Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebenjährige Welt-Beschauung
dann über den hohen Berg/ zwey Meilen lang sich erstreckend
und der Brenner genant/ 6. auf Störtzing vier Meilen/ wel-
ches eine feine Stadt ist.

Von hier aus sind wir unterwegens im freyen Felde kommen
zu einem gar hohen Stein/ welcher unten ein Loch hatte: Und ist
ein alter Brauch/ daß/ der zuvorn da zu nicht gereiset/ sich durch
das Loch dringen muß und hat einer/ so sonderlich corpulent ist/
wohl zuthun/ daß er durchkömmet/ welches denn unserer Reise
Gefärten einer wohl in acht genommen und deßwegen lieber
einen Ducaten spendiret/ als daß er gleich uns durchkriechen
wollen/ für welchen Ducaten wir uns hernach lustig gemachet/
als wir kommen 7. auf Brixsin vier Meilen von Störtzing/
welches Brixsin eine Stadt ist in der Ebene am Gebürge lie-
gende/ allwo ein Bischoff residiret. Von hieraus sind wir kom-
men 8. auf Blumau/ ein Wirthshauß fünff Meilen. Weiter 9.
auf Potzen eine Stadt an der Etzsch eine Meile. 10 auf Salur-
na ein Dorff vier Meilen und folgends 11. auf Trient drey Mei-
len.

Trient ist eine bekandte und schöne Stadt/ worinnen
Teutzsch und Welsch geredet wird/ wie sich denn auch flugs eine
Meile davon über dem Berge so Platte genannt wird/ das
Gebiethe Welschlandes anhebet. Jst mit guten Mauren und
Gräben wohl verwahret/ und ist sonderlich auch berühmt von
der grossen Kirchen-Versamlung/ so daselbst angangen Anno
1546. und gewäret biß 1563. welcher viel Fürsten und Herren/
Prälaten/ Cardinäle/ Patriarchen/ Ertz-Bischoffe und Bischof-
fe des Papsthums beygewohnet. Jn dieser Stadt Kirche zur lie-
ben Frauen bey dem Altar sihet man den Cörper des H. Simo-
nis,
so ein kleines Knäblein von ohngefähr 4. Jahren gewesen/
welches die Jüden hiebevorn gemartert haben/ noch gantz und

gar

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung
dann uͤber den hohen Berg/ zwey Meilen lang ſich erſtreckend
und der Brenner genant/ 6. auf Stoͤrtzing vier Meilen/ wel-
ches eine feine Stadt iſt.

Von hier aus ſind wir unterwegens im freyen Felde kom̃en
zu einem gar hohen Stein/ welcher unten ein Loch hatte: Und iſt
ein alter Brauch/ daß/ der zuvorn da zu nicht gereiſet/ ſich durch
das Loch dringen muß und hat einer/ ſo ſonderlich corpulent iſt/
wohl zuthun/ daß er durchkoͤmmet/ welches denn unſerer Reiſe
Gefaͤrten einer wohl in acht genommen und deßwegen lieber
einen Ducaten ſpendiret/ als daß er gleich uns durchkriechen
wollen/ fuͤr welchen Ducaten wir uns hernach luſtig gemachet/
als wir kommen 7. auf Brixſin vier Meilen von Stoͤrtzing/
welches Brixſin eine Stadt iſt in der Ebene am Gebuͤrge lie-
gende/ allwo ein Biſchoff reſidiret. Von hieraus ſind wir kom-
men 8. auf Blumau/ ein Wirthshauß fuͤnff Meilen. Weiter 9.
auf Potzen eine Stadt an der Etzſch eine Meile. 10 auf Salur-
na ein Dorff vier Meilen und folgends 11. auf Trient drey Mei-
len.

Trient iſt eine bekandte und ſchoͤne Stadt/ worinnen
Teutzſch und Welſch geredet wird/ wie ſich denn auch flugs eine
Meile davon uͤber dem Berge ſo Platte genannt wird/ das
Gebiethe Welſchlandes anhebet. Jſt mit guten Mauren und
Graͤben wohl verwahret/ und iſt ſonderlich auch beruͤhmt von
der groſſen Kirchen-Verſamlung/ ſo daſelbſt angangen Anno
1546. und gewaͤret biß 1563. welcher viel Fuͤrſten und Herren/
Praͤlaten/ Cardinaͤle/ Patriarchen/ Ertz-Biſchoffe uñ Biſchof-
fe des Papſthums beygewohnet. Jn dieſer Stadt Kirche zur lie-
ben Frauen bey dem Altar ſihet man den Coͤrper des H. Simo-
nis,
ſo ein kleines Knaͤblein von ohngefaͤhr 4. Jahren geweſen/
welches die Juͤden hiebevorn gemartert haben/ noch gantz und

