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Nathusius, Hermann Engelhard von: Über die sogenannten Leporiden. Berlin, 1876.

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naturgemässe Schwanken der Individualität hinaus gehen und deshalb
von Bedeutung sein könnten, sind mir bis jetzt nicht vorgekommen.*)

28. 29. Die Hand ist, relativ zum Humerus und zum Unterarm,
beim Kaninchen etwas länger als beim Hasen.

30. Femur zur Tibia fast gleich bei Hasen und Kaninchen.

31. Der Fuss des Hasen im Verhältniss zum Femur etwas kürzer
als beim Kaninchen.

33. Femur mit Humerus verglichen beim Kaninchen erster länger;
am auffallendsten ist aber:

34. Die grössere Länge der Tibia, in Vergleich zum Unterarm,
beim Kaninchen. --

Ich meine, dass wenn diese oder ähnliche Messungen von andern
Beobachtern erweitert, bestätigt oder berichtigt sein werden, für die
Leporidenfrage demnächst ein Resultat in Aussicht steht.



In dem Bericht des Hrn. Conrad ist gesagt, dass "ungeachtet der
bedeutenden Zahl der erzielten Leporiden doch nur bei zwei Würfen,
einem der zweiten und einem der dritten Generation angehörig, wesent-
liche (?) Abweichungen von der Regel zu notiren sein, indem davon
je zwei Exemplare einen Rückschlag auf die Vorältern zeigten. Sie
waren schwarz mit kleinen weissen Flecken an Brust und Füssen
(während die Stammmutter silbergrau gewesen war) und hatten über-
haupt ganz den Typus der gewöhnlichen Stallhasen
."

Hr. Zürn berichtet über die Nachzucht in Jena: "fast (?) sämmt-
liche Leporiden waren hasenfarbig; -- bei sehr vielen Exemplaren war
die Ohrspitze schwarz; -- der Schwanz der meisten dieser Bastarde war
zweifarbig; -- zuweilen fanden sich weisse Flecken an den Füssen".

Ferner sind in Jena einzelne Albinos vorgekommen. Hr. Zürn
deutet dies als Folge der Inzestzucht, "da es gewiss nicht auf Atavismus
zu schieben sei". Dass bei den Kaninchen Albinismus durch Inzest-
zucht erzeugt wird, dass diese die alleinige Ursache des ersten sei, ist
keineswegs mit Sicherheit festgestellt, trotz der Angaben des Hrn.
Aube (Bulletin soc. Acclimat. 1857 IV. 542).

*) Obiger Ausspruch gilt, wie immer, zunächst für Lepus timidus aut. = europaeus
Pall. Ich habe drei Skelete des L. borealis Nilss. aus Ostfinmarken präparirt; von
diesen zeigen zwei bedeutende Abweichungen von dem hiesigen Hasen nicht, das dritte aber
(No. 1899) ist sehr verschieden. B = 70,5, H = 102, R = 106, C = 78, Fr. = 120,
T = 141, Ts. = 156,5. Daraus ergiebt sich, dass das Schienbein und besonders der
Fuss nicht nur im Verhältniss zum Kopfe länger sind (B : T = 1 : 2,00; B : Ts =
1 : 2,22), sondern auch, dass der Fuss im Verhältniss zum Oberschenkel (Fr.: Ts. =
1: 1,30) länger ist; auch das Schienbein ist relativ zum Unterarm länger (R: T = 1: 1,33).
Ich gebe diese Notiz, vorläufig ohne weitere Folgerungen, da die verschiedenen Formen
des Schneehasen hier nicht in Betracht kommen.

naturgemässe Schwanken der Individualität hinaus gehen und deshalb
von Bedeutung sein könnten, sind mir bis jetzt nicht vorgekommen.*)

28. 29. Die Hand ist, relativ zum Humerus und zum Unterarm,
beim Kaninchen etwas länger als beim Hasen.

30. Femur zur Tibia fast gleich bei Hasen und Kaninchen.

31. Der Fuss des Hasen im Verhältniss zum Femur etwas kürzer
als beim Kaninchen.

33. Femur mit Humerus verglichen beim Kaninchen erster länger;
am auffallendsten ist aber:

34. Die grössere Länge der Tibia, in Vergleich zum Unterarm,
beim Kaninchen. —

Ich meine, dass wenn diese oder ähnliche Messungen von andern
Beobachtern erweitert, bestätigt oder berichtigt sein werden, für die
Leporidenfrage demnächst ein Resultat in Aussicht steht.



In dem Bericht des Hrn. Conrad ist gesagt, dass „ungeachtet der
bedeutenden Zahl der erzielten Leporiden doch nur bei zwei Würfen,
einem der zweiten und einem der dritten Generation angehörig, wesent-
liche (?) Abweichungen von der Regel zu notiren sein, indem davon
je zwei Exemplare einen Rückschlag auf die Vorältern zeigten. Sie
waren schwarz mit kleinen weissen Flecken an Brust und Füssen
(während die Stammmutter silbergrau gewesen war) und hatten über-
haupt ganz den Typus der gewöhnlichen Stallhasen
.“

Hr. Zürn berichtet über die Nachzucht in Jena: „fast (?) sämmt-
liche Leporiden waren hasenfarbig; — bei sehr vielen Exemplaren war
die Ohrspitze schwarz; — der Schwanz der meisten dieser Bastarde war
zweifarbig; — zuweilen fanden sich weisse Flecken an den Füssen“.

