Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

dient dadurch, daß es auf dem Markte in Geld
verwandelt, oder daß es als Saatkorn angewen-
det wird, zu neuer Erzeugung. Der gesammte
Rindviehbestand eines Landgutes kann entweder
unmittelbar von dem Eigenthümer consumirt,
oder zur Feldarbeit, zur Zucht und zum Ver-
kauf, d. h. mittelbar zur Erzeugung neuer Pro-
ducte, angewendet werden. Jeder Land- oder
Stadtwirth muß unaufhörlich diese doppelte Be-
stimmung seines Erwerbes im Auge haben: er
muß die Gegenwart und die Consumtion, welche
sie fordert, Einerseits, er muß aber auch die
Zukunft, die Erhaltung und also auch die Capi-
talisation seines Erwerbes, beachten. In so fern
Producte oder ihr Werth zu neuer Erzeugung
aufbewahrt oder angewendet werden, nennen wir
sie: Capital.

Capital ist also das Resultat früherer Pro-
duction, welches uns bei der gegenwärtigen Pro-
duction beisteht, und wodurch der Mensch eine
große Masse von Kraft in einen einzelnen Mo-
ment zusammenzudrängen in Stand gesetzt wird.
National-Capital ist demnach die gesammte Ver-
lassenschaft früherer Generationen, oder früherer
Jahre, früherer Tage, die auf den gegenwärti-
gen Augenblick herabkommt und der gegenwär-
tigen Generation eine unendlich größere Pro-

dient dadurch, daß es auf dem Markte in Geld
verwandelt, oder daß es als Saatkorn angewen-
det wird, zu neuer Erzeugung. Der geſammte
Rindviehbeſtand eines Landgutes kann entweder
unmittelbar von dem Eigenthuͤmer conſumirt,
oder zur Feldarbeit, zur Zucht und zum Ver-
kauf, d. h. mittelbar zur Erzeugung neuer Pro-
ducte, angewendet werden. Jeder Land- oder
Stadtwirth muß unaufhoͤrlich dieſe doppelte Be-
ſtimmung ſeines Erwerbes im Auge haben: er
muß die Gegenwart und die Conſumtion, welche
ſie fordert, Einerſeits, er muß aber auch die
Zukunft, die Erhaltung und alſo auch die Capi-
taliſation ſeines Erwerbes, beachten. In ſo fern
Producte oder ihr Werth zu neuer Erzeugung
aufbewahrt oder angewendet werden, nennen wir
ſie: Capital.

Capital iſt alſo das Reſultat fruͤherer Pro-
duction, welches uns bei der gegenwaͤrtigen Pro-
duction beiſteht, und wodurch der Menſch eine
große Maſſe von Kraft in einen einzelnen Mo-
ment zuſammenzudraͤngen in Stand geſetzt wird.
National-Capital iſt demnach die geſammte Ver-
laſſenſchaft fruͤherer Generationen, oder fruͤherer
Jahre, fruͤherer Tage, die auf den gegenwaͤrti-
gen Augenblick herabkommt und der gegenwaͤr-
tigen Generation eine unendlich groͤßere Pro-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0355" n="347"/>
dient dadurch, daß es auf dem Markte in Geld<lb/>
verwandelt, oder daß es als Saatkorn angewen-<lb/>
det wird, zu neuer Erzeugung. Der ge&#x017F;ammte<lb/>
Rindviehbe&#x017F;tand eines Landgutes kann entweder<lb/>
unmittelbar von dem Eigenthu&#x0364;mer con&#x017F;umirt,<lb/>
oder zur Feldarbeit, zur Zucht und zum Ver-<lb/>
kauf, d. h. mittelbar zur Erzeugung neuer Pro-<lb/>
ducte, angewendet werden. Jeder Land- oder<lb/>
Stadtwirth muß unaufho&#x0364;rlich die&#x017F;e doppelte Be-<lb/>
&#x017F;timmung &#x017F;eines Erwerbes im Auge haben: er<lb/>
muß die Gegenwart und die Con&#x017F;umtion, welche<lb/>
&#x017F;ie fordert, Einer&#x017F;eits, er muß aber auch die<lb/>
Zukunft, die Erhaltung und al&#x017F;o auch die Capi-<lb/>
tali&#x017F;ation &#x017F;eines Erwerbes, beachten. In &#x017F;o fern<lb/>
Producte oder ihr Werth zu neuer Erzeugung<lb/>
aufbewahrt oder angewendet werden, nennen wir<lb/>
&#x017F;ie: <hi rendition="#g">Capital</hi>.</p><lb/>
            <p>Capital i&#x017F;t al&#x017F;o das Re&#x017F;ultat fru&#x0364;herer Pro-<lb/>
duction, welches uns bei der gegenwa&#x0364;rtigen Pro-<lb/>
duction bei&#x017F;teht, und wodurch der Men&#x017F;ch eine<lb/>
große Ma&#x017F;&#x017F;e von Kraft in einen einzelnen Mo-<lb/>
ment zu&#x017F;ammenzudra&#x0364;ngen in Stand ge&#x017F;etzt wird.<lb/>
National-Capital i&#x017F;t demnach die ge&#x017F;ammte Ver-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft fru&#x0364;herer Generationen, oder fru&#x0364;herer<lb/>
Jahre, fru&#x0364;herer Tage, die auf den gegenwa&#x0364;rti-<lb/>
gen Augenblick herabkommt und der gegenwa&#x0364;r-<lb/>
tigen Generation eine unendlich gro&#x0364;ßere Pro-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[347/0355] dient dadurch, daß es auf dem Markte in Geld verwandelt, oder daß es als Saatkorn angewen- det wird, zu neuer Erzeugung. Der geſammte Rindviehbeſtand eines Landgutes kann entweder unmittelbar von dem Eigenthuͤmer conſumirt, oder zur Feldarbeit, zur Zucht und zum Ver- kauf, d. h. mittelbar zur Erzeugung neuer Pro- ducte, angewendet werden. Jeder Land- oder Stadtwirth muß unaufhoͤrlich dieſe doppelte Be- ſtimmung ſeines Erwerbes im Auge haben: er muß die Gegenwart und die Conſumtion, welche ſie fordert, Einerſeits, er muß aber auch die Zukunft, die Erhaltung und alſo auch die Capi- taliſation ſeines Erwerbes, beachten. In ſo fern Producte oder ihr Werth zu neuer Erzeugung aufbewahrt oder angewendet werden, nennen wir ſie: Capital. Capital iſt alſo das Reſultat fruͤherer Pro- duction, welches uns bei der gegenwaͤrtigen Pro- duction beiſteht, und wodurch der Menſch eine große Maſſe von Kraft in einen einzelnen Mo- ment zuſammenzudraͤngen in Stand geſetzt wird. National-Capital iſt demnach die geſammte Ver- laſſenſchaft fruͤherer Generationen, oder fruͤherer Jahre, fruͤherer Tage, die auf den gegenwaͤrti- gen Augenblick herabkommt und der gegenwaͤr- tigen Generation eine unendlich groͤßere Pro-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/355
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/355>, abgerufen am 29.03.2024.