Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

einwerfen, um sowohl dem Volke als dem Su-
verän, um sowohl dem Adel als der Bürger-
schaft -- wie wir das alles im Mittelalter, un-
ter den abscheulichsten Mißbräuchen der geistli-
chen Macht, mit wirklicher Gerechtigkeit haben
ausüben sehen -- beispringen zu können.

Einen solchen vermittelnden, apostolischen
Stand kann es im Staate und zum großen
Heile des Staates geben: ihn zu entbehren,
ist ein unendlicher Verlust, wie wir es alle an den
schroffen und schneidenden Entgegensetzungen und
der inneren Ungelenkigkeit unsrer Staaten sehen.
Die Freimaurerei und vielerlei geheime Verbin-
dungen haben den Zweck gehabt, ihn zu ersetzen,
welches aber nirgends erreicht worden ist; indeß
muß man von der andern Seite gestehen, daß,
wie seine Bestimmung zärtlich und geistig, so
seine, wie aller wahrhaft schönen bürgerlichen
Einrichtungen, wirkliche Existenz den empö-
rendsten Mißbräuchen ausgesetzt ist. -- Die ge-
meine Politik würde diese Alternative für sich
betrachten und die mit dem Daseyn sowohl, als
mit der Abwesenheit eines geistlichen Standes
verknüpften Unbequemlichkeiten herzählen, und
entweder selbst ihr arithmetisches Resultat dar-
aus ziehen, oder es einem künftigen, genauer cal-
culirenden Zeitalter überlassen, die Rechnung ab-

einwerfen, um ſowohl dem Volke als dem Su-
veraͤn, um ſowohl dem Adel als der Buͤrger-
ſchaft — wie wir das alles im Mittelalter, un-
ter den abſcheulichſten Mißbraͤuchen der geiſtli-
chen Macht, mit wirklicher Gerechtigkeit haben
ausuͤben ſehen — beiſpringen zu koͤnnen.

