Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829.

Bild:
<< vorherige Seite

Frage nach mir mit so anständiger Sitte vorgebracht, daß der Diener es schicklich gefunden hatte, ihm den von Schnee bestäubten Mantel sammt Hut abzunehmen, und ihm das Besuchzimmer zu öffnen, obschon dasselbe weder geheitzt noch erleuchtet war. Ich befahl ihm diese Unschicklichkeit zu verbessern, den Fremden in mein Arbeitszimmer zu führen, und offene Lichter zu bringen. Er trat ein. Ein schöngewachsener junger Mann in hellfarbigem Reise-Ueberrocke, und soviel der Schatten meines Lampenschirmes unterscheiden ließ, von feinen und einnehmenden Gesichtszügen. Doch ungeachtet jenes Schattens erschien mir sein Antlitz so auffallend bleich, daß ich ihn für krank zu halten geneigt war. Mit höflicher Verbeugung ging ich ihm einige Schritte entgegen, und es kam mir seltsam vor, daß er, den mir mein Diener als einen "feinen und anständigen Herrn" angekündigt hatte, dieselbe

Frage nach mir mit so anständiger Sitte vorgebracht, daß der Diener es schicklich gefunden hatte, ihm den von Schnee bestäubten Mantel sammt Hut abzunehmen, und ihm das Besuchzimmer zu öffnen, obschon dasselbe weder geheitzt noch erleuchtet war. Ich befahl ihm diese Unschicklichkeit zu verbessern, den Fremden in mein Arbeitszimmer zu führen, und offene Lichter zu bringen. Er trat ein. Ein schöngewachsener junger Mann in hellfarbigem Reise-Ueberrocke, und soviel der Schatten meines Lampenschirmes unterscheiden ließ, von feinen und einnehmenden Gesichtszügen. Doch ungeachtet jenes Schattens erschien mir sein Antlitz so auffallend bleich, daß ich ihn für krank zu halten geneigt war. Mit höflicher Verbeugung ging ich ihm einige Schritte entgegen, und es kam mir seltsam vor, daß er, den mir mein Diener als einen „feinen und anständigen Herrn“ angekündigt hatte, dieselbe

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0028" n="8"/>
Frage nach mir mit so anständiger Sitte vorgebracht, daß der Diener es schicklich gefunden hatte, ihm den von Schnee bestäubten Mantel sammt Hut abzunehmen, und ihm das Besuchzimmer zu öffnen, obschon dasselbe weder geheitzt noch erleuchtet war. Ich befahl ihm diese Unschicklichkeit zu verbessern, den Fremden in mein Arbeitszimmer zu führen, und offene Lichter zu bringen. Er trat ein. Ein schöngewachsener junger Mann in hellfarbigem Reise-Ueberrocke, und soviel der Schatten meines Lampenschirmes unterscheiden ließ, von feinen und einnehmenden Gesichtszügen. Doch ungeachtet jenes Schattens erschien mir sein Antlitz so auffallend bleich, daß ich ihn für krank zu halten geneigt war. Mit höflicher Verbeugung ging ich ihm einige Schritte entgegen, und es kam mir seltsam vor, daß <hi rendition="#g">er</hi>, den mir mein Diener als einen &#x201E;feinen und anständigen Herrn&#x201C; angekündigt hatte, dieselbe
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0028] Frage nach mir mit so anständiger Sitte vorgebracht, daß der Diener es schicklich gefunden hatte, ihm den von Schnee bestäubten Mantel sammt Hut abzunehmen, und ihm das Besuchzimmer zu öffnen, obschon dasselbe weder geheitzt noch erleuchtet war. Ich befahl ihm diese Unschicklichkeit zu verbessern, den Fremden in mein Arbeitszimmer zu führen, und offene Lichter zu bringen. Er trat ein. Ein schöngewachsener junger Mann in hellfarbigem Reise-Ueberrocke, und soviel der Schatten meines Lampenschirmes unterscheiden ließ, von feinen und einnehmenden Gesichtszügen. Doch ungeachtet jenes Schattens erschien mir sein Antlitz so auffallend bleich, daß ich ihn für krank zu halten geneigt war. Mit höflicher Verbeugung ging ich ihm einige Schritte entgegen, und es kam mir seltsam vor, daß er, den mir mein Diener als einen „feinen und anständigen Herrn“ angekündigt hatte, dieselbe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-02T10:45:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
GDZ Göttingen: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-02T10:45:31Z)
UB Leipzig: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. 38-0-637:15785; Bilder 0107 bis 0110) (2013-01-02T10:45:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-02T10:45:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829/28
Zitationshilfe: Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829/28>, abgerufen am 24.04.2024.