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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823.

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gangen worden, die ein recht- und ehrliebender
Mann vor Gott und seinen übervortheilten Mit-
bürgern nicht länger dulden konnte.

Jch schäme mich nicht, zu bekennen, daß ich
der Erste war, der dem Fasse den Boden aus-
stieß; und als ein paar wackre Männer, der Zim-
mermeister Steffen und der Gastwirth Emmrich,
auf meine Seite traten, so brach ich los, und
machte eine lange Reihe von Ungebührnissen, Ver-
untreuungen und krummen Schlichen, die in der
letzten Zeit verübt worden, vor Gericht anhängig.
Es kam darüber zu einem langen und verwickel-
ten Prozesse, wobei die ganze Last auf uns Drei
zurückfiel, die wir von gemeiner Bürgerschaft als
Worthalter mit Vollmacht hiezu versehen waren.
Keine Art von Ränken und Rabulistereien blieb
gegen uns unversucht; so daß der Rechtsstreit
dadurch beinahe vier Jahre hindurch verschleppt
wurde. So, wie ich mir die Sache zu Herzen
nahm, hatt' ich während dieser ganzen Zeit keine
ruhige Stunde; und oft hätt' ich gerne mit Feuer
und Schwerdt drein fahren mögen, wenn das
heillose Gezücht immer ein neues Mäntelchen für
seine aufgedeckte Bosheit zu erhaschen suchte.
Endlich aber doch kam die unsaubre Geschichte zu
einem noch leidlichen Schlusse, demzufolge das
Collegium der Funfzehn-Männer gänzlich aufge-
löst wurde, um neuerwählten Zehn-Männern
Platz zu machen, welche, als Repräsentanten der
Bürgerschaft, die nemlichen Befugnisse haben soll-

gangen worden, die ein recht- und ehrliebender
Mann vor Gott und ſeinen uͤbervortheilten Mit-
buͤrgern nicht laͤnger dulden konnte.

Jch ſchaͤme mich nicht, zu bekennen, daß ich
der Erſte war, der dem Faſſe den Boden aus-
ſtieß; und als ein paar wackre Maͤnner, der Zim-
mermeiſter Steffen und der Gaſtwirth Emmrich,
auf meine Seite traten, ſo brach ich los, und
machte eine lange Reihe von Ungebuͤhrniſſen, Ver-
untreuungen und krummen Schlichen, die in der
letzten Zeit veruͤbt worden, vor Gericht anhaͤngig.
Es kam daruͤber zu einem langen und verwickel-
ten Prozeſſe, wobei die ganze Laſt auf uns Drei
zuruͤckfiel, die wir von gemeiner Buͤrgerſchaft als
Worthalter mit Vollmacht hiezu verſehen waren.
Keine Art von Raͤnken und Rabuliſtereien blieb
gegen uns unverſucht; ſo daß der Rechtsſtreit
dadurch beinahe vier Jahre hindurch verſchleppt
wurde. So, wie ich mir die Sache zu Herzen
nahm, hatt’ ich waͤhrend dieſer ganzen Zeit keine
ruhige Stunde; und oft haͤtt’ ich gerne mit Feuer
und Schwerdt drein fahren moͤgen, wenn das
heilloſe Gezuͤcht immer ein neues Maͤntelchen fuͤr
ſeine aufgedeckte Bosheit zu erhaſchen ſuchte.
Endlich aber doch kam die unſaubre Geſchichte zu
einem noch leidlichen Schluſſe, demzufolge das
Collegium der Funfzehn-Maͤnner gaͤnzlich aufge-
loͤſt wurde, um neuerwaͤhlten Zehn-Maͤnnern
Platz zu machen, welche, als Repraͤſentanten der
Buͤrgerſchaft, die nemlichen Befugniſſe haben ſoll-

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[29/0045] gangen worden, die ein recht- und ehrliebender Mann vor Gott und ſeinen uͤbervortheilten Mit- buͤrgern nicht laͤnger dulden konnte. Jch ſchaͤme mich nicht, zu bekennen, daß ich der Erſte war, der dem Faſſe den Boden aus- ſtieß; und als ein paar wackre Maͤnner, der Zim- mermeiſter Steffen und der Gaſtwirth Emmrich, auf meine Seite traten, ſo brach ich los, und machte eine lange Reihe von Ungebuͤhrniſſen, Ver- untreuungen und krummen Schlichen, die in der letzten Zeit veruͤbt worden, vor Gericht anhaͤngig. Es kam daruͤber zu einem langen und verwickel- ten Prozeſſe, wobei die ganze Laſt auf uns Drei zuruͤckfiel, die wir von gemeiner Buͤrgerſchaft als Worthalter mit Vollmacht hiezu verſehen waren. Keine Art von Raͤnken und Rabuliſtereien blieb gegen uns unverſucht; ſo daß der Rechtsſtreit dadurch beinahe vier Jahre hindurch verſchleppt wurde. So, wie ich mir die Sache zu Herzen nahm, hatt’ ich waͤhrend dieſer ganzen Zeit keine ruhige Stunde; und oft haͤtt’ ich gerne mit Feuer und Schwerdt drein fahren moͤgen, wenn das heilloſe Gezuͤcht immer ein neues Maͤntelchen fuͤr ſeine aufgedeckte Bosheit zu erhaſchen ſuchte. Endlich aber doch kam die unſaubre Geſchichte zu einem noch leidlichen Schluſſe, demzufolge das Collegium der Funfzehn-Maͤnner gaͤnzlich aufge- loͤſt wurde, um neuerwaͤhlten Zehn-Maͤnnern Platz zu machen, welche, als Repraͤſentanten der Buͤrgerſchaft, die nemlichen Befugniſſe haben ſoll-

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Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/45>, abgerufen am 20.04.2024.