gar
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0022" n="16"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebenja&#x0364;hrige Welt-Be&#x017F;chauung</hi></fw><lb/>
dann u&#x0364;ber den hohen Berg/ zwey Meilen lang &#x017F;ich er&#x017F;treckend<lb/>
und der Brenner genant/ 6. auf Sto&#x0364;rtzing vier Meilen/ wel-<lb/>
ches eine feine Stadt i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Von hier aus &#x017F;ind wir unterwegens im freyen Felde kom&#x0303;en<lb/>
zu einem gar hohen Stein/ welcher unten ein Loch hatte: Und i&#x017F;t<lb/>
ein alter Brauch/ daß/ der zuvorn da zu nicht gerei&#x017F;et/ &#x017F;ich durch<lb/>
das Loch dringen muß und hat einer/ &#x017F;o &#x017F;onderlich <hi rendition="#aq">corpu</hi>lent i&#x017F;t/<lb/>
wohl zuthun/ daß er durchko&#x0364;mmet/ welches denn un&#x017F;erer Rei&#x017F;e<lb/>
Gefa&#x0364;rten einer wohl in acht genommen und deßwegen lieber<lb/>
einen Ducaten &#x017F;pendiret/ als daß er gleich uns durchkriechen<lb/>
wollen/ fu&#x0364;r welchen Ducaten wir uns hernach lu&#x017F;tig gemachet/<lb/>
als wir kommen 7. auf Brix&#x017F;in vier Meilen von Sto&#x0364;rtzing/<lb/>
welches Brix&#x017F;in eine Stadt i&#x017F;t in der Ebene am Gebu&#x0364;rge lie-<lb/>
gende/ allwo ein Bi&#x017F;choff <hi rendition="#aq">re&#x017F;idiret.</hi> Von hieraus &#x017F;ind wir kom-<lb/>
men 8. auf Blumau/ ein Wirthshauß fu&#x0364;nff Meilen. Weiter 9.<lb/>
auf Potzen eine Stadt an der Etz&#x017F;ch eine Meile. 10 auf Salur-<lb/>
na ein Dorff vier Meilen und folgends 11. auf Trient drey Mei-<lb/>
len.</p><lb/>
            <p>Trient i&#x017F;t eine bekandte und &#x017F;cho&#x0364;ne Stadt/ worinnen<lb/>
Teutz&#x017F;ch und Wel&#x017F;ch geredet wird/ wie &#x017F;ich denn auch flugs eine<lb/>
Meile davon u&#x0364;ber dem Berge &#x017F;o Platte genannt wird/ das<lb/>
Gebiethe Wel&#x017F;chlandes anhebet. J&#x017F;t mit guten Mauren und<lb/>
Gra&#x0364;ben wohl verwahret/ und i&#x017F;t &#x017F;onderlich auch beru&#x0364;hmt von<lb/>
der gro&#x017F;&#x017F;en Kirchen-Ver&#x017F;amlung/ &#x017F;o da&#x017F;elb&#x017F;t angangen <hi rendition="#aq">Anno</hi><lb/>
1546. und gewa&#x0364;ret biß 1563. welcher viel Fu&#x0364;r&#x017F;ten und Herren/<lb/>
Pra&#x0364;laten/ Cardina&#x0364;le/ Patriarchen/ Ertz-Bi&#x017F;choffe un&#x0303; Bi&#x017F;chof-<lb/>
fe des Pap&#x017F;thums beygewohnet. Jn die&#x017F;er Stadt Kirche zur lie-<lb/>
ben Frauen bey dem Altar &#x017F;ihet man den Co&#x0364;rper des H. <hi rendition="#aq">Simo-<lb/>
nis,</hi> &#x017F;o ein kleines Kna&#x0364;blein von ohngefa&#x0364;hr 4. Jahren gewe&#x017F;en/<lb/>
welches die Ju&#x0364;den hiebevorn gemartert haben/ noch gantz und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gar</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[16/0022] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung dann uͤber den hohen Berg/ zwey Meilen lang ſich erſtreckend und der Brenner genant/ 6. auf Stoͤrtzing vier Meilen/ wel- ches eine feine Stadt iſt. Von hier aus ſind wir unterwegens im freyen Felde kom̃en zu einem gar hohen Stein/ welcher unten ein Loch hatte: Und iſt ein alter Brauch/ daß/ der zuvorn da zu nicht gereiſet/ ſich durch das Loch dringen muß und hat einer/ ſo ſonderlich corpulent iſt/ wohl zuthun/ daß er durchkoͤmmet/ welches denn unſerer Reiſe Gefaͤrten einer wohl in acht genommen und deßwegen lieber einen Ducaten ſpendiret/ als daß er gleich uns durchkriechen wollen/ fuͤr welchen Ducaten wir uns hernach luſtig gemachet/ als wir kommen 7. auf Brixſin vier Meilen von Stoͤrtzing/ welches Brixſin eine Stadt iſt in der Ebene am Gebuͤrge lie- gende/ allwo ein Biſchoff reſidiret. Von hieraus ſind wir kom- men 8. auf Blumau/ ein Wirthshauß fuͤnff Meilen. Weiter 9. auf Potzen eine Stadt an der Etzſch eine Meile. 10 auf Salur- na ein Dorff vier Meilen und folgends 11. auf Trient drey Mei- len. Trient iſt eine bekandte und ſchoͤne Stadt/ worinnen Teutzſch und Welſch geredet wird/ wie ſich denn auch flugs eine Meile davon uͤber dem Berge ſo Platte genannt wird/ das Gebiethe Welſchlandes anhebet. Jſt mit guten Mauren und Graͤben wohl verwahret/ und iſt ſonderlich auch beruͤhmt von der groſſen Kirchen-Verſamlung/ ſo daſelbſt angangen Anno 1546. und gewaͤret biß 1563. welcher viel Fuͤrſten und Herren/ Praͤlaten/ Cardinaͤle/ Patriarchen/ Ertz-Biſchoffe uñ Biſchof- fe des Papſthums beygewohnet. Jn dieſer Stadt Kirche zur lie- ben Frauen bey dem Altar ſihet man den Coͤrper des H. Simo- nis, ſo ein kleines Knaͤblein von ohngefaͤhr 4. Jahren geweſen/ welches die Juͤden hiebevorn gemartert haben/ noch gantz und gar

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/22
Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/22>, abgerufen am 23.04.2024.