Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

keiten der Glieder? und hat daher der Zustand des innern Menschen auch gemäßen Ausdruck in dem Aeußern seines Handelns -- dem Bewegen seiner Hände, Finger u.s.w.? --
4) Jst es daher möglich, charakteristische Handschriften zu denken und durch Erfahrung in denselben Charakterzeichnungen des Menschen zu bestätigen? --

Keine Hypothese über die Struktur der Nerven scheint mir zur Erklärung der so mannichfaltigen Erscheinungen des Empfindens so zureichend und dem Hinschweben der geistigen Schönheit so angemessen zu seyn, als der Nervengeist, der den Nerven durchströmt -- das feinste, unzerstörbarste der Materie, das sich nach dem Hinsinken der äußern gröbern organischen Hülle wahrscheinlich zu einem neuen feinern Medium zwischen Welt und Geist entwickelt. So lange Aufeinanderfolge und Nebeneinanderseyn die Denkgesetze jeder Geisterart bleiben, so lange der menschliche Geist sich nicht selbst zu der höchsten einzigen letzten Vollendung hinschwingt, so lange muß ein Organ da seyn, welches die möglichen Tonbestimmungen, möglichen Anreiz und Anschlag der geistigen Empfindung und Thätigkeit in sich trägt, und alle die möglichen Zeitmodifikazionen und Ausdehnungsformen, die sich in jene auflösen, nachzubilden fähig ist. Es kann für das geistige Wesen nicht gleichgültig seyn, wie das


keiten der Glieder? und hat daher der Zustand des innern Menschen auch gemaͤßen Ausdruck in dem Aeußern seines Handelns — dem Bewegen seiner Haͤnde, Finger u.s.w.? —
4) Jst es daher moͤglich, charakteristische Handschriften zu denken und durch Erfahrung in denselben Charakterzeichnungen des Menschen zu bestaͤtigen? —

Keine Hypothese uͤber die Struktur der Nerven scheint mir zur Erklaͤrung der so mannichfaltigen Erscheinungen des Empfindens so zureichend und dem Hinschweben der geistigen Schoͤnheit so angemessen zu seyn, als der Nervengeist, der den Nerven durchstroͤmt — das feinste, unzerstoͤrbarste der Materie, das sich nach dem Hinsinken der aͤußern groͤbern organischen Huͤlle wahrscheinlich zu einem neuen feinern Medium zwischen Welt und Geist entwickelt. So lange Aufeinanderfolge und Nebeneinanderseyn die Denkgesetze jeder Geisterart bleiben, so lange der menschliche Geist sich nicht selbst zu der hoͤchsten einzigen letzten Vollendung hinschwingt, so lange muß ein Organ da seyn, welches die moͤglichen Tonbestimmungen, moͤglichen Anreiz und Anschlag der geistigen Empfindung und Thaͤtigkeit in sich traͤgt, und alle die moͤglichen Zeitmodifikazionen und Ausdehnungsformen, die sich in jene aufloͤsen, nachzubilden faͤhig ist. Es kann fuͤr das geistige Wesen nicht gleichguͤltig seyn, wie das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <list>
              <item><pb facs="#f0038" n="38"/><lb/>
keiten der Glieder? und hat daher der Zustand des innern Menschen auch                         gema&#x0364;ßen Ausdruck in dem Aeußern seines Handelns &#x2014; dem Bewegen seiner Ha&#x0364;nde,                         Finger u.s.w.? &#x2014;</item>
              <item>4) Jst es daher mo&#x0364;glich, charakteristische Handschriften zu denken und durch                         Erfahrung in denselben Charakterzeichnungen des Menschen zu besta&#x0364;tigen?                         &#x2014;</item>
            </list>
            <p>Keine Hypothese u&#x0364;ber die Struktur der Nerven scheint mir zur Erkla&#x0364;rung der so                         mannichfaltigen Erscheinungen des Empfindens so zureichend und dem                         Hinschweben der geistigen Scho&#x0364;nheit so angemessen zu seyn, als der                         Nervengeist, der den Nerven durchstro&#x0364;mt &#x2014; das feinste, unzersto&#x0364;rbarste der                         Materie, das sich nach dem Hinsinken der a&#x0364;ußern gro&#x0364;bern organischen Hu&#x0364;lle                         wahrscheinlich zu einem neuen feinern Medium zwischen Welt und Geist                         entwickelt. So lange Aufeinanderfolge und Nebeneinanderseyn die Denkgesetze                         jeder Geisterart bleiben, so lange der menschliche Geist sich nicht selbst                         zu der ho&#x0364;chsten einzigen letzten Vollendung hinschwingt, so lange muß ein                         Organ da seyn, welches die mo&#x0364;glichen Tonbestimmungen, mo&#x0364;glichen Anreiz und                         Anschlag der geistigen Empfindung und Tha&#x0364;tigkeit in sich tra&#x0364;gt, und alle die                         mo&#x0364;glichen Zeitmodifikazionen und Ausdehnungsformen, die sich in jene                         auflo&#x0364;sen, nachzubilden fa&#x0364;hig ist. Es kann fu&#x0364;r das geistige Wesen nicht                         gleichgu&#x0364;ltig seyn, wie das<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0038] keiten der Glieder? und hat daher der Zustand des innern Menschen auch gemaͤßen Ausdruck in dem Aeußern seines Handelns — dem Bewegen seiner Haͤnde, Finger u.s.w.? — 4) Jst es daher moͤglich, charakteristische Handschriften zu denken und durch Erfahrung in denselben Charakterzeichnungen des Menschen zu bestaͤtigen? — Keine Hypothese uͤber die Struktur der Nerven scheint mir zur Erklaͤrung der so mannichfaltigen Erscheinungen des Empfindens so zureichend und dem Hinschweben der geistigen Schoͤnheit so angemessen zu seyn, als der Nervengeist, der den Nerven durchstroͤmt — das feinste, unzerstoͤrbarste der Materie, das sich nach dem Hinsinken der aͤußern groͤbern organischen Huͤlle wahrscheinlich zu einem neuen feinern Medium zwischen Welt und Geist entwickelt. So lange Aufeinanderfolge und Nebeneinanderseyn die Denkgesetze jeder Geisterart bleiben, so lange der menschliche Geist sich nicht selbst zu der hoͤchsten einzigen letzten Vollendung hinschwingt, so lange muß ein Organ da seyn, welches die moͤglichen Tonbestimmungen, moͤglichen Anreiz und Anschlag der geistigen Empfindung und Thaͤtigkeit in sich traͤgt, und alle die moͤglichen Zeitmodifikazionen und Ausdehnungsformen, die sich in jene aufloͤsen, nachzubilden faͤhig ist. Es kann fuͤr das geistige Wesen nicht gleichguͤltig seyn, wie das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0903_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0903_1792/38
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0903_1792/38>, abgerufen am 19.04.2024.