Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

Bild:
<< vorherige Seite

An dem wohlgeneigten Leser.
mit Verstande lesen/ andere dagegen halten und bescheidentlich urtheln/ im
übrigen aber doch ihren unverdrossenen Fleiß loben als welches gleichwohl bes-
fer thut/ daß uns etwas mitgetheilet wird/ als daß wir gar nichts davon wissen
solten.

Wer auf den Jahrmarckt zeicht/ muß sich nach den Käuffern richten und ih-
nen allerhand Wahren zuführen/ unterdessen aber einem ieglichen die Wahl lassen
zunehmen/ was ihm gefället: Also auch/ wer Reisebücher schreiben/ Länder und
Städte beschreiben und/ was allda zusehen/ der Welt mittheilen wil/ der muß
doch gleichwohl alles/ so man ihm iedes Orths zeiget/ berichtet und zusehen ist/
mit hinein bringen/ damit sich niemand zubeschweren habe/ als wenn er untreu
und nicht fleißig gnung gewesen/ im übrigen aber einem iedlichen frey lassen an-
zunehmen/ was ihm gefället/ einem diß/ dem andern ein anders.

Und also ist billig auch zuloben und zudancken dem weiland Hoch-Edlen
Herrn George Christoff von Neitzschitz aus dem Hause Wehlitz und Werns-
dorff/ etc. Daß derselbe mit hindansetzung seines Vaterlandes/ mit Aufwen-
dung seines Vermögens und seiner Gesundheit/ ja auch mit Ausstehung vie-
ler Gefahr/ Mühe und Ungemach zu Wasser und Lande/ sintemahl es doch
war ist, von denen/ so da reisen und frembde Länder besehen wollen/ was im
Froschmäußler angeführet wird:

Wer reisen wil hin durch die Welt/
Und gehen über Meer und Feld/
Weiß aber nicht mit kluger List
Zurathen/ wies gelegen ist/
Der kömmet leicht in Angst und Noth
Und leidet Raub/ wohlgar den Todt.

Dahero Dalby, ein gelährter Däne/ dem löblichen Rath giebt/ da er
c. 8. p. 74. de Peregrinatione mortalium, also schreibet:

Si peregre pergas, semper de nocte quiescas.
Mane cito surge, bospitium de luce capessas.
Mane Deum lauda surgendo, sicut alauda.

Wann du zureisen hast/ so laß die Nacht seyn Nacht.
Steh desto früher auf und reise mit Bedacht.
Kehr

An dem wohlgeneigten Leſer.
mit Verſtande leſen/ andere dagegen halten und beſcheidentlich urtheln/ im
uͤbrigen aber doch ihren unverdroſſenen Fleiß loben als welches gleichwohl beſ-
fer thut/ daß uns etwas mitgetheilet wird/ als daß wir gar nichts davon wiſſen
ſolten.

Wer auf den Jahrmarckt zeicht/ muß ſich nach den Kaͤuffern richten und ih-
nẽ allerhand Wahꝛen zufuͤhꝛen/ unterdeſſen aber einem ieglichen die Wahl laſſen
zunehmen/ was ihm gefaͤllet: Alſo auch/ wer Reiſebuͤcher ſchreiben/ Laͤnder und
Staͤdte beſchreiben und/ was allda zuſehen/ der Welt mittheilen wil/ der muß
doch gleichwohl alles/ ſo man ihm iedes Orths zeiget/ berichtet und zuſehen iſt/
mit hinein bringen/ damit ſich niemand zubeſchweren habe/ als wenn er untreu
und nicht fleißig gnung geweſen/ im uͤbrigen aber einem iedlichen frey laſſen an-
zunehmen/ was ihm gefaͤllet/ einem diß/ dem andern ein anders.

