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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

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Patriokinn,*) bloß ans Liebe zu guten Handlungen,
ohne Ruhmbegierde oder Eigennutz, zuerst angelegt
hat, und die bisher bloß durch die Mildthätigkeit von
Monschenfreunden unterhalten worden. Er hatte bey
einer sauern Arbeit gerade das nothwendigste Aus-
kommen. Seine Fran und einzige Tochter halfen ar-
beiten, um sich zu erhalten. Er stellte ihnen bey sei-
ner Zuhansekunst den Sebaldus vor, der von ihnen
mit herzlicher Gastfreundschaft empfangen ward. Sie
erquickten ihn mit einer frugalen Abendmahlzeit, und
hernach ward ihm, in einer Art von Abschlage auf
dem Boden, ein Lager von frischem Stroh angewie-
sen, zu dessen Verbesserung sowohl, der Alte, als
das gute Mädchen, jeder ein Stück Bette, hergab.

Fünfter Abschnitt.

Sebaldus, durch die Ruhe sehr erquickt, wachte
erst gegen acht Uhr auf, und fand schon seinen
Wohlthäter bey seinen Schülern, dessen Frau beym

Seide-
*) Die sel. Feldmarschallinn von Spaen, setzte zuerst ein Ka-
vital zu einer Freyschule aus, die im Jahre 1999. eröst-
net ward. Auch die folgenden Freyschulen sind bloß durch
Vermächtnisse, und freywillige Beyträge edelmüthiger
Wohlthäter bestanden. Jm Jahr 1773 sind in sechzehn
Freyschulen
980 arme Kinder umsonst unterrichtet worden.
Der itzige Aufseher dieser Freyschulen, Herr Prediger
Rauch, giebt jährlich eine Nachricht von dem Zustande
derselben heraus.



Patriokinn,*) bloß ans Liebe zu guten Handlungen,
ohne Ruhmbegierde oder Eigennutz, zuerſt angelegt
hat, und die bisher bloß durch die Mildthaͤtigkeit von
Monſchenfreunden unterhalten worden. Er hatte bey
einer ſauern Arbeit gerade das nothwendigſte Aus-
kommen. Seine Fran und einzige Tochter halfen ar-
beiten, um ſich zu erhalten. Er ſtellte ihnen bey ſei-
ner Zuhanſekunſt den Sebaldus vor, der von ihnen
mit herzlicher Gaſtfreundſchaft empfangen ward. Sie
erquickten ihn mit einer frugalen Abendmahlzeit, und
hernach ward ihm, in einer Art von Abſchlage auf
dem Boden, ein Lager von friſchem Stroh angewie-
ſen, zu deſſen Verbeſſerung ſowohl, der Alte, als
das gute Maͤdchen, jeder ein Stuͤck Bette, hergab.

Fuͤnfter Abſchnitt.

Sebaldus, durch die Ruhe ſehr erquickt, wachte
erſt gegen acht Uhr auf, und fand ſchon ſeinen
Wohlthaͤter bey ſeinen Schuͤlern, deſſen Frau beym

Seide-
*) Die ſel. Feldmarſchallinn von Spaen, ſetzte zuerſt ein Ka-
vital zu einer Freyſchule aus, die im Jahre 1999. eroͤſt-
net ward. Auch die folgenden Freyſchulen ſind bloß durch
Vermaͤchtniſſe, und freywillige Beytraͤge edelmüthiger
Wohlthaͤter beſtanden. Jm Jahr 1773 ſind in ſechzehn
Freyſchulen
980 arme Kinder umſonſt unterrichtet worden.
Der itzige Aufſeher dieſer Freyſchulen, Herr Prediger
Rauch, giebt jaͤhrlich eine Nachricht von dem Zuſtande
derſelben heraus.
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[43/0049] Patriokinn, *) bloß ans Liebe zu guten Handlungen, ohne Ruhmbegierde oder Eigennutz, zuerſt angelegt hat, und die bisher bloß durch die Mildthaͤtigkeit von Monſchenfreunden unterhalten worden. Er hatte bey einer ſauern Arbeit gerade das nothwendigſte Aus- kommen. Seine Fran und einzige Tochter halfen ar- beiten, um ſich zu erhalten. Er ſtellte ihnen bey ſei- ner Zuhanſekunſt den Sebaldus vor, der von ihnen mit herzlicher Gaſtfreundſchaft empfangen ward. Sie erquickten ihn mit einer frugalen Abendmahlzeit, und hernach ward ihm, in einer Art von Abſchlage auf dem Boden, ein Lager von friſchem Stroh angewie- ſen, zu deſſen Verbeſſerung ſowohl, der Alte, als das gute Maͤdchen, jeder ein Stuͤck Bette, hergab. Fuͤnfter Abſchnitt. Sebaldus, durch die Ruhe ſehr erquickt, wachte erſt gegen acht Uhr auf, und fand ſchon ſeinen Wohlthaͤter bey ſeinen Schuͤlern, deſſen Frau beym Seide- *) Die ſel. Feldmarſchallinn von Spaen, ſetzte zuerſt ein Ka- vital zu einer Freyſchule aus, die im Jahre 1999. eroͤſt- net ward. Auch die folgenden Freyſchulen ſind bloß durch Vermaͤchtniſſe, und freywillige Beytraͤge edelmüthiger Wohlthaͤter beſtanden. Jm Jahr 1773 ſind in ſechzehn Freyſchulen 980 arme Kinder umſonſt unterrichtet worden. Der itzige Aufſeher dieſer Freyſchulen, Herr Prediger Rauch, giebt jaͤhrlich eine Nachricht von dem Zuſtande derſelben heraus.

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/49>, abgerufen am 29.03.2024.