Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

tions-Rechte das persönliche und auf dem
Grundsatz der Gegenseitigkeit beruhende Lehns-
recht gegenüber gestellt hat. --

Die Ordnung und die polizeiliche Sicherheit
unsrer Staaten, und das wohlverwahrte, nach
gewissen unwandelbaren Regeln vertheilte Eigen-
thum sind große und wichtige Verbesserungen
unseres Zustandes. Ich räume sehr gern ein,
daß die außerordentlichen Progressen der Industrie,
der Flor des Handels, und überhaupt die Ver-
mehrung, auch die Mannichfaltigkeit des reinen
Einkommens großen Theils der gründlichen Aus-
bildung des sächlichen Theils von unserem Pri-
vatrechte zuzuschreiben sind. Sollten wir aber
den Gewinn unseres Deseyns an Bequemlichkeit,
Behaglichkeit und kaufmännischer Zuverlässigkeit
nicht etwas zu theuer erkauft haben? -- Mon-
tesquieu und Adam Smith hatten nicht erlebt,
was wir erlebt haben. Ist nicht, allen unsern
haarscharfen Gesetzen über das Privat-Eigen-
thum zum Trotz, unser Eigenthum jetzt unsich-
rer, als jemals? ist nicht, trotz allen unsren
Credit-Gesetzen und aller staatswirthschaftlichen
Präcision, der Handel im gegenwärtigen Augen-
blick ein unsichres Lotteriespiel, wie er es in den
Zeiten der Hanse, unter fortdauerndem Einflusse
des Lehnsrechtes, nie gewesen ist? Man mache

tions-Rechte das perſoͤnliche und auf dem
Grundſatz der Gegenſeitigkeit beruhende Lehns-
recht gegenuͤber geſtellt hat. —

Die Ordnung und die polizeiliche Sicherheit
unſrer Staaten, und das wohlverwahrte, nach
gewiſſen unwandelbaren Regeln vertheilte Eigen-
thum ſind große und wichtige Verbeſſerungen
unſeres Zuſtandes. Ich raͤume ſehr gern ein,
daß die außerordentlichen Progreſſen der Induſtrie,
der Flor des Handels, und uͤberhaupt die Ver-
mehrung, auch die Mannichfaltigkeit des reinen
Einkommens großen Theils der gruͤndlichen Aus-
bildung des ſaͤchlichen Theils von unſerem Pri-
vatrechte zuzuſchreiben ſind. Sollten wir aber
den Gewinn unſeres Deſeyns an Bequemlichkeit,
Behaglichkeit und kaufmaͤnniſcher Zuverlaͤſſigkeit
nicht etwas zu theuer erkauft haben? — Mon-
tesquieu und Adam Smith hatten nicht erlebt,
was wir erlebt haben. Iſt nicht, allen unſern
haarſcharfen Geſetzen uͤber das Privat-Eigen-
thum zum Trotz, unſer Eigenthum jetzt unſich-
rer, als jemals? iſt nicht, trotz allen unſren
Credit-Geſetzen und aller ſtaatswirthſchaftlichen
Praͤciſion, der Handel im gegenwaͤrtigen Augen-
blick ein unſichres Lotterieſpiel, wie er es in den
Zeiten der Hanſe, unter fortdauerndem Einfluſſe
des Lehnsrechtes, nie geweſen iſt? Man mache

