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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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niger an's Herz gewachsene, zu elementarischer
Einseitigkeit erstarrte, Rom. Etwas Positives
sollen wir nicht von ihm lernen; denn alle die
Lebens-Elemente, welche wir brauchen, welche wir
organisiren und in Harmonie bringen sollen, lie-
gen in der Geschichte klar und deutlich genug da.
Unter Noth und Entbehrung sollen wir selbstthä-
tig, und um so dauerhafter, die alten Stoffe des
ewigen Bundes der Menschheit beleben und wie-
der herstellen. Das ist die Lehre der Zeit und
ihr Gesetz! --

Der muthige, regsame, schaffende Geist
des Bürgers -- unter unaufhörlichen Schran-
ken eines durch Geburtsrecht auf die Erhaltung
und die Dauer gerichteten zweiten Standes und
einer das ganze öffentliche Leben begeisternden,
alle Begierden, Wünsche und Thätigkeiten an
das Unendliche anknüpfenden Geistlichkeit -- kurz,
so wie ihn das Mittelalter, die bürgerlichen Tha-
ten der Medici und der Fugger, und die noch
heut zu Tage Allen zugänglichen Werke eines
Holbein, Albrecht Dürer und Hans Sachs zei-
gen: das ist der tiers-etat. Er ist es, der das
bunte, reiche aber leicht vergängliche Leben an
der Oberfläche der Erde erzeugt und bewegt, wel-
ches der zweite Stand an das Naturgesetz, an
den Boden der Erde und seine Dauer, und der

niger an’s Herz gewachſene, zu elementariſcher
Einſeitigkeit erſtarrte, Rom. Etwas Poſitives
ſollen wir nicht von ihm lernen; denn alle die
Lebens-Elemente, welche wir brauchen, welche wir
organiſiren und in Harmonie bringen ſollen, lie-
gen in der Geſchichte klar und deutlich genug da.
Unter Noth und Entbehrung ſollen wir ſelbſtthaͤ-
tig, und um ſo dauerhafter, die alten Stoffe des
ewigen Bundes der Menſchheit beleben und wie-
der herſtellen. Das iſt die Lehre der Zeit und
ihr Geſetz! —

Der muthige, regſame, ſchaffende Geiſt
des Buͤrgers — unter unaufhoͤrlichen Schran-
ken eines durch Geburtsrecht auf die Erhaltung
und die Dauer gerichteten zweiten Standes und
einer das ganze oͤffentliche Leben begeiſternden,
alle Begierden, Wuͤnſche und Thaͤtigkeiten an
das Unendliche anknuͤpfenden Geiſtlichkeit — kurz,
ſo wie ihn das Mittelalter, die buͤrgerlichen Tha-
ten der Medici und der Fugger, und die noch
heut zu Tage Allen zugaͤnglichen Werke eines
Holbein, Albrecht Duͤrer und Hans Sachs zei-
gen: das iſt der tiers-état. Er iſt es, der das
bunte, reiche aber leicht vergaͤngliche Leben an
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ches der zweite Stand an das Naturgeſetz, an
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[150/0158] niger an’s Herz gewachſene, zu elementariſcher Einſeitigkeit erſtarrte, Rom. Etwas Poſitives ſollen wir nicht von ihm lernen; denn alle die Lebens-Elemente, welche wir brauchen, welche wir organiſiren und in Harmonie bringen ſollen, lie- gen in der Geſchichte klar und deutlich genug da. Unter Noth und Entbehrung ſollen wir ſelbſtthaͤ- tig, und um ſo dauerhafter, die alten Stoffe des ewigen Bundes der Menſchheit beleben und wie- der herſtellen. Das iſt die Lehre der Zeit und ihr Geſetz! — Der muthige, regſame, ſchaffende Geiſt des Buͤrgers — unter unaufhoͤrlichen Schran- ken eines durch Geburtsrecht auf die Erhaltung und die Dauer gerichteten zweiten Standes und einer das ganze oͤffentliche Leben begeiſternden, alle Begierden, Wuͤnſche und Thaͤtigkeiten an das Unendliche anknuͤpfenden Geiſtlichkeit — kurz, ſo wie ihn das Mittelalter, die buͤrgerlichen Tha- ten der Medici und der Fugger, und die noch heut zu Tage Allen zugaͤnglichen Werke eines Holbein, Albrecht Duͤrer und Hans Sachs zei- gen: das iſt der tiers-état. Er iſt es, der das bunte, reiche aber leicht vergaͤngliche Leben an der Oberflaͤche der Erde erzeugt und bewegt, wel- ches der zweite Stand an das Naturgeſetz, an den Boden der Erde und ſeine Dauer, und der

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/158>, abgerufen am 25.04.2024.