Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nathusius, Hermann Engelhard von: Über die sogenannten Leporiden. Berlin, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

ähnliche Hunde, diesen unbestimmten Ausdruck muss ich hier gebrauchen,
sind unter der Gruppe der Spitzhunde sehr häufig -- der Fuchs unter-
scheidet sich aber vom Hund unter andern durch Eigenthümlichkeiten
des Gebisses, durch die eigenthümliche Schwanzdrüse, durch unter-
irdische Lebensart, am auffallendsten durch die länglich-
runde, etwas schiefstehende Pupille
. Von diesen Eigenthüm-
lichkeiten habe ich bis jetzt noch bei keinem angeblichen Bastard
auch nur die geringste Andeutung finden können. Bis dahin, wo un-
zweifelhafte Beobachtungen vorliegen, bleibe ich in Ungewissheit über
die Qualität solcher angeblichen Bastarde.

Aehnlich verhält es sich mit den angeblichen Bastarden zwischen
Ziege und Schaf; für deren Existenz ist ein Beweis mir bis jetzt nicht
bekannt geworden. Hr. Zürn ist, nach seiner Behauptung (Seite 96
der näher zu betrachtenden Schrift) in der beneidenswerthen Lage,
durch "gründliche Untersuchungen" die Zweifel lösen zu können. Möge
er in der Methode der Untersuchung glücklicher sein, als er es in
Bezug auf dieselbe bei den Leporiden, wie ich meine nachzuweisen,
gewesen ist. --

Ich will die Bastardfrage überhaupt an dieser Stelle nicht weiter
erörtern und mich beschränken auf eine Kritik des mir bekannten
literarischen Materials über die sogenannten Leporiden, in der Hoffnung,
dass bei den in Aussicht stehenden ferneren Versuchen diese Mit-
theilungen den Beobachtern förderlich sein können.

Es werden in Bezug auf die Leporiden drei Fragen aufzuwerfen
und zu lösen sein:

1. Giebt es Bastarde zwischen Hasen und Kaninchen und
welches sind deren Eigenschaften?
2. Sind diese Bastarde unter sich fortpflanzungsfähig?
3. Ist es bis jetzt gelungen, eine neue Art aus den Bastarden
zu erziehen, welche in Bezug auf Konstanz gleichwerthig
ist mit ihren Stammältern? und welches sind die konstanten
Eigenthümlichkeiten dieser neuen Thierart?


Im Folgenden habe ich die mir bekannt gewordenen wichtigeren
literarischen Quellen in chronologischer Reihe besprochen.

Da es mir bis jetzt nicht gelungen ist, weder Hasen-Kaninchen-
Bastarde noch sogenannte Leporiden unzweifelhafter Aechtheit, selbst
zu beobachten, ist diese Besprechung wesentlich kritischer Natur, aber
die Eigenschaften der Stammältern habe ich durch eigene Beobachtung
zu erkennen mich bemüht; ich meine, dass dies nothwendige Vorbe-
dingung ist.

Mit den Hasen war ich einigermassen bekannt; mit meinem ver-

1 *

ähnliche Hunde, diesen unbestimmten Ausdruck muss ich hier gebrauchen,
sind unter der Gruppe der Spitzhunde sehr häufig — der Fuchs unter-
scheidet sich aber vom Hund unter andern durch Eigenthümlichkeiten
des Gebisses, durch die eigenthümliche Schwanzdrüse, durch unter-
irdische Lebensart, am auffallendsten durch die länglich-
runde, etwas schiefstehende Pupille
. Von diesen Eigenthüm-
lichkeiten habe ich bis jetzt noch bei keinem angeblichen Bastard
auch nur die geringste Andeutung finden können. Bis dahin, wo un-
zweifelhafte Beobachtungen vorliegen, bleibe ich in Ungewissheit über
die Qualität solcher angeblichen Bastarde.

