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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789.

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Das Traumbild von diesem Hause -- und (da er während seiner Bekümmerniß wohl manche Treppe gestiegen seyn mochte) -- von einer Treppe, die er hinauf steigen soll, vielleicht noch kurz vorher eine dergleichen Treppe gestiegen war, -- konnte also sehr leicht in ihm entstehen, und dies wäre gar nichts Seltsames gewesen, -- als welches nur in der Erfüllung seines Traums liegt; -- aber nun eben diese Erfüllung? Sein Freund kennt den Mann, von dem er geträumt hat. -- Hatte dieser nicht etwa schon, ohne daß es der Rendant je erfuhr, den reichen Mann dahin gestimmt, dem Unglüklichen die Summe vorzuschießen? -- so daß also die Erfüllung des Traums durch den guten Freund, oder auch durch einen andern vermittelt wurde. Auf diese Art wäre das ganze Rätzel erklärt, wenn man es auch gar nicht einem bloßen Zufall zuschreiben wollte.


Der Traum, welchen Herr Voß im 3ten Stük des 4ten Bandes S. 84 ff. erzählt, scheint mir überhaupt genommen von keiner großen Bedeutung zu seyn, so lesenswürdig auch die vorhergehenden Bemerkungen über Träume von eben demselben Verfasser sind. Daß ein verheirathetes Frauenzimmer im Traume vergessen kann, daß sie verheirathet ist, daß sie den Liebesantrag eines andern jungen Mannes im Traume annimmt, Reflectionen


Das Traumbild von diesem Hause — und (da er waͤhrend seiner Bekuͤmmerniß wohl manche Treppe gestiegen seyn mochte) — von einer Treppe, die er hinauf steigen soll, vielleicht noch kurz vorher eine dergleichen Treppe gestiegen war, — konnte also sehr leicht in ihm entstehen, und dies waͤre gar nichts Seltsames gewesen, — als welches nur in der Erfuͤllung seines Traums liegt; — aber nun eben diese Erfuͤllung? Sein Freund kennt den Mann, von dem er getraͤumt hat. — Hatte dieser nicht etwa schon, ohne daß es der Rendant je erfuhr, den reichen Mann dahin gestimmt, dem Ungluͤklichen die Summe vorzuschießen? — so daß also die Erfuͤllung des Traums durch den guten Freund, oder auch durch einen andern vermittelt wurde. Auf diese Art waͤre das ganze Raͤtzel erklaͤrt, wenn man es auch gar nicht einem bloßen Zufall zuschreiben wollte.


Der Traum, welchen Herr Voß im 3ten Stuͤk des 4ten Bandes S. 84 ff. erzaͤhlt, scheint mir uͤberhaupt genommen von keiner großen Bedeutung zu seyn, so lesenswuͤrdig auch die vorhergehenden Bemerkungen uͤber Traͤume von eben demselben Verfasser sind. Daß ein verheirathetes Frauenzimmer im Traume vergessen kann, daß sie verheirathet ist, daß sie den Liebesantrag eines andern jungen Mannes im Traume annimmt, Reflectionen

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[7/0007] Das Traumbild von diesem Hause — und (da er waͤhrend seiner Bekuͤmmerniß wohl manche Treppe gestiegen seyn mochte) — von einer Treppe, die er hinauf steigen soll, vielleicht noch kurz vorher eine dergleichen Treppe gestiegen war, — konnte also sehr leicht in ihm entstehen, und dies waͤre gar nichts Seltsames gewesen, — als welches nur in der Erfuͤllung seines Traums liegt; — aber nun eben diese Erfuͤllung? Sein Freund kennt den Mann, von dem er getraͤumt hat. — Hatte dieser nicht etwa schon, ohne daß es der Rendant je erfuhr, den reichen Mann dahin gestimmt, dem Ungluͤklichen die Summe vorzuschießen? — so daß also die Erfuͤllung des Traums durch den guten Freund, oder auch durch einen andern vermittelt wurde. Auf diese Art waͤre das ganze Raͤtzel erklaͤrt, wenn man es auch gar nicht einem bloßen Zufall zuschreiben wollte. Der Traum, welchen Herr Voß im 3ten Stuͤk des 4ten Bandes S. 84 ff. erzaͤhlt, scheint mir uͤberhaupt genommen von keiner großen Bedeutung zu seyn, so lesenswuͤrdig auch die vorhergehenden Bemerkungen uͤber Traͤume von eben demselben Verfasser sind. Daß ein verheirathetes Frauenzimmer im Traume vergessen kann, daß sie verheirathet ist, daß sie den Liebesantrag eines andern jungen Mannes im Traume annimmt, Reflectionen

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0702_1789/7>, abgerufen am 19.04.2024.