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Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816.

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oder durch eine bloße Verminderung des Ueberfließenden nicht
abgeholfen werden könne.

Es kann Gefahr beym Verzuge seyn, eine Verminderung,
eine Reduction nothwendig, nachdem eine plötzliche und will-
kührliche Vermehrung vorgenommen: aber der wahre Arzt
weiß, daß diese Aderläße mit der eigentlichen Cur, welche
die innerliche Organisation ergreifen muß, nichts zu thun
haben.

Wo zu viel Geldzeichen vorhanden sind, da sind auch
sicherlich zu gleicher Zeit wieder zu wenig, eben so, wie, wo
zu viel Blut auch wieder Mangel des Bluts: das zu Viel
und zu Wenig deutet auf Häufungen in einzelnen Organen,
und auf Stockungen in Andern. Obgleich nun plötzliche und
willkührliche Creationen solcher Geldzeichen, diejenigen Ge-
werbe, Stände und Organe, welche mit der Geldwirthschaft
unmittelbar zu thun haben, zu überhäufen, die andern hin-
gegen, welche nur mittelbar auf den Erwerb des Geldes ge-
stellt sind, in relativen Mangel zu versetzen streben, und
demnach beyderley Organe in ihrer Einseitigkeit und Kränk-
lichkeit zu bestärken dienen, so darf man dennoch nie hoffen,
durch die bloße Einziehung der Geldzeichen diese organischen
Fehler wieder zu heben: das verwöhnte und von der Har-
monie des Ganzen abtrünnige Organ wird sich, so lange der
Arzt nicht in die inneren Verhältnisse eingreift, so lange er
nicht Art und Richtung dieser schädlichen Function zu
verbessern weiß, im Ueberfluß zu erhalten wissen.

Gesetzt ein Papier habe für eine Zeitlang das Metall wirk-
lich repräsentirt und ergänzt, darauf sey es durch unnatürliche

oder durch eine bloße Verminderung des Ueberfließenden nicht
abgeholfen werden koͤnne.

Es kann Gefahr beym Verzuge ſeyn, eine Verminderung,
eine Reduction nothwendig, nachdem eine ploͤtzliche und will-
kuͤhrliche Vermehrung vorgenommen: aber der wahre Arzt
weiß, daß dieſe Aderlaͤße mit der eigentlichen Cur, welche
die innerliche Organiſation ergreifen muß, nichts zu thun
haben.

Wo zu viel Geldzeichen vorhanden ſind, da ſind auch
ſicherlich zu gleicher Zeit wieder zu wenig, eben ſo, wie, wo
zu viel Blut auch wieder Mangel des Bluts: das zu Viel
und zu Wenig deutet auf Haͤufungen in einzelnen Organen,
und auf Stockungen in Andern. Obgleich nun ploͤtzliche und
willkuͤhrliche Creationen ſolcher Geldzeichen, diejenigen Ge-
werbe, Staͤnde und Organe, welche mit der Geldwirthſchaft
unmittelbar zu thun haben, zu uͤberhaͤufen, die andern hin-
gegen, welche nur mittelbar auf den Erwerb des Geldes ge-
ſtellt ſind, in relativen Mangel zu verſetzen ſtreben, und
demnach beyderley Organe in ihrer Einſeitigkeit und Kraͤnk-
lichkeit zu beſtaͤrken dienen, ſo darf man dennoch nie hoffen,
durch die bloße Einziehung der Geldzeichen dieſe organiſchen
Fehler wieder zu heben: das verwoͤhnte und von der Har-
monie des Ganzen abtruͤnnige Organ wird ſich, ſo lange der
Arzt nicht in die inneren Verhaͤltniſſe eingreift, ſo lange er
nicht Art und Richtung dieſer ſchaͤdlichen Function zu
verbeſſern weiß, im Ueberfluß zu erhalten wiſſen.

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lich repraͤſentirt und ergaͤnzt, darauf ſey es durch unnatuͤrliche

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[295/0309] oder durch eine bloße Verminderung des Ueberfließenden nicht abgeholfen werden koͤnne. Es kann Gefahr beym Verzuge ſeyn, eine Verminderung, eine Reduction nothwendig, nachdem eine ploͤtzliche und will- kuͤhrliche Vermehrung vorgenommen: aber der wahre Arzt weiß, daß dieſe Aderlaͤße mit der eigentlichen Cur, welche die innerliche Organiſation ergreifen muß, nichts zu thun haben. Wo zu viel Geldzeichen vorhanden ſind, da ſind auch ſicherlich zu gleicher Zeit wieder zu wenig, eben ſo, wie, wo zu viel Blut auch wieder Mangel des Bluts: das zu Viel und zu Wenig deutet auf Haͤufungen in einzelnen Organen, und auf Stockungen in Andern. Obgleich nun ploͤtzliche und willkuͤhrliche Creationen ſolcher Geldzeichen, diejenigen Ge- werbe, Staͤnde und Organe, welche mit der Geldwirthſchaft unmittelbar zu thun haben, zu uͤberhaͤufen, die andern hin- gegen, welche nur mittelbar auf den Erwerb des Geldes ge- ſtellt ſind, in relativen Mangel zu verſetzen ſtreben, und demnach beyderley Organe in ihrer Einſeitigkeit und Kraͤnk- lichkeit zu beſtaͤrken dienen, ſo darf man dennoch nie hoffen, durch die bloße Einziehung der Geldzeichen dieſe organiſchen Fehler wieder zu heben: das verwoͤhnte und von der Har- monie des Ganzen abtruͤnnige Organ wird ſich, ſo lange der Arzt nicht in die inneren Verhaͤltniſſe eingreift, ſo lange er nicht Art und Richtung dieſer ſchaͤdlichen Function zu verbeſſern weiß, im Ueberfluß zu erhalten wiſſen. Geſetzt ein Papier habe fuͤr eine Zeitlang das Metall wirk- lich repraͤſentirt und ergaͤnzt, darauf ſey es durch unnatuͤrliche

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/309>, abgerufen am 19.04.2024.