Und alſo iſt billig auch zuloben und zudancken dem weiland Hoch-Edlen
Herrn George Chriſtoff von Neitzſchitz aus dem Hauſe Wehlitz und Werns-
dorff/ ꝛc. Daß derſelbe mit hindanſetzung ſeines Vaterlandes/ mit Aufwen-
dung ſeines Vermoͤgens und ſeiner Geſundheit/ ja auch mit Ausſtehung vie-
ler Gefahr/ Muͤhe und Ungemach zu Waſſer und Lande/ ſintemahl es doch
war iſt, von denen/ ſo da reiſen und frembde Laͤnder beſehen wollen/ was im
Froſchmaͤußler angefuͤhret wird:

Wer reiſen wil hin durch die Welt/
Und gehen uͤber Meer und Feld/
Weiß aber nicht mit kluger Liſt
Zurathen/ wies gelegen iſt/
Der koͤmmet leicht in Angſt und Noth
Und leidet Raub/ wohlgar den Todt.

Dahero Dalby, ein gelaͤhrter Daͤne/ dem loͤblichen Rath giebt/ da er
c. 8. p. 74. de Peregrinatione mortalium, alſo ſchreibet:

Si peregrè pergas, ſemper de nocte quieſcas.
Manè citò ſurge, boſpitium de luce capeſſas.
Manè Deum lauda ſurgendo, ſicut alauda.