Aehnlich verhält es sich mit den angeblichen Bastarden zwischen
Ziege und Schaf; für deren Existenz ist ein Beweis mir bis jetzt nicht
bekannt geworden. Hr. Zürn ist, nach seiner Behauptung (Seite 96
der näher zu betrachtenden Schrift) in der beneidenswerthen Lage,
durch „gründliche Untersuchungen“ die Zweifel lösen zu können. Möge
er in der Methode der Untersuchung glücklicher sein, als er es in
Bezug auf dieselbe bei den Leporiden, wie ich meine nachzuweisen,
gewesen ist. —

Ich will die Bastardfrage überhaupt an dieser Stelle nicht weiter
erörtern und mich beschränken auf eine Kritik des mir bekannten
literarischen Materials über die sogenannten Leporiden, in der Hoffnung,
dass bei den in Aussicht stehenden ferneren Versuchen diese Mit-
theilungen den Beobachtern förderlich sein können.

Es werden in Bezug auf die Leporiden drei Fragen aufzuwerfen
und zu lösen sein:

1. Giebt es Bastarde zwischen Hasen und Kaninchen und
welches sind deren Eigenschaften?
2. Sind diese Bastarde unter sich fortpflanzungsfähig?
3. Ist es bis jetzt gelungen, eine neue Art aus den Bastarden
zu erziehen, welche in Bezug auf Konstanz gleichwerthig
ist mit ihren Stammältern? und welches sind die konstanten
Eigenthümlichkeiten dieser neuen Thierart?


Im Folgenden habe ich die mir bekannt gewordenen wichtigeren
literarischen Quellen in chronologischer Reihe besprochen.

Da es mir bis jetzt nicht gelungen ist, weder Hasen-Kaninchen-
Bastarde noch sogenannte Leporiden unzweifelhafter Aechtheit, selbst
zu beobachten, ist diese Besprechung wesentlich kritischer Natur, aber
die Eigenschaften der Stammältern habe ich durch eigene Beobachtung
zu erkennen mich bemüht; ich meine, dass dies nothwendige Vorbe-
dingung ist.