Einen ſolchen vermittelnden, apoſtoliſchen
Stand kann es im Staate und zum großen
Heile des Staates geben: ihn zu entbehren,
iſt ein unendlicher Verluſt, wie wir es alle an den
ſchroffen und ſchneidenden Entgegenſetzungen und
der inneren Ungelenkigkeit unſrer Staaten ſehen.
Die Freimaurerei und vielerlei geheime Verbin-
dungen haben den Zweck gehabt, ihn zu erſetzen,
welches aber nirgends erreicht worden iſt; indeß
muß man von der andern Seite geſtehen, daß,
wie ſeine Beſtimmung zaͤrtlich und geiſtig, ſo
ſeine, wie aller wahrhaft ſchoͤnen buͤrgerlichen
Einrichtungen, wirkliche Exiſtenz den empoͤ-
rendſten Mißbraͤuchen ausgeſetzt iſt. — Die ge-
meine Politik wuͤrde dieſe Alternative fuͤr ſich
betrachten und die mit dem Daſeyn ſowohl, als
mit der Abweſenheit eines geiſtlichen Standes
verknuͤpften Unbequemlichkeiten herzaͤhlen, und
entweder ſelbſt ihr arithmetiſches Reſultat dar-
aus ziehen, oder es einem kuͤnftigen, genauer cal-
culirenden Zeitalter uͤberlaſſen, die Rechnung ab-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0115" n="107"/>
einwerfen, um &#x017F;owohl dem Volke als dem Su-<lb/>
vera&#x0364;n, um &#x017F;owohl dem Adel als der Bu&#x0364;rger-<lb/>
&#x017F;chaft &#x2014; wie wir das alles im Mittelalter, un-<lb/>
ter den ab&#x017F;cheulich&#x017F;ten Mißbra&#x0364;uchen der gei&#x017F;tli-<lb/>
chen Macht, mit wirklicher Gerechtigkeit haben<lb/>
ausu&#x0364;ben &#x017F;ehen &#x2014; bei&#x017F;pringen zu ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
            <p>Einen &#x017F;olchen vermittelnden, apo&#x017F;toli&#x017F;chen<lb/>
Stand kann es im Staate und zum großen<lb/>
Heile des Staates geben: ihn zu <hi rendition="#g">entbehren</hi>,<lb/>
i&#x017F;t ein unendlicher Verlu&#x017F;t, wie wir es alle an den<lb/>
&#x017F;chroffen und &#x017F;chneidenden Entgegen&#x017F;etzungen und<lb/>
der inneren Ungelenkigkeit un&#x017F;rer Staaten &#x017F;ehen.<lb/>
Die Freimaurerei und vielerlei geheime Verbin-<lb/>
dungen haben den Zweck gehabt, ihn zu er&#x017F;etzen,<lb/>
welches aber nirgends erreicht worden i&#x017F;t; indeß<lb/>
muß man von der andern Seite ge&#x017F;tehen, daß,<lb/>
wie &#x017F;eine Be&#x017F;timmung za&#x0364;rtlich und gei&#x017F;tig, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;eine, wie aller wahrhaft &#x017F;cho&#x0364;nen bu&#x0364;rgerlichen<lb/>
Einrichtungen, <hi rendition="#g">wirkliche Exi&#x017F;tenz</hi> den empo&#x0364;-<lb/>
rend&#x017F;ten Mißbra&#x0364;uchen ausge&#x017F;etzt i&#x017F;t. &#x2014; Die ge-<lb/>
meine Politik wu&#x0364;rde die&#x017F;e Alternative fu&#x0364;r &#x017F;ich<lb/>
betrachten und die mit dem Da&#x017F;eyn &#x017F;owohl, als<lb/>
mit der Abwe&#x017F;enheit eines gei&#x017F;tlichen Standes<lb/>
verknu&#x0364;pften Unbequemlichkeiten herza&#x0364;hlen, und<lb/>
entweder &#x017F;elb&#x017F;t ihr arithmeti&#x017F;ches Re&#x017F;ultat dar-<lb/>
aus ziehen, oder es einem ku&#x0364;nftigen, genauer cal-<lb/>
culirenden Zeitalter u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en, die Rechnung ab-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[107/0115] einwerfen, um ſowohl dem Volke als dem Su- veraͤn, um ſowohl dem Adel als der Buͤrger- ſchaft — wie wir das alles im Mittelalter, un- ter den abſcheulichſten Mißbraͤuchen der geiſtli- chen Macht, mit wirklicher Gerechtigkeit haben ausuͤben ſehen — beiſpringen zu koͤnnen. Einen ſolchen vermittelnden, apoſtoliſchen Stand kann es im Staate und zum großen Heile des Staates geben: ihn zu entbehren, iſt ein unendlicher Verluſt, wie wir es alle an den ſchroffen und ſchneidenden Entgegenſetzungen und der inneren Ungelenkigkeit unſrer Staaten ſehen. Die Freimaurerei und vielerlei geheime Verbin- dungen haben den Zweck gehabt, ihn zu erſetzen, welches aber nirgends erreicht worden iſt; indeß muß man von der andern Seite geſtehen, daß, wie ſeine Beſtimmung zaͤrtlich und geiſtig, ſo ſeine, wie aller wahrhaft ſchoͤnen buͤrgerlichen Einrichtungen, wirkliche Exiſtenz den empoͤ- rendſten Mißbraͤuchen ausgeſetzt iſt. — Die ge- meine Politik wuͤrde dieſe Alternative fuͤr ſich betrachten und die mit dem Daſeyn ſowohl, als mit der Abweſenheit eines geiſtlichen Standes verknuͤpften Unbequemlichkeiten herzaͤhlen, und entweder ſelbſt ihr arithmetiſches Reſultat dar- aus ziehen, oder es einem kuͤnftigen, genauer cal- culirenden Zeitalter uͤberlaſſen, die Rechnung ab-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/115
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/115>, abgerufen am 23.04.2024.