Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

mächtiger, als das National- oder patriotische
Interesse derselben, so wäre ein National-Cre-
dit unmöglich; die Regierung desselben Staates
könnte nicht anders als gegen Privat-Bedingun-
gen borgen. Hier ist die entscheidende Stelle, wo
ich von fast allen bisherigen Schriftstellern über den
Credit unbedingt abweichen muß. Das Unglück,
die allgemeine Noth und die immer weiter um sich
greifende Verschuldung der Regierungen vereinigen
sich, die durch meine ganze gegenwärtige Arbeit
hindurch greifende Lehre von der Verschiedenheit
des wahren Privat- und National-Interesse von
den Römischen Privat- und imperatorischen In-
teresse zu bekräftigen. National-Credit ist die
Fähigkeit einer Regierung, im bedürftigen Augen-
blick das National-Capital für ihre Zwecke zu
concentriren und, diesen Zwecken gemäß, zu rea-
lisiren. -- Demnach gehört zum National-Cre-
dit eine hohe Durchdrungenheit, Verschmolzen-
heit und Einheit zwischen der Regierung und der
Nation. Das Privat-Interesse des einzelnen
Bürgers muß sich in jedem Augenblicke zum Na-
tional-Interesse erweitern können; sein besonde-
res Capital muß nur als Glied des National-
Capitals Werth für ihn haben, sein persönli-
cher Credit muß in den National-Credit ver-
schlungen seyn, beide müssen sich gegenseitig ver-

maͤchtiger, als das National- oder patriotiſche
Intereſſe derſelben, ſo waͤre ein National-Cre-
dit unmoͤglich; die Regierung deſſelben Staates
koͤnnte nicht anders als gegen Privat-Bedingun-
gen borgen. Hier iſt die entſcheidende Stelle, wo
ich von faſt allen bisherigen Schriftſtellern uͤber den
Credit unbedingt abweichen muß. Das Ungluͤck,
die allgemeine Noth und die immer weiter um ſich
greifende Verſchuldung der Regierungen vereinigen
ſich, die durch meine ganze gegenwaͤrtige Arbeit
hindurch greifende Lehre von der Verſchiedenheit
des wahren Privat- und National-Intereſſe von
den Roͤmiſchen Privat- und imperatoriſchen In-
tereſſe zu bekraͤftigen. National-Credit iſt die
Faͤhigkeit einer Regierung, im beduͤrftigen Augen-
blick das National-Capital fuͤr ihre Zwecke zu
concentriren und, dieſen Zwecken gemaͤß, zu rea-
liſiren. — Demnach gehoͤrt zum National-Cre-
dit eine hohe Durchdrungenheit, Verſchmolzen-
heit und Einheit zwiſchen der Regierung und der
Nation. Das Privat-Intereſſe des einzelnen
Buͤrgers muß ſich in jedem Augenblicke zum Na-
tional-Intereſſe erweitern koͤnnen; ſein beſonde-
res Capital muß nur als Glied des National-
Capitals Werth fuͤr ihn haben, ſein perſoͤnli-
cher Credit muß in den National-Credit ver-
ſchlungen ſeyn, beide muͤſſen ſich gegenſeitig ver-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0365" n="357"/>
ma&#x0364;chtiger, als das National- oder patrioti&#x017F;che<lb/>
Intere&#x017F;&#x017F;e der&#x017F;elben, &#x017F;o wa&#x0364;re ein National-Cre-<lb/>
dit unmo&#x0364;glich; die Regierung de&#x017F;&#x017F;elben Staates<lb/>
ko&#x0364;nnte nicht anders als gegen Privat-Bedingun-<lb/>
gen borgen. Hier i&#x017F;t die ent&#x017F;cheidende Stelle, wo<lb/>
ich von fa&#x017F;t allen bisherigen Schrift&#x017F;tellern u&#x0364;ber den<lb/>
Credit unbedingt abweichen muß. Das Unglu&#x0364;ck,<lb/>
die allgemeine Noth und die immer weiter um &#x017F;ich<lb/>
greifende Ver&#x017F;chuldung der Regierungen vereinigen<lb/>
&#x017F;ich, die durch meine ganze gegenwa&#x0364;rtige Arbeit<lb/>
hindurch greifende Lehre von der Ver&#x017F;chiedenheit<lb/>
des wahren Privat- und National-Intere&#x017F;&#x017F;e von<lb/>
den Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Privat- und imperatori&#x017F;chen In-<lb/>
tere&#x017F;&#x017F;e zu bekra&#x0364;ftigen. National-Credit i&#x017F;t die<lb/>
Fa&#x0364;higkeit einer Regierung, im bedu&#x0364;rftigen Augen-<lb/>
blick das National-Capital fu&#x0364;r ihre Zwecke zu<lb/>
concentriren und, die&#x017F;en Zwecken gema&#x0364;ß, zu rea-<lb/>
li&#x017F;iren. &#x2014; Demnach geho&#x0364;rt zum National-Cre-<lb/>
dit eine hohe Durchdrungenheit, Ver&#x017F;chmolzen-<lb/>
heit und Einheit zwi&#x017F;chen der Regierung und der<lb/>
Nation. Das Privat-Intere&#x017F;&#x017F;e des einzelnen<lb/>
Bu&#x0364;rgers muß &#x017F;ich in jedem Augenblicke zum Na-<lb/>
tional-Intere&#x017F;&#x017F;e erweitern ko&#x0364;nnen; &#x017F;ein be&#x017F;onde-<lb/>
res Capital muß nur als Glied des National-<lb/>
Capitals Werth fu&#x0364;r ihn haben, &#x017F;ein per&#x017F;o&#x0364;nli-<lb/>
cher Credit muß in den National-Credit ver-<lb/>
&#x017F;chlungen &#x017F;eyn, beide mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich gegen&#x017F;eitig ver-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[357/0365] maͤchtiger, als das National- oder patriotiſche Intereſſe derſelben, ſo waͤre ein National-Cre- dit unmoͤglich; die Regierung deſſelben Staates koͤnnte nicht anders als gegen Privat-Bedingun- gen borgen. Hier iſt die entſcheidende Stelle, wo ich von faſt allen bisherigen Schriftſtellern uͤber den Credit unbedingt abweichen muß. Das Ungluͤck, die allgemeine Noth und die immer weiter um ſich greifende Verſchuldung der Regierungen vereinigen ſich, die durch meine ganze gegenwaͤrtige Arbeit hindurch greifende Lehre von der Verſchiedenheit des wahren Privat- und National-Intereſſe von den Roͤmiſchen Privat- und imperatoriſchen In- tereſſe zu bekraͤftigen. National-Credit iſt die Faͤhigkeit einer Regierung, im beduͤrftigen Augen- blick das National-Capital fuͤr ihre Zwecke zu concentriren und, dieſen Zwecken gemaͤß, zu rea- liſiren. — Demnach gehoͤrt zum National-Cre- dit eine hohe Durchdrungenheit, Verſchmolzen- heit und Einheit zwiſchen der Regierung und der Nation. Das Privat-Intereſſe des einzelnen Buͤrgers muß ſich in jedem Augenblicke zum Na- tional-Intereſſe erweitern koͤnnen; ſein beſonde- res Capital muß nur als Glied des National- Capitals Werth fuͤr ihn haben, ſein perſoͤnli- cher Credit muß in den National-Credit ver- ſchlungen ſeyn, beide muͤſſen ſich gegenſeitig ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/365
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/365>, abgerufen am 19.04.2024.