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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.

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kam noch, daß Schmidt seine Schwiegereltern, als Simmens Vater und Mutter, geschlagen, und seine erste Frau, als Simmens Schwester, und welche dieser sehr geliebt, sehr übel gehalten habe, wenigstens hatSimmen dieses in seinem gerichtlichen Verhör behauptet, und als eine Hauptursache seines fürchterlichen Hasses angegeben. Weil aber endlich Schmidt sich auch immer in Absicht seiner äußern Lage besser, als der Wachtmeister, befand, so kann daher wohl einige Eifersucht in die Verbitterung des letztern sich mit eingemischt haben. Das konnte der Wachtmeister selbst nicht läugnen, daß er in dieser Gemüthsfassung seinem Schwager öffentlich und vielleicht mehrmals Rache gedrohet und geschworen habe.*) Die nächste Ursach des

*) Der Verfasser dieser Erzählung macht hinterher die Bemerkung, daß Simmen, der sich allezeit vor einem falschen Eide entsetzt habe, durch einen falschen Gebrauch seines Schwurs wahrscheinlich noch mehr habe verleiten lassen, seine Mordthat zu begehen, eben weil er sie zugeschworen hätte. Allein ich glaube, Simmen war ein Mann von zu viel richtigem Verstande, und hatte nach allem, was man von ihm weiß, wenigstens theoretisch-moralische Begriffe genug, als daß er eine Handlung, darüber er in einer stürmischen Gemüthsverfassung einen abscheulichen Eid ausgesprochen hatte, für rechtmäßig und für eine Entschuldigung seiner Affecten hätte halten können. P.


kam noch, daß Schmidt seine Schwiegereltern, als Simmens Vater und Mutter, geschlagen, und seine erste Frau, als Simmens Schwester, und welche dieser sehr geliebt, sehr uͤbel gehalten habe, wenigstens hatSimmen dieses in seinem gerichtlichen Verhoͤr behauptet, und als eine Hauptursache seines fuͤrchterlichen Hasses angegeben. Weil aber endlich Schmidt sich auch immer in Absicht seiner aͤußern Lage besser, als der Wachtmeister, befand, so kann daher wohl einige Eifersucht in die Verbitterung des letztern sich mit eingemischt haben. Das konnte der Wachtmeister selbst nicht laͤugnen, daß er in dieser Gemuͤthsfassung seinem Schwager oͤffentlich und vielleicht mehrmals Rache gedrohet und geschworen habe.*) Die naͤchste Ursach des

*) Der Verfasser dieser Erzaͤhlung macht hinterher die Bemerkung, daß Simmen, der sich allezeit vor einem falschen Eide entsetzt habe, durch einen falschen Gebrauch seines Schwurs wahrscheinlich noch mehr habe verleiten lassen, seine Mordthat zu begehen, eben weil er sie zugeschworen haͤtte. Allein ich glaube, Simmen war ein Mann von zu viel richtigem Verstande, und hatte nach allem, was man von ihm weiß, wenigstens theoretisch-moralische Begriffe genug, als daß er eine Handlung, daruͤber er in einer stuͤrmischen Gemuͤthsverfassung einen abscheulichen Eid ausgesprochen hatte, fuͤr rechtmaͤßig und fuͤr eine Entschuldigung seiner Affecten haͤtte halten koͤnnen. P.
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[40/0042] kam noch, daß Schmidt seine Schwiegereltern, als Simmens Vater und Mutter, geschlagen, und seine erste Frau, als Simmens Schwester, und welche dieser sehr geliebt, sehr uͤbel gehalten habe, wenigstens hatSimmen dieses in seinem gerichtlichen Verhoͤr behauptet, und als eine Hauptursache seines fuͤrchterlichen Hasses angegeben. Weil aber endlich Schmidt sich auch immer in Absicht seiner aͤußern Lage besser, als der Wachtmeister, befand, so kann daher wohl einige Eifersucht in die Verbitterung des letztern sich mit eingemischt haben. Das konnte der Wachtmeister selbst nicht laͤugnen, daß er in dieser Gemuͤthsfassung seinem Schwager oͤffentlich und vielleicht mehrmals Rache gedrohet und geschworen habe.*) Die naͤchste Ursach des *) Der Verfasser dieser Erzaͤhlung macht hinterher die Bemerkung, daß Simmen, der sich allezeit vor einem falschen Eide entsetzt habe, durch einen falschen Gebrauch seines Schwurs wahrscheinlich noch mehr habe verleiten lassen, seine Mordthat zu begehen, eben weil er sie zugeschworen haͤtte. Allein ich glaube, Simmen war ein Mann von zu viel richtigem Verstande, und hatte nach allem, was man von ihm weiß, wenigstens theoretisch-moralische Begriffe genug, als daß er eine Handlung, daruͤber er in einer stuͤrmischen Gemuͤthsverfassung einen abscheulichen Eid ausgesprochen hatte, fuͤr rechtmaͤßig und fuͤr eine Entschuldigung seiner Affecten haͤtte halten koͤnnen. P.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0701_1789/42>, abgerufen am 18.04.2024.