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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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Sachen in England beschaffen sind, unten im
Abschnitte von der Staatswirthschaft.

Ich brauche, wie Sie schon wissen, unauf-
hörlich die Freiheit zur Erzeugung des Ge-
setzes, und zwar nicht eine todte, oder, wie man
sich gewöhnlich ausdrückt, negative, d. h. keine
bloße Nichtsklaverei, oder Nichtabhängig-
keit, sondern eine positive, lebendige, deutlich
gestellte, in ihrem Kreise wirklich herrschende
Freiheit. Das einzelne Gewerk tritt, sich auf
seine Unentbehrlichkeit stützend, in der Zunftver-
fassung gewichtig und persönlich auf: es ist die
Liebe zum Werk, welche die Zunftgenossen, es
ist Liebe zu dem gemeinschaftlichen Werk,
nehmlich der ganzen Städteverfassung, welche
die einzelnen Zünfte unter einander verband.

So wurden die Gewerke selbst große Formen
der wahren positiven Freiheit, in denen sich ein
dem Staate umentbehrliches Geschäft persönlich
und deutlich zu erkennen gab, und welche die
Freiheit des Einzelnen mit der Freiheit des Ge-
meinwesens lebendig vermittelten: Formen, welche
das Gemeinwesen jedem einzelnen Bürger in dem
besonderen Stoffe seiner eigenthümlichen Thätig-
keit noch einmal gesellschaftlich ausprägten und
demnach ein wahrhaft nationales Gesetz, oder die
Idee der Stadt, unaufhörlich erzeugen halfen. --

Sachen in England beſchaffen ſind, unten im
Abſchnitte von der Staatswirthſchaft.

Ich brauche, wie Sie ſchon wiſſen, unauf-
hoͤrlich die Freiheit zur Erzeugung des Ge-
ſetzes, und zwar nicht eine todte, oder, wie man
ſich gewoͤhnlich ausdruͤckt, negative, d. h. keine
bloße Nichtſklaverei, oder Nichtabhaͤngig-
keit, ſondern eine poſitive, lebendige, deutlich
geſtellte, in ihrem Kreiſe wirklich herrſchende
Freiheit. Das einzelne Gewerk tritt, ſich auf
ſeine Unentbehrlichkeit ſtuͤtzend, in der Zunftver-
faſſung gewichtig und perſoͤnlich auf: es iſt die
Liebe zum Werk, welche die Zunftgenoſſen, es
iſt Liebe zu dem gemeinſchaftlichen Werk,
nehmlich der ganzen Staͤdteverfaſſung, welche
die einzelnen Zuͤnfte unter einander verband.

So wurden die Gewerke ſelbſt große Formen
der wahren poſitiven Freiheit, in denen ſich ein
dem Staate umentbehrliches Geſchaͤft perſoͤnlich
und deutlich zu erkennen gab, und welche die
Freiheit des Einzelnen mit der Freiheit des Ge-
meinweſens lebendig vermittelten: Formen, welche
das Gemeinweſen jedem einzelnen Buͤrger in dem
beſonderen Stoffe ſeiner eigenthuͤmlichen Thaͤtig-
keit noch einmal geſellſchaftlich auspraͤgten und
demnach ein wahrhaft nationales Geſetz, oder die
Idee der Stadt, unaufhoͤrlich erzeugen halfen. —

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[143/0151] Sachen in England beſchaffen ſind, unten im Abſchnitte von der Staatswirthſchaft. Ich brauche, wie Sie ſchon wiſſen, unauf- hoͤrlich die Freiheit zur Erzeugung des Ge- ſetzes, und zwar nicht eine todte, oder, wie man ſich gewoͤhnlich ausdruͤckt, negative, d. h. keine bloße Nichtſklaverei, oder Nichtabhaͤngig- keit, ſondern eine poſitive, lebendige, deutlich geſtellte, in ihrem Kreiſe wirklich herrſchende Freiheit. Das einzelne Gewerk tritt, ſich auf ſeine Unentbehrlichkeit ſtuͤtzend, in der Zunftver- faſſung gewichtig und perſoͤnlich auf: es iſt die Liebe zum Werk, welche die Zunftgenoſſen, es iſt Liebe zu dem gemeinſchaftlichen Werk, nehmlich der ganzen Staͤdteverfaſſung, welche die einzelnen Zuͤnfte unter einander verband. So wurden die Gewerke ſelbſt große Formen der wahren poſitiven Freiheit, in denen ſich ein dem Staate umentbehrliches Geſchaͤft perſoͤnlich und deutlich zu erkennen gab, und welche die Freiheit des Einzelnen mit der Freiheit des Ge- meinweſens lebendig vermittelten: Formen, welche das Gemeinweſen jedem einzelnen Buͤrger in dem beſonderen Stoffe ſeiner eigenthuͤmlichen Thaͤtig- keit noch einmal geſellſchaftlich auspraͤgten und demnach ein wahrhaft nationales Geſetz, oder die Idee der Stadt, unaufhoͤrlich erzeugen halfen. —

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/151>, abgerufen am 19.04.2024.