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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.

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wo er bei dem Pastor M. . . sollte vorgelassen
werden. --

Allein während der Zeit ereignete sich für ihn
ein höchstverdrießlicher Umstand. -- Sein Vater
hatte von seinem Zustande gehört und war nach
H. . . herübergekommen, um Fürbitte für ihn ein¬
zulegen, welches Reisern deswegen höchstunan¬
genehm war, weil er keiner fremden Fürsprache
zu bedürfen glaubte, sondern sich selbst schon für
fähig genug hielt, durch seine affektvolle Anrede,
die er sich erlernt hatte, das Herz des Pastor
M. . . zu rühren. --

Endlich erwachte er zu dem wichtigen Tage,
wo er den Pastor M. . . sprechen sollte und
seine Phantasie ging nun mit lauter großen Din¬
gen schwanger, -- wie er voll Reue und Ver¬
zweiflung sich dem Pastor M... zu Füßen wer¬
fen, -- und dieser ihn dann gerührt aufheben, --
und ihm verzeihen würde. --

Und da er nun endlich in das Haus des Pa¬
stor M. . . kam, und sich diesem so lange vorbe¬
reiteten Auftritte mit schauervoller Sehnsucht
näherte; indem er draußen wartete, bis man
ihn hereinrufen würde, kam endlich der Bediente

wo er bei dem Paſtor M. . . ſollte vorgelaſſen
werden. —

Allein waͤhrend der Zeit ereignete ſich fuͤr ihn
ein hoͤchſtverdrießlicher Umſtand. — Sein Vater
hatte von ſeinem Zuſtande gehoͤrt und war nach
H. . . heruͤbergekommen, um Fuͤrbitte fuͤr ihn ein¬
zulegen, welches Reiſern deswegen hoͤchſtunan¬
genehm war, weil er keiner fremden Fuͤrſprache
zu beduͤrfen glaubte, ſondern ſich ſelbſt ſchon fuͤr
faͤhig genug hielt, durch ſeine affektvolle Anrede,
die er ſich erlernt hatte, das Herz des Paſtor
M. . . zu ruͤhren. —

Endlich erwachte er zu dem wichtigen Tage,
wo er den Paſtor M. . . ſprechen ſollte und
ſeine Phantaſie ging nun mit lauter großen Din¬
gen ſchwanger, — wie er voll Reue und Ver¬
zweiflung ſich dem Paſtor M... zu Fuͤßen wer¬
fen, — und dieſer ihn dann geruͤhrt aufheben, —
und ihm verzeihen wuͤrde. —

Und da er nun endlich in das Haus des Pa¬
ſtor M. . . kam, und ſich dieſem ſo lange vorbe¬
reiteten Auftritte mit ſchauervoller Sehnſucht
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[4/0014] wo er bei dem Paſtor M. . . ſollte vorgelaſſen werden. — Allein waͤhrend der Zeit ereignete ſich fuͤr ihn ein hoͤchſtverdrießlicher Umſtand. — Sein Vater hatte von ſeinem Zuſtande gehoͤrt und war nach H. . . heruͤbergekommen, um Fuͤrbitte fuͤr ihn ein¬ zulegen, welches Reiſern deswegen hoͤchſtunan¬ genehm war, weil er keiner fremden Fuͤrſprache zu beduͤrfen glaubte, ſondern ſich ſelbſt ſchon fuͤr faͤhig genug hielt, durch ſeine affektvolle Anrede, die er ſich erlernt hatte, das Herz des Paſtor M. . . zu ruͤhren. — Endlich erwachte er zu dem wichtigen Tage, wo er den Paſtor M. . . ſprechen ſollte und ſeine Phantaſie ging nun mit lauter großen Din¬ gen ſchwanger, — wie er voll Reue und Ver¬ zweiflung ſich dem Paſtor M... zu Fuͤßen wer¬ fen, — und dieſer ihn dann geruͤhrt aufheben, — und ihm verzeihen wuͤrde. — Und da er nun endlich in das Haus des Pa¬ ſtor M. . . kam, und ſich dieſem ſo lange vorbe¬ reiteten Auftritte mit ſchauervoller Sehnſucht naͤherte; indem er draußen wartete, bis man ihn hereinrufen wuͤrde, kam endlich der Bediente

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/14>, abgerufen am 28.03.2024.