Mit den Hasen war ich einigermassen bekannt; mit meinem ver-

1 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="preface">
        <p><pb facs="#f0011" n="3"/>
ähnliche Hunde, diesen unbestimmten Ausdruck muss ich hier gebrauchen,<lb/>
sind unter der Gruppe der Spitzhunde sehr häufig &#x2014; der Fuchs unter-<lb/>
scheidet sich aber vom Hund unter andern durch Eigenthümlichkeiten<lb/>
des Gebisses, durch die eigenthümliche Schwanzdrüse, durch unter-<lb/>
irdische Lebensart, <hi rendition="#g">am auffallendsten durch die länglich-<lb/>
runde, etwas schiefstehende Pupille</hi>. Von diesen Eigenthüm-<lb/>
lichkeiten habe ich <hi rendition="#g">bis jetzt</hi> noch bei keinem angeblichen Bastard<lb/>
auch nur die geringste Andeutung finden können. Bis dahin, wo un-<lb/>
zweifelhafte Beobachtungen vorliegen, bleibe ich in Ungewissheit über<lb/>
die Qualität solcher angeblichen Bastarde.</p><lb/>
        <p>Aehnlich verhält es sich mit den angeblichen Bastarden zwischen<lb/>
Ziege und Schaf; für deren Existenz ist ein <hi rendition="#g">Beweis</hi> mir bis jetzt nicht<lb/>
bekannt geworden. Hr. <hi rendition="#g">Zürn</hi> ist, nach seiner Behauptung (Seite 96<lb/>
der näher zu betrachtenden Schrift) in der beneidenswerthen Lage,<lb/>
durch &#x201E;gründliche Untersuchungen&#x201C; die Zweifel lösen zu können. Möge<lb/>
er in der Methode der Untersuchung glücklicher sein, als er es in<lb/>
Bezug auf dieselbe bei den Leporiden, wie ich meine nachzuweisen,<lb/>
gewesen ist. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Ich will die Bastardfrage überhaupt an dieser Stelle nicht weiter<lb/>
erörtern und mich beschränken auf eine Kritik des mir bekannten<lb/>
literarischen Materials über die sogenannten Leporiden, in der Hoffnung,<lb/>
dass bei den in Aussicht stehenden ferneren Versuchen diese Mit-<lb/>
theilungen den Beobachtern förderlich sein können.</p><lb/>
        <p>Es werden in Bezug auf die Leporiden drei Fragen aufzuwerfen<lb/>
und zu lösen sein:</p><lb/>
        <list>
          <item>1. Giebt es Bastarde zwischen Hasen und Kaninchen und<lb/>
welches sind deren Eigenschaften?</item><lb/>
          <item>2. Sind diese Bastarde unter sich fortpflanzungsfähig?</item><lb/>
          <item>3. Ist es bis jetzt gelungen, eine neue Art aus den Bastarden<lb/>
zu erziehen, welche in Bezug auf Konstanz gleichwerthig<lb/>
ist mit ihren Stammältern? und welches sind die konstanten<lb/>
Eigenthümlichkeiten dieser neuen Thierart?</item>
        </list><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Im Folgenden habe ich die mir bekannt gewordenen wichtigeren<lb/>
literarischen Quellen in chronologischer Reihe besprochen.</p><lb/>
        <p>Da es mir bis jetzt nicht gelungen ist, weder Hasen-Kaninchen-<lb/>
Bastarde noch sogenannte Leporiden unzweifelhafter Aechtheit, selbst<lb/>
zu beobachten, ist diese Besprechung wesentlich kritischer Natur, aber<lb/>
die Eigenschaften der Stammältern habe ich durch eigene Beobachtung<lb/>
zu erkennen mich bemüht; ich meine, dass dies nothwendige Vorbe-<lb/>
dingung ist.</p><lb/>
        <p>Mit den Hasen war ich einigermassen bekannt; mit meinem ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">1 *</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0011] ähnliche Hunde, diesen unbestimmten Ausdruck muss ich hier gebrauchen, sind unter der Gruppe der Spitzhunde sehr häufig — der Fuchs unter- scheidet sich aber vom Hund unter andern durch Eigenthümlichkeiten des Gebisses, durch die eigenthümliche Schwanzdrüse, durch unter- irdische Lebensart, am auffallendsten durch die länglich- runde, etwas schiefstehende Pupille. Von diesen Eigenthüm- lichkeiten habe ich bis jetzt noch bei keinem angeblichen Bastard auch nur die geringste Andeutung finden können. Bis dahin, wo un- zweifelhafte Beobachtungen vorliegen, bleibe ich in Ungewissheit über die Qualität solcher angeblichen Bastarde. Aehnlich verhält es sich mit den angeblichen Bastarden zwischen Ziege und Schaf; für deren Existenz ist ein Beweis mir bis jetzt nicht bekannt geworden. Hr. Zürn ist, nach seiner Behauptung (Seite 96 der näher zu betrachtenden Schrift) in der beneidenswerthen Lage, durch „gründliche Untersuchungen“ die Zweifel lösen zu können. Möge er in der Methode der Untersuchung glücklicher sein, als er es in Bezug auf dieselbe bei den Leporiden, wie ich meine nachzuweisen, gewesen ist. — Ich will die Bastardfrage überhaupt an dieser Stelle nicht weiter erörtern und mich beschränken auf eine Kritik des mir bekannten literarischen Materials über die sogenannten Leporiden, in der Hoffnung, dass bei den in Aussicht stehenden ferneren Versuchen diese Mit- theilungen den Beobachtern förderlich sein können. Es werden in Bezug auf die Leporiden drei Fragen aufzuwerfen und zu lösen sein: 1. Giebt es Bastarde zwischen Hasen und Kaninchen und welches sind deren Eigenschaften? 2. Sind diese Bastarde unter sich fortpflanzungsfähig? 3. Ist es bis jetzt gelungen, eine neue Art aus den Bastarden zu erziehen, welche in Bezug auf Konstanz gleichwerthig ist mit ihren Stammältern? und welches sind die konstanten Eigenthümlichkeiten dieser neuen Thierart? Im Folgenden habe ich die mir bekannt gewordenen wichtigeren literarischen Quellen in chronologischer Reihe besprochen. Da es mir bis jetzt nicht gelungen ist, weder Hasen-Kaninchen- Bastarde noch sogenannte Leporiden unzweifelhafter Aechtheit, selbst zu beobachten, ist diese Besprechung wesentlich kritischer Natur, aber die Eigenschaften der Stammältern habe ich durch eigene Beobachtung zu erkennen mich bemüht; ich meine, dass dies nothwendige Vorbe- dingung ist. Mit den Hasen war ich einigermassen bekannt; mit meinem ver- 1 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_leporiden_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_leporiden_1876/11
Zitationshilfe: Nathusius, Hermann Engelhard von: Über die sogenannten Leporiden. Berlin, 1876, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_leporiden_1876/11>, abgerufen am 18.04.2024.