Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

Er wiegte sich oft so sehr in die süßen Empfin¬
dungen von dem Schutz eines höhern Wesens
ein, daß er Regen, und Frost und Schnee ver¬
gaß, und sich in der ihn umgebenden Luft, wie
in einen Bette sanft zu ruhen schien.

Allein von außen her schien sich alles zu ver¬
einigen, um ihn zu demüthigen, und nieder¬
zubeugen.

Da es Sommer wurde verreißte der Rek¬
tor auf einige Wochen, und er blieb nun wäh¬
rend der Zeit allein in dessen Hause zurück, wo
er die Zeit zu Hause ziemlich vergnügt zubrachte,
indem er sich aus der Bibliothek des Rektors
einiger Bücher zum Lesen bediente, und unter an¬
dern auf Moses Mendelsohns Schriften, und
die Litteraturbriefe verfiel, woraus er sich damals
zuerst Exzerhte machte. --

Insbesondre zog er sich alles aus, was das
Theater angieng, denn diese Idee war jetzt
schon die herschende in seinem Kopfe, und gleich¬
sam schon der Keim zu allen seinen künftigen
Wiederwärtigkeiten.

Durch das Deklamieren in Sekunda war sie
zuerst lebhaft in ihm erwacht, und hatte die

Er wiegte ſich oft ſo ſehr in die ſuͤßen Empfin¬
dungen von dem Schutz eines hoͤhern Weſens
ein, daß er Regen, und Froſt und Schnee ver¬
gaß, und ſich in der ihn umgebenden Luft, wie
in einen Bette ſanft zu ruhen ſchien.

Allein von außen her ſchien ſich alles zu ver¬
einigen, um ihn zu demuͤthigen, und nieder¬
zubeugen.

Da es Sommer wurde verreißte der Rek¬
tor auf einige Wochen, und er blieb nun waͤh¬
rend der Zeit allein in deſſen Hauſe zuruͤck, wo
er die Zeit zu Hauſe ziemlich vergnuͤgt zubrachte,
indem er ſich aus der Bibliothek des Rektors
einiger Buͤcher zum Leſen bediente, und unter an¬
dern auf Moſes Mendelſohns Schriften, und
die Litteraturbriefe verfiel, woraus er ſich damals
zuerſt Exzerhte machte. —

Insbeſondre zog er ſich alles aus, was das
Theater angieng, denn dieſe Idee war jetzt
ſchon die herſchende in ſeinem Kopfe, und gleich¬
ſam ſchon der Keim zu allen ſeinen kuͤnftigen
Wiederwaͤrtigkeiten.

Durch das Deklamieren in Sekunda war ſie
zuerſt lebhaft in ihm erwacht, und hatte die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0132" n="122"/>
      <p>Er wiegte &#x017F;ich oft &#x017F;o &#x017F;ehr in die &#x017F;u&#x0364;ßen Empfin¬<lb/>
dungen von dem Schutz eines ho&#x0364;hern We&#x017F;ens<lb/>
ein, daß er Regen, und Fro&#x017F;t und Schnee ver¬<lb/>
gaß, und &#x017F;ich in der ihn umgebenden Luft, wie<lb/>
in einen Bette &#x017F;anft zu ruhen &#x017F;chien.</p><lb/>
      <p>Allein von außen her &#x017F;chien &#x017F;ich alles zu ver¬<lb/>
einigen, um ihn zu demu&#x0364;thigen, und nieder¬<lb/>
zubeugen.</p><lb/>
      <p>Da es Sommer wurde verreißte der Rek¬<lb/>
tor auf einige Wochen, und er blieb nun wa&#x0364;<lb/>
rend der Zeit allein in de&#x017F;&#x017F;en Hau&#x017F;e zuru&#x0364;ck, wo<lb/>
er die Zeit zu Hau&#x017F;e ziemlich vergnu&#x0364;gt zubrachte,<lb/>
indem er &#x017F;ich aus der Bibliothek des Rektors<lb/>
einiger Bu&#x0364;cher zum Le&#x017F;en bediente, und unter an¬<lb/>
dern auf Mo&#x017F;es Mendel&#x017F;ohns Schriften, und<lb/>
die Litteraturbriefe verfiel, woraus er &#x017F;ich damals<lb/>
zuer&#x017F;t Exzerhte machte. &#x2014;</p><lb/>
      <p>Insbe&#x017F;ondre zog er &#x017F;ich alles aus, was das<lb/><hi rendition="#fr">Theater</hi> angieng, denn die&#x017F;e Idee war jetzt<lb/>
&#x017F;chon die her&#x017F;chende in &#x017F;einem Kopfe, und gleich¬<lb/>
&#x017F;am &#x017F;chon der Keim zu allen &#x017F;einen ku&#x0364;nftigen<lb/>
Wiederwa&#x0364;rtigkeiten.</p><lb/>
      <p>Durch das Deklamieren in Sekunda war &#x017F;ie<lb/>
zuer&#x017F;t lebhaft in ihm erwacht, und hatte die<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0132] Er wiegte ſich oft ſo ſehr in die ſuͤßen Empfin¬ dungen von dem Schutz eines hoͤhern Weſens ein, daß er Regen, und Froſt und Schnee ver¬ gaß, und ſich in der ihn umgebenden Luft, wie in einen Bette ſanft zu ruhen ſchien. Allein von außen her ſchien ſich alles zu ver¬ einigen, um ihn zu demuͤthigen, und nieder¬ zubeugen. Da es Sommer wurde verreißte der Rek¬ tor auf einige Wochen, und er blieb nun waͤh¬ rend der Zeit allein in deſſen Hauſe zuruͤck, wo er die Zeit zu Hauſe ziemlich vergnuͤgt zubrachte, indem er ſich aus der Bibliothek des Rektors einiger Buͤcher zum Leſen bediente, und unter an¬ dern auf Moſes Mendelſohns Schriften, und die Litteraturbriefe verfiel, woraus er ſich damals zuerſt Exzerhte machte. — Insbeſondre zog er ſich alles aus, was das Theater angieng, denn dieſe Idee war jetzt ſchon die herſchende in ſeinem Kopfe, und gleich¬ ſam ſchon der Keim zu allen ſeinen kuͤnftigen Wiederwaͤrtigkeiten. Durch das Deklamieren in Sekunda war ſie zuerſt lebhaft in ihm erwacht, und hatte die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/132
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/132>, abgerufen am 28.03.2024.