Wann du zureiſen haſt/ ſo laß die Nacht ſeyn Nacht.
Steh deſto fruͤher auf und reiſe mit Bedacht.
Kehr
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0016" n="10"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">An dem wohlgeneigten Le&#x017F;er.</hi></fw><lb/>
mit Ver&#x017F;tande le&#x017F;en/ andere dagegen halten und be&#x017F;cheidentlich urtheln/ im<lb/>
u&#x0364;brigen aber doch ihren unverdro&#x017F;&#x017F;enen Fleiß loben als welches gleichwohl be&#x017F;-<lb/>
fer thut/ daß uns etwas mitgetheilet wird/ als daß wir gar nichts davon wi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;olten.</p><lb/>
        <p>Wer auf den Jahrmarckt zeicht/ muß &#x017F;ich nach den Ka&#x0364;uffern richten und ih-<lb/>
ne&#x0303; allerhand Wah&#xA75B;en zufu&#x0364;h&#xA75B;en/ unterde&#x017F;&#x017F;en aber einem ieglichen die Wahl la&#x017F;&#x017F;en<lb/>
zunehmen/ was ihm gefa&#x0364;llet: Al&#x017F;o auch/ wer Rei&#x017F;ebu&#x0364;cher &#x017F;chreiben/ La&#x0364;nder und<lb/>
Sta&#x0364;dte be&#x017F;chreiben und/ was allda zu&#x017F;ehen/ der Welt mittheilen wil/ der muß<lb/>
doch gleichwohl alles/ &#x017F;o man ihm iedes Orths zeiget/ berichtet und zu&#x017F;ehen i&#x017F;t/<lb/>
mit hinein bringen/ damit &#x017F;ich niemand zube&#x017F;chweren habe/ als wenn er untreu<lb/>
und nicht fleißig gnung gewe&#x017F;en/ im u&#x0364;brigen aber einem iedlichen frey la&#x017F;&#x017F;en an-<lb/>
zunehmen/ was ihm gefa&#x0364;llet/ einem diß/ dem andern ein anders.</p><lb/>
        <p>Und al&#x017F;o i&#x017F;t billig auch zuloben und zudancken dem weiland Hoch-Edlen<lb/>
Herrn George Chri&#x017F;toff von Neitz&#x017F;chitz aus dem Hau&#x017F;e Wehlitz und Werns-<lb/>
dorff/ &#xA75B;c. Daß der&#x017F;elbe mit hindan&#x017F;etzung &#x017F;eines Vaterlandes/ mit Aufwen-<lb/>
dung &#x017F;eines Vermo&#x0364;gens und &#x017F;einer Ge&#x017F;undheit/ ja auch mit Aus&#x017F;tehung vie-<lb/>
ler Gefahr/ Mu&#x0364;he und Ungemach zu Wa&#x017F;&#x017F;er und Lande/ &#x017F;intemahl es doch<lb/>
war i&#x017F;t, von denen/ &#x017F;o da rei&#x017F;en und frembde La&#x0364;nder be&#x017F;ehen wollen/ was im<lb/>
Fro&#x017F;chma&#x0364;ußler angefu&#x0364;hret wird:</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l> <hi rendition="#fr">Wer rei&#x017F;en wil hin durch die Welt/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">Und gehen u&#x0364;ber Meer und Feld/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">Weiß aber nicht mit kluger Li&#x017F;t</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">Zurathen/ wies gelegen i&#x017F;t/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">Der ko&#x0364;mmet leicht in Ang&#x017F;t und Noth</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">Und leidet Raub/ wohlgar den Todt.</hi> </l>
        </lg><lb/>
        <p>Dahero <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Dalby,</hi></hi> ein gela&#x0364;hrter Da&#x0364;ne/ dem lo&#x0364;blichen Rath giebt/ da er<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">c. 8. p. 74. de Peregrinatione mortalium</hi>,</hi> al&#x017F;o &#x017F;chreibet:</p><lb/>
        <cit>
          <quote> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Si peregrè pergas, &#x017F;emper de nocte quie&#x017F;cas.<lb/>
Manè citò &#x017F;urge, bo&#x017F;pitium de luce cape&#x017F;&#x017F;as.<lb/>
Manè Deum lauda &#x017F;urgendo, &#x017F;icut alauda.</hi> </hi> </quote>
          <bibl/>
        </cit><lb/>
        <lg type="poem">
          <l> <hi rendition="#fr">Wann du zurei&#x017F;en ha&#x017F;t/ &#x017F;o laß die Nacht &#x017F;eyn Nacht.</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">Steh de&#x017F;to fru&#x0364;her auf und rei&#x017F;e mit Bedacht.</hi> </l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Kehr</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[10/0016] An dem wohlgeneigten Leſer. mit Verſtande leſen/ andere dagegen halten und beſcheidentlich urtheln/ im uͤbrigen aber doch ihren unverdroſſenen Fleiß loben als welches gleichwohl beſ- fer thut/ daß uns etwas mitgetheilet wird/ als daß wir gar nichts davon wiſſen ſolten. Wer auf den Jahrmarckt zeicht/ muß ſich nach den Kaͤuffern richten und ih- nẽ allerhand Wahꝛen zufuͤhꝛen/ unterdeſſen aber einem ieglichen die Wahl laſſen zunehmen/ was ihm gefaͤllet: Alſo auch/ wer Reiſebuͤcher ſchreiben/ Laͤnder und Staͤdte beſchreiben und/ was allda zuſehen/ der Welt mittheilen wil/ der muß doch gleichwohl alles/ ſo man ihm iedes Orths zeiget/ berichtet und zuſehen iſt/ mit hinein bringen/ damit ſich niemand zubeſchweren habe/ als wenn er untreu und nicht fleißig gnung geweſen/ im uͤbrigen aber einem iedlichen frey laſſen an- zunehmen/ was ihm gefaͤllet/ einem diß/ dem andern ein anders. Und alſo iſt billig auch zuloben und zudancken dem weiland Hoch-Edlen Herrn George Chriſtoff von Neitzſchitz aus dem Hauſe Wehlitz und Werns- dorff/ ꝛc. Daß derſelbe mit hindanſetzung ſeines Vaterlandes/ mit Aufwen- dung ſeines Vermoͤgens und ſeiner Geſundheit/ ja auch mit Ausſtehung vie- ler Gefahr/ Muͤhe und Ungemach zu Waſſer und Lande/ ſintemahl es doch war iſt, von denen/ ſo da reiſen und frembde Laͤnder beſehen wollen/ was im Froſchmaͤußler angefuͤhret wird: Wer reiſen wil hin durch die Welt/ Und gehen uͤber Meer und Feld/ Weiß aber nicht mit kluger Liſt Zurathen/ wies gelegen iſt/ Der koͤmmet leicht in Angſt und Noth Und leidet Raub/ wohlgar den Todt. Dahero Dalby, ein gelaͤhrter Daͤne/ dem loͤblichen Rath giebt/ da er c. 8. p. 74. de Peregrinatione mortalium, alſo ſchreibet: Si peregrè pergas, ſemper de nocte quieſcas. Manè citò ſurge, boſpitium de luce capeſſas. Manè Deum lauda ſurgendo, ſicut alauda. Wann du zureiſen haſt/ ſo laß die Nacht ſeyn Nacht. Steh deſto fruͤher auf und reiſe mit Bedacht. Kehr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/16
Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/16>, abgerufen am 29.03.2024.