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Nathusius, Hermann Engelhard von: Über die sogenannten Leporiden. Berlin, 1876.

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Angabe der Länge des Hasenschädels (92 mm.) mit der von mir ge-
fundenen Basilarlänge (75,6) vergleiche, so ergiebt sich für die Kanin-
chenschädel (79 mm.) die ungefähre Basilarlänge von 65 mm. Dies
stimmt annähernd damit, dass ich eine Basilarlänge von ungefähr 63 mm.
für ungefähr 40 Individuen sogenannter gemeiner Kaninchen (Hundis-
burg, Berlin und andere Zuchten in Norddeutschland) finde.

Für den Leporidenschädel ergiebt sich nach obiger Rechnung Basi-
larlänge = 71,5. Diese Zahl liegt aber auch dann, wenn ich die
grössten Kaninchenschädel ausser Betracht lasse, innerhalb der Zahlen-
reihe, aus welcher sich für das gemeine Kaninchen die durchschnittliche
Länge von 63 ergiebt.

Ist aber Hrn. Zürn's Mittelzahl für die Leporiden aus "einer
grössern Zahl" von Messungen gefunden, und hat Hr. Zürn, wie er es
ausdrücklich bezüglich des Hasen erwähnt, die grössten Zahlen nicht
berücksichtigt, dann folgt daraus, dass die Mittelzahl für die Leporiden
aus fast gleichwerthigen Zahlen berechnet sein muss, weil dieselbe dem
Durchschnitt des Hasenschädels viel näher steht, als dem Minimum
desselben.

Es ergiebt sich demnach, dass Hrn. Zürn's Ausspruch, dass er den
Beweis für die Bastardqualität des sogenannten Leporiden haupt-
sächlich darin suche
, dass alle Theile des Skelets, bezüglich der
Grösse, mitten zwischen Hasen und Kaninchen stehen, nicht durch die
Angaben über die Schädellänge geführt ist.

So lange nicht die wirklichen Stammältern individuel gemessen
werden können, muss man verlangen, dass die Mittelzahlen nach ihrer
Entstehung und ihrem rechnungsmässigen Werth präziser nachgewiesen
werden, als es durch die vorliegenden Angaben geschehen ist. --

Von allen Unterschieden zwischen Hasen und Kaninchen ist die
relative Breite der Nasenknochen einer der auffallendsten und der be-
deutendsten. Hr. Zürn misst die "Mitte" derselben. Diese Dimension
ist nicht glücklich gewählt; einmal ist die Wölbung der Nase in der
ungefähren Mitte derselben individuel sehr variabel, deshalb die trans-
versale Achse, welche doch gemeint sein wird, nicht ein präziser
Ausdruck für die Dimension der hoch oder flach gewölbten Partie; dann
aber ist die Mitte der Nase genau erst durch Messung zu finden, dies
ist aber darum sehr unsicher, weil sowohl die vordere Kontur der Nasen-
beine in hohem Grade variabel ist, noch mehr aber die Verbindungsnaht
der Nase mit dem Stirnbein. Misst man die mediane Verbindung der
Nasenknochen von der Nasenspitze bis zum nach vorn hervorragendsten
Punkt der Stirn, so erzielt sich ein sehr verschiedenes Mass von dem
der grössten sagittalen Länge der einzelnen Nasenknochen. Einen festen
Ansatzpunkt dagegen bietet die Stelle, an welcher sich die Nasenbeine
mit dem Stirnbein und dem Nasenfortsatz des Zwischen-

Angabe der Länge des Hasenschädels (92 mm.) mit der von mir ge-
fundenen Basilarlänge (75,6) vergleiche, so ergiebt sich für die Kanin-
chenschädel (79 mm.) die ungefähre Basilarlänge von 65 mm. Dies
stimmt annähernd damit, dass ich eine Basilarlänge von ungefähr 63 mm.
für ungefähr 40 Individuen sogenannter gemeiner Kaninchen (Hundis-
burg, Berlin und andere Zuchten in Norddeutschland) finde.

Für den Leporidenschädel ergiebt sich nach obiger Rechnung Basi-
larlänge = 71,5. Diese Zahl liegt aber auch dann, wenn ich die
grössten Kaninchenschädel ausser Betracht lasse, innerhalb der Zahlen-
reihe, aus welcher sich für das gemeine Kaninchen die durchschnittliche
Länge von 63 ergiebt.

Ist aber Hrn. Zürn’s Mittelzahl für die Leporiden aus „einer
grössern Zahl“ von Messungen gefunden, und hat Hr. Zürn, wie er es
ausdrücklich bezüglich des Hasen erwähnt, die grössten Zahlen nicht
berücksichtigt, dann folgt daraus, dass die Mittelzahl für die Leporiden
aus fast gleichwerthigen Zahlen berechnet sein muss, weil dieselbe dem
Durchschnitt des Hasenschädels viel näher steht, als dem Minimum
desselben.

Es ergiebt sich demnach, dass Hrn. Zürn’s Ausspruch, dass er den
Beweis für die Bastardqualität des sogenannten Leporiden haupt-
sächlich darin suche
, dass alle Theile des Skelets, bezüglich der
Grösse, mitten zwischen Hasen und Kaninchen stehen, nicht durch die
Angaben über die Schädellänge geführt ist.

