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Nathusius, Hermann Engelhard von: Über die sogenannten Leporiden. Berlin, 1876.

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Widderkaninchen (1983) berühren vorn und hinten diese Fortsätze das
Stirnbein.

Bei Vergleichung grösseren Materials ergeben sich vielleicht andere
Zahlenverhältnisse, das vorliegende scheint zu genügen zu dem Aus-
spruch, dass Hrn. Zürn's Angaben nicht entscheidend sind.

Die Konturen der Orbitalfortsätze sind so variirend, dass eine
spezifische Differenz dadurch nicht zu konstatiren ist.

9) "Oben und vorn auf dem Atlas kein Höcker beim Hasen, ein
Höcker beim Kaninchen." An allen bisher von mir untersuchten Hasen-
skeleten ist die Medianlinie des oberen Bogens allerdings so glatt, dass
kaum von einem Höcker die Rede sein kann. Bei einigen Kaninchen
ist ein kleiner Höcker an der bezeichneten Stelle vorhanden, keines-
wegs aber bei allen Kaninchen;
ich habe Skelete präparirt,
(z. B. No. 1925 von einem gemeinen Kaninchen), an denen dieses tuber-
culum "posterius" (Krause l. c. 66)*) nicht deutlich hervortritt.

Hrn. Darwin's Angabe (Variation 121. f. 12 a. b.) über die Varia-
bilität des Atlas bei verschiedenen Kaninchen-Rassen kann ich be-
stätigen.

Nach meiner Ansicht wird demnach auch diese vermeintliche Dif-
ferenz zwischen Hasen und Kaninchen für die Leporidenfrage nicht zu
verwerthen sein. Nach Hrn. Zürn's Angabe sollen sich überdem die
Leporiden in dieser Beziehung wie die Kaninchen verhalten.

10) "Ein Fortsatz vom Epistropheus greift oben nur wenig weit
über den Atlas beim Hasen -- beim Kaninchen weit über den Atlas."
In diesem Verhalten muss grosse Variabilität der Gestalt bestehen, denn
an allen von mir gesehenen Skeleten ist entweder ein Unterschied nicht
vorhanden oder gerade das Gegentheil von Hrn. Zürn's Angabe. Ich
habe nochmals einige Hasen und Kaninchen frisch präparirt und immer
Folgendes gefunden: wenn ich die Achse durch das Zentrum des Rücken-
markkanals nach vorn verlängere und eine Senkrechte von dem nach
vorn hervorragendsten Punkt des Kamms (processus spinosus) auf jene
(horizontale) Achse lege, dann ist der Kamm bei Hasen wie bei Kaninchen
relativ gleich weit vorgezogen oder relativ gleich lang; die bezeichnete
Senkrechte nach unten verlängert, durchschneidet den Zahnfortsatz un-
gefähr an der korrespondirenden Stelle beim Hasen wie bei dem Ka-
ninchen, der Kamm des Epistropheus ist, mit andern Worten, an sich
betrachtet, beim Hasen nicht kürzer als beim Kaninchen. Hrn. Zürn's
Angabe könnte aber möglicherweise durch eine spezifisch andere Ver-
bindung mit dem Atlas bedingt sein, da er nur von einem Uebergreifen

*) Wenn man die "Anatomie des Kaninchens" des Hrn. Krause zu Rathe zieht,
ist zu beachten, dass darin die Stellung des Thieres als eine stehende angenommen
ist, dass vorn und hinten, unten und oben u. s. w. dasselbe bedeuten, wie in der
menschlichen Anatomie, nicht wie es sonst in der vergleichenden Anatomie gebräuchlich.

Widderkaninchen (1983) berühren vorn und hinten diese Fortsätze das
Stirnbein.

Bei Vergleichung grösseren Materials ergeben sich vielleicht andere
Zahlenverhältnisse, das vorliegende scheint zu genügen zu dem Aus-
spruch, dass Hrn. Zürn’s Angaben nicht entscheidend sind.

Die Konturen der Orbitalfortsätze sind so variirend, dass eine
spezifische Differenz dadurch nicht zu konstatiren ist.

9) „Oben und vorn auf dem Atlas kein Höcker beim Hasen, ein
Höcker beim Kaninchen.“ An allen bisher von mir untersuchten Hasen-
skeleten ist die Medianlinie des oberen Bogens allerdings so glatt, dass
kaum von einem Höcker die Rede sein kann. Bei einigen Kaninchen
ist ein kleiner Höcker an der bezeichneten Stelle vorhanden, keines-
wegs aber bei allen Kaninchen;
ich habe Skelete präparirt,
(z. B. No. 1925 von einem gemeinen Kaninchen), an denen dieses tuber-
culum „posterius“ (Krause l. c. 66)*) nicht deutlich hervortritt.

Hrn. Darwin’s Angabe (Variation 121. f. 12 a. b.) über die Varia-
bilität des Atlas bei verschiedenen Kaninchen-Rassen kann ich be-
stätigen.

Nach meiner Ansicht wird demnach auch diese vermeintliche Dif-
ferenz zwischen Hasen und Kaninchen für die Leporidenfrage nicht zu
verwerthen sein. Nach Hrn. Zürn’s Angabe sollen sich überdem die
Leporiden in dieser Beziehung wie die Kaninchen verhalten.

