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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792.

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stigt -- wahrscheinlich, um nicht vom Strome fortgetrieben zu werden.

Den Hut fand man in einiger Entfernung schwimmen. Der Bauch war vom Wasser aufgetrieben und die Augen gebrochen; angewandte Hülfe war vergeblich.

Jn einem Zettel, den man in seiner Tasche fand, bat er, man solle ihn unentkleidet beerdigen. Man gab seiner Bitte Gehör. Frau und Kinder waren untröstlich, und die Kaufmannschaft beweinte in ihm den Verlust eines Mannes, der nur in einem gefehlt hatte, aber übrigens ein rechtschaffner ehrlicher Biedermann gewesen war.

Personen, die seinen Vater gekannt haben, versichern, daß dieser ebenfalls einen Versuch gemacht habe, sich den Hals abzuschneiden, aber durch das Hinzukommen einer Frau verhindert worden sei, den Schnitt so stark zu machen, um unheilbar zu sein. Auch soll er die Frau hart mit den Worten angelassen haben: ich kann nicht begreiffen, wodurch das Weib das Recht, mir verbieten zu wollen, daß ich mir in meinen Hals schneide?

L. Bendavid.





stigt — wahrscheinlich, um nicht vom Strome fortgetrieben zu werden.

Den Hut fand man in einiger Entfernung schwimmen. Der Bauch war vom Wasser aufgetrieben und die Augen gebrochen; angewandte Huͤlfe war vergeblich.

Jn einem Zettel, den man in seiner Tasche fand, bat er, man solle ihn unentkleidet beerdigen. Man gab seiner Bitte Gehoͤr. Frau und Kinder waren untroͤstlich, und die Kaufmannschaft beweinte in ihm den Verlust eines Mannes, der nur in einem gefehlt hatte, aber uͤbrigens ein rechtschaffner ehrlicher Biedermann gewesen war.

Personen, die seinen Vater gekannt haben, versichern, daß dieser ebenfalls einen Versuch gemacht habe, sich den Hals abzuschneiden, aber durch das Hinzukommen einer Frau verhindert worden sei, den Schnitt so stark zu machen, um unheilbar zu sein. Auch soll er die Frau hart mit den Worten angelassen haben: ich kann nicht begreiffen, wodurch das Weib das Recht, mir verbieten zu wollen, daß ich mir in meinen Hals schneide?

L. Bendavid.




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[9/0009] stigt — wahrscheinlich, um nicht vom Strome fortgetrieben zu werden. Den Hut fand man in einiger Entfernung schwimmen. Der Bauch war vom Wasser aufgetrieben und die Augen gebrochen; angewandte Huͤlfe war vergeblich. Jn einem Zettel, den man in seiner Tasche fand, bat er, man solle ihn unentkleidet beerdigen. Man gab seiner Bitte Gehoͤr. Frau und Kinder waren untroͤstlich, und die Kaufmannschaft beweinte in ihm den Verlust eines Mannes, der nur in einem gefehlt hatte, aber uͤbrigens ein rechtschaffner ehrlicher Biedermann gewesen war. Personen, die seinen Vater gekannt haben, versichern, daß dieser ebenfalls einen Versuch gemacht habe, sich den Hals abzuschneiden, aber durch das Hinzukommen einer Frau verhindert worden sei, den Schnitt so stark zu machen, um unheilbar zu sein. Auch soll er die Frau hart mit den Worten angelassen haben: ich kann nicht begreiffen, wodurch das Weib das Recht, mir verbieten zu wollen, daß ich mir in meinen Hals schneide? L. Bendavid.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792/9>, abgerufen am 28.03.2024.