Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 3. Berlin, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite


läßt sich nun erklären, wie schwer es gemeiniglich ist, Menschen von lebhaften Einbildungen zu kuriren. Man muß gleichsam ihre ganze Gedanken-Methode umwerfen, wenn man sie heilen will, man muß ihnen eine neue Jdeenfolge unterschieben, und was das schwerste hiebei ist, man muß die Hauptidee zwar nicht immer auf einmahl, sondern durch allerlei Nebenwege, und nach und nach aus ihrem Besiz hinauszustoßen suchen. Ferner läßt sich hieraus erklären, warum Leute, die von einer gewissen Einbildung beherrscht werden, gemeiniglich in Absicht dieser Einbildung äußerst consequent sind. Sie schließen immer von Folge auf Folge, wenn sie nicht anders ganz verrückt sind, und verfahren dabei nicht selten nach einer so strengen Syllogistic, daß man in so fern an ihren Schlüßen nichts aussetzen würde, wenn die erste Bedingung aller ihrer Thesen nur nicht aus der Luft gegriffen wäre.

P.



laͤßt sich nun erklaͤren, wie schwer es gemeiniglich ist, Menschen von lebhaften Einbildungen zu kuriren. Man muß gleichsam ihre ganze Gedanken-Methode umwerfen, wenn man sie heilen will, man muß ihnen eine neue Jdeenfolge unterschieben, und was das schwerste hiebei ist, man muß die Hauptidee zwar nicht immer auf einmahl, sondern durch allerlei Nebenwege, und nach und nach aus ihrem Besiz hinauszustoßen suchen. Ferner laͤßt sich hieraus erklaͤren, warum Leute, die von einer gewissen Einbildung beherrscht werden, gemeiniglich in Absicht dieser Einbildung aͤußerst consequent sind. Sie schließen immer von Folge auf Folge, wenn sie nicht anders ganz verruͤckt sind, und verfahren dabei nicht selten nach einer so strengen Syllogistic, daß man in so fern an ihren Schluͤßen nichts aussetzen wuͤrde, wenn die erste Bedingung aller ihrer Thesen nur nicht aus der Luft gegriffen waͤre.

P.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0046" n="46"/><lb/>
la&#x0364;ßt                         sich nun erkla&#x0364;ren, wie schwer es gemeiniglich ist, Menschen von lebhaften                         Einbildungen zu kuriren. Man muß gleichsam ihre ganze Gedanken-Methode                         umwerfen, wenn man sie heilen will, man muß ihnen eine neue Jdeenfolge                         unterschieben, und was das schwerste hiebei ist, man muß die <hi rendition="#b">Hauptidee</hi> zwar nicht immer auf einmahl, sondern durch                         allerlei Nebenwege, und nach und nach aus ihrem Besiz hinauszustoßen suchen.                         Ferner la&#x0364;ßt sich hieraus erkla&#x0364;ren, warum Leute, die von einer gewissen                         Einbildung beherrscht werden, gemeiniglich in Absicht dieser Einbildung                         a&#x0364;ußerst consequent sind. Sie schließen immer von Folge auf Folge, wenn sie                         nicht anders ganz verru&#x0364;ckt sind, und verfahren dabei nicht selten nach einer                         so strengen Syllogistic, daß man in so fern an ihren Schlu&#x0364;ßen nichts                         aussetzen wu&#x0364;rde, wenn die erste Bedingung aller ihrer Thesen nur nicht aus                         der Luft gegriffen wa&#x0364;re.</p>
            <p rendition="#right"> <hi rendition="#b">
                <persName ref="#ref0002"><note type="editorial">Pockels, Carl Friedrich</note>P.</persName>
              </hi> </p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0046] laͤßt sich nun erklaͤren, wie schwer es gemeiniglich ist, Menschen von lebhaften Einbildungen zu kuriren. Man muß gleichsam ihre ganze Gedanken-Methode umwerfen, wenn man sie heilen will, man muß ihnen eine neue Jdeenfolge unterschieben, und was das schwerste hiebei ist, man muß die Hauptidee zwar nicht immer auf einmahl, sondern durch allerlei Nebenwege, und nach und nach aus ihrem Besiz hinauszustoßen suchen. Ferner laͤßt sich hieraus erklaͤren, warum Leute, die von einer gewissen Einbildung beherrscht werden, gemeiniglich in Absicht dieser Einbildung aͤußerst consequent sind. Sie schließen immer von Folge auf Folge, wenn sie nicht anders ganz verruͤckt sind, und verfahren dabei nicht selten nach einer so strengen Syllogistic, daß man in so fern an ihren Schluͤßen nichts aussetzen wuͤrde, wenn die erste Bedingung aller ihrer Thesen nur nicht aus der Luft gegriffen waͤre. P.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0603_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0603_1788/46
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 3. Berlin, 1788, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0603_1788/46>, abgerufen am 18.04.2024.