicht die Hand geben, sondern nur die Tatze: und ich will, dass deine Tatze auch Krallen habe. Aber der schlimmste Feind, dem du begegnen kannst, wirst du immer dir selber sein; du selber lauerst dir auf in Höhlen und Wäldern. Einsamer, du gehst den Weg zu dir selber! Und an dir selber führt dein Weg vorbei und an deinen sieben Teufeln! Ketzer wirst du dir selber sein und Hexe und Wahrsager und Narr und Zweifler und Unheiliger und Bösewicht. Verbrennen musst du dich wollen in deiner eignen Flamme: wie wolltest du neu werden, wenn du nicht erst Asche geworden bist! Einsamer, du gehst den Weg des Schaffenden: einen Gott willst du dir schaffen aus deinen sieben Teufeln! Einsamer, du gehst den Weg des Liebenden: dich selber liebst du und desshalb verachtest du dich, wie nur Liebende verachten. Schaffen will der Liebende, weil er verachtet! Was weiss Der von Liebe, der nicht gerade verachten musste, was er liebte! Mit deiner Liebe gehe in deine Vereinsamung

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra01_1883/96>, abgerufen am 19.04.2024.