Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 3. Berlin, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite


Amte zu E.. ich Endesbenannter Medicus requirirt wurde, mich eilends nach R.. in das Pfarrhaus zu verfügen, und die Magisterinn, Frau Th. R. C. daselbst, welche von ihrem alten 72 jährigen blinden Ehemanne Herrn M. C. Nachts gegen 12 Uhr im Schlafe in ihrem Bette in der Kammer neben der Wohnstube, worin der alte Magister gelegen, mit vielen Wunden sehr gefährlich verlezt worden sey, mit dem geschwornen Amtschirurgo R. allhier zu visitiren, verbinden zu lassen, und nachher mit dienlichen Medicamenten zu versehen. Dem zu Folge begaben wir uns nebst dem Viceactuario Herrn Sch. und Landrichter Herrn S. schleunig dahin, und kamen um 5 Uhr Morgens in der Pfarrwohnung daselbst an, und fanden die Verwundete in der obern Wohnstube, anjezt in dem Bette liegend bereits verbunden von einem Chirurgo K. von B. Die Verblutung hatte bereits cessirt, weil der Körper fast vom Blute entledigt und Patientinn sehr blaß aussahe, auch sehr matt war. Sie schlug oft mit der rechten Hand auf ihre Bettdecke; konnte aber dennoch ziemlich vernehmlich auf die gethane Fragen antworten und sagen, daß ihr Mann sie im Schlaf liegend also verwundet habe, doch wisse sie nicht, wenn oder womit es geschehen sey. Es wurde uns ihr angehabtes Hemde gezeigt, welches wie aus Blut gezogen aussahe. Auch fand sich viel Blut in ihren Betten in der Kammer, wo sie verwundet worden war, auch einige blutige Flecken an


Amte zu E.. ich Endesbenannter Medicus requirirt wurde, mich eilends nach R.. in das Pfarrhaus zu verfuͤgen, und die Magisterinn, Frau Th. R. C. daselbst, welche von ihrem alten 72 jaͤhrigen blinden Ehemanne Herrn M. C. Nachts gegen 12 Uhr im Schlafe in ihrem Bette in der Kammer neben der Wohnstube, worin der alte Magister gelegen, mit vielen Wunden sehr gefaͤhrlich verlezt worden sey, mit dem geschwornen Amtschirurgo R. allhier zu visitiren, verbinden zu lassen, und nachher mit dienlichen Medicamenten zu versehen. Dem zu Folge begaben wir uns nebst dem Viceactuario Herrn Sch. und Landrichter Herrn S. schleunig dahin, und kamen um 5 Uhr Morgens in der Pfarrwohnung daselbst an, und fanden die Verwundete in der obern Wohnstube, anjezt in dem Bette liegend bereits verbunden von einem Chirurgo K. von B. Die Verblutung hatte bereits cessirt, weil der Koͤrper fast vom Blute entledigt und Patientinn sehr blaß aussahe, auch sehr matt war. Sie schlug oft mit der rechten Hand auf ihre Bettdecke; konnte aber dennoch ziemlich vernehmlich auf die gethane Fragen antworten und sagen, daß ihr Mann sie im Schlaf liegend also verwundet habe, doch wisse sie nicht, wenn oder womit es geschehen sey. Es wurde uns ihr angehabtes Hemde gezeigt, welches wie aus Blut gezogen aussahe. Auch fand sich viel Blut in ihren Betten in der Kammer, wo sie verwundet worden war, auch einige blutige Flecken an

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0025" n="25"/><lb/>
Amte zu E.. ich                         Endesbenannter Medicus requirirt wurde, mich eilends nach R.. in das                         Pfarrhaus zu verfu&#x0364;gen, und die Magisterinn, Frau Th. R. C. daselbst, welche                         von ihrem alten 72 ja&#x0364;hrigen blinden Ehemanne Herrn M. C. Nachts gegen 12 Uhr                         im Schlafe in ihrem Bette in der Kammer neben der Wohnstube, worin der alte                         Magister gelegen, mit vielen Wunden sehr gefa&#x0364;hrlich verlezt worden <choice><corr>sey</corr><sic>seyn</sic></choice>, mit dem                         geschwornen Amtschirurgo R. allhier zu visitiren, verbinden zu lassen, und                         nachher mit dienlichen Medicamenten zu versehen. Dem zu Folge begaben wir                         uns nebst dem Viceactuario Herrn Sch. und Landrichter Herrn S. schleunig                         dahin, und kamen um 5 Uhr Morgens in der Pfarrwohnung daselbst an, und                         fanden die Verwundete in der obern Wohnstube, anjezt in dem Bette liegend                         bereits verbunden von einem Chirurgo K. von B. Die Verblutung hatte bereits                         cessirt, weil der Ko&#x0364;rper fast vom Blute entledigt und Patientinn sehr blaß                         aussahe, auch sehr matt war. Sie schlug oft mit der rechten Hand auf ihre                         Bettdecke; konnte aber dennoch ziemlich vernehmlich auf die gethane Fragen                         antworten und sagen, daß ihr Mann sie im Schlaf liegend also verwundet habe,                         doch wisse sie nicht, wenn oder womit es geschehen sey. Es wurde uns ihr                         angehabtes Hemde gezeigt, welches wie aus Blut gezogen aussahe. Auch fand                         sich viel Blut in ihren Betten in der Kammer, wo sie verwundet worden war,                         auch einige blutige Flecken an<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0025] Amte zu E.. ich Endesbenannter Medicus requirirt wurde, mich eilends nach R.. in das Pfarrhaus zu verfuͤgen, und die Magisterinn, Frau Th. R. C. daselbst, welche von ihrem alten 72 jaͤhrigen blinden Ehemanne Herrn M. C. Nachts gegen 12 Uhr im Schlafe in ihrem Bette in der Kammer neben der Wohnstube, worin der alte Magister gelegen, mit vielen Wunden sehr gefaͤhrlich verlezt worden sey, mit dem geschwornen Amtschirurgo R. allhier zu visitiren, verbinden zu lassen, und nachher mit dienlichen Medicamenten zu versehen. Dem zu Folge begaben wir uns nebst dem Viceactuario Herrn Sch. und Landrichter Herrn S. schleunig dahin, und kamen um 5 Uhr Morgens in der Pfarrwohnung daselbst an, und fanden die Verwundete in der obern Wohnstube, anjezt in dem Bette liegend bereits verbunden von einem Chirurgo K. von B. Die Verblutung hatte bereits cessirt, weil der Koͤrper fast vom Blute entledigt und Patientinn sehr blaß aussahe, auch sehr matt war. Sie schlug oft mit der rechten Hand auf ihre Bettdecke; konnte aber dennoch ziemlich vernehmlich auf die gethane Fragen antworten und sagen, daß ihr Mann sie im Schlaf liegend also verwundet habe, doch wisse sie nicht, wenn oder womit es geschehen sey. Es wurde uns ihr angehabtes Hemde gezeigt, welches wie aus Blut gezogen aussahe. Auch fand sich viel Blut in ihren Betten in der Kammer, wo sie verwundet worden war, auch einige blutige Flecken an

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0603_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0603_1788/25
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 3. Berlin, 1788, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0603_1788/25>, abgerufen am 19.04.2024.