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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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daß ihm vom Gelde, wie von allem möglichen
Besitz, nur ein Nießbrauch, eine Art von vor-
übergehendem Lehnseigenthum, zu Theil werden
kann. --

Wenn nun also erst durch die Gesellschaft,
durch ihre Lust und ihr Begehren, das, was
der Einzelne besitzt, wahren Werth bekommt;
wenn z. B. die National-Ernte der Privat-Ernte
auf einem einzelnen Gute, die an und für sich
einen durchaus unbestimmten, nicht zu berech-
nenden Werth hat, erst einen bestimmten und zu
berechnenden Werth giebt; wenn z. B. vor etwa
funfzehn bis zwanzig Jahren ein beträchtliches
Magazin von Schnürleibern, durch die plötzliche
Ungunst der Gesellschaft gegen dergleichen Druck,
zu einem sehr geringen Werthe herabsinken konn-
te; wenn selbst Geld und Getreide und alle Be-
dürfnisse der ersten Nothwendigkeit von jeder
Veränderung in den gesellschaftlichen Verhältnis-
sen abhangen, und im Grunde von Moment zu
Moment den Preis und auch ihren wirklichen
Werth verändern: -- was ist denn also der
sichre und solide Reichthum eines Menschen,
eines Staates, oder überhaupt irgend eines In-
dividuums? --

Daß Vorräthe von Sachen, welche die bei-
den Eigenschaften wahrer Sachen, den Privat-

daß ihm vom Gelde, wie von allem moͤglichen
Beſitz, nur ein Nießbrauch, eine Art von vor-
uͤbergehendem Lehnseigenthum, zu Theil werden
kann. —

Wenn nun alſo erſt durch die Geſellſchaft,
durch ihre Luſt und ihr Begehren, das, was
der Einzelne beſitzt, wahren Werth bekommt;
wenn z. B. die National-Ernte der Privat-Ernte
auf einem einzelnen Gute, die an und fuͤr ſich
einen durchaus unbeſtimmten, nicht zu berech-
nenden Werth hat, erſt einen beſtimmten und zu
berechnenden Werth giebt; wenn z. B. vor etwa
funfzehn bis zwanzig Jahren ein betraͤchtliches
Magazin von Schnuͤrleibern, durch die ploͤtzliche
Ungunſt der Geſellſchaft gegen dergleichen Druck,
zu einem ſehr geringen Werthe herabſinken konn-
te; wenn ſelbſt Geld und Getreide und alle Be-
duͤrfniſſe der erſten Nothwendigkeit von jeder
Veraͤnderung in den geſellſchaftlichen Verhaͤltniſ-
ſen abhangen, und im Grunde von Moment zu
Moment den Preis und auch ihren wirklichen
Werth veraͤndern: — was iſt denn alſo der
ſichre und ſolide Reichthum eines Menſchen,
eines Staates, oder uͤberhaupt irgend eines In-
dividuums? —

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den Eigenſchaften wahrer Sachen, den Privat-

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[186/0194] daß ihm vom Gelde, wie von allem moͤglichen Beſitz, nur ein Nießbrauch, eine Art von vor- uͤbergehendem Lehnseigenthum, zu Theil werden kann. — Wenn nun alſo erſt durch die Geſellſchaft, durch ihre Luſt und ihr Begehren, das, was der Einzelne beſitzt, wahren Werth bekommt; wenn z. B. die National-Ernte der Privat-Ernte auf einem einzelnen Gute, die an und fuͤr ſich einen durchaus unbeſtimmten, nicht zu berech- nenden Werth hat, erſt einen beſtimmten und zu berechnenden Werth giebt; wenn z. B. vor etwa funfzehn bis zwanzig Jahren ein betraͤchtliches Magazin von Schnuͤrleibern, durch die ploͤtzliche Ungunſt der Geſellſchaft gegen dergleichen Druck, zu einem ſehr geringen Werthe herabſinken konn- te; wenn ſelbſt Geld und Getreide und alle Be- duͤrfniſſe der erſten Nothwendigkeit von jeder Veraͤnderung in den geſellſchaftlichen Verhaͤltniſ- ſen abhangen, und im Grunde von Moment zu Moment den Preis und auch ihren wirklichen Werth veraͤndern: — was iſt denn alſo der ſichre und ſolide Reichthum eines Menſchen, eines Staates, oder uͤberhaupt irgend eines In- dividuums? — Daß Vorraͤthe von Sachen, welche die bei- den Eigenſchaften wahrer Sachen, den Privat-

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/194>, abgerufen am 25.04.2024.