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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789.

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schon so bereitwillig war. Jch ging darauf nach der Geschichte, die er mir von seinem Herzen an die Hand gegeben hatte, sein zeitheriges Leben mit ihm durch, und wollte ihm seine jetzige Angelegenheit, da er verstellt etwas Ernst blicken ließ, (denn sein heimliches Unternehmen witterte kein Mensch) wichtig machen, zeigte ihm daß eine gänzliche Sinnesänderung mit ihm vorgehen müßte; er müsse nach der von ihm so lange und muthwillig verachteten Lehre Christi ein neuer Mensch werden u.s.w.; sezte aber hinzu: ich zweifle nach Gründen der H. S. und meiner wenigen Menschenkenntnis, daß er in kurzer Zeit eine so wichtige Veränderung nüzlich und zu seiner vollen Beruhigung als bei der Sinnesänderung vorgehen müsse, mit sich vornehmen könne? Jezt habe er dazu zwar noch die Mittel in Händen, hätte er die aber bisher zu gebrauchen zu schwer gefunden, da er so viele Gelegenheit, Anleitung und Reiz dazu gehabt, wie weit schwerer es ihm jezt werden würde, sie gehörig zu gebrauchen, da ihm alle Gelegenheit fehle, sie anzuwenden und durch eigne Erfahrung von dem Nutzen ihres Gebrauchs, von seiner wirklichen Besserung und Sinnesänderung sich zu überzeugen. Denn Worte glauben, Vertrauen, Lesen, Beten etc. das wären nur Mittel, und die Zeit sie zu seinem eigenen Besten zu gebrauchen, sey nun vorüber und eben durch diese Mittel müßten wir neue andere Menschen und die Sinnesänderung bewürkt werden, ausser dem gingen wir dem


schon so bereitwillig war. Jch ging darauf nach der Geschichte, die er mir von seinem Herzen an die Hand gegeben hatte, sein zeitheriges Leben mit ihm durch, und wollte ihm seine jetzige Angelegenheit, da er verstellt etwas Ernst blicken ließ, (denn sein heimliches Unternehmen witterte kein Mensch) wichtig machen, zeigte ihm daß eine gaͤnzliche Sinnesaͤnderung mit ihm vorgehen muͤßte; er muͤsse nach der von ihm so lange und muthwillig verachteten Lehre Christi ein neuer Mensch werden u.s.w.; sezte aber hinzu: ich zweifle nach Gruͤnden der H. S. und meiner wenigen Menschenkenntnis, daß er in kurzer Zeit eine so wichtige Veraͤnderung nuͤzlich und zu seiner vollen Beruhigung als bei der Sinnesaͤnderung vorgehen muͤsse, mit sich vornehmen koͤnne? Jezt habe er dazu zwar noch die Mittel in Haͤnden, haͤtte er die aber bisher zu gebrauchen zu schwer gefunden, da er so viele Gelegenheit, Anleitung und Reiz dazu gehabt, wie weit schwerer es ihm jezt werden wuͤrde, sie gehoͤrig zu gebrauchen, da ihm alle Gelegenheit fehle, sie anzuwenden und durch eigne Erfahrung von dem Nutzen ihres Gebrauchs, von seiner wirklichen Besserung und Sinnesaͤnderung sich zu uͤberzeugen. Denn Worte glauben, Vertrauen, Lesen, Beten etc. das waͤren nur Mittel, und die Zeit sie zu seinem eigenen Besten zu gebrauchen, sey nun voruͤber und eben durch diese Mittel muͤßten wir neue andere Menschen und die Sinnesaͤnderung bewuͤrkt werden, ausser dem gingen wir dem

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[50/0050] schon so bereitwillig war. Jch ging darauf nach der Geschichte, die er mir von seinem Herzen an die Hand gegeben hatte, sein zeitheriges Leben mit ihm durch, und wollte ihm seine jetzige Angelegenheit, da er verstellt etwas Ernst blicken ließ, (denn sein heimliches Unternehmen witterte kein Mensch) wichtig machen, zeigte ihm daß eine gaͤnzliche Sinnesaͤnderung mit ihm vorgehen muͤßte; er muͤsse nach der von ihm so lange und muthwillig verachteten Lehre Christi ein neuer Mensch werden u.s.w.; sezte aber hinzu: ich zweifle nach Gruͤnden der H. S. und meiner wenigen Menschenkenntnis, daß er in kurzer Zeit eine so wichtige Veraͤnderung nuͤzlich und zu seiner vollen Beruhigung als bei der Sinnesaͤnderung vorgehen muͤsse, mit sich vornehmen koͤnne? Jezt habe er dazu zwar noch die Mittel in Haͤnden, haͤtte er die aber bisher zu gebrauchen zu schwer gefunden, da er so viele Gelegenheit, Anleitung und Reiz dazu gehabt, wie weit schwerer es ihm jezt werden wuͤrde, sie gehoͤrig zu gebrauchen, da ihm alle Gelegenheit fehle, sie anzuwenden und durch eigne Erfahrung von dem Nutzen ihres Gebrauchs, von seiner wirklichen Besserung und Sinnesaͤnderung sich zu uͤberzeugen. Denn Worte glauben, Vertrauen, Lesen, Beten etc. das waͤren nur Mittel, und die Zeit sie zu seinem eigenen Besten zu gebrauchen, sey nun voruͤber und eben durch diese Mittel muͤßten wir neue andere Menschen und die Sinnesaͤnderung bewuͤrkt werden, ausser dem gingen wir dem

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0702_1789/50>, abgerufen am 29.03.2024.