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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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alle wahrhaft großen und nationalen Maßregeln
unmöglich: auf allen Wegen treten ihm nichts-
würdige Römische Begriffe entgegen; er muß
den Staat untergehen lassen, oder das Römische
Eigenthum verletzen, worauf nicht bloß die Stra-
fe des Verlustes seiner Popularität steht, wel-
che von einem nichtswürdigen und sittenlosen
Pöbel noch leicht zu ertragen seyn würde, son-
dern auch die härtere Strafe, den letzten Rest
von Römischem Privat-Credit, der ihn doch auf
den nächsten Monath wenigstens sicher stellt, zu
verlieren. -- So, unter schrecklicher Bedräng-
niß für die Unglücklichen, denen das traurige Ge-
schäft zu Theil geworden ist, einen Haufen Pri-
vatleute in dem Sturme der Weltbegebenhei-
ten bei einander zu erhalten -- denn das heißt
jetzt meisten Theils regieren --, erreicht der Staat
die erste, unterste Stufe seiner Regeneration; er
versinkt in die ganz gewöhnliche Schuldenma-
cherei des gemeinen Lebens, in die Noth Pro-
cente herbei zu schaffen, Termine zu halten und
Einen Tag, wie es gehen will, durch den andern,
Ein Pflaster mit dem andern, zu decken, durch
alle Listen der Welt -- je indirecter, je heimli-
cher, desto besser -- die Privatmänner zahlen
zu lassen, vorausgesetzt, daß nur die Römischen
Rechte und das vermeintliche strenge Privat-

alle wahrhaft großen und nationalen Maßregeln
unmoͤglich: auf allen Wegen treten ihm nichts-
wuͤrdige Roͤmiſche Begriffe entgegen; er muß
den Staat untergehen laſſen, oder das Roͤmiſche
Eigenthum verletzen, worauf nicht bloß die Stra-
fe des Verluſtes ſeiner Popularitaͤt ſteht, wel-
che von einem nichtswuͤrdigen und ſittenloſen
Poͤbel noch leicht zu ertragen ſeyn wuͤrde, ſon-
dern auch die haͤrtere Strafe, den letzten Reſt
von Roͤmiſchem Privat-Credit, der ihn doch auf
den naͤchſten Monath wenigſtens ſicher ſtellt, zu
verlieren. — So, unter ſchrecklicher Bedraͤng-
niß fuͤr die Ungluͤcklichen, denen das traurige Ge-
ſchaͤft zu Theil geworden iſt, einen Haufen Pri-
vatleute in dem Sturme der Weltbegebenhei-
ten bei einander zu erhalten — denn das heißt
jetzt meiſten Theils regieren —, erreicht der Staat
die erſte, unterſte Stufe ſeiner Regeneration; er
verſinkt in die ganz gewoͤhnliche Schuldenma-
cherei des gemeinen Lebens, in die Noth Pro-
cente herbei zu ſchaffen, Termine zu halten und
Einen Tag, wie es gehen will, durch den andern,
Ein Pflaſter mit dem andern, zu decken, durch
alle Liſten der Welt — je indirecter, je heimli-
cher, deſto beſſer — die Privatmaͤnner zahlen
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Rechte und das vermeintliche ſtrenge Privat-

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[359/0367] alle wahrhaft großen und nationalen Maßregeln unmoͤglich: auf allen Wegen treten ihm nichts- wuͤrdige Roͤmiſche Begriffe entgegen; er muß den Staat untergehen laſſen, oder das Roͤmiſche Eigenthum verletzen, worauf nicht bloß die Stra- fe des Verluſtes ſeiner Popularitaͤt ſteht, wel- che von einem nichtswuͤrdigen und ſittenloſen Poͤbel noch leicht zu ertragen ſeyn wuͤrde, ſon- dern auch die haͤrtere Strafe, den letzten Reſt von Roͤmiſchem Privat-Credit, der ihn doch auf den naͤchſten Monath wenigſtens ſicher ſtellt, zu verlieren. — So, unter ſchrecklicher Bedraͤng- niß fuͤr die Ungluͤcklichen, denen das traurige Ge- ſchaͤft zu Theil geworden iſt, einen Haufen Pri- vatleute in dem Sturme der Weltbegebenhei- ten bei einander zu erhalten — denn das heißt jetzt meiſten Theils regieren —, erreicht der Staat die erſte, unterſte Stufe ſeiner Regeneration; er verſinkt in die ganz gewoͤhnliche Schuldenma- cherei des gemeinen Lebens, in die Noth Pro- cente herbei zu ſchaffen, Termine zu halten und Einen Tag, wie es gehen will, durch den andern, Ein Pflaſter mit dem andern, zu decken, durch alle Liſten der Welt — je indirecter, je heimli- cher, deſto beſſer — die Privatmaͤnner zahlen zu laſſen, vorausgeſetzt, daß nur die Roͤmiſchen Rechte und das vermeintliche ſtrenge Privat-

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/367>, abgerufen am 25.04.2024.