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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791.

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6. Ueber die Sprache. Unmaßgeblicher Vorschlag zu einer neuen Lehrart fremder Sprachen.

Eine doppelte Art der Betrachtung herrscht bei den Dingen, die einen Vorwurf menschlicher Erkenntniß abgeben. Die eine betrift die natürliche Art der Beschaffenheit einer Sache, die andre beschäftigt sich mit der Geschichte ihres Gebrauchs. Jst nun die Sprache eine so wichtige Angelegenheit, daß das ganze menschliche Leben daraus seinen Vorzug erhält, so ist es auch billig der Untersuchung werth, theils welches der natürliche Bau der Sprache, theils wie die Sprache von Zeit zu Zeit in Uebung gebracht und erhalten worden sey. Dieses will ich die Geschichte, jenes die Geburt der Sprache nennen.

Die Erkenntniß der natürlichen Beschaffenheit eines Dinges erwächst aus dem, was wir bei der Empfindung, die wir von ihm haben, und bei dem Gebrauch, den wir davon machen, gewahr werden. Bei der Sprache bemerken wir erst die Gliedmaßen des menschlichen Leibes, eigentlich nur des Mundes, der dieselbe hervorbringt; darnächst die Geberden des Gesichts und die Stellung des Leibes bei dem


6. Ueber die Sprache. Unmaßgeblicher Vorschlag zu einer neuen Lehrart fremder Sprachen.

Eine doppelte Art der Betrachtung herrscht bei den Dingen, die einen Vorwurf menschlicher Erkenntniß abgeben. Die eine betrift die natuͤrliche Art der Beschaffenheit einer Sache, die andre beschaͤftigt sich mit der Geschichte ihres Gebrauchs. Jst nun die Sprache eine so wichtige Angelegenheit, daß das ganze menschliche Leben daraus seinen Vorzug erhaͤlt, so ist es auch billig der Untersuchung werth, theils welches der natuͤrliche Bau der Sprache, theils wie die Sprache von Zeit zu Zeit in Uebung gebracht und erhalten worden sey. Dieses will ich die Geschichte, jenes die Geburt der Sprache nennen.

Die Erkenntniß der natuͤrlichen Beschaffenheit eines Dinges erwaͤchst aus dem, was wir bei der Empfindung, die wir von ihm haben, und bei dem Gebrauch, den wir davon machen, gewahr werden. Bei der Sprache bemerken wir erst die Gliedmaßen des menschlichen Leibes, eigentlich nur des Mundes, der dieselbe hervorbringt; darnaͤchst die Geberden des Gesichts und die Stellung des Leibes bei dem

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[52/0052] 6. Ueber die Sprache. Unmaßgeblicher Vorschlag zu einer neuen Lehrart fremder Sprachen. Eine doppelte Art der Betrachtung herrscht bei den Dingen, die einen Vorwurf menschlicher Erkenntniß abgeben. Die eine betrift die natuͤrliche Art der Beschaffenheit einer Sache, die andre beschaͤftigt sich mit der Geschichte ihres Gebrauchs. Jst nun die Sprache eine so wichtige Angelegenheit, daß das ganze menschliche Leben daraus seinen Vorzug erhaͤlt, so ist es auch billig der Untersuchung werth, theils welches der natuͤrliche Bau der Sprache, theils wie die Sprache von Zeit zu Zeit in Uebung gebracht und erhalten worden sey. Dieses will ich die Geschichte, jenes die Geburt der Sprache nennen. Die Erkenntniß der natuͤrlichen Beschaffenheit eines Dinges erwaͤchst aus dem, was wir bei der Empfindung, die wir von ihm haben, und bei dem Gebrauch, den wir davon machen, gewahr werden. Bei der Sprache bemerken wir erst die Gliedmaßen des menschlichen Leibes, eigentlich nur des Mundes, der dieselbe hervorbringt; darnaͤchst die Geberden des Gesichts und die Stellung des Leibes bei dem

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0802_1791/52>, abgerufen am 19.04.2024.