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Müller, Johannes: Über die phantastischen Gesichtserscheinungen. Koblenz, 1826.

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genannte Licht kann also wirken auf was immer eine Art,
wenn es nur reizen kann, werden diese Reize dem Auge
leuchtend seyn, und die Natur dieser Reize, die Natur
des Aeußern ist dem Auge ein völlig Gleichgültiges. Seine
Lebensäusserungen sind nur an die Bewegungen des Aeuße-
ren als an die Bewegungen der reizenden Lebensbedingung
gebunden. Das Licht ist also Sinnesenergie und das äu-
ßere Elementarische könnte dann nur selbst leuchten, wenn
es wie die Sehsinnsubstanz die subjective Affection als
Selbstleuchten empfände.

12.

In der neuern Zeit hat die Platonische Ansicht
nach den Fortschritten in der chemischen Erkenntniß
einige Veränderungen erlitten. Man hat das Platonische
Augenlicht, von dem Platon selbst sagt, daß es ein mildes
nicht brennendes und nicht verzehrendes Licht sey, in einen
leuchtenden Phosphor des Auges verwandelt, wodurch die Sa-
che nicht besser geworden ist. Nie entwickelt das Auge äußeres
Licht, sein Licht ist nur subjectiv, und die Berufungen auf
das Leuchten der Thieraugen sind ganz unstatthaft. Schon
Gruithuisen hat (in den Beiträgen zur Physiognosie
und Cautognosie. 1812 S. 199) bewiesen, daß das Licht
der Katzenaugen immer ein reflectirtes ist, was in unserm
Auge erst wie alles Spiegellicht zum Leuchten kommt. Daß
dem so sey, habe ich mich auf das Bestimmteste überzeugt.
Auch die todten Katzenaugen leuchten, wenn sie Licht re-
flectiren, und ebenso lebhaft als während dem Leben, aber
nur unter der Bedingung, daß ein anderes elementarisches
Licht, aus den Augen als durch Spiegel reflectirt, auf un-
sern Sehsinn verpflanzt als subjectives Licht erscheint.


genannte Licht kann alſo wirken auf was immer eine Art,
wenn es nur reizen kann, werden dieſe Reize dem Auge
leuchtend ſeyn, und die Natur dieſer Reize, die Natur
des Aeußern iſt dem Auge ein voͤllig Gleichguͤltiges. Seine
Lebensaͤuſſerungen ſind nur an die Bewegungen des Aeuße-
ren als an die Bewegungen der reizenden Lebensbedingung
gebunden. Das Licht iſt alſo Sinnesenergie und das aͤu-
ßere Elementariſche koͤnnte dann nur ſelbſt leuchten, wenn
es wie die Sehſinnſubſtanz die ſubjective Affection als
Selbſtleuchten empfaͤnde.

12.

In der neuern Zeit hat die Platoniſche Anſicht
nach den Fortſchritten in der chemiſchen Erkenntniß
einige Veraͤnderungen erlitten. Man hat das Platoniſche
Augenlicht, von dem Platon ſelbſt ſagt, daß es ein mildes
nicht brennendes und nicht verzehrendes Licht ſey, in einen
leuchtenden Phosphor des Auges verwandelt, wodurch die Sa-
che nicht beſſer geworden iſt. Nie entwickelt das Auge aͤußeres
Licht, ſein Licht iſt nur ſubjectiv, und die Berufungen auf
das Leuchten der Thieraugen ſind ganz unſtatthaft. Schon
Gruithuiſen hat (in den Beitraͤgen zur Phyſiognoſie
und Cautognoſie. 1812 S. 199) bewieſen, daß das Licht
der Katzenaugen immer ein reflectirtes iſt, was in unſerm
Auge erſt wie alles Spiegellicht zum Leuchten kommt. Daß
dem ſo ſey, habe ich mich auf das Beſtimmteſte uͤberzeugt.
Auch die todten Katzenaugen leuchten, wenn ſie Licht re-
flectiren, und ebenſo lebhaft als waͤhrend dem Leben, aber
nur unter der Bedingung, daß ein anderes elementariſches
Licht, aus den Augen als durch Spiegel reflectirt, auf un-
ſern Sehſinn verpflanzt als ſubjectives Licht erſcheint.


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[9/0025] genannte Licht kann alſo wirken auf was immer eine Art, wenn es nur reizen kann, werden dieſe Reize dem Auge leuchtend ſeyn, und die Natur dieſer Reize, die Natur des Aeußern iſt dem Auge ein voͤllig Gleichguͤltiges. Seine Lebensaͤuſſerungen ſind nur an die Bewegungen des Aeuße- ren als an die Bewegungen der reizenden Lebensbedingung gebunden. Das Licht iſt alſo Sinnesenergie und das aͤu- ßere Elementariſche koͤnnte dann nur ſelbſt leuchten, wenn es wie die Sehſinnſubſtanz die ſubjective Affection als Selbſtleuchten empfaͤnde. 12. In der neuern Zeit hat die Platoniſche Anſicht nach den Fortſchritten in der chemiſchen Erkenntniß einige Veraͤnderungen erlitten. Man hat das Platoniſche Augenlicht, von dem Platon ſelbſt ſagt, daß es ein mildes nicht brennendes und nicht verzehrendes Licht ſey, in einen leuchtenden Phosphor des Auges verwandelt, wodurch die Sa- che nicht beſſer geworden iſt. Nie entwickelt das Auge aͤußeres Licht, ſein Licht iſt nur ſubjectiv, und die Berufungen auf das Leuchten der Thieraugen ſind ganz unſtatthaft. Schon Gruithuiſen hat (in den Beitraͤgen zur Phyſiognoſie und Cautognoſie. 1812 S. 199) bewieſen, daß das Licht der Katzenaugen immer ein reflectirtes iſt, was in unſerm Auge erſt wie alles Spiegellicht zum Leuchten kommt. Daß dem ſo ſey, habe ich mich auf das Beſtimmteſte uͤberzeugt. Auch die todten Katzenaugen leuchten, wenn ſie Licht re- flectiren, und ebenſo lebhaft als waͤhrend dem Leben, aber nur unter der Bedingung, daß ein anderes elementariſches Licht, aus den Augen als durch Spiegel reflectirt, auf un- ſern Sehſinn verpflanzt als ſubjectives Licht erſcheint.

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Zitationshilfe: Müller, Johannes: Über die phantastischen Gesichtserscheinungen. Koblenz, 1826, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_gesichtserscheinungen_1826/25>, abgerufen am 28.03.2024.