So lange nicht die wirklichen Stammältern individuel gemessen
werden können, muss man verlangen, dass die Mittelzahlen nach ihrer
Entstehung und ihrem rechnungsmässigen Werth präziser nachgewiesen
werden, als es durch die vorliegenden Angaben geschehen ist. —

Von allen Unterschieden zwischen Hasen und Kaninchen ist die
relative Breite der Nasenknochen einer der auffallendsten und der be-
deutendsten. Hr. Zürn misst die „Mitte“ derselben. Diese Dimension
ist nicht glücklich gewählt; einmal ist die Wölbung der Nase in der
ungefähren Mitte derselben individuel sehr variabel, deshalb die trans-
versale Achse, welche doch gemeint sein wird, nicht ein präziser
Ausdruck für die Dimension der hoch oder flach gewölbten Partie; dann
aber ist die Mitte der Nase genau erst durch Messung zu finden, dies
ist aber darum sehr unsicher, weil sowohl die vordere Kontur der Nasen-
beine in hohem Grade variabel ist, noch mehr aber die Verbindungsnaht
der Nase mit dem Stirnbein. Misst man die mediane Verbindung der
Nasenknochen von der Nasenspitze bis zum nach vorn hervorragendsten
Punkt der Stirn, so erzielt sich ein sehr verschiedenes Mass von dem
der grössten sagittalen Länge der einzelnen Nasenknochen. Einen festen
Ansatzpunkt dagegen bietet die Stelle, an welcher sich die Nasenbeine
mit dem Stirnbein und dem Nasenfortsatz des Zwischen-

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[39/0047] Angabe der Länge des Hasenschädels (92 mm.) mit der von mir ge- fundenen Basilarlänge (75,6) vergleiche, so ergiebt sich für die Kanin- chenschädel (79 mm.) die ungefähre Basilarlänge von 65 mm. Dies stimmt annähernd damit, dass ich eine Basilarlänge von ungefähr 63 mm. für ungefähr 40 Individuen sogenannter gemeiner Kaninchen (Hundis- burg, Berlin und andere Zuchten in Norddeutschland) finde. Für den Leporidenschädel ergiebt sich nach obiger Rechnung Basi- larlänge = 71,5. Diese Zahl liegt aber auch dann, wenn ich die grössten Kaninchenschädel ausser Betracht lasse, innerhalb der Zahlen- reihe, aus welcher sich für das gemeine Kaninchen die durchschnittliche Länge von 63 ergiebt. Ist aber Hrn. Zürn’s Mittelzahl für die Leporiden aus „einer grössern Zahl“ von Messungen gefunden, und hat Hr. Zürn, wie er es ausdrücklich bezüglich des Hasen erwähnt, die grössten Zahlen nicht berücksichtigt, dann folgt daraus, dass die Mittelzahl für die Leporiden aus fast gleichwerthigen Zahlen berechnet sein muss, weil dieselbe dem Durchschnitt des Hasenschädels viel näher steht, als dem Minimum desselben. Es ergiebt sich demnach, dass Hrn. Zürn’s Ausspruch, dass er den Beweis für die Bastardqualität des sogenannten Leporiden haupt- sächlich darin suche, dass alle Theile des Skelets, bezüglich der Grösse, mitten zwischen Hasen und Kaninchen stehen, nicht durch die Angaben über die Schädellänge geführt ist. So lange nicht die wirklichen Stammältern individuel gemessen werden können, muss man verlangen, dass die Mittelzahlen nach ihrer Entstehung und ihrem rechnungsmässigen Werth präziser nachgewiesen werden, als es durch die vorliegenden Angaben geschehen ist. — Von allen Unterschieden zwischen Hasen und Kaninchen ist die relative Breite der Nasenknochen einer der auffallendsten und der be- deutendsten. Hr. Zürn misst die „Mitte“ derselben. Diese Dimension ist nicht glücklich gewählt; einmal ist die Wölbung der Nase in der ungefähren Mitte derselben individuel sehr variabel, deshalb die trans- versale Achse, welche doch gemeint sein wird, nicht ein präziser Ausdruck für die Dimension der hoch oder flach gewölbten Partie; dann aber ist die Mitte der Nase genau erst durch Messung zu finden, dies ist aber darum sehr unsicher, weil sowohl die vordere Kontur der Nasen- beine in hohem Grade variabel ist, noch mehr aber die Verbindungsnaht der Nase mit dem Stirnbein. Misst man die mediane Verbindung der Nasenknochen von der Nasenspitze bis zum nach vorn hervorragendsten Punkt der Stirn, so erzielt sich ein sehr verschiedenes Mass von dem der grössten sagittalen Länge der einzelnen Nasenknochen. Einen festen Ansatzpunkt dagegen bietet die Stelle, an welcher sich die Nasenbeine mit dem Stirnbein und dem Nasenfortsatz des Zwischen-

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Zitationshilfe: Nathusius, Hermann Engelhard von: Über die sogenannten Leporiden. Berlin, 1876, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_leporiden_1876/47>, abgerufen am 28.03.2024.