10) „Ein Fortsatz vom Epistropheus greift oben nur wenig weit
über den Atlas beim Hasen — beim Kaninchen weit über den Atlas.“
In diesem Verhalten muss grosse Variabilität der Gestalt bestehen, denn
an allen von mir gesehenen Skeleten ist entweder ein Unterschied nicht
vorhanden oder gerade das Gegentheil von Hrn. Zürn’s Angabe. Ich
habe nochmals einige Hasen und Kaninchen frisch präparirt und immer
Folgendes gefunden: wenn ich die Achse durch das Zentrum des Rücken-
markkanals nach vorn verlängere und eine Senkrechte von dem nach
vorn hervorragendsten Punkt des Kamms (processus spinosus) auf jene
(horizontale) Achse lege, dann ist der Kamm bei Hasen wie bei Kaninchen
relativ gleich weit vorgezogen oder relativ gleich lang; die bezeichnete
Senkrechte nach unten verlängert, durchschneidet den Zahnfortsatz un-
gefähr an der korrespondirenden Stelle beim Hasen wie bei dem Ka-
ninchen, der Kamm des Epistropheus ist, mit andern Worten, an sich
betrachtet, beim Hasen nicht kürzer als beim Kaninchen. Hrn. Zürn’s
Angabe könnte aber möglicherweise durch eine spezifisch andere Ver-
bindung mit dem Atlas bedingt sein, da er nur von einem Uebergreifen

*) Wenn man die „Anatomie des Kaninchens“ des Hrn. Krause zu Rathe zieht,
ist zu beachten, dass darin die Stellung des Thieres als eine stehende angenommen
ist, dass vorn und hinten, unten und oben u. s. w. dasselbe bedeuten, wie in der
menschlichen Anatomie, nicht wie es sonst in der vergleichenden Anatomie gebräuchlich.
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[30/0038] Widderkaninchen (1983) berühren vorn und hinten diese Fortsätze das Stirnbein. Bei Vergleichung grösseren Materials ergeben sich vielleicht andere Zahlenverhältnisse, das vorliegende scheint zu genügen zu dem Aus- spruch, dass Hrn. Zürn’s Angaben nicht entscheidend sind. Die Konturen der Orbitalfortsätze sind so variirend, dass eine spezifische Differenz dadurch nicht zu konstatiren ist. 9) „Oben und vorn auf dem Atlas kein Höcker beim Hasen, ein Höcker beim Kaninchen.“ An allen bisher von mir untersuchten Hasen- skeleten ist die Medianlinie des oberen Bogens allerdings so glatt, dass kaum von einem Höcker die Rede sein kann. Bei einigen Kaninchen ist ein kleiner Höcker an der bezeichneten Stelle vorhanden, keines- wegs aber bei allen Kaninchen; ich habe Skelete präparirt, (z. B. No. 1925 von einem gemeinen Kaninchen), an denen dieses tuber- culum „posterius“ (Krause l. c. 66) *) nicht deutlich hervortritt. Hrn. Darwin’s Angabe (Variation 121. f. 12 a. b.) über die Varia- bilität des Atlas bei verschiedenen Kaninchen-Rassen kann ich be- stätigen. Nach meiner Ansicht wird demnach auch diese vermeintliche Dif- ferenz zwischen Hasen und Kaninchen für die Leporidenfrage nicht zu verwerthen sein. Nach Hrn. Zürn’s Angabe sollen sich überdem die Leporiden in dieser Beziehung wie die Kaninchen verhalten. 10) „Ein Fortsatz vom Epistropheus greift oben nur wenig weit über den Atlas beim Hasen — beim Kaninchen weit über den Atlas.“ In diesem Verhalten muss grosse Variabilität der Gestalt bestehen, denn an allen von mir gesehenen Skeleten ist entweder ein Unterschied nicht vorhanden oder gerade das Gegentheil von Hrn. Zürn’s Angabe. Ich habe nochmals einige Hasen und Kaninchen frisch präparirt und immer Folgendes gefunden: wenn ich die Achse durch das Zentrum des Rücken- markkanals nach vorn verlängere und eine Senkrechte von dem nach vorn hervorragendsten Punkt des Kamms (processus spinosus) auf jene (horizontale) Achse lege, dann ist der Kamm bei Hasen wie bei Kaninchen relativ gleich weit vorgezogen oder relativ gleich lang; die bezeichnete Senkrechte nach unten verlängert, durchschneidet den Zahnfortsatz un- gefähr an der korrespondirenden Stelle beim Hasen wie bei dem Ka- ninchen, der Kamm des Epistropheus ist, mit andern Worten, an sich betrachtet, beim Hasen nicht kürzer als beim Kaninchen. Hrn. Zürn’s Angabe könnte aber möglicherweise durch eine spezifisch andere Ver- bindung mit dem Atlas bedingt sein, da er nur von einem Uebergreifen *) Wenn man die „Anatomie des Kaninchens“ des Hrn. Krause zu Rathe zieht, ist zu beachten, dass darin die Stellung des Thieres als eine stehende angenommen ist, dass vorn und hinten, unten und oben u. s. w. dasselbe bedeuten, wie in der menschlichen Anatomie, nicht wie es sonst in der vergleichenden Anatomie gebräuchlich.

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Zitationshilfe: Nathusius, Hermann Engelhard von: Über die sogenannten Leporiden. Berlin, 1876, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_leporiden_1876/38>, abgerufen am 28.03.2024.