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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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er habe seine Gesetze von Gott erhalten und
thue alles in dessen Nahmen: diese priesterlichen
Handgriffe hat er in Aegypten gelernt, und sie
waren bei den blinden, furchtsamen Juden auch
gut angebracht; Er selbst war viel zu klug, um
daran zu glauben." --

Ich wiederhole noch einmal: wer dieses Un-
verstandes theilhaftig ist, der wird vom Alter-
thume, von der Staatswissenschaft, vom Wesen
der Gesetze und von aller wahren, menschlichen
Größe nichts begreifen. -- Auch die Griechen,
ihre Kunst und ihre Gesetze, sind Dem ewig ver-
schlossen, der nicht wenigstens ahndet, daß die
Religion ganz in Ernst alle bürgerlichen und
häuslichen Einrichtungen, ja alle Spiele des Le-
bens, durchdringen kann; verschlossen sind sie
Dem, der nicht ahndet, daß die Religion alle
Begriffe und Besitzthümer zu Ideen erhebt, und
ihnen Dauer giebt, wie auch, daß es, in unsren
gegenwärtigen verzweifelten Umständen, nirgends
eine Hülfe geben wird, außer in den Ideen,
oder in der Religion. Treibt nur immer,
Ihr Staatsverbesserer, Euer abgesondertes, hoff-
nungsloses Geschäft so fort; stützt Euch bald
auf den Begriff absoluter Freiheit, bald auf den
Begriff absoluter Unterwerfung: Ihr werdet
nichts bauen, als was Ihr morgen wieder einrei-

er habe ſeine Geſetze von Gott erhalten und
thue alles in deſſen Nahmen: dieſe prieſterlichen
Handgriffe hat er in Aegypten gelernt, und ſie
waren bei den blinden, furchtſamen Juden auch
gut angebracht; Er ſelbſt war viel zu klug, um
daran zu glauben.” —

Ich wiederhole noch einmal: wer dieſes Un-
verſtandes theilhaftig iſt, der wird vom Alter-
thume, von der Staatswiſſenſchaft, vom Weſen
der Geſetze und von aller wahren, menſchlichen
Groͤße nichts begreifen. — Auch die Griechen,
ihre Kunſt und ihre Geſetze, ſind Dem ewig ver-
ſchloſſen, der nicht wenigſtens ahndet, daß die
Religion ganz in Ernſt alle buͤrgerlichen und
haͤuslichen Einrichtungen, ja alle Spiele des Le-
bens, durchdringen kann; verſchloſſen ſind ſie
Dem, der nicht ahndet, daß die Religion alle
Begriffe und Beſitzthuͤmer zu Ideen erhebt, und
ihnen Dauer giebt, wie auch, daß es, in unſren
gegenwaͤrtigen verzweifelten Umſtaͤnden, nirgends
eine Huͤlfe geben wird, außer in den Ideen,
oder in der Religion. Treibt nur immer,
Ihr Staatsverbeſſerer, Euer abgeſondertes, hoff-
nungsloſes Geſchaͤft ſo fort; ſtuͤtzt Euch bald
auf den Begriff abſoluter Freiheit, bald auf den
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nichts bauen, als was Ihr morgen wieder einrei-

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[29/0037] er habe ſeine Geſetze von Gott erhalten und thue alles in deſſen Nahmen: dieſe prieſterlichen Handgriffe hat er in Aegypten gelernt, und ſie waren bei den blinden, furchtſamen Juden auch gut angebracht; Er ſelbſt war viel zu klug, um daran zu glauben.” — Ich wiederhole noch einmal: wer dieſes Un- verſtandes theilhaftig iſt, der wird vom Alter- thume, von der Staatswiſſenſchaft, vom Weſen der Geſetze und von aller wahren, menſchlichen Groͤße nichts begreifen. — Auch die Griechen, ihre Kunſt und ihre Geſetze, ſind Dem ewig ver- ſchloſſen, der nicht wenigſtens ahndet, daß die Religion ganz in Ernſt alle buͤrgerlichen und haͤuslichen Einrichtungen, ja alle Spiele des Le- bens, durchdringen kann; verſchloſſen ſind ſie Dem, der nicht ahndet, daß die Religion alle Begriffe und Beſitzthuͤmer zu Ideen erhebt, und ihnen Dauer giebt, wie auch, daß es, in unſren gegenwaͤrtigen verzweifelten Umſtaͤnden, nirgends eine Huͤlfe geben wird, außer in den Ideen, oder in der Religion. Treibt nur immer, Ihr Staatsverbeſſerer, Euer abgeſondertes, hoff- nungsloſes Geſchaͤft ſo fort; ſtuͤtzt Euch bald auf den Begriff abſoluter Freiheit, bald auf den Begriff abſoluter Unterwerfung: Ihr werdet nichts bauen, als was Ihr morgen wieder einrei-

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/37>, abgerufen am 29.03.2024.