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Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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und schickte sich an, aus der Stube zu gehen, deren Schlüssel er schon lange in der Hand geschwungen hatte. Der Marquis, ohne sich zu übereilen oder aus seiner gutmüthigen Laune zu fallen, stand vom Sopha auf und klopfte dem jungen Mann auf die Schulter. Nächsten Donnerstag reisen wir, Herr Doctor! Diese Worte, von dem Alten mit einer gewissen prophetischen Bedeutsamkeit ausgesprochen, machten den Jüngling betroffen, und er fühlte sich von ihnen nicht wie bisher unangenehm bedrängt. Er verstummte, und der Marquis fuhr fort: Und wenn Sie auch nichts wollen zu treiben haben mit meinem alten bösen Husten, ich nehme Sie doch mit mir als meinen Hippokrates, und was Sie nicht bewirken, das wird bewirken das weiche Klima und die heiße Atmosphäre. Sehn Sie, und wenn ich alsdann ohne Husten, aber mit Ihnen, zurückkomme nach Berlin, so gehe ich in die Conferenz, wo alle die großen Herren Professoren sitzen beisammen, und spreche zu ihnen: Da bin ich curirt von dem Herrn Doctor Arthur Lerchenfels! Da werden die Herren machen große Augen und kleine Nasen und werden Ihnen abstatten ihre Reverenz. Und damit, mein Lieber, haben Sie gemacht Ihren großen praktischen Cursus zu der Habilitation.

Arthur, von dem leisen Anfluge eines halb dankbaren, halb mitleidigen Wohlwollens berührt und einen Stich der Reue über sein grobes Betragen gegen den Marquis empfindend, faßte den Arm desselben, sobald

und schickte sich an, aus der Stube zu gehen, deren Schlüssel er schon lange in der Hand geschwungen hatte. Der Marquis, ohne sich zu übereilen oder aus seiner gutmüthigen Laune zu fallen, stand vom Sopha auf und klopfte dem jungen Mann auf die Schulter. Nächsten Donnerstag reisen wir, Herr Doctor! Diese Worte, von dem Alten mit einer gewissen prophetischen Bedeutsamkeit ausgesprochen, machten den Jüngling betroffen, und er fühlte sich von ihnen nicht wie bisher unangenehm bedrängt. Er verstummte, und der Marquis fuhr fort: Und wenn Sie auch nichts wollen zu treiben haben mit meinem alten bösen Husten, ich nehme Sie doch mit mir als meinen Hippokrates, und was Sie nicht bewirken, das wird bewirken das weiche Klima und die heiße Atmosphäre. Sehn Sie, und wenn ich alsdann ohne Husten, aber mit Ihnen, zurückkomme nach Berlin, so gehe ich in die Conferenz, wo alle die großen Herren Professoren sitzen beisammen, und spreche zu ihnen: Da bin ich curirt von dem Herrn Doctor Arthur Lerchenfels! Da werden die Herren machen große Augen und kleine Nasen und werden Ihnen abstatten ihre Reverenz. Und damit, mein Lieber, haben Sie gemacht Ihren großen praktischen Cursus zu der Habilitation.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T15:21:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T15:21:38Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910/14>, abgerufen am 20.04.2024.