Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite


tung der Verstandsschwäche mit ihm zugetragen, ist er nicht sehr empfänglich, und äußert sich darüber wenig, sondern sitzt ruhig, in sich gekehrt, ohne heftige Begierden gegen irgend etwas zu äußern, in seinem Zimmer.

Fälle, die den erzählten ähnlich sind, finde ich bei Beattie*) ; die ich jenen hier beifügen will, da ich noch keine teutsche Uebersetzung von den angeführten vortreflichen Abhandlungen kenne. "Der gesunde Zustand des Gehirns scheint in der That ebensowohl zu dem richtigen Gebrauch des Gedächtnisses, als zu unserm andern Verstandsvermögen nothwendig zu seyn.

Das Gedächtniß wird oft während des Schlafes gehemmt, und auch durch Krankheit, Alter und plötzliche und gewaltsame Zufälle geschwächt.

Thucydides erzählt in seiner Geschichte von der Pest zu Athen, daß etliche Personen, die diese schreckliche Krankheit überlebten, gänzlich ihr Gedächtniß verlohren, und ihre Freunde, sich selbst und alles andere vergaßen.

Jch habe gelesen, daß eine Person, die von einem Hause heruntergefallen, alle ihre Bekannten und selbst die Gesichter ihrer eigenen Familie vergessen hat; und daß ein Gelehrter durch den Schlag eines von dem Bücherbret ihm auf den

*) Dissertationes moral & critical. London 1783. in 4to p. 12. 13.


tung der Verstandsschwaͤche mit ihm zugetragen, ist er nicht sehr empfaͤnglich, und aͤußert sich daruͤber wenig, sondern sitzt ruhig, in sich gekehrt, ohne heftige Begierden gegen irgend etwas zu aͤußern, in seinem Zimmer.

Faͤlle, die den erzaͤhlten aͤhnlich sind, finde ich bei Beattie*) ; die ich jenen hier beifuͤgen will, da ich noch keine teutsche Uebersetzung von den angefuͤhrten vortreflichen Abhandlungen kenne. »Der gesunde Zustand des Gehirns scheint in der That ebensowohl zu dem richtigen Gebrauch des Gedaͤchtnisses, als zu unserm andern Verstandsvermoͤgen nothwendig zu seyn.

Das Gedaͤchtniß wird oft waͤhrend des Schlafes gehemmt, und auch durch Krankheit, Alter und ploͤtzliche und gewaltsame Zufaͤlle geschwaͤcht.

Thucydides erzaͤhlt in seiner Geschichte von der Pest zu Athen, daß etliche Personen, die diese schreckliche Krankheit uͤberlebten, gaͤnzlich ihr Gedaͤchtniß verlohren, und ihre Freunde, sich selbst und alles andere vergaßen.

Jch habe gelesen, daß eine Person, die von einem Hause heruntergefallen, alle ihre Bekannten und selbst die Gesichter ihrer eigenen Familie vergessen hat; und daß ein Gelehrter durch den Schlag eines von dem Buͤcherbret ihm auf den

*) Dissertationes moral & critical. London 1783. in 4to p. 12. 13.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0014" n="14"/><lb/>
tung der Verstandsschwa&#x0364;che mit ihm                         zugetragen, ist er nicht sehr empfa&#x0364;nglich, und a&#x0364;ußert sich daru&#x0364;ber wenig,                         sondern sitzt ruhig, in sich gekehrt, ohne heftige Begierden gegen irgend                         etwas zu a&#x0364;ußern, in seinem Zimmer.</p>
            <p>Fa&#x0364;lle, die den erza&#x0364;hlten a&#x0364;hnlich sind, finde ich bei <hi rendition="#b"><choice><corr>Beattie</corr><sic>Beattir</sic></choice>*)</hi> <note place="foot"><p>*) <hi rendition="#aq">Dissertationes moral &amp; critical.                                     London</hi> 1783. in 4<hi rendition="#aq">to p.</hi> 12.                                 13.</p></note> <hi rendition="#b">; </hi>die ich jenen hier beifu&#x0364;gen will, da ich                         noch keine teutsche Uebersetzung von den angefu&#x0364;hrten vortreflichen                         Abhandlungen kenne. »Der gesunde Zustand des Gehirns scheint in der That                         ebensowohl zu dem richtigen Gebrauch des Geda&#x0364;chtnisses, als zu unserm andern                         Verstandsvermo&#x0364;gen nothwendig zu seyn.</p>
            <p>Das Geda&#x0364;chtniß wird oft wa&#x0364;hrend des Schlafes gehemmt, und auch durch                         Krankheit, Alter und plo&#x0364;tzliche und gewaltsame Zufa&#x0364;lle geschwa&#x0364;cht.</p>
            <p>Thucydides erza&#x0364;hlt in seiner Geschichte von der Pest zu Athen, daß etliche                         Personen, die diese schreckliche Krankheit u&#x0364;berlebten, ga&#x0364;nzlich ihr                         Geda&#x0364;chtniß verlohren, und ihre Freunde, sich selbst und alles andere                         vergaßen.</p>
            <p>Jch habe gelesen, daß eine Person, die von einem Hause heruntergefallen, alle                         ihre Bekannten und selbst die Gesichter ihrer eigenen Familie vergessen hat;                         und daß ein Gelehrter durch den Schlag eines von dem Bu&#x0364;cherbret ihm auf den<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0014] tung der Verstandsschwaͤche mit ihm zugetragen, ist er nicht sehr empfaͤnglich, und aͤußert sich daruͤber wenig, sondern sitzt ruhig, in sich gekehrt, ohne heftige Begierden gegen irgend etwas zu aͤußern, in seinem Zimmer. Faͤlle, die den erzaͤhlten aͤhnlich sind, finde ich bei Beattie*) ; die ich jenen hier beifuͤgen will, da ich noch keine teutsche Uebersetzung von den angefuͤhrten vortreflichen Abhandlungen kenne. »Der gesunde Zustand des Gehirns scheint in der That ebensowohl zu dem richtigen Gebrauch des Gedaͤchtnisses, als zu unserm andern Verstandsvermoͤgen nothwendig zu seyn. Das Gedaͤchtniß wird oft waͤhrend des Schlafes gehemmt, und auch durch Krankheit, Alter und ploͤtzliche und gewaltsame Zufaͤlle geschwaͤcht. Thucydides erzaͤhlt in seiner Geschichte von der Pest zu Athen, daß etliche Personen, die diese schreckliche Krankheit uͤberlebten, gaͤnzlich ihr Gedaͤchtniß verlohren, und ihre Freunde, sich selbst und alles andere vergaßen. Jch habe gelesen, daß eine Person, die von einem Hause heruntergefallen, alle ihre Bekannten und selbst die Gesichter ihrer eigenen Familie vergessen hat; und daß ein Gelehrter durch den Schlag eines von dem Buͤcherbret ihm auf den *) Dissertationes moral & critical. London 1783. in 4to p. 12. 13.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789/14
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789/14>, abgerufen am 29.03.2024.