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0091" n="83"/>
tions-Rechte das per&#x017F;o&#x0364;nliche und auf dem<lb/>
Grund&#x017F;atz der Gegen&#x017F;eitigkeit beruhende Lehns-<lb/>
recht gegenu&#x0364;ber ge&#x017F;tellt hat. &#x2014;</p><lb/>
            <p>Die Ordnung und die polizeiliche Sicherheit<lb/>
un&#x017F;rer Staaten, und das wohlverwahrte, nach<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;en unwandelbaren Regeln vertheilte Eigen-<lb/>
thum &#x017F;ind große und wichtige Verbe&#x017F;&#x017F;erungen<lb/>
un&#x017F;eres Zu&#x017F;tandes. Ich ra&#x0364;ume &#x017F;ehr gern ein,<lb/>
daß die außerordentlichen Progre&#x017F;&#x017F;en der Indu&#x017F;trie,<lb/>
der Flor des Handels, und u&#x0364;berhaupt die Ver-<lb/>
mehrung, auch die Mannichfaltigkeit des reinen<lb/>
Einkommens großen Theils der gru&#x0364;ndlichen Aus-<lb/>
bildung des &#x017F;a&#x0364;chlichen Theils von un&#x017F;erem Pri-<lb/>
vatrechte zuzu&#x017F;chreiben &#x017F;ind. Sollten wir aber<lb/>
den Gewinn un&#x017F;eres De&#x017F;eyns an Bequemlichkeit,<lb/>
Behaglichkeit und kaufma&#x0364;nni&#x017F;cher Zuverla&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeit<lb/>
nicht etwas zu theuer erkauft haben? &#x2014; Mon-<lb/>
tesquieu und Adam Smith hatten nicht erlebt,<lb/>
was <hi rendition="#g">wir</hi> erlebt haben. I&#x017F;t nicht, allen un&#x017F;ern<lb/>
haar&#x017F;charfen Ge&#x017F;etzen u&#x0364;ber das Privat-Eigen-<lb/>
thum zum Trotz, un&#x017F;er Eigenthum jetzt un&#x017F;ich-<lb/>
rer, als jemals? i&#x017F;t nicht, trotz allen un&#x017F;ren<lb/>
Credit-Ge&#x017F;etzen und aller &#x017F;taatswirth&#x017F;chaftlichen<lb/>
Pra&#x0364;ci&#x017F;ion, der Handel im gegenwa&#x0364;rtigen Augen-<lb/>
blick ein un&#x017F;ichres Lotterie&#x017F;piel, wie er es in den<lb/>
Zeiten der Han&#x017F;e, unter fortdauerndem Einflu&#x017F;&#x017F;e<lb/>
des Lehnsrechtes, nie gewe&#x017F;en i&#x017F;t? Man mache<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0091] tions-Rechte das perſoͤnliche und auf dem Grundſatz der Gegenſeitigkeit beruhende Lehns- recht gegenuͤber geſtellt hat. — Die Ordnung und die polizeiliche Sicherheit unſrer Staaten, und das wohlverwahrte, nach gewiſſen unwandelbaren Regeln vertheilte Eigen- thum ſind große und wichtige Verbeſſerungen unſeres Zuſtandes. Ich raͤume ſehr gern ein, daß die außerordentlichen Progreſſen der Induſtrie, der Flor des Handels, und uͤberhaupt die Ver- mehrung, auch die Mannichfaltigkeit des reinen Einkommens großen Theils der gruͤndlichen Aus- bildung des ſaͤchlichen Theils von unſerem Pri- vatrechte zuzuſchreiben ſind. Sollten wir aber den Gewinn unſeres Deſeyns an Bequemlichkeit, Behaglichkeit und kaufmaͤnniſcher Zuverlaͤſſigkeit nicht etwas zu theuer erkauft haben? — Mon- tesquieu und Adam Smith hatten nicht erlebt, was wir erlebt haben. Iſt nicht, allen unſern haarſcharfen Geſetzen uͤber das Privat-Eigen- thum zum Trotz, unſer Eigenthum jetzt unſich- rer, als jemals? iſt nicht, trotz allen unſren Credit-Geſetzen und aller ſtaatswirthſchaftlichen Praͤciſion, der Handel im gegenwaͤrtigen Augen- blick ein unſichres Lotterieſpiel, wie er es in den Zeiten der Hanſe, unter fortdauerndem Einfluſſe des Lehnsrechtes, nie geweſen iſt? Man mache

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/91
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/91>, abgerufen am 25.04.2024.