Ferner sind in Jena einzelne Albinos vorgekommen. Hr. Zürn
deutet dies als Folge der Inzestzucht, „da es gewiss nicht auf Atavismus
zu schieben sei“. Dass bei den Kaninchen Albinismus durch Inzest-
zucht erzeugt wird, dass diese die alleinige Ursache des ersten sei, ist
keineswegs mit Sicherheit festgestellt, trotz der Angaben des Hrn.
Aubé (Bulletin soc. Acclimat. 1857 IV. 542).

*) Obiger Ausspruch gilt, wie immer, zunächst für Lepus timidus aut. = europaeus
Pall. Ich habe drei Skelete des L. borealis Nilss. aus Ostfinmarken präparirt; von
diesen zeigen zwei bedeutende Abweichungen von dem hiesigen Hasen nicht, das dritte aber
(No. 1899) ist sehr verschieden. B = 70,5, H = 102, R = 106, C = 78, Fr. = 120,
T = 141, Ts. = 156,5. Daraus ergiebt sich, dass das Schienbein und besonders der
Fuss nicht nur im Verhältniss zum Kopfe länger sind (B : T = 1 : 2,00; B : Ts =
1 : 2,22), sondern auch, dass der Fuss im Verhältniss zum Oberschenkel (Fr.: Ts. =
1: 1,30) länger ist; auch das Schienbein ist relativ zum Unterarm länger (R: T = 1: 1,33).
Ich gebe diese Notiz, vorläufig ohne weitere Folgerungen, da die verschiedenen Formen
des Schneehasen hier nicht in Betracht kommen.
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[47/0055] naturgemässe Schwanken der Individualität hinaus gehen und deshalb von Bedeutung sein könnten, sind mir bis jetzt nicht vorgekommen. *) 28. 29. Die Hand ist, relativ zum Humerus und zum Unterarm, beim Kaninchen etwas länger als beim Hasen. 30. Femur zur Tibia fast gleich bei Hasen und Kaninchen. 31. Der Fuss des Hasen im Verhältniss zum Femur etwas kürzer als beim Kaninchen. 33. Femur mit Humerus verglichen beim Kaninchen erster länger; am auffallendsten ist aber: 34. Die grössere Länge der Tibia, in Vergleich zum Unterarm, beim Kaninchen. — Ich meine, dass wenn diese oder ähnliche Messungen von andern Beobachtern erweitert, bestätigt oder berichtigt sein werden, für die Leporidenfrage demnächst ein Resultat in Aussicht steht. In dem Bericht des Hrn. Conrad ist gesagt, dass „ungeachtet der bedeutenden Zahl der erzielten Leporiden doch nur bei zwei Würfen, einem der zweiten und einem der dritten Generation angehörig, wesent- liche (?) Abweichungen von der Regel zu notiren sein, indem davon je zwei Exemplare einen Rückschlag auf die Vorältern zeigten. Sie waren schwarz mit kleinen weissen Flecken an Brust und Füssen (während die Stammmutter silbergrau gewesen war) und hatten über- haupt ganz den Typus der gewöhnlichen Stallhasen.“ Hr. Zürn berichtet über die Nachzucht in Jena: „fast (?) sämmt- liche Leporiden waren hasenfarbig; — bei sehr vielen Exemplaren war die Ohrspitze schwarz; — der Schwanz der meisten dieser Bastarde war zweifarbig; — zuweilen fanden sich weisse Flecken an den Füssen“. Ferner sind in Jena einzelne Albinos vorgekommen. Hr. Zürn deutet dies als Folge der Inzestzucht, „da es gewiss nicht auf Atavismus zu schieben sei“. Dass bei den Kaninchen Albinismus durch Inzest- zucht erzeugt wird, dass diese die alleinige Ursache des ersten sei, ist keineswegs mit Sicherheit festgestellt, trotz der Angaben des Hrn. Aubé (Bulletin soc. Acclimat. 1857 IV. 542). *) Obiger Ausspruch gilt, wie immer, zunächst für Lepus timidus aut. = europaeus Pall. Ich habe drei Skelete des L. borealis Nilss. aus Ostfinmarken präparirt; von diesen zeigen zwei bedeutende Abweichungen von dem hiesigen Hasen nicht, das dritte aber (No. 1899) ist sehr verschieden. B = 70,5, H = 102, R = 106, C = 78, Fr. = 120, T = 141, Ts. = 156,5. Daraus ergiebt sich, dass das Schienbein und besonders der Fuss nicht nur im Verhältniss zum Kopfe länger sind (B : T = 1 : 2,00; B : Ts = 1 : 2,22), sondern auch, dass der Fuss im Verhältniss zum Oberschenkel (Fr.: Ts. = 1: 1,30) länger ist; auch das Schienbein ist relativ zum Unterarm länger (R: T = 1: 1,33). Ich gebe diese Notiz, vorläufig ohne weitere Folgerungen, da die verschiedenen Formen des Schneehasen hier nicht in Betracht kommen.

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Zitationshilfe: Nathusius, Hermann Engelhard von: Über die sogenannten Leporiden. Berlin, 1876, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_leporiden_1876/55>, abgerufen am 25.04.2024.